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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104792/2/BR

Linz, 29.07.1997

VwSen-104792/2/BR Linz, am 29. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. Mai 1997, Zl.: VerkR96-11438-1996, wegen Übertretung des KFG - 1967, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall 96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben als die vom Zulassungsbesitzer F, bekanntgegebene Auskunftsperson der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über Aufforderung (hinterlegt am 31.10.1996 beim Postamt S) zwar am 19.11.1996 anher mitgeteilt, daß das Motorrad von S, geb. , wh. N (Jugoslawien) gelenkt wurde, kamen der hsg. Aufforderung vom 25.11.1996, Beweismittel für Ihre Angaben zu erbringen, nicht nach".

2. In der Begründung vermeinte die Erstbehörde, daß die Verwaltungsübertretung dadurch erwiesen sei, daß der Berufungswerber der Aufforderung Beweise für die Lenkereigenschaft des von ihm angegebenen Lenkers zu erbringen der Behörde schuldig geblieben sei. In weiterer Folge gibt die Erstbehörde in ihrer Begründung noch den gesamten Wortlaut des § 103 Abs.2 KFG wieder.

2.1. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung verweist der Berufungswerber unter anderem auch darauf, daß eine Bestrafung wegen der Nichtmitwirkung nach § 103 Abs.2 KFG mangels diesbezüglicher Tatbestandsmäßigkeit nicht zulässig sei. Der Berufungswerber wendet auch zwischenzeitige Verfolgungsverjährung ein. Bereits mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht! 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4. Da keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen.

5. Die Erstbehörde hat vorerst ohne eine Lenkererhebung durchzuführen gegen den Zulassungsbesitzer eine Strafverfügung wegen der Begehung einer Übertretung der StVO 1960 (Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit) erlassen. Diese wurde vom Zulassungsbesitzer beeinsprucht. Sodann hat die Erstbehörde mit Schreiben vom 30.9.1996 an den Zulassungsbesitzer eine Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe gerichtet und mit gleichen Datum auch ein Rechtshilfeersuchen an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung um die Einvernahme des Einspruchswerbers als Beschuldigten in der Sache der beeinspruchten Strafverfügung. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung hat sodann das Rechtshilfeersuchen an das Gemeindeamt S weitergeleitet. Zwischenzeitig langte bei der Erstbehörde die Auskunft des Zulassungsbesitzers ein, daß die Lenkerauskunft vom Berufungswerber erteilt werden könnte. Sodann wurde per Schreiben der Erstbehörde vom 24.10.1996 an diesem ein Auskunftsersuchen gestellt, welches dahingehend beantwortet worden war, daß ein Herr H aus N gelenkt habe. Am 8. November l996 langte schließlich das Rechtshilfeersuchen - die Vernehmung des Zulassungsbesitzers - mit der niederschriftlichen Aussage des Zulassungsbesitzers ein, daß er auf seine Lenkerauskunft verweise und Herr N (der Berufungswerber) einvernommen werden möge, an die Erstbehörde erledigt zurück. Über Aufforderung der Erstbehörde an den Berufungswerber er möge hinsichtlich des von ihm angeführten Lenkers geeignete Beweismittel vorlegen, wurde diese vom Berufungswerber mit 20.12.1996 dahingehend beantwortet, daß er eine schriftliche Erklärung von dem von ihm angeführten Lenker noch nicht habe einholen können. Er legte aber eine Kopie des Reisepasses des von ihm angeführten Lenkers bei. Ein Schreiben der Erstbehörde an den angeblichen Lenker kam mit dem Hinweis der Unzustellbarkeit wegen einer nicht ausreichenden Adresse zurück. Sodann übermittelte die Erstbehörde dem Berufungswerber nochmals eine Aufforderung zur Rechtfertigung. Diese wurde vom Berufungswerber offenbar nicht befolgt. Die Erstbehörde erließ dann das angefochtene Straferkenntnis.

6. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

6.1. Der von der Erstbehörde zum Vorwurf erhobene Sachverhalt findet im Tatbild der hier angezogenen Gesetzesbestimmung keine Deckung. Dies folgt dem klaren Wortlaut des § 103 Abs.2 KFG. Sollte die Erstbehörde jedoch gemeint haben, daß hier eine falsche Auskunft erteilt worden sei, so hat sie dies mit dem hier formulierten Tatvorwurf aus unerfindlichen Gründen aber nicht zum Ausdruck gebracht.

6.1.1. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis Z5 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw. Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A). Die Tat hat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben zu sein, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 VStG erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat (auch nach Ort und Zeit) dem 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit. Judikat). Durch den Vorwurf der Berufungswerber habe wohl als zur Auskunft Verpflichteter eine Auskunft erteilt, jedoch folglich nicht ausreichend am Verfahren mitgewirkt, vermochte ihn in seinen Verteidigungsmöglichkeiten im Hinblick auf den Tatbestand nach § 103 Abs.2 KFG sehr wohl einzuschränken. Da auch die erste Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.4.1997 als Verfolgungshandlung im Gesetz keine Deckung findet, liegt hier keine taugliche Verfolgungshandlung vor. Es ist daher nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist auch der Berufungsbehörde verwehrt eine Korrektur des Spruches noch vorzunehmen. Das Verfahren war daher wegen eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.

6.2. Letztlich könnte lt. h. Sicht aus der Aktenlage auch (noch) nicht mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit die Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG abgeleitet werden. Dazu hätte es wohl noch weiterer Erhebungen bedurft. Bestehen nämlich bloße Zweifel an der Tatbegehung darf ein Schuldspruch nicht aufrechterhalten werden (siehe VwGH 12.3.1986, Zl. 86/83/0251; ZfVB 1991/3/1122). Immerhin ist zu bedenken, daß die Verhältnisse im ehemaligen Jugoslawien nach dem Krieg als noch nicht so geordnet angenommen werden können, daß aus einer bloßen Unzustellbarkeit einer Postsendung schon auf eine schuldhaft falsche Adressenangabe geschlossen werden könnte. Immerhin wurde eine Kopie eines Reisepasses vorgelegt. Dies läßt zumindest mit guten Gründen den Schluß zu, daß die genannte Person in einem gewissen Nahverhältnis zum Berufungswerber gestanden ist. Abschließend sei bemerkt, daß hier durch das auch im Hinblick auf das Grunddelikt im Rechtshilfeweg gegen den Zulassungsbesitzer parallel weitergeführte und bislang auch formal nicht eingestellte Verfahren, zusätzlich noch viel unnötiger und inhaltlich kaum nachvollziehbarer Verwaltungsaufwand erzeugt und vermeidbare Kosten verursacht wurden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Mitwirkung, Lenkerauskunft

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