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des Landes Oberösterreich
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VwSen-105234/2/BR

Linz, 10.02.1998

VwSen-105234/2/BR Linz, am 10. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 7. Jänner 1998, AZ. VerkR96-1359-1996-Mg/Kr, wegen Übertretungen der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird in Punkt 1.) mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden ermäßigt wird. In Punkt 2.) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG, iVm § 19, § 24,§ 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. In Punkt 1.) ermäßigt sich der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 100 S. Für das Berufungsverfahren entfällt in diesem Punkt ein Verfahrenskostenbeitrag. In Punkt 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 1 und 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 7. Jänner 1998 über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b und § 4 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 zwei Geldstrafen (S 2.500 und S 3.000 und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 84 und 101 Stunden) verhängt und folgende Tatvorwürfe erhoben: "Sie haben am 19.6.1996 um 01.15 Uhr den Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen auf der Eferdinger Bundesstraße B 129 im Gemeindegebiet von Prambachkirchen, Ortschaft Unterbruck, bei Strkm. 33,5, in Richtung Waizenkirchen gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden (Wildunfall) verursacht. Sie haben es in der Folge unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, nicht erfolgte.

Sie haben am 19.6.1996 um 01.15 Uhr den Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen auf der Eferdinger Bundesstraße B 129 im Gemeindegebiet von Prambachkirchen, Ortschaft Unterbruck, bei Strkm. 33,5, in Richtung Waizenkirchen gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden (Wildunfall) verursacht. Sie haben es in der Folge unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem Sie die Unfallstelle verlassen haben und sich dadurch einer Überprüfung Ihres körperlichen und geistigen Zustandes zum Tatzeitpunkt entzogen haben." 1.1. Die Erstbehörde führte in ihrer umfangreichen und weitgehend den erstbehörlichen Verfahrensablauf wiedergebenden Begründung inhaltlich (ab Seite 5 zweiter Absatz) aus:

"Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens gelangt die Behörde unter Berufung auf das Ihr gemäß § 45 Abs. 2 AVG zustehende Recht der freien Beweiswürdigung zur Überzeugung, daß Sie die strafbaren Tatbestände einwandfrei begangen haben. Als Grundlage für Ihre Entscheidung hat die Behörde die zeugenschaftlichen Angaben des Postenkommandanten des Gendarmeriepostens P, Herrn Abteilungsinspektor H, herangezogen.

Der Wahrheitsgehalt dieser Zeugenaussage ist ungleich höher zu werten, als der Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen, denn die Zeugen sind bereits im Hinblick auf ihre Stellung zur Abgabe der Wahrheit verpflichtet, während Sie selbst auch bei unrichtigen Angaben keinerlei strafrechtliche Sanktionen zu befürchten haben. Sie unterliegen nicht der Wahrheitspflicht, sodaß Sie sich so verantworten dürfen, wie es Ihnen für den Ausgang dieses Verwaltunsstrafverfahrens am günstigsten erscheint. Damit ist nicht gesagt, daß die Behörde grundsätzlich den Angaben der Zeugen mehr Glauben schenkt als den Angaben der Beschuldigten, denen es nicht verwehrt ist, in solchen Fällen einen entsprechenden Gegenbeweis zu führen. Mit der bloßen Behauptung, der im Protokoll des Gendarmeriepostens P vom 20.6.1996 geschilderte Sachverhalt ist unvollständig und teilweise unrichtig, kann aber ein derartiger Gegenbeweis nicht geführt werden.

Aus der Zeugenaussage von Herrn Abteilungsinspektor H geht eindeutig hervor, daß der Gendarmerieposten P in der fraglichen Nacht, und zwar vom 18.Juni 1996, 22.00 Uhr, bis 19.Juni 1996, 02.00 Uhr, mit zwei Gendarmeriebeamten besetzt war.

Für den Fall, daß der Gendarmerieposten nicht besetzt gewesen wäre, darf auf den Aktenvermerk vom 27.Jänner 1997 verwiesen werden, aus dem eine klare Anleitung hervorgeht, welche Möglichkeiten jemand hat, der eine Anzeige beim Gendarmerieposten machen möchte. Es ist sowohl angegeben, wo sich die nächste öffentliche Telefonzelle befindet, nämlich beim Freibad in 166 Meter Entfernung, als auch daß diesfalls entweder der Polizeinotruf oder die Nummer des Gendarmeriepostens Eferding angewählt werden kann. Weiters sind die Privatadresse von Herrn Abteilungsinspektor H sowie die privaten Telefonnummern von Herrn Abteilungsinspektor H und Herrn Gruppeninspektor K angeführt.

