Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400118/3/Gf/Hm

Linz, 03.08.1992

VwSen-400118/3/Gf/Hm Linz, am 3. August 1992

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Oberpullendorf zu Recht erkannt:

I. Die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft wird als nicht rechtswidrig festgestellt und die Beschwerde gemäß § 5a Abs. 6 des Fremdenpolizeigesetzes i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten wird gemäß § 79a AVG abgewiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein liberianischer Staatsangehöriger, hat am 11. Juli 1992 um 02.00 Uhr von Ungarn aus kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne im Besitz eines gültigen Reisepasses und Sichtvermerkes zu sein im Gemeindegebiet von Deutschkreutz das österreichische Staatsgebiet betreten. Eine halbe Stunde später wurde er von Grenzkontrollorganen aufgegriffen und der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vorgeführt.

1.2. Mit dem nach niederschriftlicher Einvernahme durch unmittelbare persönliche Aushändigung zugestellten Bescheid des Bezirkshauptmannes von Oberpullendorf vom 12. Juli 1992, Zl. XI/A-S-131/1-1992, wurde über diesen zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 5 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus sofort vollzogen.

1.3. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme äußerte der Beschwerdeführer auch die Absicht, einen Asylantrag stellen zu wollen; in diesem Zusammenhang wurde ihm eröffnet, daß die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf mit der zuständigen Außenstelle des Bundesasylamtes einen Termin vereinbaren werde, zu dem der Beschwerdeführer dann seinen Asylantrag stellen könne.

1.4. Die Einvernahme über dieses Asylbegehren erfolgte am 16. Juli 1992 um 10.50 Uhr beim Bundesasylamt - Außenstelle E. Mit Bescheid des Bundesasylamtes - Außenstelle E vom 16. Juli 1992, Zl. 9213543, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Asyl abgewiesen.

1.5. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Oberpullendorf vom 27. Juli 1992, Zl. XI/A-S-131/4-1992, wurde über den Beschwerdeführer ein bis zum 27. Juli 1997 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

1.6. Gegen die mit dem oben unter 1.2. angeführten Bescheid verhängte Schubhaft wendet sich die vorliegende, am 23. Juli 1992 - und damit rechtzeitig (s.u., 4.1.) - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im oben unter 1.2. angeführten Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß der Beschwerdeführer ohne gültige Reisedokumente das Bundesgebiet betreten hätte und sich illegal in diesem aufhalte; zudem verfüge er über keine finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes, sodaß die Annahme gerechtfertigt erscheine, daß er sich diese durch die Begehung strafbarer Handlungen zu verschaffen versuchen werde. Da angenommen werden müsse, daß sich der Beschwerdeführer weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen versuchen werde, sei im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie zur Hintanhaltung eines unmittelbar zu befürchtenden strafbaren Verhaltens zum Zweck der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen und wegen Gefahr in Verzug die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung auszuschließen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß er unmittelbar nach seiner Betretung im Bundesgebiet - wenn auch in englischer Sprache dem Anhaltungsorgan gegenüber einen Asylantrag gestellt hätte, weshalb ihn das Organ an das Bundesasylamt und nicht an die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf hätte weiterleiten müssen. Außerdem hätte sich ein Verwandter des Einschreiters bereiterklärt, diesem ein Quartier und finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Daher sei die Annahme, der Beschwerdeführer werde sich weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen bzw. strafbare Handlungen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes begehen, nicht tragfähig. Schließlich seien in seinem Fall die Gründe für ein Rückschiebungsverbot nach § 13a FrPG gegeben, sodaß eine Schubhaft schon aus diesem Grunde nicht hätte verhängt werden dürfen.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft beantragt.

3.1. Die belangte Behörde hat die bei ihr eingebrachte Beschwerde und die Verwaltungsakten - entgegen § 5a Abs. 4 FrPG erst eine Woche nach dem Einlangen übermittelt und in diesem Zuge keine Gegenschrift erstattet. Es hat daher die belangte Behörde zu vertreten, wenn die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde entgegen § 5a Abs. 6 Z. 2 FrPG nicht binnen einer Woche ergehen konnte.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf zu Zl. XI/A-S-131-1992; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, konnte gemäß § 5a Abs. 6 Z. 1 FrPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen angenommen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsfeststellungen erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs. 1 FrPG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung (Schubhaft) genommen werden, wenn dies entweder im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit (erste Alternative) oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (zweite Alternative).

Nach § 5a Abs. 1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme (erste Alternative; sog. Schubhaftbeschwerde dem Grunde nach) oder Anhaltung (zweite Alternative; Beschwerde gegen die Art und Weise der Vollziehung der Schubhaft bzw. gegen die weitere Anhaltung bei geänderten tatsächlichen Voraussetzungen) anzurufen. Nur im ersteren Fall, dem die vorliegende Beschwerde zuzurechnen ist, beginnt die Frist zur Beschwerdeerhebung bereits mit der Zustellung des Schubhaftbescheides zu laufen.

