Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110717/17/Kl/Pe

Linz, 07.09.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn J H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 30.6.2006, VerkGe96‑12‑2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG 1995) zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 30.6.2006, VerkGe96‑12‑2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 23 Abs.1 Z8, 23 Abs.4 und Abs.7 GütbefG 1995 iVm Art.6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idgF verhängt, weil im Zuge einer Kontrolle durch die Polizeiinspektion Mattighofen am 24.3.2006 um 16.45 Uhr im Gemeindegebiet Mattighofen auf der B 147 bei Strkm. 17,800 in Fahrtrichtung Munderfing festgestellt werden konnte, dass die H L GmbH mit dem Sitz in nicht dafür gesorgt hat, dass bei einem gewerbsmäßigen Gütertransport durch die H L GmbH von Wiesloch (Deutschland) nach (Österreich) mit dem Lkw der Marke MAN (amtliches Kennzeichen) und dem Anhänger der Marke Kögl (amtliches Kennzeichen) die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung durch den Lenker S K (Staatsangehöriger eines Drittstaates – Bosnien) mitgeführt worden ist. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer der H L GmbH ist der Berufungswerber für diese Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.7 GütbefG 1995 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für derartige Übertretungen nicht der gewerberechtliche Geschäftsführer sondern der handelsrechtliche Geschäftsführer verantwortlich ist. Die verhängte Strafe sei daher unberechtigt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Im Zuge des Berufungsverfahrens gab der Berufungswerber bekannt, dass der Sachverhalt unbestritten sei, er aber zum Tatbegehungszeitpunkt weder handels- noch gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen sei. Es wird daher auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat von der ursprünglich anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen. Es wurde vom Oö. Verwaltungssenat ein Auszug aus dem Firmenbuch mit historischen Daten eingeholt. Daraus geht hervor, dass die H L GmbH mit Sitz in über zwei handelsrechtliche Geschäftsführer verfügt. Der Berufungswerber wurde aus dieser Funktion mit 5.9.2002 gelöscht.

 

Für die H L GmbH sind folgende Gewerbeberechtigungen im Zentralen Gewerberegister eingetragen: Freies Gewerbe Marktfahrer (Fieranten), Freies Gewerbe Handelsgewerbe, Freies Gewerbe (Industriebetrieb) Betrieb einer Geflügelschlächterei in der Form eines Industriebetriebes. Für sämtliche Gewerbeberechtigungen ist der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer gemeldet. Eine Gewerbeberechtigung für die gewerbliche Güterbeförderung scheint nicht auf.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 23/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), gilt dieses Bundesgesetz für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs oder solchen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg übersteigt, durch Beförderungsunternehmen und für den Werkverkehr mit solchen Kraftfahrzeugen.

 

Gemäß § 4 Z3 leg.cit. ist eine Konzession oder die Anmeldung eines besonderen Gewerbes für den Werkverkehr (§ 10) nicht erforderlich.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 leg.cit. ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92, sind.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

Dem Berufungswerber wird ein gewerbsmäßiger Gütertransport durch die H L GmbH von Wiesloch (Deutschland) nach (Österreich) vorgeworfen. Dieser Tatvorwurf ist im Grunde des festgestellten Sachverhaltes nicht berechtigt. Die H L GmbH ist kein Beförderungsunternehmen und nicht im Besitz einer Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern. Weder der Anzeige noch dem Verfahren erster Instanz ist zu entnehmen, dass der Gütertransport in Ertragsabsicht durchgeführt wurde und welches Gut geladen war. Es war daher von keinem gewerblichen Gütertransport auszugehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass im Rahmen der bestehenden Gewerbeberechtigungen Güter zum Unternehmen in herbeigeschafft bzw. von dort fortgeschafft wurden. Auch wurde die Beförderung mit eigenem Personal durchgeführt und gehört das befördernde Fahrzeug der H L GmbH. Im Grunde dieses Sachverhaltes ist eher von einem Werkverkehr im Sinn des § 10 GütbefG 1995 auszugehen. § 7 Abs.1 GütbefG 1995 hingegen ist nur auf die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, nicht hingegen für den Werkverkehr, anwendbar. Es sind daher auch die Anordnungen gemäß § 7 Abs.1 GütbefG 1995 nicht für den Werkverkehr anzuwenden. Dies entspricht im Übrigen auch der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Verordnung (EG) Nr. 484/2002. Auch nach Art.1 Abs.1 der zitierten Verordnung gilt diese Verordnung nur für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr. Entsprechend Anhang II Z4 der zitierten Verordnung ist auch ausdrücklich der Werkverkehr unter den angegebenen Voraussetzungen befreit. Es hat daher der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen und war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

5.2. Auf die weiteren Berufungsausführungen war daher nicht mehr einzugehen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

Fahrerbescheinigung, Werkverkehr, Ausnahme von Gemeinschaftslizenz

 

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