Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240585/2/SR/CR

Linz, 01.09.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des H J S, geboren am  , P, Hgasse, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. November 2005, GZ. 0057736/2004, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes (im Folgenden: LMG) zu Recht erkannt:

 

 

 

I.          Der Berufung wird teilweise stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

§           die Überschrift "Straferkenntnis" durch die Überschrift "Bescheid" sowie

§           der Strafausspruch durch folgenden Ausspruch ersetzt wird:

"Gemäß § 21 VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen."

 

II.        Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

zu II.: §§ 64 bis 66 VStG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. November 2005, GZ. 0057736/2005, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 74 Abs. 4 LMG iVm § 1 Abs. 2 VO über Hygiene bei Zuckerwaren aus Automaten eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Stunden) verhängt, weil er als Gewerbeinhaber der Firma S H J, mit dem Sitz in P, Hgasse, zu verantworten habe, dass am 5. August 2004 in L, Fweg, von der genannten Firma zwei Zuckerwarenautomaten entgegen den Bestimmungen des § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hygiene bei Zuckerwaren aus Automaten so aufgestellt waren, dass diese während des gesamten Vormittages der direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt gewesen wären. Als Rechtsgrundlage wurden § 74 Abs. 4 LMG, die §§ 9, 16 und 19 VStG sowie der § 64 Abs. 1 und 2 VStG genannt.

 

Begründend führt die Behörde erster Instanz aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei. Nachdem der gegenständliche Zuckerwarenautomat eindeutig und zweifelsfrei der direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt gewesen sei, sei der Tatbestand der dem Bw angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

Da das LMG keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vorsehe, komme § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge. Im vorliegenden Fall habe der Bw ein Ungehorsamsdelikt begangen, der Schuldentlastungsbeweis habe mit der Rechtfertigung nicht erbracht werden können bzw. gehe ins Leere. Daher sei die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen.

 

Bei der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Bw strafmildernd gewertet worden.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, dass dem Bw am 2. Dezember 2005 nachweislich zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende – rechtzeitige eingebrachte (Datum des Poststempels: 14. Dezember 2005) – Berufung. Darin wird der Bescheid zur Gänze angefochten.

 

Begründend führte der Bw im Wesentlichen aus, dass die "Berufung vom 12. Juli 2005, in der er eine Begründung gegen das Straferkenntnis vom 23. Juni 2005 (Tatzeitpunkt: 23. Mai 2005)" vorgebracht habe, nicht behandelt worden sei. Es sei nur die Berufung vom 29. März 2005, die Strafverfügung vom 16. März 2005 betreffend, zitiert. In diesem Berufungsschreiben habe der Bw Schriftmaterial vorgelegt, weil sich seine Firma, damals sei sein Vater Inhaber der Firma gewesen, schon einmal mit diesen Vorwürfen habe auseinandersetzen müssen. Laut einem Schreiben bzw. Gutachten der Firma H aus dem Jahre 1990 sei die Beschaffenheit der Füllware so hergestellt, dass die Verwendbarkeit zum Verkauf in Warenautomaten auch bei direkter Sonneneinstrahlung gegeben sei. Die Herstellerfirmen hätten die Formulierung "direkte Sonnenbestrahlung" aufgegriffen und vorgebeugt, die Waren sonnenunempfindlich herzustellen, da es faktisch im freien Gelände nie eine Position geben werde, dass nicht irgendeine Form einer Sonneneinstrahlung möglich sein könne. Warenautomaten dieser Art, deren Aufstellung ja nicht verboten sei, dürften daher auf keinem Platz in Österreich aufgestellt werden. In diesem Zusammenhang sei noch ein EuGH-Urteil ausständig, das der Bw auch noch abwarten wolle.

 

2. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

Da sich bereits aus den Akten in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z 3 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist Gewerbeinhaber der Firma S H J mit Sitz in P, Hgasse.

 

Am 5. August 2004 waren in L, Fweg, zwei Zuckerwarenautomaten der genannten Firma derart aufgestellt, dass sie während des gesamten Vormittages der direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt waren.

