Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110709/10/Kl/Rd/Pe

Linz, 29.08.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.  Klempt über die Berufung  des O K, vertreten durch Rechtsanwälte H-U S, S D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 4.4.2006, VerkGe96-75-2006, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 63 Abs.5 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 4.4.2006, VerkGe96-75-2006, über den Berufungswerber (Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz eine Geld- sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Überdies wurde der Bw zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren verpflichtet.

Das Straferkenntnis wurde am 11.4.2006 eingeschrieben am Wohnsitz des Bw zugestellt.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen Rechtsvertreter am 29.4.2006 per Telefax Berufung erhoben. Da von einer offensichtlich verspäteten Einbringung des Rechtsmittels auszugehen war, wurde dem Rechtsvertreter des Bw mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 29.6.2006 dieser Umstand im Rahmen des Parteiengehörs mitgeteilt und die Zurückweisung der Berufung in Aussicht gestellt; gleichzeitig wurde die Möglichkeit eingeräumt, hinsichtlich der vermutlichen Verspätung Stellung zu nehmen.

 

Der Rechtsvertreter des Bw stellte mit Schriftsatz vom 19.7.2006 beim Oö. Verwaltungssenat einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete diesen damit, dass das angefochtene Straferkenntnis vom 4.4.2006 dem Betroffenen direkt zugestellt worden sei. Eine Zustellurkunde 11.4.2006 sei ihm nicht bekannt. Die Büroangestellte des Rechtsvertreters habe nach Kenntnis des Straferkenntnisses im Büro des Betroffenen angerufen und dort telefonisch die Mitteilung erhalten, dass das Straferkenntnis am 19.4.2006 zugestellt worden sei. Dieses Datum sei notiert worden. Entsprechend diesem Datum sei die Rechtsmittelfrist auf den 3.5.2006 eingetragen worden. Tatsächlich sei das Rechtsmittel am 29.4.2006 eingebracht worden.

Die seit 22 Jahren für den Rechtsvertreter tätige Bürokraft habe den Fehler beim Führen des Fristenkalenders nicht zu vertreten. Es handle sich hier auch um einen Umstand, durch den der Betroffene unverschuldet verhindert war, die Frist zur Einhaltung des Rechtsmittels einzuhalten. Die Fristversäumnis wäre allenfalls auf Fehler im Büro des Betroffenen zurückzuführen, da von dessen Mitarbeiterin erklärt worden sei, dass sie das Straferkenntnis am 19.4.2006 empfangen hat. Da dem Rechtsvertreter kein internationaler Rückschein bekannt sei, ersuche er um Übermittlung einer Kopie des betreffenden Rückscheins. Eine Zustellurkunde, aus der ersichtlich  wäre, dass das Straferkenntnis ausgehändigt wurde, sei bei den aus Österreich vorgenommenen Zustellungen nach Kenntnis des Rechtsvertreters nicht zwingend. Deshalb können auch hier derartige Fristen nur dann eingehalten werden, wenn Zustellungen direkt an den Bevollmächtigten erfolgen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei daher gerechtfertigt, zumal die Mitarbeiterin des Betroffenen den Termin 19.4.2006 als Zustelldatum notiert habe. Eine Zustellung vom 11.4.2006 sei der Mitarbeiterin nicht bekannt.

 

Mit Schriftsatz vom 24.7.2006 berichtigte der Rechtsvertreter des Bw die Berufungsschrift dahingehend, dass der berechtigte Fahrer des Lkw, E K, eine Fahrerbescheinigung nicht benötige. Herr E K sei bei der Firma O K I S, sozialversicherungspflichtig angestellt. Der Vortrag aus der Berufungsbegründungsschrift sei zu berichtigen.

Eine entsprechende Abrechnung für den Monat Juni 2006 werde beigefügt. Die Einstellung sei bereits am 1.4.2001 erfolgt.