Für den Fall, daß der Gendarmerieposten Prambachkirchen nicht besetzt gewesen wäre, hätten also mehrere Möglichkeiten bestanden, um eine unverzügliche Meldung trotzdem durchzuführen.

Weiters ist zu erwähnen, daß in der Stellungnahme vom 11.November 1996 angeführt ist, daß Sie nicht wußten, wie Sie dem Geschädigten, sprich Förster bzw. Jäger, Ihren Namen und Ihre Anschrift bekanntgeben sollen, Sie sich deshalb wieder in Ihr Fahrzeug setzten um nach Hause zu fahren.

Da Sie in der betreffenden Nacht in E, wohnhaft waren, und Sie sich nach eigenen Angaben mit Ihrem Fahrzeug dorthin begaben, stellt sich für die Behörde für den Fall, daß der Gendarmerieposten tatsächlich nicht besetzt gewesen wäre auch die Frage, warum eine Meldung im Zuge des Nachhausefahrens nicht beim Gendarmerieposten Eferding erfolgte; dies umso mehr, daß sich diesfalls ein Verweis auf den Gendarmerieposten Eferding mitsammt Telefonnummer an der Eingangstüre zu Gendarmerieposten P befunden hätte.

Weiters ist in der obzitierten Stellungnahme angeführt, daß Sie am selben Tag gegen 05.00 Uhr früh an Ihrem Arbeitsplatz am Flughafen Hörsching eingetroffen sind und dort versuchten mit dem Gendarmerieposten Prambachkirchen Kontakt aufzunehmen. Daraus ist ableitbar, daß Sie solche Anstrengungen von zu Hause aus, bevor Sie sich an Ihren Arbeitsplatz begaben, unterließen.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, daß der Gendarmerieposten in der betreffenden Nacht jedenfalls besetzt war (Zeugenaussage Abteilungsinspektor H) und somit eine Meldung ohne unnötigen Aufschub hätte erfolgen können, dies jedoch von Ihnen unterlassen wurde. Auch für den Fall, daß der Gendarmerieposten Prambachkirchen am 19. Juni 1996, um ca. 01.30 Uhr, nicht besetzt gewesen wäre, hätte es verschiedene Möglichkeiten gegeben, den Vorfall unverzüglich zu melden. Jede dieser Möglichkeiten wäre zumutbar gewesen.

Weiters haben Sie dem erhebenden Gendarmeriebeamten bei der ersten Befragung sinngemäß angegeben, Sie hätten nicht gewußt, wen Sie den Unfall melden könnten.

Es steht somit für die Behörde einwandfrei fest, daß Sie durch Ihre Handlungen bzw. Unterlassungen als eine Person, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirkten und als solche Person nach Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden nicht die nächste Polizei- bzw. Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub verständigt haben und es auch unterlassen haben Ihren Namen und Ihre Anschrift jenen Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, nachzuweisen.

Aufgrund des § 5 Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991 i.d.g.F. (= VStG), liegt eine Verwaltungsübertretung nur dann vor, wenn der Täter schuldhaft gehandelt hat.

Die erkennende Behörde hat daher auch die Frage des Verschuldens zu prüfen.

Die Schuld wird in zwei Formen, jener des Vorsatzes und jener der Fahrlässigkeit erfaßt. Diese Formen werden weiter unterteilt oder modifiziert. Das VStG schließt an diese Formen an und spricht vom "Verschulden", zu dem "fahrlässiges" Verhalten genügt (§ 5 Abs.1 VStG), kennt aber auch die Form des Vorsatzes (§ 7 ff VStG).

Welche Schuldform für die Begehung einer Verwaltungsübertretung erforderlich ist, bestimmt primär die einzelne Verwaltungsvorschrift. Bestimmt sie nichts, so genügt Fahrlässigkeit (§ 5 Abs.1 VStG).

Sie haben in gegenständlicher Angelegenheit eine Tathandlung bzw. Unterlassung verwirklicht, die den gesetzlichen Tatbildern entsprechen. Das heißt, es ist Ihnen als Inhaber einer Lenkerberechtigung zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Da alle im Gesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt sind, hat die Bezirkshauptmannschaft Eferding als zuständige Behörde der I. Instanz, Verwaltungsstrafen zu verhängen.