 

Entsprechend dem Berufungsvorbringen des Bw und seinen Hinweisen auf Schreiben und Gutachten der Herstellerfirma Horn ist die Füllware sonnenunempfindlich hergestellt worden.  

 

2.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei und nachvollziehbar aus der Aktenlage und wird auch vom Bw im Wesentlichen nicht bestritten. Die Verantwortung des Bw und seine Beweisangebote sind der Behörde erster Instanz bereits aus früheren Verfahren bekannt. Im Vorlageschreiben wurde der Darstellung des Bw nicht widersprochen.

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach § 74 Abs. 4 LMG macht sich, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist wie nach § 74 Abs. 1 zu bestrafen, wer

1.        den Bestimmungen einer auf Grund des § 10, des § 12 Abs. 2 hinsichtlich der Deklaration von Zusatzstoffen, des § 16 Abs. 4 hinsichtlich vorgeschriebener Bezeichnungen, der §§ 21, 27 Abs. 1, 29, 30 Abs. 5 oder 33 Abs. 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt,

2.        den Bestimmungen des § 38 zuwiderhandelt,

3.        entgegen dem § 39 Abs. 1 die Entnahme von Proben verweigert,

4.        den nach den §§ 17 Abs. 4, 22 bis 24 oder 34 Abs. 3 getroffenen Anordnungen zuwiderhandelt,

 

Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Hygiene bei Zuckerwaren aus Automaten (gemäß § 95 Abs. 7 Z. 5 LMSVG mit 20. Jänner 2006 außer Kraft getreten) sind Zuckerwarenautomaten so aufzustellen oder anzubringen, dass sie nicht direkter Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind. Die Auffangvorrichtung (Entnahmemulde) muss zur Vermeidung einer Verschmutzung witterungsgeschützt sein.

 

3.2. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes steht zweifelsfrei fest, dass die beiden gegenständlichen Zuckerwarenautomaten am 5. August 2006 derart aufgestellt waren, dass sie während des gesamten Vormittages der direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt waren. Da § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Hygiene bei Zuckerwaren aus Automaten festlegt, dass diese nicht so aufgestellt werden dürfen, dass sie einer direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind, ist der objektive Tatbestand der genannten Bestimmung jedenfalls erfüllt.

 

3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es handelt sich daher um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt, weshalb der Bw glaubhaft zu machen hätte, dass ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw konnte im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dem Bw musste als Fachmann bekannt sein, dass er Zuckerwarenautomaten nicht unter direkter Sonneneinstrahlung aufstellen darf. Im Hinblick darauf, dass der Bw seine Zuckerwarenautomaten mit für den Verkauf unter direkter Sonneneinstrahlung geeigneten Waren bestückt hat, ist sein Verschulden als gering einzustufen.

 

3.4. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Das Verschulden des Beschuldigten kann dann als geringfügig bezeichnet werden, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (Verwaltungsgerichtshof vom 10. Dezember 2001, 2001/10/0049 ua.).

 

Im gegenständlichen Fall bleibt das Verschulden des Bw hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück. Das Verschulden des Bw ist – wie oben erläutert – als gering einzustufen. Verbraucherinteressen wurden nicht geschädigt, da der Bw seine Zuckerwarenautomaten derart befüllt hat, dass die Ware durch die Sonneneinstrahlung nicht beeinträchtigt werden konnte. Da das Verschulden des Bw auch hinter dem typisierten Unrechtsgehalt zurückbleibt, war von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

 

Anzumerken ist, dass die Verordnung über die Hygiene bei Zuckerwaren aus Automaten mit 20. Jänner 2006 ersatzlos außer Kraft getreten ist. Da das Aufstellen von Zuckerwarenautomaten unter direkter Sonneneinstrahlung nun nicht mehr unter Strafe gestellt ist, kann der Bw derartige Verwaltungsübertretungen in Zukunft nicht mehr begehen.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat, noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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