Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105448/18/BR

Linz, 02.06.1998

VwSen-105448/18/BR Linz, am 2. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn K gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. März 1998, Zl. III/ S 2033/96 - VlS, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 2. Juni 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG, iVm § 19 Abs.1 u.2, § 24, §51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 1.200 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt. Rechtsgrundlage: §64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz, hat mit dem Straferkenntnis vom 27. März 1998, Zl. III/ S 2033/96 - VlS, über den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 4 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 6.000 S und für den Nichteinbringungsfall zwölf Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 23. Dezember 1995 gegen 02.30 Uhr in L - Eisenbahnbrücke den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt und es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem er die Unfallstelle vor dem Eintreffen der Polizei verlassen und bei den Erhebungen bestritten habe den PKW gelenkt zu haben und den Beifahrer als Lenker zum Unfallszeitpunkt bezeichnet habe. 1.1. Die Erstbehörde folgte der Verantwortung des Berufungswerbers im Hinblick auf die Lenkereigenschaft nicht. Sie stützte u.a. ihre Beweiswürdigung auf das in einem in diesem Zusammenhang gegen den Berufungswerber anhängig gemachte strafgerichtliche Verfahren und die dort getroffene Beweiswürdigung. 2. In der dagegen fristgerecht durch protokollarisches Anbringen bei der Erstbehörde erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber weiterhin seine Lenkereigenschaft und vermeint, daß die Sitzeinstellung nicht seine Glaubwürdigkeit erschüttern könne, weil sein Beifahrer nur wenige Zentimeter größer sei als er. Außerdem sei sein Beifahrer von der Polizei dahingehend eingeschüchtert worden, daß er nicht noch einmal behaupten solle der Fahrer bei dieser zu einem Unfall führenden Fahrt gewesen zu sein.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. III/ S 2033/96 - VlS und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner durch die Vernehmung der Zeugen BI H, der Verlesung der Aussage des Zeugen D vom 24.12.1995 vor dem Verkehrsunfallskommando der Bundespolizeidirektion Linz, welcher bis in den Herbst wegen seines Militärdienstes im früheren Jugoslawien nicht verfügbar ist und des Berufungswerbers als Beschuldigten anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung an welcher auch ein Vertreter der Erstbehörde teilnahm.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte zur o.a. Zeit und Örtlichkeit seinen Pkw von L kommend in einem offenkundig durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Richtung Donaulände. Dabei kam er aus nicht zu klärenden Umständen ins Schleudern, geriet dabei im Bereich des südlichen Brückenkopfes der Eisenbahnbrücke an dem entgegenkommenden Pkw, der von Frau C gelenkt wurde, knapp vorbei, kollidierte mit der Leitplanke und kam etwa zehn Meter hinter dem angehaltenen Fahrzeug der Frau L mit seinem schwer beschädigten Pkw zum Stehen. Die Leitplanke wurde dabei beschädigt! Während sich Frau L in Begleitung einer Mitfahrerin in Richtung des Unfallfahrzeuges begaben, stieg der Berufungswerber gerade von der Fahrerseite aus seinem Fahrzeug und meinte, daß ohnedies nichts passiert sei und man nicht die Polizei verständigen solle. Die Fahrzeuglenkerin sagte sodann zum Berufungswerber, daß sie nur ihre Eltern anrufen wolle - tatsächlich hatte sie jedoch die Absicht die Polizei zu verständigen - und begab sich in Richtung Tankstelle auf der Donaulände um dort zu telefonieren. Auf halben Weg dorthin kam jedoch zufällig ein Funkstreifewagen entgegen, dessen Besatzung der Unfall von Frau L gemeldet wurde. Zwischenzeitig hatte sich der Berufungswerber jedoch laufend über die Eisenbahnbrücke von der Unfallsstelle entfernt gehabt. Mit seinem Beifahrer vereinbarte er offenbar noch, daß dieser sich als Lenker deklarieren wolle, was dieser vorerst auch tat, aber schließlich wieder widerrief.

