Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310208/2/Le/Km

Linz, 09.08.2001

VwSen-310208/2/Le/Km Linz, am 9. August 2001

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J R, E 12, 4 W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 16.3.2001, Zl. UR96-14-2000, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
 
II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
 
 
Rechtsgrundlage:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 
Entscheidungsgründe:
 
Zu I.:
 
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 16.3.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 17 Abs.1 iVm § 1 Abs.3 Z3 sowie § 39 Abs.1 lit.a Z2 Abfallwirtschaftsgesetz (im Folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der DA von 12 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.
 
Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe auf einem (näher bezeichneten) Grundstück in der Zeit von zumindest 23.10.2000 bis 11.12.2000 eine bestimmte bewegliche Sache, nämlich einen weißen Geländewagen mit Stoffverdeck, Fabrikat und Type nicht feststellbar, an der Stirnwand im Motorraum ist auf einem Blechschild die Fahrgestell-Nr. 1559 U eingeschlagen; die Karosserie weist im Bereich der Radkästen und des Bodenblechs mehrere starke Durchrostungen auf; der Motor ist teilweise zerlegt; der Zylinderkopf liegt im Fahrgastraum am Boden; sämtliche Betriebsmittel wie Motoröl, Getriebeöl und Bremsflüssigkeit befinden sich noch im Fahrzeug; der Fahrgastraum (Sitze, Armaturen) ist bereits durch Witterungseinflüsse stark beschädigt; zum Zeitpunkt der Besichtigung konnten noch keine Betriebsmittelverluste festgestellt werden,
 
deren Erfassung als gefährlicher Abfall im öffentlichen Interesse deswegen geboten ist, weil nur durch eine ordnungsgemäße Entsorgung die Gefahr von Verunreinigungen der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus beseitigt werden kann, nicht so gelagert, dass diese Gefahr nicht herbei geführt wird.
 
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung (ohne Datum), mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Zur Begründung führte der Berufungswerber an, dass er den weißen Geländewagen nie in Händen gehabt hätte. Er hätte Herrn A die Erlaubnis gegeben, diesen zwei oder drei Tage abzustellen, doch habe dieser den Wagen nie mehr abgeholt. Herr A hätte dann den Wohnsitz gewechselt und wäre der Berufungswerber drei- bis viermal noch zu dem Autobesitzer gefahren und hätte ihn aufgefordert, diesen Wagen zu entfernen. Später habe er erfahren, dass Herr A schwer krank sei und er hätte ihn auch im Krankenhaus besucht, doch wäre dieser nicht ansprechbar gewesen. Er habe sodann das Auto auf seine Kosten entsorgen lassen. Diese Kosten wären ihm nie ersetzt worden.
 
3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.
Im Vorlagebericht wies die Bezirkshauptmannschaft darauf hin, dass eine Rücksprache mit dem Amtsleiter der Gemeinde St. Georgen ergeben habe, dass Herr G A nach einem schweren Unfall im Herbst im Wagner-Jauregg-Krankenhaus liege und nicht ansprechbar sei.
 
Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt hervorgeht, dass das Straferkenntnis aufzuheben ist, war von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abzusehen.
 
4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
 
4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.
Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.
Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).
 
4.2. Der Erstbehörde ist beizupflichten, dass es sich bei dem gegenständlichen Autowrack um Abfall handelt. Es ist die Abfalleigenschaft des § 2 Abs.1 Z2 AWG erfüllt, zumal auch die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs.2 AWG nicht zutreffen. Möglicherweise war hinsichtlich des Herrn A bereits zum damaligen Zeitpunkt auch die subjektive Abfalleigenschaft gegeben.
 
Die Erstbehörde hat dem Berufungswerber jedoch zur Last gelegt, gefährlichen Abfall gelagert zu haben. Ob dieser Vorwurf gerechtfertigt ist, muss nach den Maßstäben des Verwaltungsgerichtshofes (siehe hiezu etwa VwGH vom 11.9.1997, 97/07/0029) aus rechtlicher Sicht geprüft werden:
 
§ 2 Abs.5 AWG legt die Kriterien dafür fest, wann Abfälle als gefährliche gelten.
 
