Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590046/22/WEI/Ps

Linz, 24.08.2006

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der A W, geb., L, M, P, vom 28. September 2004, nunmehr vertreten durch Mag. T T, Rechtsanwalt in R, H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 17. September 2004, Zl. Pol 01-36-2002, betreffend Entziehung des Eigentums an landwirtschaftlichen Nutztieren nach dem Oö. Tierschutzgesetz 1995 (LGBl Nr. 118/1995, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 49/2002) nach Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen h. Erkenntnisses vom 29. Dezember 2004, Zl. VwSen-590046/2/WEI/An, durch den Verwaltungsgerichtshof und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Juli 2006 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991; § 16 Abs 2 Z 1 iVm § 18 Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz 1995 idF LGBl Nr. 91/2001.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde wie folgt über die Berufungswerberin (Bwin) abgesprochen:

 

"A W, M, P, wird das Eigentum an nachstehenden Rindern entzogen. Die Tiere werden nach Rechtskraft des Bescheides auf Kosten und Gefahr der vormaligen Eigentümerin veräußert. Der Erlös aus der Veräußerung wird nach Abzug der für die Tiere sonst von der Behörde aufgewendeten Kosten der vormaligen Eigentümerin abgerechnet.

 

Nachstehende Tiere werden von obiger Maßnahme erfasst:

Kühe:             

Kalbin:           

 

Rechtsgrundlage:

§ 18 Abs. 5 Oö. Tierschutzgesetz LGBl.Nr. 118/1995 i.d.g.F."

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, welcher der Bwin am 22. September 2004 im Wege der Gendarmerie Peilstein zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitig am 28. September 2004 überreichte Berufung gleichen Datums, mit der die Behebung des Bescheides der Erstbehörde beantragt wird.

 

Begründend führt die Berufung wie folgt aus:

 

"Die Entziehung ist zu Unrecht, ebenso wie die im Spruch festgehaltene Veräußerung.

Nachdem heuer eine gute Ernte war, habe ich nun genügend Heuvorräte und genügend Hafer zum Verfüttern.

Es ist nun auch genügend Strohmaterial zum Einstreuen vorhanden, sodass ich die im Bescheid angeführten Tiere nicht nur gut füttern, sondern auch von der Einstreu her gut betreuen kann.

Die Wasserversorgung hat funktioniert. Die automatische Tränkanlage ist zwar noch zu reparieren, aber ich habe nun verstärkt Wasser vorgestellt.

Eine Absperrung ist zum Schutz der Tiere während des Tages notwendig. Es besteht sonst die Gefahr des Aufhängens, da es sich um einen Mittellangstand handelt. Dass sie während des Tages dennoch zu Wasser kommen, montiere ich auf der Standinnenseite Eimer, aus denen sie bis zur Herstellung der Tränkeanlage genügend Wasser auch während des Tages entnehmen können.

 

Nachdem ich die Tiere nun ordentlich versorge und die Mängel im weitesten Sinn behoben habe, ist der Entzug des Eigentums an den Tieren nicht gerechtfertigt."

 

1.3. Die Berufung samt Verfahrensakt der belangten Behörde wurde von der Polizeiabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 zuständigkeitshalber an den Oö. Verwaltungssenat weitergeleitet.

 

2.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat im ersten Rechtsgang mit Erkenntnis vom 29. Dezember 2004, der belangten Behörde zugestellt per Telefax am 30. Dezember 2004, die Berufung abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Dabei vertrat er auf Grund der Aktenlage die Ansicht, dass der von der belangten Erstbehörde festgestellte Sachverhalt mängelfrei erhoben und durch Berichte und gutachtliche Stellungnahmen des Amtstierarztes fachlich hinreichend untermauert war. Die Bwin habe die Feststellungen nicht substanziell bestritten. Ihre wiederholten Ankündigungen, die Tränkeanlage nunmehr instand setzen und die Rinder ordnungsgemäß versorgen zu wollen, wurden angesichts der amtsärztlichen Befunde über den dauernd schlechten Ernährungszustand der Tiere als Schutzbehauptungen gewertet.

 

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Dezember 2005, Zl. 2005/05/0017-8, wurde das vorangegangene h. Erkenntnis vom 29. Dezember 2004 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

In seiner wesentlichen Begründung auf Seite 11 des zitierten Erkenntnisses vertrat der Verwaltungsgerichthof im Ergebnis die Ansicht, dass der Oö. Verwaltungssenat ungeachtet eines fehlenden Antrags der Bwin eine mündliche Verhandlung hätte durchführen müssen. Der gegenständliche Fall einer das Eigentum entziehenden Maßnahme falle unter den Geltungsbereich des Art 6 EMRK. Zwar könne auch in einem solchen Fall eine mündliche Verhandlung nicht notwendig sein (Hinweis auf VwGH 18.01.2005, Zl. 2002/05/1519). Diese Voraussetzungen für den Entfall einer mündlichen Verhandlung wären aber angesichts des zum Sachverhalt erstatteten Berufungsvorbringens nicht gegeben gewesen.

