Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105376/2/BR

Linz, 14.04.1998

VwSen-105376/2/BR Linz, am 14. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über Berufung des Herrn J, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 18. März 1998, Zl. III/S-10412/97, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz - FSG eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Nichteinbringungsfall sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 23. November 1997 um 12.45 Uhr, das KFZ mit dem Kennzeichen in Wels, O in östliche Richtung gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung gewesen sei.

1.1. Wie der Bescheidbegründung zu entnehmen ist, wird von der Erstbehörde auf die dem Berufungswerber in Deutschland erteilten Lenkerberechtigung für die Klasse 3, ausgestellt am 4.10.1993, inhaltlich nicht eingegangen. Es wurde diesbezüglich lediglich festgestellt, daß vom Berufungswerber das diesbezügliche Dokument verloren wurde, wobei die Erstbehörde sich aber konkret auf die im Verfahren vertretene Rechtsansicht des Berufungswerbers im Hinblick der vermeinten Gültigkeit der ihm in Deutschland erteilten Lenkerberechtigung bezieht. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung inhaltlich auf den rechtskräftigen Entzugsbescheid der österreichischen Lenkerberechtigung durch die Bundespolizeidirektion Wels, vom 22. November 1990, Zl. III FE-530/90 und die Nichtbefolgung der darin ausgesprochenen Auflage für die Wiedererteilung in Form der Ablegung eines Psychotestes.

2. In seiner fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus: "Ich Herr R weise Sie höflichst darauf hin, daß ich in der Zeit von ca.1991 - 1995 Deutschland gewohnt und gearbeitet habe, und auch dort den Führerschein der Klasse 3 erworben und ausgestellt bekam. Dann weise ich Sie auch darauf hin, daß ich sowohl eine Lenkerberechtigung besitze und als EU Mitgliedschafts - Land der Führerschein anerkannt wird, laut EU - Richtlinien und des Verkehrsministerium in Wien, R (Dr. C Wien. Somit weise ich die Anschuldigung vehement zurück. Außerdem weise ich nochmals darauf hin, daß ich mich ca. Herbst 1995 bei der Bundespolizeidirektion in Wels befragt habe, und als Auskunft bekam ich die Antwort, es sei nicht mehr notwendig meinen Führerschein umschreiben zu lassen, denn mit der EU sei es nicht notwendig." 2.1. Der Berufung beigefügt wurde eine Kopie des in Deutschland erworbenen Führerscheines und ein Auszug aus dem dortigen Führerscheinregister.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde. Daraus ergibt sich in Verbindung mit den vom Berufungswerber mit der Berufung vorgelegten Kopien der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4.1. Demgemäß ist vom rechtlich korrekten Erwerb der Lenkerberechtigung der Klassen 3, 4 und 5 durch den Berufungswerber in Deutschland auszugehen. Es wurde ihm, laut Bestätigung vom 25.11.1997, am 4. Jänner 1993 vom Landratsamt Eichstätt der Führerschein mit der Nr. D1261048 ausgestellt. Offenbar wegen Verlustes dieses Dokumentes wurde ihm schließlich von dieser Behörde am 29.1.1998 der Führerschein mit der Nummer 004490/97 ausgestellt. In der Zeit von November 1991 bis August 1995 war der Berufungswerber laut der im Akt erliegenden Meldeaufzeichnungen in Österreich polizeilich nicht gemeldet. Es ist daher davon auszugehen, daß der Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt (am 23.11.1997) im Besitz einer in Deutschland ausgestellten gültigen Lenkerberechtigung, im Ausmaß des Berechtigungsumfanges, der für das Lenken eines Pkw´s erforderlich ist, gewesen ist. Unbestritten ist andererseits auch der rechtskräftige Entzug der dem Berufungswerber von der Bundespolizeidirektion Linz im Jahre 1988 unter der Zl. F 5736 ausgestellten (österreichischen) Lenkerberechtigung mittels des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wels vom 22.11.1990, Zl. III FE-530/90. Obwohl dieser Entzug nur mit einem Jahr befristet war, die Auflage für die "Neuerteilung", nämlich sich einem Psychotest zu unterziehen aber nicht erfüllt wurde, kam es zu keinem "Wiederaufleben" dieser Berechtigung.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Wenn hier die Erstbehörde - ohne dies konkret auszuführen - offenbar die Ansicht zu vertreten scheint, daß wegen der Nichterfüllung einer Auflage aus dem Jahr 1990 zur Wiedererlangung der österreichischen Lenkerberechtigung, die dem Berufungswerber zwischenzeitig in Deutschland erteilte Lenkerberechtigung ungültig sei, hängt sie einer unvertretbaren Rechtsansicht an. Sie verknüpft offenbar die Gültigkeit eines in Deutschland gesetzten Rechtsaktes mit einer von ihr zu einem Bescheidinhalt gemachten Auflage.