Näher definiert wird der Begriff der gefährlichen Abfälle in § 3 Abs.1 bis 3 Festsetzungsverordnung 1997; in der Anlage 1 zu dieser Verordnung finden sich die Schlüsselnummern laut ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog" sowie die dazugehörigen Abfallbeschreibungen. Unter der Schlüssel-Nr. 35203, die vom kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen für das gegenständliche Wrack verwendet wurde, findet sich folgende Abfallbeschreibung:
 
"Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (zB. Starterbatterien, Bremsflüssigkeit, Motoröl)".
 
Der kraftfahrtechnische Amtssachverständige hat als Grundlage für seine Beurteilung, dass der gegenständliche Geländewagen gefährlicher Abfall ist, folgende Ausführungen getroffen:
 
"Ein weißer Geländewagen mit Stoffverdeck, Fabrikat und Type nicht feststellbar, an der Stirnwand im Motorraum ist auf einem Blechschild die Fahrgestell-Nr. 1559 U eingeschlagen. Die Karosserie weist im Bereich der Radkästen und des Bodenblechs mehrere starke Durchrostungen auf. Der Motor ist teilweise zerlegt. Der Zylinderkopf liegt im Fahrgastraum am Boden. Sämtliche Betriebsmittel wie Motoröl, Getriebeöl und Bremsflüssigkeit befinden sich noch im Fahrzeug. Der Fahrgastraum (Sitze, Armaturen ist bereits durch Witterungseinflüsse stark beschädigt). Zum Zeitpunkt der Besichtigung konnten noch keine Betriebsmittelverluste festgestellt werden.
 
Auf Grund der starken Beschädigungen, Durchrostungen ist eine Instandsetzung dieses Fahrzeuges mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr möglich. Da sich in diesem Fahrzeugwrack noch Betriebsmittel befinden, ist eine Einstufung gem. ÖNORM S 2100 Schlüssel-Nr. 35203 vorzunehmen und eine rasche fachgerechte Entsorgung dieses Fahrzeugwracks zu veranlassen um eine Verunreinigung des unbefestigten Bodens auszuschließen."
 
Der Amtssachverständige hat es jedoch unterlassen, die umweltrelevanten Mengen der Betriebsmittel wie Motoröl, Getriebeöl und Bremsflüssigkeit festzustellen. Er hat auch nicht dargestellt, wie er zur Annahme gekommen ist, dass sich Motoröl, Getriebeöl und Bremsflüssigkeit noch im Fahrzeug befinden. Die oben wiedergegebene Beschreibung lässt keinerlei quantitative Feststellungen erkennen. Entscheidend ist auch, dass noch keine Betriebsmittelverluste festgestellt wurden, was - in dubio pro reo! - auch ein Hinweis darauf sein könnte, dass sich eben keine umweltrelevanten Mengen an Motoröl, Getriebeöl und Bremsflüssigkeit im Fahrzeug befinden.
 
Laut Festsetzungsverordnung kommt es auf die umweltrelevanten Mengen dieser Inhaltsstoffe an, die jedoch nicht festgestellt wurden, sodass ein wesentlicher Mangel des Ermittlungsverfahrens vorliegt.
 
Es ist daher der Erstbehörde nicht gelungen nachzuweisen, dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeugwrack, das nach den Fotos augenscheinlich wirklich ein solches darstellt, tatsächlich um gefährlichen Abfall handelt.
 
Damit aber ist der Tatvorwurf nicht erwiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
 
Zu II.:
Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.
Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung (zumindest teilweise) Folge gegeben wurde.
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 
 
 

Dr. L e i t g e b
 
 

Beschlagwortung:
gefährlicher Abfall; Autowrack; umweltrelevante Menge