 

2.2. In Bindung an diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichthofs hat der Oö. Verwaltungssenat am 18. Juli 2006 ein öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Mag. T T als Rechtsvertreter der Bwin und des Behördenvertreters Mag. J H durchgeführt. Die Bwin persönlich ist nicht erschienen. Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt, Darstellung des Ganges des Verfahrens und Verlesung von Aktenteilen sowie durch Einvernahme des Amtstierarztes Dr. G F als sachverständigen Zeugen zu den tierschutzrechtlichen Überprüfungen der Rinderhaltung der Bwin in den Jahren 2002 bis 2004.

 

2.3. Nach abgeschlossener Zeugeneinvernahme stellte der Rechtsvertreter der Bwin gegen Ende der Verhandlung folgenden Beweisantrag:

 

"Zum Beweis dafür, dass zum Zeitpunkt des durch den Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates vom 29. Dezember 2004 die rechtskräftigen behördlichen Aufträge der Bezirkshauptmannschat Rohrbach zur artgerechten Tierhaltung teilweise erfüllt waren, sodass ein Vorgehen nach § 18 Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz nicht mehr erforderlich war zum Zeitpunkt des Erkenntnisses bzw. während des laufenden Berufungsverfahrens und der UVS daher nach § 18 Abs 4 Oö. Tierschutzgesetz vorgehen hätte können und dergestalt den erstinstanzlichen Bescheid nach § 18 Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz der belangten Behörde, mit welchem das Eigentum an den Rindern der Bwin entzogen wurde, hätte beheben müssen, wird beantragt

 

die Einvernahme des F P, S, M, als Zeuge, weiters die Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung des Amtstierarztes Dr. F, insbesondere zur Klärung der Frage, ob auch der derzeitige Zustand des Stalles bzw jener Zustand des Stalles während des Berufungsverfahrens geeignet ist, eine artgerechte Tierhaltung nach dem Oö. Tierschutzgesetz zu gewährleisten."

 

Der unabhängige Verwaltungssenat sieht von der Aufnahme dieses nach h. Ansicht in Verschleppungsabsicht beantragten Beweises ab, zumal auch keine weiteren Aufklärungen davon zu erwarten sind. Das angegebene Beweisthema ist weitgehend unscharf, weil es Rechtsfragen mit angedeuteten Tatfragen vermischt und keine bestimmten Tatsachen anspricht, die im Gegensatz zur Aktenlage und der Aussage des Amtstierarztes vom namhaft gemachten Zeugen in Erfahrung gebracht werden könnten. Ein Lokalaugenschein zum gegenwärtigen Zeitpunkt könnte das in der Vergangenheit anlässlich zahlreicher Überprüfungen vom Amtstierarzt beschriebene Bild nicht in Frage stellen, weil die im Jahr 2006 vorgefundene Situation überhaupt nichts über den Zustand des Stalles und der Tiere im Jahr 2004 aussagt. Außerdem sind die gegenständlichen Rinder in Vollstreckung des h. Berufungsbescheides, der vom Verwaltungsgerichtshof erst nachträglich aufgehoben wurde, schon Anfang 2005 entzogen und verwertet worden.

 

Die Sachlage ist nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats durch die Aktenlage und die sachverständige Aussage des Amtstierarztes hinlänglich geklärt. Den nicht fachkundigen und überdies befangenen Zeugen P zu vernehmen, erscheint mehr als überflüssig. Beim beantragten Zeugen, der schon mangels fachlicher Befähigung die Befunde des Amtstierarztes nicht widerlegen könnte, handelt es sich nämlich um einen Zeugen, der zur Bwin in einem besonderen Naheverhältnis steht. Der Amtstierarzt bezeichnete ihn als Lebensgefährten, obwohl er angeblich am 8. Juli 2004 nicht einmal einen Schlüssel zum Anwesen der Bwin hatte und offenbar einen anderen Wohnsitz hat (vgl Beweisantrag und Tonbandprotokoll, Seiten 4 f). Zumindest ist er aber als ein sehr guter Freund der Bwin anzusehen. Da er am Tag der Kontrolle vom 9. Juli 2004 ebenso wenig anwesend war, wie an den Tagen der sonstigen behördlichen Überprüfungen, kann er dazu aus eigener Wahrnehmung auch keine Angaben machen.

 

3. Auf Grund der Aktenlage und der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung steht der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t als erwiesen fest:

 

3.1. Im Dezember 2002 wurde der Amtstierarzt Dr. F vom Diplom-Tierarzt B über eine festliegende Kuh im Stall der Bwin informiert, bei der ein sog. uterus prolaps (Vorfall der Gebärmutter) aufgetreten war. Da die Kuh schon zwei Tage in diesem schmerzhaften Zustand, bei dem die ausgetretene Gebärmutter am Stallboden liegt, festgelegen war, bevor die Bwin den Tierarzt B zu Hilfe holte, hatte dieser den Amtstierarzt über den Vorfall verständigt. Am 27. Dezember 2002 suchte Dr. F deshalb in Gendarmeriebegleitung die Bwin auf, um ihre Tierhaltung zu kontrollieren. Er ordnete aus Gründen des Tierschutzes die Tötung der festliegenden Kuh an, deren Gebärmutter bereits abgestorben war, weil eine tierärztliche Behandlung zu diesem späten Zeitpunkt nicht mehr vertretbar erschien.