4.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die schlüssige und glaubwürdige Angabe der Zeugin L in der Berufungsverhandlung. Diese Zeugin erklärte klar und ohne jegliche Umschweife, daß jener Mann, welcher ihr bei der Berufungsverhandlung nur wenige Meter gegenübersaß, nach dem Unfall auf der Fahrerseite ausstieg und meinte, daß nichts passiert sei und man die Polizei nicht verständigen solle. Diese Angabe deckt sich letztlich mit zahlreichen sich aus dem Akt ergebenden Aussagen und schließlich auch mit dem Verhalten des Berufungswerbers am Unfallsort, welchen er offenbar fluchtartig verließ. Wenn der Berufungswerber schließlich mit allen Mitteln die ursprüngliche Angabe seines Mitfahrers, nämlich sein ursprüngliches Eingeständnis dessen Lenkereigenschaft zum Durchbruch zu helfen versuchte, so konnte dies nur mehr als schlichter Versuch seine Schutzbehauptung durchzuziehen qualifiziert werden. Immerhin ist der Berufungswerber bereits vor Gericht in zwei Instanzen mit dieser Schutzbehauptung nicht durchgedrungen. Ebenfalls wurde sein Mitfahrer, Herr D, welcher wegen des Militärdienstes in Jugoslawien zur Verhandlung nicht geladen werden konnte und dessen Angaben im Gerichtsverfahren und vor der Polizei (die Niederschrift vom 24.12.1995) daher zum Teil verlesen wurden, wegen dieser "Gefälligkeitsaussage" laut Angaben seiner Mutter in der h. Berufungsverhandlung rechtskräftig wegen falscher Beweisaussage vor Gericht verurteilt. Auch die Mutter des D erklärte, daß ihr der Sohn gesagt habe, daß er die Lenkereigenschaft nur aus Gefälligkeit dem Berufungswerber gegenüber auf sich genommen habe, er aber tatsächlich nicht gefahren sei. Unerfindlich wäre schließlich die fluchtartige Entfernung von der Unfallstelle, wäre er nicht tatsächlich der Lenker gewesen. Diese Vielzahl von Indizien ergaben den Beweis der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers im Zusammenhang mit dem o.a. Verkehrsunfall. Offenbar war sich der Berufungswerber selbst der Realitätsfremde seiner Verantwortung bereits von Anfang an bewußt, wenn er etwa anläßlich einer Niederschrift vor der Erstbehörde am 21.3.1996 meinte, daß "alle Fakten gegen ihn sprächen." Wenn der Berufungswerber schließlich durch mehrere Beweisanträge (Vernehmung der zwei zuerst einschreitenden Polizeibeamten zum Beweis der Eingestehung der Lenkereigenschaft durch D an der Unfallstelle), die Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweis dafür, daß man mit der Fahrpraxis des Berufungswerbers nicht einen solchen Unfall verursachen könne und schließlich, daß mit der Sitzeinstellung für den Berufungswerber auch der um fünf Zentimeter größere Beifahrer der Lenker gewesen sein konnte, seine Verantwortung unter Beweis zu stellen versucht, sind diese Anträge zum Beweis der nicht vorliegenden Lenkereigenschaft des Berufungswerbers objektiv besehen nicht geeignet. 5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Die Anhalte-, Melde- und folglich die Mitwirkungspflicht anläßlich dieses Verkehrsunfalles leitet sich hier aus dem eingetretenen Fremdschaden in Form der Beschädigung der Leitplanke ab. Die Verpflichtung nach § 4 Abs 1 lit c StVO 1960 dient dem Zweck, den Organen der öffentlichen Sicherheit die Aufnahme des Tatgeschehens zu erleichtern und zu gewährleisten, daß die Behörde ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild des Unfallherganges, seiner Ursachen und Folgen gewinnt. Dies beinhaltet die Verpflichtung, das Eintreffen der Organe der öffentlichen Sicherheit am Tatort abzuwarten, auch um Feststellungen zur Person des beteiligten Fahrzeuglenkers in der Richtung treffen zu können, ob dieser zur Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war und äußerlich den Anschein erweckt, sich geistig und körperlich in einem zur Lenkung eines Fahrzeuges geeigneten Zustand befunden zu haben (Hinweis auf E 29.1.1986, 84/03/0196). Diese Verpflichtung zum "Abwarten an der Unfallstelle" darf wohl nicht wörtlich - etwa im Sinne eines ununterbrochenen "Verharrens" an dieser Stelle - genommen werden, weil sonst auch etwa das kurzfristige Verlassen der Unfallstelle zu dem Zweck, der Verpflichtung des § 4 Abs 2 StVO nachzukommen, das Tatbild des § 4 Abs 1 lit.c leg. cit. erfüllen würde (VwGH 1990 05 15, 89/02/0048 u.a.). Mit der Entfernung von der Unfallstelle in dem vom Berufungswerber getätigten Umfang hat er jedoch der Rechtspflicht gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 zuwider gehandelt. Die wahrscheinliche Motivlage - allenfalls dem Alkotest entgehen zu können - mag dies wohl plausibel erscheinen, hat jedoch rechtlich außer Betracht zu bleiben.

Die hier getroffene gerichtliche Beurteilung des Sachverhaltes unter § 89 Abs.1 iVm § 81 Z2 StGB (Gefährdung der körperlichen Sicherheit unter der Qualifikation des § 81 Z2 StGB) ist nicht mit dem hier angezogenen Verwaltungsdelikt tatidentisch. Es kommen daher die Subsidiaritätsbestimmungen in der Verwaltungsnorm (der StVO) nicht zum Tragen. Die sogenannte Sperrwirkung der gerichtlichen Befassung mit dem Verhalten des Berufungswerbers greift daher nicht. Das gerichtliche Delikt betraf einen völlig anderen Schutzzweck als die hier angezogene Verwaltungsnorm zum Ziel hat (vgl. etwa jüngst VfGH 11.3.1998, G267/97, G328/97). Auch zeitlich folgte das hier zur Last gelegte Tatverhalten erst nach der gefährdenden Fahrt, die Gegenstand der gerichtlichen Verurteilung war.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis §35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Der Berufungswerber ist arbeitslos und verfügt nur über ein Einkommen in der Höhe von 8.000 S, welches auch der erstbehördlichen Entscheidung grundgelegt wurde. Es kann aber dennoch den von der Erstbehörde festgesetzten Geldstrafsätzen objektiv nicht entgegengetreten werden. Die Mitwirkungspflicht nach einem Verkehrsunfall durch den Lenker stellt ein hohes Schutzziel der Straßenverkehrsordnung dar. Auch wenn hier an der Entfernung von der Unfallstelle berechtigte subjektive Interessen - nämlich dem Alkotest zu entgehen - grundgelegen sein mögen, vermag dies die Tatschuld nicht zu mindern. Der Tatunwert gelangt hier im Strafrahmen von 500 S bis 30.000 S zum Ausdruck, wobei angesichts fehlender strafmildernder Umstände in der Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß eines Fünftels ein Ermessensfehler nicht erblickt werden kann. Insbesondere scheint es aus Gründen der General- aber auch der Spezialprävention erforderlich solche Verhalten entsprechend zu pönalisieren und dem Berufungswerber vor einer abermaligen Tatbegehung abzuhalten und ihn künftighin zu einem Wohlverhalten im Straßenverkehr zu bewegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Verlassen/Unfallstelle Entfernen von Unfallstelle

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