5.1.1. Gemäß dem in Umsetzung der Richtlinie 91/439/EWG erlassenen Führerscheingesetz, BGBl.Nr.120/97 idF BGBl.Nr. 2/1998 und der auf Grund des FSG erlassenen Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung - FSG-DV, bedarf es grundsätzlich keiner Umschreibung einer in einem EWR-Staat (EU-Staat) erteilten Lenkerberechtigung. Daher ist eine solche Berechtigung grundsätzlich zumindest im Bereich der Gemeinschaft einer im Inland erworbenen gleichzusetzen (§ 1 Abs.4 FSG). Dies ergibt sich etwa auch aus § 15 Abs.3 FSG und § 8 FSG-DV. Die dem Berufungswerber in Deutschland ausgestellte Berechtigung entspricht offenkundig der obgenannten Richtlinie (Modell der Europäischen Gemeinschaften). Unter Hinweis auf Art 8 der mit 1. Juli 1996 außer Kraft getretenen RL 80/1263/EWG in der RL 91/439/EWG ist die Verpflichtung, den Führerschein bei einem Wechsel des Staates des ordentlichen Wohnsitzes innerhalb eines Jahres umzutauschen, angesichts des der Fortschritte beim Zusammenwachsen Europas als ein inakzeptables Hindernis für die Freizügigkeit zu erachten. Diese in die Richtlinie 91/439/EWG übernommene Idee läßt daher das Führerscheingesetz keine Interpretation zu, welche hier zu einem Ergebnis der Ungültigkeit der deutschen Lenkerberechtigung des Berufungswerbers (auch nicht bloß auf Österreich beschränkt) führen könnte.

5.1.2. Unhaltbar im Sinne des Anspruches behördlicher Verfügungen auf Rechtssicherheit ist ferner die im Bescheid der Erstbehörde zum Ausdruck gelangende Rechtsansicht, daß die Nichterfüllung einer Auflage, die hier darüber hinaus fast acht Jahre zurückliegt, einen Rechtserwerb ohne zeitliche Begrenzung präjudizieren würde. Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, daß auch im Rahmen des Erwerbes der deutschen Lenkerberechtigungen die entsprechenden persönlichen Eignungsvoraussetzungen geprüft wurden. Daher könnte auch unter diesem Aspekt der scheinbaren erstbehördlichen Sichtweise kein tatsachenspezifischer, sondern nur ein rein formaler Inhalt zugemessen werden. Ein solcher formaler Aspekt könnte auch keine hinreichende rechtliche Grundlage für die Aberkennung der Gültigkeit einer Berechtigung ohne ein spezifisches Administrativverfahren und eine darauf stützbare Bestrafung sein. Sollte aber die Erstbehörde jedoch tatsächlich - auch heute noch - Bedenken im Hinblick auf die Voraussetzungen gemäß § 8 Abs.2 FSG haben, so hätte sie wohl administrative Maßnahmen zu ergreifen, um so zu einem rechtsstaatlich tragfähigen Ergebnis zu gelangen (vgl. § 30 und § 3 FSG sowie Art.8 Abs2 der RL 91/439/EWG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Bedingung, Auflage, Berechtigungserweis

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