Bei der Bemessung der Strafe macht die Behörde gemäß § 19 VStG von dem Ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch und verhängt Strafen innerhalb des vom Gesetz vorgeschriebenen Strafrahmens, der Höchststrafen von S 10.000,-- (§ 99 Abs.3 lit.b StVO 1960) bzw. S 30.000,-- (§ 99 Abs.2 lit.a StVO 1960) vorsieht.

Straferschwerungs- und Strafmilderungsgründe wurden im Ermittlungserfahren nicht bekannt.

In der Bemessung der Strafhöhe flossen weiters spezial- und generalpräventive Erwägungen mit ein.

Da die Behörde davon ausgeht, daß Sie grob fahrlässig handelten, kann aus spezialpräventiven Überlegungen mit einer geringen Strafe nicht das Auslangen gefunden werden.

Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltunsgerichtshofes ist bei der Bemessung der Strafe auch auf generalpräventive Ziele Rücksicht zu nehmen. Wie die konkrete Tat zeigt, ist das Bewußtsein, welche Folgen die Übertretung einer Norm, die der Gesetzgeber bzw. die hiefür zuständige Behörde für erforderlich erachtet, nach sich ziehen kann (wenngleich auch nicht in jedem Fall nach sich ziehen muß) zu wenig vertieft. Derartige Entwicklungen können nur durch das Aufzeigen deutlicher und klarer Grenzen umgesetzt werden.

Bei der Bestimmung der Strafhöhe sind von der Behörde weiters Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 21. Oktober 1996, VerkR96-1359-1996-A/Ri, welches an Ihre rechtsfreundlichen Vertreter gerichtet wurde, wurden Sie höflich ersucht, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse binnen zwei Wochen nach Übernahme diese Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Eferding bekanntzugeben. Eine Bekanntgabe erfolgte nicht. Es wurde deshalb von der Behörde Ihr monatliches Nettoeinkommen als Elektromechaniker auf S 15.000,-- geschätzt und diese Schätzung bei der Bemessung der Geldstrafe berücksichtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die angeführten gesetzlichen Bestimmungen." 2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber durch seinen ag. Rechtsvertreter folgendes aus: " I . Der Berufungswerber lenkte am 19.06.1996 gegen 1.15 Uhr sein KFZ, mit dem polizeilichen Kennzeichen auf der Eferdinger-Bundesstraße 129 Richtung Waizenkirchen. In Unterbruck, Gemeinde Prambachkirchen, auf Höhe des Straßenkm 33,5, lief ein Feldhase über die Fahrbahn. Unmittelbar danach kam es zu einem Zusammenstoß, bei dem der Feldhase getötet wurde und am Fahrzeug des Berufungswerbers Sachschaden entstand.

Der Berufungswerber versuchte den Unfall beim Gendarmerieposten Prambachkirchen zu melden. Als jedoch der Berufungswerber gegen 1.30 Uhr dort ankam, war der Gendarmerieposten unbesetzt. Im Gendarmerieposten brannte kein Licht und auch ein mehrmaliges Läuten seitens des Berufungswerbers blieb ohne Reaktion.

Der Berufungswerber setzte sich daraufhin wieder in sein Fahrzeug und begab sich nach Hause. Am selben Tag noch gegen 5.00 Uhr früh - traf er auf seinen Arbeitsplatz am Flughafen Hörsching ein und versuchte von dort nochmals mit dem Gendarmerieposten Prambachkirchen Kontakt aufzunehmen. Der Berufungswerber schilderte daraufhin den Beamten den Unfallhergang und erklärte sich gegenüber den Beamten bereit, sofort zum Gendarmerieposten Prambachkirchen zu kommen, um eine Unfallsanzeige zu erstatten. Dieser jedoch teilte ihm mit, daß es auch ausreichen würde, wenn er nach der Arbeit vorbeikommen würde, um den Unfall anzuzeigen.