 

Der Amtstierarzt stellte bei der Überprüfung des Betriebes der Bwin fest, dass die Selbsttränkeanlage nicht funktionierte, Futtervorräte von lediglich 4 1/2 Rundballen lagerten und beinahe kein Stroh zur Einstreu vorhanden war. Die in sog. Anbindehaltung vorgefundenen Rinder (4 Kühe und 3 Kalbinnen) waren in sehr schlechtem Ernährungszustand und wiesen im Bereich der Wangen Schwellungen auf. Dies ließ nach der sachverständigen Einschätzung des Amtstierarztes auf ein häufiges Schließen des Futtergatters schließen, wodurch die Rinder nicht zum Futterbarren und damit zum Futter und zur Tränke gelangen konnten, falls überhaupt Wasser angeboten wurde (vgl im vorgelegten Behördenakt ON 1 Niederschrift des Amtstierarztes und Zeugenaussage im Tonbandprotokoll, Seite 2).

 

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2002 leitete die belangte Behörde gegen die Bwin unter Hinweis auf die festgestellten Missstände ein Verfahren nach § 18 Oö. Tierschutzgesetz 1995 ein und teilte ihr die wesentlichen Umstände mit.

 

Der Bwin wurden folgende Anweisungen erteilt:

 

1.      Die Tränkeanlage ist binnen 2 Wochen in Stand zu setzen.

2.      Die Tiere sind sofort artgerecht zu füttern und zu tränken.

3.      Es ist ein entsprechender Stroh- und Futtervorrat anzulegen.

4.      Es ist die Stalltüre winterdicht herzustellen.

 

In diesem Schreiben vom 30. Dezember 2002 teilte die belangte Behörde der Bwin auch mit, dass diese Auflagen unangekündigt überprüft werden würden. Weiters wurde die Bwin darauf aufmerksam gemacht, dass sie mit der abgestuften behördlichen Vorgangsweise nach § 18 Abs 4 und Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz 1995 zu rechnen hätte, wenn sie nicht für eine ordnungsgemäße Tierhaltung Sorge trage.

 

Am 13. Jänner und am 20. März 2003 fanden Überprüfungen durch den Gendarmerieposten Peilstein statt. Dabei funktionierte jeweils die Tränkeanlage nicht, Futter und Wasser stand den Tieren nicht zur Verfügung, weil der Barren (Futtertrog) mechanisch versperrt war. Die belangte Behörde hat der Bwin jeweils den Erhebungsbericht der Gendarmerie übermittelt und sie unter Ankündigung weiterer Kontrollen zur ordnungsgemäßen Tierhaltung aufgefordert.

 

3.2. Am 14. Mai 2003 führte die belangte Behörde eine tierschutzrechtliche Überprüfung vor Ort gemeinsam mit dem Amtstierarzt Dr. F durch. Dabei wurde festgestellt, dass der Ernährungszustand von näher bezeichneten Rindern hochgradig vermindert, das Haarkleid stumpf und ungepflegt war. Mangelhafte Klauenpflege wiesen alle Tiere auf. Zwei Kühe hatten Schwellungen im Wangenbereich. Ein Kalb war auf engstem Raum von 110 x 115 cm eingesperrt. Futtervorrat und Stroh waren nur unzureichend vorhanden. Es waren kein Kraftfutter, keine Mineralstoffmischung, kein Futterkalk und kein Viehsalz oder Leckstein vorhanden. Die Tränkeanlage war wegen Schadens nach wie vor nicht in Betrieb. Der Stall befand sich auch in einem schlechten hygienischen Zustand (schmutziger Boden und verschimmelte Wände, schon länger kein neuer Kalkanstrich). Die Tiere befanden sich nach Auskunft der Bwin in dauernder Anbindehaltung.

 

Der Amtstierarzt stellte in seinem Befund vom 16. Mai 2003 zusammenfassend fest, dass der schlechte Ernährungszustand, das stumpfe Haarkleid, die mangelhafte Klauenpflege und das insuffiziente Futterangebot auf eine gravierende Vernachlässigung in der geforderten Pflege und Betreuung der Tiere durch die Bwin schließen lasse. Die Schwellung im Wangenbereich zweier Tiere ließ darauf schließen, dass der Futterbarren häufig abgesperrt ist und die Rinder durch die Absperrung zum Futter drängen. Die dauernde Anbindehaltung und das Platzangebot für das Kalb entsprächen nicht der Oö. Nutztierhaltungsverordnung. Auch eine dauernde Trinkwasserversorgung wäre nicht gewährleistet, da die Tränkeanlage nicht funktionierte und die Tiere das angebotene Wasser spontan annahmen.

 

Die belangte Behörde teilte der Bwin mit Schreiben vom 22. Mai 2003 die Mängel detailliert mit und erteilte den Auftrag zur Mängelbehebung bis spätestens 30. Juni 2003, widrigenfalls ein Verfahren nach § 18 Abs 4 Oö. Tierschutzgesetz 1995 eingeleitet werde. Bei der behördlichen Nachkontrolle vom 2. Oktober 2003 zeigte sich das gleiche Bild (vgl Behördenakt ON 11, Bericht des Amtstierarztes vom 7.10.2003). Es wurden abermals gravierende Mängel in der Tierhaltung der Bwin festgestellt. Es war auch keine Einstreu vorhanden, so dass die Tiere nicht weich liegen konnten.

