Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-580196/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 03.04.2006

 

 

 

VwSen-580196/2/Gf/Mu/Ga Linz, am 3. April 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des B E, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 19. Jänner 2006, Zl. BZ-SanR-134-2003, wegen der Untersagung und Entziehung der Berechtigung der freiberuflichen Ausübung der Tätigkeit als Heilmasseur, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 19. Jänner 2006, Zl. BZ -SanR-134-2003, wurde dem Rechtsmittelwerber die beabsichtigte freiberufliche Ausübung einer Tätigkeit als Heilmasseur mangels Vorliegen eines Qualifikationsnachweises "untersagt und die Berechtigung entzogen".

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer mittels Verständigungsschreiben der belangten Behörde vom 15. November 2005 der Erlass des Amtes der Oö. Landesregierung vom 6. Oktober 2005 betreffend die Vorgangsweise bei der Erstellung von Gutachten gemäß § 84 Abs. 7 MMHmG, Zl. SanRB-14547/105-2005-Hau, zur Kenntnis gebracht worden sei.

 

Am 2. Dezember 2005 habe der Rechtsmittelwerber jedoch bekannt gegeben, dass er sich dieser Sachverständigenbegutachtung voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2006 stellen werde. Sollte die gesetzliche Frist - wie derzeit geplant - verlängert werden, dann werde er diese voraussichtlich aber noch weiter ausnützen.

 

Seitens des Amtes der Oö. Landesregierung wurde der belangten Behörde über entsprechende Anfrage am 13. Jänner 2006 telefonisch mitgeteilt, dass es den Masseuren grundsätzlich selbst überlassen ist, wann sie sich der Begutachtung stellen wollen. Das ursprüngliche Ansuchen müsse dann aber jeweils zurückgezogen bzw. ein negativer Bescheid erlassen werden, da dann eben noch kein geeigneter Qualifikationsnachweis vorliege.

1.2. Gegen diesen ihm am 20. Jänner 2006 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 31. Jänner 2006 - und damit rechtzeitig - persönlich bei der belangten Behörde abgegebene Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass sich die belangte Behörde auf den Erlass des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen vom 7. März 2005 bezogen habe, in dem die Vorgangsweise zur Überprüfung einer "qualifizierten Leistungserbringung" nach § 84 Abs. 7 MMHmG geregelt sei.

Da diese Regelung derzeit - auf Grund eines anderen Anlassfalles - vom Verfassungsgerichtshof auf ihre Gesetzmäßigkeit geprüft werde, wird ersucht, dessen Entscheidung abzuwarten und erst danach das behördliche Verfahren fortzusetzen und die Entziehung der Berechtigung wieder aufzuheben.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wels zu Zl. BZ-SanR-134-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 und 2 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 84 Abs. 7 des Bundesgesetzes über die Berufe und die Ausbildung zum medizinischen Masseur und Heilmasseur, BGBl.Nr. I 169/2002, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 46/2006 (im Folgenden: MMHmG), können gewerbliche Masseure, deren qualifizierte Leistungserbringung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG (das war der 1. April 2003) nachgewiesen ist, auch ohne Aufschulung eine Tätigkeit als Heilmasseur ausüben.

3.2. Der diese Bestimmung näher determinierende Erlass der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 9. März 2005, Zl. BMGF-92266/0049-I/B/6/2004, wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. V 105/05, aus formalen Gründen - nämlich deshalb, weil diesem die Qualität einer Rechtsverordnung zukommt und daher dessen Kundmachung im Bundesgesetzblatt hätte erfolgen müssen - aufgehoben.

3.3. Mit Erkenntnis vom selben Tag, Zl. B 561/05, hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass - jedenfalls solange eine neuerliche ordnungsgemäße Kundmachung des vorzitierten Erlasses nicht erfolgt ist - der vorgeschriebene Qualifikationsnachweis gemäß § 84 Abs. 7 MMHmG als erbracht anzusehen ist, wenn die Anforderungen des § 84 Abs. 1 oder Abs. 2 MMHmG erfüllt sind und eine - die in Abs. 3 vorgesehene Aufschulung entbehrlich machende - "qualifizierte Leistungserbringung" im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes nachgewiesen ist, wobei die Beurteilung einer solcherart qualifizierten Leistungserbringung anhand der dem Gesetz (allenfalls auch unter Heranziehung von Gesetzesmaterialien) zu entnehmenden Wertungen zu erfolgen hat. Die Bestimmung des § 84 Abs. 7 MMHmG erlaubt es demnach nur jenen gewerblichen Masseuren - jeweils bei Vorliegen einer qualifizierten Leistungserbringung - eine Tätigkeit als Heilmasseur auch ohne Aufschulung auszuüben, die die Befähigung zur Ausübung des Gewerbes der Massage auf Grund einer Befähigungsprüfung nachgewiesen haben (oder diese Prüfung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 erfolgreich ablegen) und das Gewerbe der Massage bis zum Inkrafttreten des MMHmG (am 1. April 2003) durch mindestens sechs Jahre hindurch tatsächlich und rechtmäßig selbständig ausgeübt haben.