Eine Zustellung am 11.4.2006 müsse bestritten werden. Der Betroffene halte sich seit Dezember 2005 in der Türkei auf. Es könne sein, dass unter der Anschrift ein Zustellversuch erfolgt sei. Tatsächlich habe das Straferkenntnis das Büro des Betroffenen in der Straße am 19.4.2006 erreicht. Diese Frist sei hier auch notiert worden. Die Angestellte des Betroffenen, Frau S C, habe eine Zustellungsurkunde jedenfalls nicht erhalten. Ihr sei die Post aus der nachgesandt worden. Sie habe davon ausgehen müssen, dass die Zustellung am 19.4.2006 erfolgt sei. Das habe sie auch der Angestellten des Rechtsvertreters erklärt, die das Datum 19.4.2006 entsprechend als Zustelldatum festgesetzt habe.

 

Der Oö. Verwaltungssenat übermittelte mit Schreiben vom 8.8.2006 dem Rechtsvertreter des Bw, die Kopie des betreffenden internationalen Rückscheins und teilte gleichzeitig mit, dass auf dem internationalen Rückschein ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis am Wohnsitz des Bw in der eingeschrieben am 11.4.2006 übergeben wurde. Damit sei eine Zustellung erfolgt. Die vom Rechtsvertreter des Bw vorgebrachte Übermittlung des Straferkenntnisses an den Standort am 19.4.2006 berühre die Berufungsfrist nicht. Dem Rechtsvertreter des Bw wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich hiezu zu äußern.

 

Mit Eingabe vom 21.8.2006 äußerte sich der Rechtsvertreter dahingehend, dass der Bw am 11.4.2006 nicht in gewesen sei. Der Bw sei seit Dezember 2005 nicht mehr in. Der Bw habe eine Zustellung am 11.4.2006 mangels körperlicher Anwesenheit nicht zur Kenntnis nehmen können. Der Bw halte sich nach wie vor in der Türkei auf und versuche von dort die Transportgeschäfte der Fa. O K in der Türkei zu organisieren.

Sein Bruder S K führe die Geschäfte in. Da S K nicht täglich die Anschrift  aufsuche, sei dem Bw die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Mitarbeiterin des Bw habe die in Englisch gehaltene Zustellungsurkunde überhaupt nicht lesen können. Sie könne türkisch und deutsch, der englischen Sprache sei sie nicht mächtig. Aus diesem Grund habe sie auf dem weitergeleiteten Straferkenntnis als Zustelldatum (Datum der Kenntnisnahme) den 19.4.2006 notiert. Auf Nachfrage habe sie dieses Datum als Zustelldatum hier bekannt gemacht. Wenn eine Zustellungsurkunde in Deutschland in englischer Sprache abgefasst wird, dann könne man den in Deutschland lebenden Türken, wenn sie der englischen Sprache nicht mächtig sind, keine Vorwürfe machen. Die Gerichtssprache sei Deutsch. Gleiches sei auch für Österreich festgelegt worden. Man könne einer in Deutschland tätigen Mitarbeiterin nicht vorhalten, sie hätte das in englischer Sprache verfasste Anschreiben der Zustellung erkennen müssen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

4.1. Gemäß § 63 Abs.5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

 

§ 2 Z4 Zustellgesetz definiert die Zustelladresse mit Wohnung, sonstige Unterkunft, Betriebsstätte, Sitz usw. Die genannten Abgabestellen sind gleichrangig und kann daher die Behörde frei bestimmen, an welchem Ort zuzustellen ist.

 

Gemäß § 11 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden vorzunehmen.

 

Im Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, Abschnitt IV, Zustellungen (Art.10 bis 13) ist angeführt, dass gemäß § 9 Abs.2 der Deutschen Postdienstverordnung vom 24.6.1991, d. BGBl. I, S. 1372, eingeschriebene Briefe, auch solche mit Rückschein, neben dem Empfänger auch an den Ersatzempfänger, das sind die Angehörigen in der Wohnung oder in dem Geschäft angestellte Personen sowie in der Wohnung angetroffene Personen ausgefolgt werden können.