 

3.3. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2003 hat die belangte Behörde von einer Entziehung der Verfügungsgewalt wegen Unverhältnismäßigkeit zwar abgesehen, der Bwin aber Vorschreibungen für eine ordnungsgemäße Tierhaltung gemacht, widrigenfalls gemäß § 18 Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz die Veräußerung der Rinder auf Kosten und Gefahr der Eigentümerin verfügt werden müsste. Diese Vorschreibungen lauten:

 

1.      Die Rinder sind artgemäß und ausreichend zu füttern, d.h. es ist täglich zu den Futterzeiten Streu, bzw. Silage und Kraftfutter sowie Mineralstoffmischung u. Viehsalz zu verabreichen.

2.      Die Rinder sind ausreichend zu tränken, hiezu ist eine Selbsttränkeanlage zu montieren bzw. instand zu setzen.

3.      Es ist ein über den Wochenbedarf hinausreichender Vorrat an Kraftfutter, Mineralstoffmischung und Viehsalz und von sonstigen Futtermitteln (Heu, Silage etc.) ständig vorrätig zu halten.

4.      Es darf den Tieren der Zugang zum Futter nicht versperrt werden.

5.      Es ist den Tieren ausreichend Einstreu zu geben, auch diesbezüglich ist ein über den Wochenbedarf hinausreichender Einstreuvorrat ständig bereit zu halten.

6.      Das Jungrind darf nicht in Einzelbucht gehalten werden.

 

Die belangte Behörde ordnete die Zustellung mit RSb an. Nach Hinterlegung der Sendung am 20.10.2003 wurde diese in der Folge aber von der Bwin nicht behoben. Die belangte Behörde veranlasste daher die Zustellung im Wege der Gendarmerie Peilstein am 14.11.2003 (vgl Behördenakt ON 14).

 

3.4. In weiterer Folge hat der Amtstierarzt in Anwesenheit der Bwin die Nachkontrolle vom 2. März 2004 im Betrieb der Bwin wegen des bestehenden Verdachts der Tierquälerei durch chronische Unterernährung und Unterversorgung der Rinder vorgenommen. Dem dazu ergangenen Berichtsschreiben des Amtstierarztes vom 4. März 2004, Zl. Vet 30-2-1-2003/Fur/St, ist zu entnehmen, dass sieben nach Ohrmarken näher bezeichnete Kühe im Stall der Bwin vorgefunden wurden, die sich nicht in Richtung Barren und Futtertisch bewegen konnten, da die Absperrvorrichtung dies verhinderte. Es war keine Streu vorhanden und auch kein Kraftfutter, Viehsalz oder eine Mineralstoffmischung vorrätig. Auch die Tränkeanlage war noch immer nicht betriebsbereit.

 

Die klinische Untersuchung der Rinder ergab einen mittel- bis hochgradig verminderten Ernährungszustand, stumpfes und struppiges Haarkleid und teilweise Stallklauen. Der Amtstierarzt stellte chronischen Nahrungsmangel fest. Die Tiere waren im Kontrollzeitpunkt hungrig und stürzten sich bei Vorgabe von Heu auf das Futter, welches sie vollständig wegfraßen. Die Gewährleistung der regelmäßigen Tränke war zu bezweifeln, da die Tränkeanlage nicht funktionierte, der Barren der Rinder bei jedem Betriebsbesuch bisher leer war und die Rinder wegen der Absperrung keinen Zugang zum Futtertisch hatten. Auf Grund der regelmäßigen Nachkontrollen schloss der Amtstierarzt einen Weidegang der Rinder aus. Durch die dauernde unzureichende Betreuung verursache die Bwin Tierleid, wobei Verschlechterungen nicht auszuschließen seien. Aus fachlicher Sicht beurteilte der Amtstierarzt die Rinderhaltung der Bwin als sehr bedenklich.

 

Die belangte Behörde gewährte zu diesem tierärztlichen Befund mit Schreiben vom 9. März 2004 Parteiengehör und kündigte auf Grund des bisherigen Ermittlungsverfahrens in Verbindung mit dem Bescheid vom 16. Oktober 2003 an, der Bwin das Eigentum an den Tieren gemäß § 18 Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz zu entziehen. Mit Schreiben vom 16. März 2004 nahm die Bwin dann wie folgt Stellung:

 

"Ich halte die Rinder zwar nicht nach den neuesten Standards, doch zumindest artgerecht. Eine Unterversorgung der Rinder ist nicht mehr gegeben, weil ich entsprechende Futtermittel zugekauft habe. So habe ich vor zwei Wochen rund 2.000 kg Heu und Krumet zugekauft. Stroh ist auch in ausreichendem Maß vorhanden, sodass die Standflächen wieder ordnungsgemäß eingestreut werden können. Die Tränkeanlage ist zwar noch nicht betriebsbereit. Hier war eine Behebung aufgrund der Frostsituation nicht möglich. Doch die jetzige Wetterperiode macht eine unverzügliche Reparatur möglich und wird daher auch sofort von mir veranlasst.

