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des Landes Oberösterreich
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VwSen-105241/2/BR

Linz, 18.02.1998

VwSen-105241/2/BR Linz, am 18. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung der Frau A gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. Dezember 1997, Zl. III/ S-35476/97-3, wegen Übertretung nach § 38 Abs.5 StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt. Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995; II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden der Berufungswerberin zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 300 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der ebenfalls oben genannten Übertretung eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Nichteinbringungsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 7. April 1997 um 23.15 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt und dabei in L, an der Kreuzung D in Richtung stadteinwärts, trotz Rotlichtes der Verkehrslichtsignalanlage, ihr Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten habe. 2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Übertretung durch das von der "Rotlichtkamera" hergestellte Foto deutlich erkennbar hervorgehe, indem zum Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie bereits 0,6 Sekunden rotes Licht von der Verkehrslichtsignalanlage ausgestrahlt wurde.

3. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung folgenden Inhaltes: "In umseits näher bezeichneter Rechtssache erhebt Frau A gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 13.1.1998 binnen offener Frist nachfolgende B E R U F U N G Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Frau R für schuldig erkannt, sie hätte am 7.4.1997 um 23.15 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen im Ortsgebiet von Linz auf der D in Richtung stadteinwärts gelenkt, wobei sie bei der Kreuzung D bei Rotlicht der Verkehrsampel das Zeichen Halt nicht beachtet bzw. bei der Haltelinie nicht angehalten habe. Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift gemäß § 38 in Verbindung mit 38/la StVO übertreten und wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 1.500,- im Fall der nicht rechtzeitigen Zahlung eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt.

In der Begründung wird im wesentlichen angeführt die Übertretung sei eindeutig bewiesen.

Das wird bestritten und wird ausgeführt, daß das Straferkenntnis zu Unrecht erlassen wurde, weil eine unzuständige Behörde innerhalb von sechs Monaten entschieden hat.

Im vorliegenden Falle ist die Tatortbehörde die Bundespolizeidirektion Linz und hat das Verfahren gemäß § 29a VStG an die "Wohnsitzbehörde, nämlich BH Linz-Land abgetreten.

Die Kannbestimmung in § 29a VStG erlaubt dies und hätte daher die abgetretene Behörde BH Linz-Land entscheiden müssen. Es wurde jedoch an die unzuständige Behörde abgetreten, weil die Wohnsitzbehörde die Bundespolizeidirektion Wels ist.

Die BH Linz-Land war daher gar nicht berechtigt Amtshandlungen vorzunehmen, sondern hätten solche von der Bundespolizeidirektion Wels vorgenommen werden müssen.

Im weiterem Verlauf erfolgte dann eine Rückübertretung von der BH Linz-Land an die Bundespolizeidirektion Linz, welche ebenfalls nicht gesetzgemäß ist, weil die Kannbestimmung des § 29a nur die Tatortbehörde betrifft, da ja keinesfalls vorgesehen ist, daß im Ping-Pong-Verfahren die Behörden immer wieder das Verfahren abtreten können.

Aus diesem Grunde ist im weiterem Verlauf auch die Bundespolizeidirektion Linz zu Unrecht tätig geworden und hat das Verfahren an die Bundespolizeidirektion Wels abgetreten. Wels hat nunmehr den Fall nicht aufgenommen, sondern wiederum an die Bundespolizeidirektion Linz zurückgeschickt. Durch diese Vorgangsweise wurde allerdings die Unzuständigkeitskette, die schon aufgebaut ist, nicht unterbrochen und wurde daher das Straferkenntnis von der unzuständigen Bundespolizeidirektion Linz gefällt.

Abgesehen davon ist die Begründung der Bundespolizeidirektion Wels nicht gegeben, es lägen nicht die Voraussetzungen gemäß § 29a VStG vor, weil der Anwaltssitz in Linz liegt und ist daher aus dieser Begründung heraus auch diese Überweisung nicht gerechtfertigt und hätte wenn überhaupt die Bundespolizeidirekion Wels entscheiden müssen, da aus dieser Begründung heraus eine Rücküberweisung im Gesetz gar nicht vorgesehen ist.