Mit Strafverfügung der BH Eferding vom 05.09.1996 wurde der Berufungswerber verurteilt. Gegen diese Strafverfügung erhob der Berufungswerber fristgerecht Einspruch und wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 7.1.1998 neuerlich zu einer Geldstrafe von 6.050 S verurteilt. II. Gegen diesen Bescheid der BH Eferding erhebt der Berufungswerber in offener Frist die BERUFUNG an die Behörde 2. Instanz und stellt den A N T R A G 1. die Behörde 2. Instanz möge den genannten Bescheid der BH Eferding aufheben; in eventu 2. die Strafe schuld- und tatangemessen herabsetzen.

III. Begründung: Gemäß § 4 Abs 1 lit c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Gemäß § 4 Abs 5 StVO haben die im Abs 1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Der Beschuldigte hat unmittelbar nach dem Verkehrsunfall versucht, den Unfall beim nächstgelegenen Gendarmerieposten zu melden. Dies war der Gendarmerieposten Prambachkirchen und war dieser zum Zeitpunkt, als der Berufungswerber dort gegen 1.30 Uhr ankam, unbesetzt. Im Gendarmerieposten brannte auch kein Licht und kann sich der Berufungswerber auch an keine Hinweistafel erinnern, die auf eine Telefonzelle oder auf eine weitere Rufnummer aufmerksam gemacht hätte.

Zwar haben die Ermittlungen ergeben, daß der Posten Prambachkirchen aufgrund der Dienstvorschreibung Nr. 470/96 vom 18.06.1996, 22.00 Uhr bis 19.06.1996, 2.00 Uhr, mit zwei Beamten besetzt hätte sein müssen. Dies läßt jedoch nicht den grundsätzlichen Schluß zu, daß der Gendarmerieposten tatsächlich besetzt war.

Gemäß der ständigen Rechtssprechung besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, eine andere Polizei- oder Gendarmeriedienststelle aufzusuchen, wenn die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle unbesetzt ist und daher keine Möglichkeit besteht, dort die Meldung zu erstatten (VwGH 27.04.1988, 87/03/0130).

Da der nächstgelegene Gendarmerieposten, also der Gendarmerieposten Prambachkirchen unbesetzt war, kann des dem Berufungswerber nicht als Verschulden angelastet werden, daß er den Verkehrsunfall erst am nächsten Morgen, und zwar bereits um 5.00 Uhr früh, gemeldet hat. Es hätte dann, zumal seit dem Verkehrsunfall erst 3 Stunden vergangen waren, der körperliche und geistige Zustand des Berufungswerbers festgestellt werden können, was ergeben hätte, daß der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt sehr wohl zur Lenkung eines Fahrzeuges geeignet gewesen ist.

Die Frage, ob die Erstattung der Meldung nötiger - oder unnötigerweise aufgsechoben wurde, ist nach Lage des Einzelfalles zu beurteilen (ZVR 1975/54). Da der Gendarmerieposten Prambachkirchen um 1.30 Uhr unbesetzt war und die Meldung in der Früh erfolgt ist, kann von einem unnötigen Aufschub nicht gesprochen werden.

Wenn nunmehr die belangte Behörde ausführt, daß aufgrund von spezial- und generalpräventiven Überlegungen mit einer geringen Strafe nicht das Auslangen gefunden werden kann, da die vorhandenen Normen zu wenig vertieft seien, so ist nochmals anzuführen, daß der Berufungswerber unmittelbar nach dem Verkehrsunfall versucht hat, den Unfall zu melden. Der Berufungswerber hat somit alles ihm zumutbare getan, um die Straßenverkehrsordnung einzuhalten.

Linz, den 2. Februar 1998 R" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Eferding. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

3.1. Da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Weil sich ferner die Berufung nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe und diesbezügliche rechtliche Erwägungen richtet und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht gesondert beantragt wird, konnte die Durchführung einer solchen unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber überfuhr am 19. Juni 1996 gegen 01.15 Uhr mit seinem Pkw auf der Eferdinger - Bundesstraße 129 bei Strkm 33,5 einen Feldhasen. Dabei blieb die Kennzeichentafel an der Vorfallsörtlichkeit liegen. Er setzte seine Fahrt ohne anzuhalten fort und meldete den Vorfall erst um 6.20 Uhr beim Gendarmerieposten 4731 Prambachkirchen. 4.1.1. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige. Es gibt für den unabhängigen Verwaltungssenat keinen Grund den in der Anzeige dargelegten ersten Angaben des Berufungswerbers, welche an sich lebensnah und den Denkgesetzen entsprechend sind, nicht zu folgen.