Da die vorliegende Beschwerde jedoch innerhalb dieser Sechswochenfrist eingebracht wurde (s.o., 1.6.) und auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 5a Abs. 6 FrPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG erfüllt sind, ist diese sohin zulässig.

4.2. Die belangte Behörde hat ihren Schubhaftbescheid vom 12. Juli 1992 im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer über keine Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge, daß sich dieser ohne gültige Reisedokumente in Österreich aufhalte und seine Identität nicht zweifelsfrei nachweisen könne. Im Zusammenhang mit dem Umstand, daß der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt aufgrund seiner Einvernahme bereits wußte, daß gegen ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen werden wird und somit die Abschiebung droht, konnte die belangte Behörde daher jedenfalls im Zeitpunkt der Erlassung mit Grund davon ausgehen, daß sich dieser weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen versuchen wird. Die im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§ 5 Abs. 1 erste Alternative) sowie der Verhinderung eines strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers (§ 5 Abs. 1 zweite Alternative) verhängte Schubhaft erweist sich daher sowohl zum Zweck der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und einer Ausweisung als auch zur Sicherung der Abschiebung als begründet.

Daran vermag auch die Behauptung des Beschwerdeführers, daß er schon bei seiner Betretung in englischer Sprache einen Asylantrag gestellt hätte, nichts zu ändern, weil ein solcher Antrag - um als Asylantrag zu gelten - gemäß § 12 Abs. 1 des Asylgessetzes, BGBl.Nr. 8/1992 (im folgenden: AsylG) beim Bundesasylamt zu stellen ist; Fremde (und nicht etwa deren Asylanträge !), die gegenüber anderen Behörden den Wunsch oder die Absicht erkennen lassen, einen Asylantrag zu stellen, sind von dieser bloß an das Bundesasylamt weiterzuleiten, was die belangte Behörde auch getan hat. Da der Schubhaftbescheid somit im Ergebnis noch vor der Stellung des Asylantrages erlassen wurde, ist sohin im Hinblick auf § 9 Abs. 1 AsylG nicht die unzuständige Behörde eingeschritten.

4.3. Die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ergibt sich schließlich auch nicht daraus, daß sich ein Verwandter des Beschwerdeführers dazu bereiterklärte, diesem eine Unterkunft und die notwendige finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen.

Zum einen ist die angesprochene Unterstützungserklärung nicht aktenkundig; auch mit der vorliegenden Beschwerde wird lediglich behauptet, daß ein gewisser I (Cousin bzw. Onkel des Beschwerdeführers) und ein gewisser Mag. H vorgesprochen hätten, ohne anzuführen, welcher Behörde bzw. wem gegenüber diese Vorsprache stattfand.

Aber selbst wenn man davon ausgeht, daß eine derartige Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, muß der belangten Behörde nach der ständigen Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ein gewisser - 14 Tage jedenfalls nicht übersteigender - Zeitraum zugestanden werden, um Ermittlungen über die rechtliche Verbindlichkeit einer derartigen Verpflichtungserklärung anzustellen. Da die vorliegende Schubhaftbeschwerde erst am 24. Juli 1992 bei der belangten Behörde eingelangt ist, kann sohin nach h. Auffassung derzeit jedenfalls noch keine Rede davon sein, daß diese ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen und die verhängte Schubhaft daher aus diesem Grund rechtswidrig wäre.

4.4. Schließlich führt auch der Umstand, daß die belangte Behörde die Beschwerde (und die Verwaltungsakten) nicht - wie in § 5a Abs. 4 FrPG vorgesehen - bereits zwei Tage, sondern erst nach einer Woche dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt hat und daher dieser nicht innerhalb der von Art. 6 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988, vorgegebenen Wochenfrist entscheiden konnte, nicht zur Rechtswidrigkeit der Schubhaft selbst: Hiebei handelt es sich vielmehr bloß um einen Verfahrensfehler, der die Frage der Rechtmäßigkeit der Verhängung nicht tangiert und daher auch nicht mittels Schubhaftbeschwerde, sondern auf einem anderem Weg geltendgemacht werden kann.

4.5. Aus allen diesen Gründen hatte daher der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 5a Abs. 6 FrPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG die Rechtmäßigkeit der verhängten Schubhaft festzustellen die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

5. Der belangten Behörde als obsiegender Partei war mangels eines darauf gerichteten Antrages gemäß § 79a AVG kein Kostenersatz zuzusprechen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 67c Abs. 4 AVG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwSlg 12821 A/1988) oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum