Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105124/2/BR

Linz, 22.12.1997

VwSen-105124/2/BR Linz, am 22. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn R betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. Oktober 1997, Zl. VerkR96-4640-1997, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber 1.600 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit dem Straferkenntnis vom 28. Oktober 1997 wegen der Übertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 8.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit acht Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 9.7.1997 um 09.47 als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw auf der A 8, bei Km 52.095, im Gemeindegebiet von P, die auf Autobahnen in Österreich erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 108 km/h (Fahrgeschwindigkeit 238 km/h) überschritten habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß für die Strafbarkeit bereits fahrlässige Begehungsweise genügte; von grob fahrlässiger Begehung ging die Erstbehörde schließlich auch aus. Geschwindigkeitsüberschreitungen seien immer wieder die Ursache schwerer Verkehrsunfälle, weshalb im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung sowohl aus Gründen der Spezial- als auch der Generalprävention eine strenge Strafe geboten sei. Unter Bedachtnahme auf die sonstigen Strafzumessungsgründe sei daher eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht zu ziehen gewesen.

2.1. Der Berufungswerber bestreitet in seiner durch seinen ag. Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung die Übertretungshandlung nicht, sondern wendet sich nur gegen das Strafausmaß. Er habe nur wegen der damals auf der A8 herrschenden geringen Verkehrsdichte und bei optimalen Fahrbahnbedingungen die Fahrgeschwindigkeit überschritten. Sein Verhalten bereue er nun zutiefst und er sehe die Notwendigkeit der Ahndung dieses Verhaltens ein. Er sei dzt. arbeitslos und ersuche die Geldstrafe im untersten Bereich anzusetzen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Da sich die Berufung bloß gegen das Strafausmaß richtete und ein gesonderter Antrag auf die Vornahme einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung erforderliche Sachverhalt.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Es trifft wohl zu, daß dem Berufungswerber der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit und hier auch zusätzlich noch der gezeigten Schuldeinsichtigkeit zukommt. Verfehlt ist hier jedoch von bloß fahrlässiger Tatbegehung auszugehen. Es ist kaum denkbar und widerspricht jeglicher empirischer Logik, daß eine so hohe Fahrgeschwindigkeit mit dem nicht ständigen Beobachten des Tachometers erklärbar sein könnte. Vielmehr wird eine solche Fahrgeschwindigkeit ganz bewußt gefahren und wird somit sogar in qualifizierter Vorsatzform begangen. Daher ist zur Strafzumessung auszuführen, daß der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von 8.000 S selbst bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen und trotz der vorliegenden Milderungsgründe objektiv nicht entgegengetreten werden kann. Ein besonders hoher Tatunwert derartiger Übertretungen liegt insbesondere darin, daß mit einem so krassen Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotentierung und somit erhöhte Unfallsneigung und bei einer derartigen Geschwindigkeit mit wohl tödlichen Folgen für die Beteiligten ausgeht. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg etwa 409 Meter betragen hätte. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h bei einer verhältnismäßig starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) nur 140 Meter beträgt. Jener Punkt wo bei der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h ein Pkw unter den gegebenen Annahmen zum Stillstand gelangt, wird bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit noch mit 213 km/h durchfahren (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer). Diesem Ergebnis liegt zugunsten des Berufungswerbers schon die Berücksichtigung einer Verkehrsfehlergrenze von 7 km/h zu Grunde. Grundsätzlich darf jeder Fahrzeuglenker darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei so eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitungen sehr leicht zu nicht mehr beherrschbaren (unfallvermeidenden) Konstellationen kommen kann. Dies sind dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften des Straßenverkehrs eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet. Dem Berufungswerber vermag auch nicht in seinem Vorbringen gefolgt werden, daß damals nur geringes Verkehrsaufkommen herrschte. Der Vorfallstag war ein Wochentag, wobei tagsüber auf der A8 sehr reges Verkehrsaufkommen insbesondere aber viel Schwerverkehr herrscht. Einem allenfalls plötzlichem Ausscheren eines Lkw könnte mit einer solchen Fahrgeschwindigkeit wohl kaum noch ausreichend entgegengewirkt werden. Eine Bestrafung ist, wie die Erstbehörde zutreffend ausführte somit insbesondere auch aus Gründen der Generalprävention, aber auch aus spezialpräventiven Gründen indiziert. Der Berufung mußte aus diesen Überlegungen der Erfolg versagt bleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Tatunwert, Schnellfahren, Potentielle Gefahr

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