Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104936/2/BR

Linz, 30.09.1997

VwSen-104936/2/BR Linz, am 30. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau R vertreten durch Dr. S, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, vom 9. September 1997, Zl.: VerkR96-1652/1997/Win, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 2.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Tage ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24 und § 51 Abs.1 § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag ermäßigt sich demnach auf 250 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem Straferkenntnis vom 9. September 1997, Zl.: VerkR96-1652/1997/Win, wegen der Übertretungen nach § 20 Abs.2 StVO 1960 über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Woche Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde zur Strafzumessung sinngemäß an, daß straferschwerend das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, mildernd demgegenüber die bisherige Unbescholtenheit zu werten gewesen wäre. Die Schädigung gesetzlich geschützter Interessen sei als schwerwiegend verletzt anzusehen und es sei von vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen gewesen. Daher sei die verhängte Strafe als gerechtfertigt erachtet worden. Die Erstbehörde ging von einem Monatseinkommen von 11.751,60 S (lt. den vorliegenden Angaben), keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus.

2. Die Berufungswerberin rügt in ihrer fristgerecht durch ihre Rechtsvertreter erhobenen Berufung das Ausmaß der verhängten Strafe. Sie bringt vor, daß ihr die Strafe angesichts ihrer Einkommensverhältnisse zu hoch erscheine. Sie sei geständig und es seien mit der Übertretung sonst keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen. Eine Geldstrafe in der Höhe von nur 2.500 S schiene ihr daher angemessen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe gerichteten Berufung nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, Zl.: VerkR96-1652/1997/Win. Ergänzend Beweis erhoben wurde durch Besichtigung der Vorfallsörtlichkeit und durch Vermessen der dortigen Gefahrensichtweiten und der Straßenbeschaffenheit. 5. Die B 133 verläuft im Ortsgebiet von S in Richtung Alkoven am Ortseingang in einer flachen Linkskurve. Die Straße ist 5,7 m breit, weist zwei durch eine Leitlinie gekennzeichnete Fahrstreifen auf und ist beidseitig mit einer Randlinie und einem schmalen Straßenbankett versehen. Der Ortsbeginn ist relativ weit ins Freiland hinaus versetzt, wobei circa 50 Meter nach dem Verkehrszeichen "Ortbeginn" linksseitig Häuser mit den entsprechenden Zufahrten gelegen sind. Auf der rechten Straßenseite befinden sich Felder, wobei auf dieser Seite erst 40 Meter nach dem Tatort eine zur Tatzeit in Fahrtrichtung Alkoven gut übersichtliche Zufahrtsstraße zu den dort liegenden Gebäuden besteht. Zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheines war die Sicht zur rechtsgelegenen Zufahrtsstraße wegen der Höhe der Maiskultur allerdings erheblich reduziert. Das Meßgerät war offensichtlich vor dem circa 50 rechtsgelegenen Feldweg aufgestellt. Von dieser Position beträgt die Gefahrensichtweite in Richtung Alkoven zumindest 300 m, wobei von diesem Punkt in dieser Fahrtrichtung etwa 150 bis 200 m rechtsseitig eine weitere und ebenso übersichtliche Zufahrt liegt. Zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheines um 09.00 Uhr herrschte sehr geringes Verkehrsaufkommen, wobei festgestellt werden konnte, daß ab der Ortstafel von der überwiegenden Zahl der Fahrzeuge die Geschwindigkeit noch nicht auf 50 km/h reduziert gewesen ist. Es kann davon ausgegangen werden, daß auch am 25. Mai 1997, welcher ein Sonntag war, ebenfalls geringes Verkehrsaufkommen geherrscht hat.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Grundsätzlich trifft es für Geschwindigkeitsüberschreitungen wohl zu, daß der Tatunwert mit dem Ausmaß der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten in einem nicht nur proportionalem, sondern überproportionalem Verhältnis anzunehmen ist und dies im Strafausmaß entsprechend zum Ausdruck zu gelangen hat. Die Tatunwerterhöhung gründet beispielsweise darin, daß sich die Anhaltewege entsprechend verlängern und einer plötzlich auftretenden Gefahrensituation in aller Regel nicht mehr entsprechend begegnet werden kann. Daher ist grundsätzlich auch zutreffend, daß dem Schnellfahren mit entsprechend hohen und "spürbaren" Strafen zu begegnen ist.

6.2.1. Die von der Erstbehörde hier festgesetzte Strafe mit 5.000 S kann jedoch unter den gegebenen spezifischen Umständen nicht gehalten werden.

Hier liegt dem an sich bereits im Tatbestand vertypten Unrecht der denkbar geringste - für Überschreitungen im Ortsgebiet denkbare - objektive Unwertsgehalt zu Grunde. Diese Annahme ist in der Übersichtlichkeit des Straßenverlaufes und der rechtsseitig gelegenen Zufahrtswege aus der Fahrtrichtung der Berufungswerberin gerechtfertigt. Die "Schädlichkeit des Verhaltens" erschöpfte sich hier daher (was wohl in den seltensten Fällen in dieser Form zutrifft) im Ergebnis bloß im Ungehorsam gegenüber der Gesetzesvorschrift (vgl. h. Erkenntnis v. 21. Februar 1997, VwSen-104374). Der Schutzzweck dem die Strafdrohung dient und das Ausmaß der mit einer Tat verbundenen Schädigung gesetzlich geschützter Interessen (§ 19 VStG) muß bei rechtsrichtiger Auslegung immer auf den konkreten Fall und nicht zwingend formelhaft zur Anwendung gelangen. Widrigenfalls kommt es unvermeidlich zu einer Ungleichbehandlung dadurch, indem Ungleiches durch schablonenhafte Anwendung einer Bestimmung, (immer) gleich behandelt würde (werden müßte). Als Strafmilderungsgrund kommt zusätzlich noch die gänzliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin zum Tragen. Unter Bedachtnahme auf das geringe Einkommen (S 11.751,60 monatlich), scheint daher auch ein Strafausmaß von 2.500 S durchaus angemessen und geeignet der Berufungswerberin ihr Fehlverhalten vor Augen zu führen und sie vor der Begehung weiterer derartiger Übertretungen abzuhalten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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