 

Ich komme daher sehr wohl der Aufforderung durch die Behörde um Abstellung der Mängel nach und kann eine Verschlechterung des Tierzustandes ausgeschlossen werden.

 

Eine Entziehung des Eigentums an den Tieren nach § 18 Abs. 5 OÖ. Tierschutzgesetz ist daher nicht gerechtfertigt."

 

3.5. Einem handschriftlichen Aktenvermerk vom 26. März 2004 (vgl ON 20) ist zu entnehmen, dass die Bwin auch persönlich beim Sachbearbeiter Mag. H der belangten Behörde vorsprach und die künftige Instandsetzung der Tränkeanlage schriftlich anzeigen wollte. Es wurde ihr daher noch eine unangekündigte Überprüfung vor Umsetzung des Verfahrens nach § 18 Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz zugesagt.

 

Beim behördlichen Lokalaugenschein am 9. Juli 2004 wurden fünf Kühe (Ohrenmarken) und eine Kalbin in Anbindehaltung vorgefunden. Darüber erstattete der Amtstierarzt mit Schreiben vom 11. August 2004, Zl. Vet 30-2-1-2003/Fur/St, Befund und Gutachten (vgl Behördenakt ON 21). Dabei ergab die klinische Untersuchung der Rinder allgemein einen verminderten Ernährungszustand. Weiters werden vom Amtstierarzt Missstände wie bei früheren Überprüfungen festgestellt. Zwei Rinder wiesen geschwollene Wangen auf, welche auf vermehrtes Drängen gegen die Barrenabsperrung zurückzuführen waren. Die automatische Tränkeanlage funktionierte nach wie vor nicht.

 

Laut Gutachten gab die Bwin an, dass sie den Barren absperre, wenn sie wegfährt. Im Hinblick darauf, dass die Organe der belangten Behörde eine bereits am Vortag, dem 8. Juli 2004, vorgesehene Kontrolle nicht durchführen konnten, weil die Bwin nach Auskunft des durch Nachfolge zur Rede gestellten Herrn P – der vorerst den Kontakt offenbar vermeiden wollte und am Haus der Bwin vorbeifuhr und dann angab, keinen Schlüssel zu haben – nach Rohrbach gefahren war und erst am Abend zurückkehrte (vgl Zeuge Dr. F, Tonbandprotokoll, Seite 4), ging der Amtstierarzt davon aus, dass die Bwin offenbar längere Zeit im Betrieb nicht anwesend ist und auch niemand sonst Zutritt zu den Tieren hat. Wegen Nichtfunktionierens der Selbsttränker müssten die Tiere dann längere Zeit ohne Wasser auskommen.

 

Die auch nach Angabe der Bwin nie geweideten Tiere hatten hochgradige Stallklauen und das Stallklima war wegen dauernd verschlossener Türen und nur leicht gekippten Fenstern schlecht. Es handelte sich um einen stechenden Ammoniakgeruch, weil Hochsommer und keine ausreichende Lüftung vorhanden war. Trotz der am Vortag angekündigten Kontrolle hatte die Bwin nur einen halben Ballen Stroh vorrätig und die Tiere lagen oder standen ohne Einstreu auf der blanken Betonsohle. Der Ernährungszustand war so schlecht wie bei den Vorkontrollen (Zeuge Dr. F, Tonbandprotokoll, Seite 4). Die Bwin hatte kein Kraftfutter, kein Viehsalz und keine Mineralstoffmischung vorrätig.

 

Der Amtstierarzt resümierte in seinem Gutachten, dass die Bwin trotz der mehrmaligen behördlichen Aufforderungen nicht der Verpflichtung zur Führung ihres Betriebes nach den Normen einer guten landwirtschaftlichen Praxis nachgekommen sei. Daraus ergebe sich ein chronisches Leiden für die in ihrer Obhut stehenden Rinder. Dieser Zustand sei auf Dauer nicht vertretbar, weshalb der Entzug der Tiere und die Entfernung aus dem Betrieb mit zusätzlichem Tierhalteverbot als fachlich gerechtfertigt anzusehen sei.

 

3.6. Mit Schreiben vom 25. August 2004 gab die Bwin zum Gutachten des Amtstierarztes folgende Stellungnahme ab:

 

"Es mag sein, dass bei der Besichtigung am 8. Juli 2004 der Ernährungszustand nicht gut war. Ich war bis zum damaligen Zeitpunkt mit der Heuerwerbung im Verzug. Inzwischen habe ich genügend Heu ernten können. Die Ernte war heuer aufgrund der Witterung besonders gut, während ich im vorigen Jahr schwere Dürreschäden hatte.

 

Es ist richtig, dass die Selbsttränkeanlage noch nicht funktioniert. Ich sorge aber dafür, dass ich bei jeder Mahlzeit, sowohl vorher als auch nachher, genügend Wasser in die Futterbarren fließen lasse, sodass die Tiere ausreichend getränkt werden. Sie haben also vier Mal am Tag dazu die Möglichkeit.

 

Die Klauenpflege werde ich verstärkt durchführen.

 

Es ist richtig, dass ich kein Kraftfutter und keine Mineralstoffmischung habe. Statt des Viehsalzes nehme ich Speisesalz.