5.1. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1.1. Nach § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten, b) wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen, c) an der Feststellung des Sachverhaltens mitzuwirken.

Der § 4 Abs.5 StVO 1960 lautet: Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Es bedarf wohl keiner weiteren rechtlichen Ausführung, daß durch das Überfahren eines Feldhasen ein Sachschaden entstanden ist. Ein Feldhase hat einen durchschnittlichen Verkehrswert von etwa 130 S. Da dem Geschädigten - hier vermutlich die Jagdpächter als Jagdausübungsberechtigte - der Vorfall nicht gemeldet wurde, bestand die Meldepflicht an die nächste Gendarmeriediensstelle, welche ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob bloß mit einem gescheiterten Versuch der Meldung die Pflicht erfüllt erachtet werden könnte. Hier ist aber davon auszugehen, daß ein solcher zumindest nicht hinreichend unternommen wurde. Dies ergibt sich aus den Angaben zum Dienstbetrieb am Gendarmerieposten Prambachkirchen zum Vorfallszeitpunkt. Eine telefonische Kontaktaufnahme behauptet nicht einmal der Berufungswerber selbst. Der Begriff "ohne unnötigen Aufschub" ist wohl auf den Einzelfall bezogen zu beurteilen, wobei jedoch die Zeitdauer von über vier Stunden keinesfalls als noch dieser Vorschrift entsprechend erachtet werden kann (vgl. VwGH 23.2.1990, 85/18/0185 mit weiteren Judikaturhinweisen). Mit dem letztgenannten Erkenntnis wurde bereits eine halbe Stunde als "unnötiger Aufschub" qualifiziert. Es kommt dabei nicht vordergründig auf die objektive Dauer bis zur Meldung, sondern die Nutzung der Zeit bis zur Meldung an (VwGH 24.2.1993, 92/02/0292).

5.2. Hinsichtlich des Punktes 2.) kommt der Berufung jedoch Berechtigung zu. Der Tatvorwurf der unterlassenen Mitwirkungspflicht läßt sich bei einem Wildunfall der gesetzlichen Vorschrift nicht entnehmen. Die Notwendigkeit der Feststellung des Sachverhaltes bei einem Wildunfall kann sich aus der Natur der Sache nur in der Meldung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 erschöpfen, da Organe der öffentlichen Aufsicht an der Unfallstelle in derartigen Fällen wohl kaum Erhebungen zu tätigen pflegen und hiefür auch kein Sinn erkannt werden könnte (vgl. VwGH 8.7.1971, 1459/70, ZVR 1972/128). Die Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes reicht dabei aber nur so weit, als dies zur Feststellung von Sachverhaltselementen, insbesondere zur Sicherung von Spuren oder sonstiger konkreter Beweismittel erforderlich ist (VwGH 27.10.1977, 2002/76 sowie VwGH 13.3.1981, 02/2245/80).

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Die nunmehr verhängte Geldstrafe scheint dem objektiven Tatunwert durchaus angemesssen. Es ist wohl bedauerlich, daß die Vielzahl der überfahrenen wildlebenden Tiere durch die Verkehrsteilnehmer nicht versorgt werden und dadurch jährlich erhebliche volkswirtschaftliche Werte vernichtet werden. Dennoch ist nicht zu übersehen, daß es in der Praxis oft schwierig und auch nicht realistisch sein mag, einige hundert Meter zurückzufahren und das überfahrene Wild zu suchen und an den Straßenrand zu schaffen. Auf stark befahrenen Straßen könnte dies eine hohe Unfallgefahr zur Folge haben und von einem Fahrzeuglenker realistisch besehen gar nicht erwartet werden können. Angesichts der Tatsache, daß in den meisten Fällen derartige Wildunfälle überhaupt nicht amtswegig bekannt werden, kann hier dem Fehlverhalten des Berufungswerbers nur ein geringes Tatverschulden zum Vorwurf gelangen. Auch sind die Folgen der Übertretung als bloß geringfügig zu erachten, weil auch die rechtzeitige Meldung grundsätzlich an der Sachlage nichts geändert hätte. Im Verhalten des Berufungswerbers vermag die Berufungsbehörde auch nicht den Bedarf eines gesteigerten generalpräventiven Strafaspektes zu erkennen. Die nunmehr verhängte Strafe ist daher unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe, insbesondere des zuzuerkennenden Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit angemessen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Wildunfall

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