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VwSen-390092/2/Kl/Rd

Linz, 26.06.2001

VwSen-390092/2/Kl/Rd Linz, am 26. Juni 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 28. Juni 2000, BauR96-25-11-1999-Nihd, wegen einer Übertretung nach dem Denkmalschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
 
II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
 
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 28.6.2000, BauR96-25-11-1999-Nihd, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 14 Abs.2 Denkmalschutzgesetz iVm dem Bescheid der BH Urfahr-Umgebung vom 23.6.1999, BauR01-2-9-1999/Schf, verhängt und folgender Schuldspruch gefällt:
 
"Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23.6.1999, BauR01-2-9-1999/Schf, wurde der von der hsg. Behörde mit Bescheid vom 20.5.1999, BauR01-2-3-1999/Schp, verfügte Stopp des Abbruches des Hauses 17, mit der Auflage aufgehoben, dass die Weiterführung der Abbruchsarbeiten nach der auf Seite 3 des Beweissicherungsgutachtens des gerichtlich beeideten Sachverständigen, Baumeister Ing. D, vom 19.5.1999 unter "Vorschlag" dargestellten Arbeitsweise zu erfolgen hat.
Die Punkte 6 bis 9 dieses "Vorschlages" des oben zitierten Gutachtens wurden von Ihnen als Bauauftraggeber in der Zeit zwischen 28. und 30. Juni 1999 nicht eingehalten, da entlang der Außenwand Liegenschaft W nur der Fundamentbalken und nicht das darüberliegende Mauerwerk im Bereich des Erdgeschosses ausgeführt war und somit der Forderung nach einem etappenweisen Abbruch der eigenen südseitigen Außenwand nicht nachgekommen wurde."
 
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet. Begründend wurde ausgeführt, dass das Denkmalschutzgesetz in der Novelle BGBl. I Nr. 170/1999 anzuwenden gewesen wäre. Der objektive Tatbestand der Bestimmung des § 37 Abs.2 Denkmalschutzgesetz ist nicht erfüllt, zumal eine Veränderung des Gebäudes nicht vorgenommen wurde. Die beim Nachbarhaus aufgetretenen Risse seien vorwiegend unvermeidbar gewesen. Es werde auf das Beweissicherungsgutachten des Ing. D vom 19.5.1999 und den darin erwähnten Vorschlag für die Arbeitsweise hingewiesen, also eine von mehreren Möglichkeiten, die offensichtlich keinen Anspruch auf eine technisch einwandfreie und einzigartige Machart erheben konnten. Eine Veränderung des denkmalgeschützten Objektes sei nicht erfolgt. Auch die subjektive Tatseite des Vorsatzes war nicht gegeben. Es sei ein befugter Abbruchunternehmer beauftragt worden. Es wurde daher die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses beantragt.
 
3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.
 
Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, hat eine öffentliche mündliche Verhandlung zu entfallen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
 
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
 
4.1. Der Entscheidung liegt zugrunde, dass mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20.5.1999, BauR01-2-3-1999/Schp, aufgrund des Ansuchens des Bundesdenkmalamtes vom 12.5.1999 der sofortige Stopp des Abbruchs des Hauses 17, gemäß § 7 und § 13 Denkmalschutzgesetz verfügt wurde.
 
Es liegt ein Beweissicherungsgutachten vom 19.5.1999 des Baumeisters Ing. D vor und wurde auf Seite 3 dieses Beweissicherungsgutachtens ein Vorschlag über die Arbeitsweise beim Abbruch in 9 Punkten gemacht.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23.6.1999, BauR01-2-9-1999/Schf, wurde der bescheidmäßig verfügte Stopp des Abbruchs des Hauses 17 aufgehoben und die auf Seite 3 des Gutachens unter "Vorschlag" dargestellte Arbeitsweise beim Abbruch als wesentlicher Bestandteil des Bescheidspruches erklärt. Es wurde angeordnet, dass die Weiterführung der Abbrucharbeiten nach der auf Seite 3 des zitierten Gutachtens unter "Vorschlag" dargestellten Arbeitsweise beim Abbruch zu erfolgen hat, wobei auf die zur gegenseitigen Mauerabsicherung im Mauerwerksverband des denkmalgeschützten Gebäudes 16 eingemauerten massiven Granitsteine besonders Bedacht genommen werden muss.
 