 

Zum Einstreuen verwende ich das Haferstroh. Die Ernte des Hafers steht unmittelbar bevor und ist eine reiche Ernte im Verhältnis zu den vorigen Jahren zu erwarten.

 

Ich bin daher den bescheidmäßigen Auflagen schon nachgekommen, wenn auch nur teilweise. Aber ich habe die Absicht, auch die restlichen Forderungen zu erfüllen, z.B. auch die automatische Tränkanlage wieder herzurichten. Es wird sich daher der Zustand der Stallhaltung verbessern und ist der Entzug über das Eigentum und die alsbaldige Entfernung der Tiere aus dem Betrieb nicht gerechtfertigt."

 

3.7. In weiterer Folge hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 17. September 2004 gegen die Bwin erlassen, das Eigentum entzogen und die Veräußerung auf Kosten und Gefahr der Bwin angeordnet. Begründend führt die belangte Behörde an, dass die Bwin als Tierhalterin über einen langen Zeitraum die Tierhaltung erheblich vernachlässigt und trotz positiver Beteuerungen keinerlei Verbesserungen in der Tierhaltung vorgenommen habe. Erwiesenermaßen sei eine erhebliche Vernachlässigung der Tiere in Haltung, Pflege und Unterbringung erfolgt und die Tierhalterin dem Auftrag, für eine ordnungsgemäße Tierhaltung zu sorgen, nicht nachgekommen.

 

3.8. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2004 übermittelte die belangte Behörde der Bwin das im ersten Rechtsgang ergangene h. Erkenntnis vom 29. Dezember 2004 und bot ihr die Gelegenheit, ihre Tiere bis spätestens 18. Jänner 2005 zu verkaufen und entsprechende Nachweise vorzulegen. Für den Fall des Nichterbringens dieses Nachweises wurde eine Nachschau an Ort und Stelle für den 19. Jänner 2005 um 09.30 Uhr angekündigt. Da die Bwin das hinterlegte Schreiben beim Postamt nicht abholte, veranlasste die belangte Behörde die Zustellung im Wege der Gendarmerie Peilstein am 11. Jänner 2005. Den per Telefax rechtsfreundlich eingebrachten Antrag auf Aufschiebung des Vollzugs lehnte sie mit Schreiben vom 19. Jänner 2005 ab.

 

Am 19. Jänner 2005 hat die belangte Behörde ihren im ersten Rechtsgang bestätigten Bescheid vom 17. September 2004 über die Entziehung des Eigentums und Veräußerung auf Kosten und Gefahr der Bwin zunächst an Ort und Stelle durch zwangsweise Abnahme der Rinder vollzogen (vgl Bericht des Amtstierarztes vom 20.01.2005). Der Ernährungszustand der Rinder und die Klauenpflege waren weiterhin nicht zufriedenstellend. Wie der Amtstierarzt auch bei der Berufungsverhandlung bekräftigte (vgl Tonbandprotokoll, Seite 5), konnte er keine wesentlichen Änderungen der Art und Weise der Tierhaltung durch die Bwin feststellen. Am 19. Jänner 2005 war lediglich etwas mehr Einstreu vorhanden. Die behördlich erteilten Auflagen waren noch immer nicht erfüllt. Ein Wasserangebot durch vorgestellte Kübel war nicht vorhanden. Beim Futterbarren war die Absperrung wieder herunten. Aus dem Bericht des Amtstierarztes vom 3. Februar 2005 ergibt sich, dass die Kühe wegen ihres schlechten Ernährungszustandes nicht als Schlachtrinder, sondern nur als Nutzrinder zur Mästung verkauft werden konnten.

Die Kuh wurde zwar geschlachtet, aber vom Fleischuntersuchungstierarzt Dr. A M wegen deutlicher Wässrigkeit und Verfärbung des Fleisches als genussuntauglich eingestuft (vgl Untersuchungsschein vom 28.01.2005: "Zur Verfütterung an Wildtiere geeignet").

 

3.9. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich für den erkennenden Verwaltungssenat aus der schlüssigen und widerspruchsfreien Zeugenaussage des Amtstierarztes über die zahlreichen behördlichen Überprüfungen des Betriebes der Bwin, die in den zitierten aktenkundigen Berichten und gutachtlichen Stellungnahmen des Amtstierarztes zusätzlich dokumentiert sind. Die Bwin hat diese Feststellungen auch nicht substanziell bestritten, sondern im Wesentlichen immer wieder nur beteuert, die vorgehaltenen Mängel beheben zu wollen, entsprechende Futtermittel zugekauft zu haben oder durch die zu erwartende gute Ernte bereitstellen zu können. Sie hat beispielsweise seit Dezember 2002 mehrfach angekündigt, die Selbsttränkeanlage instand zu setzen, musste allerdings selbst noch in ihrer Berufung zugeben, dass sie noch immer nicht funktioniert.

 

Den Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 2003, mit dem der Bwin Auflagen für eine ordnungsgemäße Tierhaltung gemacht wurden, hat die Bwin nicht bekämpft, weil sie gewisse Mängel offenbar selbst einräumte. So hat sie auch im Schreiben vom 16. März 2004 die Unterversorgung ihrer Rinder der Sache nach zugegeben. Im Schreiben vom 25. August 2004 hat sie abermals zumindest indirekt den schlechten Ernährungszustand ihrer Tiere sowie einige weitere Missstände (Verzug mit dem Heuerwerb, Nichtfunktionieren der Selbsttränkeanlage; kein Kraftfutter und keine Mineralstoffmischung; statt des Viehsalzes nehme sie angeblich das – viel teurere – Speisesalz) selbst zugegeben. Ihr weiteres Vorbringen beschränkte sich – wie die Aktenlage für den Zeitraum Ende Dezember 2002 bis zum Zeitpunkt der Rinderabnahme am 19. Jänner 2005 beweist – auf leere Versprechungen. Die wiederholten Ankündigungen, die Rinder ordnungsgemäß versorgen zu wollen, sind angesichts der vorliegenden amtstierärztlichen Befunde über den dauernd schlechten Ernährungszustand der Tiere und die bei zahlreichen Überprüfungen vorgefundenen Missstände als bloße Schutzbehauptungen zu qualifizieren.

 

Die Ausführungen der Berufung bewegen sich ebenfalls auf diesem Niveau von unglaubhaften Behauptungen, die auch durch keine konkreten Beweismittel bescheinigt werden. Nach behördlichen Überprüfungen über beinahe zwei Jahre und wiederholten Versprechungen musste die Bwin in ihrer Berufungsschrift immer noch einräumen, dass die automatische Tränkeanlage noch nicht repariert wurde. Dieser Umstand spricht für sich und jedenfalls gegen die Zuverlässigkeit der Bwin. Die Wasserversorgung funktioniere aber, weil sie nun verstärkt Wasser in Eimern an der Standinnenseite vorstelle, damit die Rinder trotz der angeblich notwendigen Absperrung des Futterbarrens genügen Wasser entnehmen können.

 

Mit dieser Einlassung widerspricht die Bwin nicht nur den Wahrnehmungen des Amtstierarztes, sondern auch dessen sachverständiger Meinung. Dieser hat in der mündlichen Berufungsverhandlung ausgeführt, dass die Absperrung des Futterbarrens an sich nur dazu dient, um ihn zu reinigen oder neu zu beschicken. Sie hat nicht den Zweck, die Tiere dauernd wegzusperren. Dadurch haben nämlich die Rinder wegen des kurzen Standes im Stall der Bwin Probleme beim Aufstehen, zumal sie beim Aufstehen einen Schwung brauchen und nach vorne auspendeln. Ein Rind steht normalerweise hinten auf und pendelt das Gleichgewicht nach vorne aus (vgl Zeugen Dr. F, Tonbandprotokoll, Seiten 2 f). Überdies hat der Amtstierarzt bei Ortsaugenscheinen niemals – auch nicht am 19. Jänner 2005 – vorgestellte Eimer mit Wasser im Stall der Bwin vorgefunden (vgl Zeugen Dr. F, Tonbandprotokoll, Seiten 3 u 5 sowie die zitierten amtstierärztlichen Befunde im vorgelegten Verwaltungsakt).

 

Im gesamten Verfahren ist die Bwin den mit besonderer Sachkunde getroffenen Feststellungen des Amtstierarztes auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Angesichts der erwiesenen chronischen Unterernährung und Unterversorgung der Rinder der Bwin über den längeren Zeitraum von fast zwei Jahren kann der von der Bwin zu vertretende Zustand des andauernden Tierleides nicht bezweifelt werden. Die Bwin hat sich als unzuverlässig, ihre Beteuerungen als wertlos erwiesen. Dass die Bwin bei der Haltung ihrer Rindern eine sehr bedenkliche Einstellung hatte, belegt auch der eingangs unter Punkt 3.1. angeführte Fall der festliegenden Kuh mit uterus prolaps im Stall der Bwin, bei dem sie trotz offensichtlichen Handlungsbedarfes – die ausgetretene Gebärmutter der Kuh lag am Stallboden – erst nach zwei Tagen einen Tierarzt verständigt hatte, der dann in weiterer Folge den Amtstierarzt einschaltete.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 18 Abs 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 (LGBl Nr. 118/1995, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 49/2002) sind Organe der Behörde sowie Organe gemäß § 17 Abs 1 (Bundesgendarmerie und Bundespolizei) berechtigt, wahrgenommene oder unmittelbar bevorstehende Tierquälereien durch unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist. Bei Tieren, für die das Weiterleben offensichtlich eine Qual bedeutet und deren Wiederherstellung nicht zu erwarten ist, haben die Organe der Behörde für eine schmerzlose Tötung zu sorgen.

 

§ 18 Abs 3 leg.cit. sieht vor, dass gemäß Abs 2 vorläufig abgenommene Gegenstände oder Tiere unverzüglich der örtlich zuständigen Behörde zu übergeben sind, die die Tiere auf Kosten des Tierhalters vorübergehend bei tierfreundlichen Personen oder Vereinigungen unterzubringen hat. Die Gegenstände oder Tiere sind dem Tierhalter oder Eigentümer auf Antrag binnen drei Tagen wieder auszufolgen, sofern nicht das Ermittlungsverfahren gemäß Abs 4 oder § 20 eingeleitet wird.