 

4.2.  Das Vorbringen des Rechtsvertreters des Bw vom 24.7.2006, wonach der Bw seit Dezember 2005 bis dato in der Türkei aufhältig sei, vermochte keine unrechtmäßige Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses bewirken, zumal kein Nachweis für die behauptete Ortsabwesenheit dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt wurde und Behauptungen alleine jedoch für eine Glaubhaftmachung nicht ausreichen. Entsprechende Beweise wurden nicht benannt und nicht angeboten. Weiters wurden auch weder in der verspäteten Berufungserhebung vom 29.4.2006 noch beim Erhalt der Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde vom 3.3.2006 Angaben bezüglich einer vermeintlichen Ortsabwesenheit des Bw der belangten Behörde gegenüber getätigt.

Im Schriftsatz vom 24.7.2006, in welchem die Berufung berichtigt wurde, führte der Rechtsvertreter aus, dass die Angestellte des Bw bekannt gab, dass ihr die Post aus der (Wohnsitz) in die Straße (Firmenstandort) nachgesandt worden sei. Würde man vom tatsächlichen Vorliegen eines Nachsendeauftrages ausgehen, hätte dem deutschen Postzusteller bekannt sein müssen, dass der Bw längere Zeit ortsabwesend ist und hätte daher keine Postzustellung an die Adresse durchgeführt werden dürfen. Ein diesbezüglicher Nachweis, dass der Bw einen Nachsendeauftrag bei der Post gestellt hat, wurde nicht vorgelegt.

Es war daher davon auszugehen, dass der Postzusteller keinen Grund zur Annahme hatte, dass eine längere Ortsabwesenheit seitens des Bw von der Abgabestelle vorliegt, zumal bei der Übernahme des Schriftstückes am 11.4.2006 durch den Empfänger bzw. Ersatzempfänger kein diesbezüglicher Hinweis getätigt und die Annahme auch nicht verweigert wurde.

 

Darüber hinaus ist noch anzumerken, dass der Einwand des Rechtsvertreters, wonach es der türkischen Angestellten aufgrund des Umstandes, dass sie der englischen Sprache nicht mächtig ist und ihr daher nicht möglich gewesen sei zu erkennen, dass es sich bei der Zustellurkunde um einen internationalen Postrückschein handelt, insofern ins Leere geht, da der internationale Postrückschein in englischer und in deutscher Sprache abgefasst ist. Die Angestellte des Bw – wie vom Rechtsvertreter selbst vorgebracht wurde – ist der deutschen Sprache mächtig und hätte daher den internationalen Postrückschein als solchen erkennen müssen und unter der  Rubrik "Obgenannte Sendung wurde ordnungsgemäß ausgefolgt", das Datum "11.04.06" ablesen müssen.           

 

Bei der Anschrift handelt es sich um die Wohnadresse des Bw und wurde an dieser Adresse das Schriftstück – laut internationalem Rückschein – am 11.4.2006 übernommen. Der Umstand, dass das gegenständliche Straferkenntnis vom Bruder des Bw – laut Ausführungen des Rechtsvertreters habe dieser Nachschau an der Adresse gehalten – erst am 19.4.2006 an den Firmensitz des Bw weitergeleitet wurde, vermochte die rechtskräftige Zustellung am 11.4.2006 und damit den Beginn der Rechtsmittelfrist nicht zu berühren. Dadurch wurde eine rechtswirksame Zustellung mit 11.4.2006 bewirkt und begann mit diesem Tag die zweiwöchige Rechtsmittelfrist zu laufen und endete diese mit 25.4.2006. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung wurde die Berufung jedoch erst am 29.4.2006 per Telefax eingebracht. Es liegt sohin eine verspätet eingebrachte Berufung vor, welche zurückzuweisen ist.

 

4.3. Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages in den vorigen Stand ist zu bemerken, dass dieser gemäß § 71 AVG binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses bei der Behörde einzubringen ist, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war. Dies ist im gegenständlichen Fall die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen. Es hat daher die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen über den Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

keine Ortsabwesenheit, Wohnsitz als Abgabestelle

 

Beachte: vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben; VwGH vom 23.04.2008, Zl.: 2006/03/0152-8
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