4.2. Gemäß § 7 Abs.1 Denkmalschutzgesetz - DMSG, BGBl.Nr. 533/1923 idF BGBl.Nr. 473/1990 - nach § 1 VStG ist die zum Tatzeitpunkt geltende Rechtslage anzuwenden - hat die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bundesdenkmalamtes die jeweils geeigneten Maßnahmen (einschließlich baulicher Art), Verfügungen und Verbote zur Abwendung dieser Gefahr zu treffen, wenn Gefahr besteht, dass Denkmale (vor allem entgegen den Bestimmungen der §§ 4 bis 6) zerstört, verändert oder veräußert werden und dadurch das Interesse der Denkmalpflege wesentlich geschädigt werde.
 
Gemäß § 14 Abs.2 DMSG ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 700.000 S zu bestrafen, ... ferner wer die gemäß § 7 oder dem nachstehenden Abs.6 angeordneten Maßnahmen zu verhindern oder zu vereiteln sucht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
 
Mit dem obzit. Bescheid über die Aufhebung des Baustopps wurde weiters gemäß § 7 iVm § 13 DMSG die oa Anordnung über die Weiterführung der Abbrucharbeiten getroffen.
 
Unter Nebenbestimmungen eines Verwaltungsaktes sind Bestimmungen zu verstehen, die dem Hauptinhalt des Spruches in der Form von zeitlichen Befristungen, Widerrufsvorbehalten, Bedingungen oder Auflagen beigefügt werden. Solche Nebenbestimmungen sind zwar Bestandteil des Verwaltungsakts, sie berühren aber den Inhalt des Verwaltungsakts nicht, dem sie beigefügt werden. Das Wesen der Auflage besteht darin, dass die Verwaltungsbehörde in einem den Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid belastende Ge- oder Verbote als Nebenbestimmungen aufnimmt, mit denen der Inhaber des Rechts für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten, im Weg der Vollstreckung erzwingbaren Tun oder Unterlassen verpflichtet wird.
 
Der Oö. Verwaltungssenat ist im Grunde dieser Ausführungen der Überzeugung, dass der von der belangten Behörde im Bescheid über die Aufhebung des Baustopps erteilte Auftrag über die Weiterführung der Abbrucharbeiten keine Nebenbestimmung iS einer Bedingung oder Auflage darstellt, sondern vielmehr einen - zwar im Spruch nicht gesondert ausgewiesenen - Auftrag zu einer Maßnahme nach § 7 DMSG darstellt, wobei der nähere Inhalt dieses Auftrages durch Verweis auf die Seite 3 des Beweissicherungsgutachtens vom 19.5.1999 und die darin im "Vorschlag" dargestellte Arbeitsweise näher konkretisiert ist.
 
Wie der VwGH in seiner ständigen Rechtsprechung insbesondere zur Gewerbeordnung ausgeführt hat, wird "dadurch, dass § 367 Z26 GewO 1973 (nunmehr § 367 Z25 GewO 1994) auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Ge- oder Verbot Teil des Straftatbestandes. Im Hinblick auf die durch § 367 Z26 GewO (nun Z25) gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Ge- und Verboten bedarf es im Spruch eines auf diese Strafnorm gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen, um die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen; der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen reicht nicht aus."
 
Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung zu dieser Bestimmung dargelegt hat, ist, um den Anforderungen dieser Gesetzesstelle zu entsprechen, im Spruch die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass ua die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn aufgrund der Tatumschreibung es dem Beschuldigten ermöglicht wird, im Verwaltungsstrafverfahren in der Lage zu sein, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.
 
Die belangte Behörde verkannte nun schon insoweit die Rechtslage, dass der ergangene Schuldspruch eine wörtliche Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Aufträge - nämlich die Punkte 6 bis 9 des "Vorschlages" des Beweissicherungsgutachtens vom 19.5.1999 - nicht aufweist, sondern einen bloßen Hinweis auf die ziffernmäßig bezeichneten Punkte enthält. Im Hinblick darauf entspricht der angefochtene Bescheid nicht dem dargestellten Sprucherfordernis, als er in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Aufträge keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird.
 
Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.9.1999 (als erster Verfolgungshandlung) noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde eine wörtliche Anführung des einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auftrages gemäß der Punkte 6 bis 9 vorgenommen. Es konnte wegen bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.
 
Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
 
Im Übrigen wird auch darauf hingewiesen, dass nach § 14 Abs.2 DMSG unter Strafe gestellt ist, wer angeordnete Maßnahmen zu verhindern oder zu vereiteln sucht. Ein entsprechendes Tatverhalten wurde dem Bw zu keinem Zeitpunkt vorgeworfen. Es ist daher auch insofern Verfolgungsverjährung eingetreten.
 
5. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 
 

Dr. Klempt
 

Beschlagwortung:
behördliche Maßnahme, Auftrag, Spruchkonkretisierung