Bei der Feststellung, ob damals eine "qualifizierte Leistungserbringung" vorlag, hat die Behörde daher im Hinblick auf das im MMHmG umschriebene Berufsbild des Heilmasseurs zu prüfen, ob der gewerbliche Masseur - auf Grund der Befähigungsprüfung und einer entsprechend langen einschlägigen Tätigkeit - im Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG über eine solche fachliche Befähigung verfügte, um i.S.d. § 29 MMHmG die entsprechenden Leistungen nach ärztlicher Anordnung eigenverantwortlich auszuüben. In diesem Zusammenhang ist jedoch nicht die Kenntnis aller (und im Besonderen auch der theoretischen) Lehrinhalte der auf Grund des MMHmG ergangenen Ausbildungsverordnung - noch dazu in genau jener Form und jenem Umfang, wie in dieser Verordnung vorgesehen - zu fordern, weil damit einerseits die Übergangsbestimmung des § 84 Abs. 7 MMHmG ihres Anwendungsbereiches beraubt und andererseits ein diametraler Widerspruch zu dem mit dem MMHmG insgesamt verfolgten Ziel der Durchlässigkeit zwischen den neuen Gesundheitsberufen (medizinischer Masseur und Heilmasseur) und den gewerblichen Masseuren entstehen würde.

3.4. Von dieser nunmehr maßgeblichen Rechtslage ausgehend hat daher die Behörde im Zuge einer Meldung der freiberuflichen Ausübung der Heilmasseurtätigkeit gemäß § 46 Abs. 1 MMHmG durch einen gewerblichen Masseur - abgesehen von den dort genannten Formalerfordernissen - zunächst zu überprüfen, ob dieser vor dem 1. April 2003 entweder einen Befähigungsnachweis für das reglementierte Gewerbe der Massage auf Grund einer Befähigungsprüfung erlangt (§ 84 Abs. 1 Z. 1 MMHmG) oder er dieses Gewerbe zunächst nur auf Grund einer Nachsichtserteilung ausgeübt, die Befähigungsprüfung aber seither absolviert hat bzw. bis zum 31. Dezember 2007 absolvieren wird (§ 84 Abs. 2 Z. 2 und 3 MMHmG).

In einem zweiten Schritt ist sodann zu prüfen, ob der Anzeigende das Gewerbe der Massage tatsächlich und rechtmäßig vor dem 1. April 2003 bereits über einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren ausgeübt hat (§ 84 Abs. 1 Z. 2 MMHmG; § 84 Abs. 2 Z. 1 MMHmG).

Schließlich hat die Behörde in einem letzten Schritt zu prüfen, ob die Berufsausübung vor dem 1. April 2003 dem in § 84 Abs. 7 MMHmG geforderten Kriterium einer qualifizierten Leistungserbringung entsprochen hat.

Wenn eine der geforderten Voraussetzungen nicht vorliegt, ist die begehrte freiberufliche Ausübung des Heilmasseurs nach § 46 Abs. 2 MMHmG unverzüglich, längstens jedoch binnen drei Monaten zu untersagen. Eine bereits erteilte Berechtigung ist zu entziehen, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen entweder anfänglich nicht gegeben waren oder nachträglich weggefallen sind (§ 47 MMHmG).

3.5. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Untersagung der freiberuflichen Tätigkeit als Heilmasseur - bezogen auf die früheren Bestimmungen in richtiger Weise, im Hinblick auf die derzeit maßgebliche Rechtslage jedoch unzutreffend - darauf gestützt, dass dieser kein Sachverständigengutachten über eine qualifizierte Leistungserbringung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG (1. April 2003) vorgelegt hat; hingegen wurde eine Prüfung der Kriterien gemäß § 84 Abs. 1 oder 2 MMHmG, die eine Voraussetzung dafür bilden, dass die Bestimmung des § 84 Abs. 7 MMHmG überhaupt zur Anwendung kommen kann, gänzlich unterlassen.

Im Ergebnis ist damit die Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt unvollständig geblieben.

 

4. Der Berufung war daher insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG an die Erstbehörde zurückverwiesen wird.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren ist eine Gebühr in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr. Grof

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