Es wird daher gestellt A N T R A G das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Linz am 27.1.1998 A" 3.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da in der Berufung zumindest keine begründete Tatsachenbestreitung dargetan wird und weder eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe, noch ein diesbezüglich gesonderter Antrag gestellt wurde, konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG). 4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. III/ S-35476/97-3; daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4.1. Aus den im Akt erliegenden Fotos ist die Sequenz des Durchfahrens der Kreuzung in anschaulicher Form dokumentiert. Dieser tritt die Berufungswerberin mit keinem inhaltlichen Argument entgegen. Sie bestreitet bloß die Tatbegehung ohne auch nur ein einziges inhaltliches Argument diesem Beweisergebnis entgegenzusetzen. Sie beschränkt sich ausschließlich auf die Frage der Unzuständigkeit der Erstbehörde. 5. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zum Vorbringen der Unzuständigkeit: Die die Sachentscheidung treffende Behörde war hier die Tatortbehörde. Die Wahrnehmung der Entscheidungskompetenz erfolgte daher trotz des Umstandes zu Recht, daß im Rahmen des vorerst gegen K geführten Verfahrens, eine allenfalls unzulässige Abtretung an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erfolgte bzw. von dieser Behörde eine Strafverfügung gegen die zuletzt genannte Person und in der Folge nach Vorliegen des "endgültigen Lenkers" gegen die der Lenkerin erlassen wurde. Im Gegensatz zur Ansicht der Berufungswerberin vermag eine Unzulässigkeit zu einer Sachentscheidung bzw. eine Unzuständigkeit der Tatortbehörde zu dieser gleichsam nicht dadurch verwirkt worden sein, daß ursprünglich eine Abtretung zur Verfolgung vorerst einer anderen Person erfolgt war. Dies kann weder dem Gesetz noch der Judikatur entnommen werden. Die Übertragung der Zuständigkeit kann sich dabei bloß auf die Verfolgung einer bestimmten Person beziehen (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des öst. Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl. S 904, Rz. 6g), sodaß aus der Verfolgung einer anderen Person ergebenden geänderten Zuständigkeit unberührt bleibt. Eine zu einem anderen Ergebnis führende Gesetzesauslegung würde einer Norm einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen, der mit der Aufgabe des Legalitätsprinzips (durch Unvollziehbarkeit) für den Einzelfall einhergehen würde.

Die Abtretung durch die "unzuständige", jedoch zur Wahrung der Verfolgungsfrist noch eine Verfolgungshandlung erlassenden Behörde (Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) an die Tatortbehörde, war daher durchaus rechtskonform und geradezu zwingend. Mit der nochmaligen, vermutlich irrtümlich, getätigten Abtretung an die Wohnsitzbehörde durch die Tatortbehörde - der damals schon in Linz rechtsfreundlich vertretenen Berufungswerberin - konnte aus dem oben Gesagten, ein Verlust der Entscheidungsbefugnis der Tatörtbehörde nicht bedingt gewesen sein. Dieser "Übertragungsakt" konnte letztlich auch einen Übergang der Zuständigkeit an die - irrtümlich angenommene nach § 29a VStG zuständige - Behörde gar nicht entfalten, weil es an den Voraussetzungen für eine solche Abtretung gefehlt hat (VwGH 9.7.1992, 92/10/0006 mit Hinweis auf VwGH 28.2.1985, 85/02/0095).

5.1. Die von der Erstbehörde vorgenommene Subsumtion des auch vom unabhängigen Verwaltungssenat auf Grund der fotografischen Dokumentation des Befahrens der Haltelinie der Kreuzung trotz des bereits 0,6 Sekunden aufleuchtenden Rotlichtes als erwiesen erachteten Tatverhaltens, erfolgte in rechtlich zutreffender Weise. Die Berufungswerberin hat daher schuldhaft gegen die zitierte Bestimmung der Straßenverkehrsordnung verstoßen. Als Schuldelement genügt die bloße Fahrlässigkeit (§ 5 Abs. 1 VStG). 6. Grundlage für die Strafzumessung gemäß § 19 Abs. 1 u. 2 VStG ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Von der Erstbehörde wurde der Milderungsgrund der Unbescholtenheit in zutreffender Weise zuerkannt. Trotzdem kann der in der Höhe von 1.500 S bemessenen Geldstrafe nicht entgegengetreten werden. Die Beachtung eines Rotlichtes an einer Kreuzung gehört zu den elementarsten Pflichten eines Fahrzeuglenkers. Das im ganz wesentlichen Ausmaß auf den Vertrauensgrundsatz basierende Funktionieren des Straßenverkehrsgeschehens wird durch eine derartige Übertretung, wenn auch gegenständlich vermutlich nur abstrakt, erheblich negativ beeinflußt. Es ist gleichsam nur vom Zufall abhängig, daß es in solchen Fällen zu keinem Verkehrsunfall kommt. Insbesondere bedarf es daher aus Gründen der Generalprävention einer spürbaren Bestrafung, um dem Unwertgehalt einer derartigen Übertretung grundsätzlich einen entsprechenden unwertspezifischen Stellenwert angedeihen zu lassen. Im Hinblick auf den bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmen scheint die im Zweifel nur als fahrlässig begangen zu erachtende Übertretung mit 1.500 S durchaus noch milde bestraft. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden. Sie muß jeweils, von den gesetzlichen Aus-nahmen abgesehen, von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r

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