 

§ 18 Abs 4 Oö. Tierschutzgesetz 1995 idFd Oö. Tierschutzgesetz-Novelle 2001 (LGBl Nr. 91/2001) enthält Vorschriften betreffend Verfahren zur Entziehung der Verfügungsgewalt über die Tiere und des Eigentums an den Tieren.

 

Nach § 18 Abs 4 Satz 1 leg.cit. kann die Behörde dem Tierhalter die Verfügungsgewalt über die Tiere mit Bescheid entziehen, wenn auf Grund eines tierärztlichen Gutachtens festgestellt wird, dass Tiere in Haltung, Pflege oder Unterbringung erheblich vernachlässigt sind oder auf andere Weise gequält wurden.

§ 18 Abs 4 Satz 2 leg.cit. sieht vor, dass der Eigentümer durch Bescheid unter Hinweis auf die Folgen des Abs 5 aufzufordern ist, innerhalb einer angemessenen Frist für eine ordnungsgemäße Tierhaltung zu sorgen. Bis zur Erfüllung dieser Verpflichtung durch den Eigentümer sind die entzogenen Tiere auf Kosten und Gefahr des Eigentümers anderweitig pfleglich unterzubringen.

 

Gemäß § 18 Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz 1995 ist dem Eigentümer der Tiere, der der Verpflichtung nach Abs 4 nicht nachkommt, das Eigentum an den Tieren mit Bescheid zu entziehen. Die Tiere sind auf Kosten und Gefahr des Eigentümers zu veräußern oder, wenn dies nicht möglich ist, tierfreundlichen Personen oder Vereinigungen zu übergeben. Ist auch das nicht möglich, sind die Tiere, wenn dies zulässig ist, in geeigneter Weise in Freiheit zu setzen, ansonsten schmerzlos zu töten. Der Erlös aus der Veräußerung oder sonstigen Verwertung ist nach Abzug der für das Tier sonst von der Behörde aufgewendeten Kosten dem Eigentümer zuzuweisen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde zunächst den auf § 18 Abs 4 Oö. Tierschutzgesetz 1995 gestützten Bescheid vom 16. Oktober 2003 erlassen, mit dem die Bwin unter Hinweis auf die Folgen des § 18 Abs 5 leg.cit. aufgefordert wurde, innerhalb einer angemessenen Frist (Fristsetzung bis 30. November 2003) für eine ordnungsgemäße Tierhaltung zu sorgen. Dabei wurden der Bwin, ähnlich wie zuvor schon durch die Schreiben der belangten Behörde vom 30. Dezember 2002, 11. März 2003 und 22. Mai 2003, die Mängelbehebung durch einzelne Vorschreibungen (Auflagen) aufgetragen. Die belangte Behörde hat damit die Frage der ordnungsgemäßen Tierhaltung der Bwin ganz konkret erläutert. Außerdem wurden der Bwin auch die Stellungnahmen des Amtstierarztes zur Kenntnis gebracht.

 

Die Bwin hat trotz der immer wiederkehrenden behördlichen Beanstandungen seit Ende des Jahres 2002 keine Verbesserung der Haltungsbedingungen vorgenommen. Im zuletzt erstatteten Gutachten des Amtstierarztes vom 11. August 2004 wurden im Wesentlichen die schon viele Monate lang bekannt gewesenen Missstände in der Rinderhaltung der Bwin neuerlich bestätigt. Die in der Obhut der Bwin stehenden Tiere litten nach wie vor an einem allgemein verminderten Ernährungszustand, der bei der mittlerweile vorliegenden Dauer nicht mehr vertretbar war. Zur unzureichenden Versorgung mit artgerechtem Futter kam noch ein schlechtes Stallklima (Ammoniakgehalt der Luft), mangelnde Bewegungsfreiheit (ständige Anbindehaltung) und fehlende Einstreu im Liegebereich der Tiere, sodass die Rinder auf der blanken Betonsohle liegen mussten. Die Bwin kümmerte sich offensichtlich nicht um die tierschutzrechtlichen Anforderungen an die landwirtschaftliche Nutztierhaltung nach § 10 Oö. Tierschutzgesetz 1995 in Verbindung mit §§ 2 und 8 der Oö. Nutztierhaltungsverordnung 2002 (LGBl Nr. 151/2002). Sie konnte den behördlichen Feststellungen keine stichhältigen Einwände entgegen halten. Ihre Äußerungen beschränkten sich auf Schutzbehauptungen und die Mitteilung guter Vorsätze, die freilich nie umgesetzt wurden. Es mangelt ihr daher auch an Vertrauenswürdigkeit.

 

Auf der Grundlage des § 18 Abs 5 Oö. Tierschutzgesetz 1995 hat die belangte Behörde der Bwin, die ihrer Verpflichtung zur Rinderhaltung im Sinne einer guten landwirtschaftlichen Praxis nicht nachgekommen ist und ihre Rinder in Haltung, Pfllege und Unterbringung erheblich vernachlässigt hat, schließlich mit Recht das Eigentum an den nach Ohrmarken näher bezeichneten Rindern entzogen und die Veräußerung auf ihre Kosten und Gefahr angeordnet. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren von 13 Euro für die Berufungsschrift angefallen.

 

Dr.  W e i ß

 

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