Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130347/15/BMa/Be

Linz, 30.01.2004

 

 

 VwSen-130347/15/BMa/Be Linz, am 30. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Senatsmitglied Mag. Bergmayr-Mann über den Antrag des Herrn J K, vom 17. Oktober 2003, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG wie folgt entschieden:

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG) wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Aufgrund der Berufung vom 10. Juni 2003 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 6. März 2003 wurde für den
3. September 2003 eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu der der Antragsteller durch Hinterlegung beim Postamt 4950 Altheim ordnungsgemäß geladen wurde.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung erging am 11. September 2003 das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates, VwSen-130347/6/BMa/Pe, vom 11. September 2003, mit welchem die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätig wurde. Dieses Straferkenntnis wurde Herrn Kr durch Hinterlegung beim Postamt am 6. Oktober 2003 ordnungsgemäß zugestellt.

1.1. Mit Eingabe vom 17. Oktober 2003 wurde von Herrn K der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG gestellt, da er die mündliche Berufungsverhandlung vom 3. September 2003 unverschuldet versäumt habe.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 2. September 2003 sei vom Senatsmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats Dr. B ein telefonischer Anruf bei ihm zuhause erfolgt. Aufgrund seiner Abwesenheit habe seine Mutter den Anruf entgegengenommen. Sie habe ihn am Abend informiert, dass am 29. September 2003 eine Verhandlung im Stadtamt Altheim stattfinde. Er habe seine Mutter gefragt, ob die morgige Verhandlung (am 3. September) verschoben sei, was sie bejaht habe. Er habe nicht ahnen können, dass die Strafsache am 29. September eine andere sei. Der Telefonanruf sei von ihm als dringliche Angelegenheit (Verschiebung) gewertet worden. Es treffe ihn daher kein oder höchstens ein minderer Grad des Verschuldens.

1.2. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde erhoben, dass am 1. September 2003, 15.37 Uhr, ein Telefonat mit der Mutter des Herrn K wegen einer Verwaltungsstrafsache, die mit der Angelegenheit, die am 3. September 2003 verhandelt wurde, in keinem Zusammenhang steht, von Dr. Br geführt wurde. In diesem Telefonat wurde eine Verschiebung der Verhandlung vom 3. September 2003 nicht angesprochen.

1.3. Im Rahmen des Parteiengehörs nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 17. November 2003 zu diesen Erhebungen Stellung und brachte im Wesentlichen vor, diese Erhebungen würden nichts an der Tatsache ändern, dass er im guten Glauben von einer Verschiebung der Verhandlung vom 3. September 2003 ausgehen habe dürfen. Ein Telefonat eines Senatsmitglieds des UVS mit einer Partei setze zweifelsohne eine besondere Dringlichkeit einer Angelegenheit voraus. Eine erstmalige Ansetzung einer Verhandlung (gemeint durch Dr. B) per Telefon sei sicher nicht die Regel und es bestehe auch kein besonderer Grund hiefür. Seine Mutter im Alter von 76 Jahren sei nicht in der Lage, zwischen Verschiebung einer Verhandlung und erstmaliger Ladung zu einer solchen zu unterscheiden. Das zur Versäumung führende Ereignis, nämlich das Telefonat von Dr. Bleier mit seiner Mutter, stelle kein Verschulden seitens des Antragstellers dar.

Durch die AVG - Novelle 1990 werde die Wiedereinsetzung auch dann ermöglicht, wenn die Partei "ein minderer Grad des Verschuldens treffe".

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt und unter Berücksichtigung des Antrages vom 17. Oktober 2003, der ergänzenden Erhebungen und der Stellungnahme vom 17. November 2003 festgestellt, das der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage hinlänglich geklärt erscheint und zur Lösung des Falls im Wesentlichen Rechtsfragen zu beurteilen sind.

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 24 VStG gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren, soweit sich aus dem VStG nichts anderes ergibt. Die Bestimmung des § 71 AVG (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) ist somit auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Verschuldens trifft oder
  2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, dass keine Berufung zulässig sei.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Antragsteller ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vom 3. September 2003 geladen wurde. Das Telefonat am 1. September 2003, das zwischen Dr. Bleier und der Mutter des Antragstellers geführt wurde, betraf ausschließlich eine Angelegenheit, die mit der gegenständlichen in keinem Zusammenhang steht. Der Antragsteller hat aufgrund des Telefonats von Dr. Bleier mit seiner 67 jährigen Mutter angenommen, dass die mündliche Verhandlung am 3. September 2003 abberaumt wurde.

 

3.3. Bei der Beurteilung ob ein Ereignis "unabwendbar" war, kommt es nach der ständigen Rechtssprechung auf objektive Umstände an, nämlich darauf, ob dieses Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann. Ob ein Ereignis "unvorhergesehen" ist, hängt hingegen nach der Rechtssprechung nicht von einer objektiven Durchnittsbetrachtung ab, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse; unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte. Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt; damit ist bloß leichte Fahrlässigkeit gemeint: Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann. (Thienel Verwaltungsverfahrensrecht2, 327).

 

Im konkreten Fall war das Ereignis weder unvorhergesehen noch unabwendbar: Selbst wenn der Antragsteller aufgrund einer Mitteilung durch seine 76-jährige Mutter dem Irrtum unterlaufen ist, dass die mündliche Verhandlung am 3. September 2003 abberaumt werde, so hätte er als sorgfältige Verfahrenspartei darauf geachtet, dass die Ladung zur Verhandlung am 3. September 2003 Mag. Bergmayr-Mann als zuständiges Senatsmitglied ausweist und das Telefonat mit Dr. Bleier, der in einem völlig anderen Verwaltungsverfahren zuständiges Senatsmitglied ist, geführt wurde.

Auch wäre es an ihm gelegen, beim Unabhängigen Verwaltungssenat anzufragen, ob die Verhandlung am 3. September 2003 tatsächlich abberaumt wurde, da er nach seinen eigenen Angaben seiner 76-jährigen Mutter nicht mehr zumuten konnte, zwischen einer Verschiebung einer Verhandlung und einer Ladung zu einer solchen zu unterscheiden. Eine bloße Annahme der Abberaumung einer mündlichen Verhandlung unter den vorher dargestellten Umständen ohne sich zu vergewissern, ob diese Annahme auch tatsächlich zutrifft, entspricht nicht dem Verhalten einer sorgfältigen Verfahrenspartei und kann damit auch nicht als bloß leichte Fahrlässigkeit eingestuft werden.

 

Da somit die Voraussetzungen im Sinne des § 71 Abs.1 Z.1 AVG nicht vorgelegen sind, war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
 

 
 

Mag. Bergmayr-Mann
 
 

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