Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150376/9/Lg/Hue

Linz, 17.10.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 11. Oktober 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G K, 10 W, K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 15. November 2005, Zl. BauR96-183-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.   

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen W zu vertreten habe, dass er am 19. März 2005 um 9.28 Uhr die mautpflichtige A, Parkplatz der Raststätte A, ABKm 33, Gemeinde A, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei eine Mautvignette angebracht gewesen, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen habe.

 

2. In der Berufung wird vorgeworfen, als Erfüllungsgehilfe der A zu fungieren und die Objektivität der Erstbehörde in Zweifel gezogen. Die Vignette sei ordnungsgemäß angebracht und nicht beschädigt oder ungültig gewesen. Eine namentlich genannte Zeugin könne dies bestätigen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 19. März 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz eine Mautvignette angebracht gewesen, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen habe (Schriftzug "ungültig" bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung). Als Ergänzung zur Anzeige wurde ausgeführt: "Jahresvignette ungültig NR.2456-580 Die fünfte Zahl ist nicht leserlich".

 

Nach Strafverfügung vom 24. Juni 2005 wurde der Tatvorwurf vom Bw bestritten. Bei allen seinen Firmenfahrzeugen sei eine Vignette ordnungsgemäß angebracht. Das gegenständliche Kfz werde privat und beruflich benützt. Es bestehe deshalb kein Grund, die Vignette abzulösen oder anderweitig zu verwenden.

 

Eine zusätzliche Stellungnahme der A beschränkt sich auf die Wiedergabe und Erläuterung der bestehenden Rechtslage sowie des Inhalts der Anzeige. Zusätzlich ist angegeben, dass gem. § 19 Abs. 3 BStMG ein Ersatzmautangebot am Kfz hinterlassen worden sei.

 

Dazu äußerte sich der Bw zum Verfahrensgegentand wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass die Vignette für einen Laien (für einen Autofahrer, der um das Auto herumgeht) komplett in Ordnung ausgesehen habe. Ihm seien auch keine versteckten oder bisher verborgen gebliebenen Mängel aufgefallen, extra suchen gegangen sei er jedoch auch nicht. Vielleicht sei die Vignette auch nicht so gut sichtbar gewesen, da Schmutzreste auf der Windschutzscheibe gewesen seien. Er sei von Beruf Tischler und kaufe für alle seine Fahrzeuge die Mautvignetten.

 

Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger sagte aus, sich ohne Akteneinschau nicht mehr konkret an den Vorfall erinnern zu können. Er könne sich daran erinnern, dass er damals mit seiner Kollegin Kontrollen durchgeführt und einen Erlagschein für die Ersatzmaut an das Auto geheftet habe. Zur Formulierung der Anzeige sagte der Zeuge aus, dass der Vorgang nun üblicherweise so sei, dass eine ungültige Vignette fotografiert werde. Damals sei noch nicht fotografiert worden. Damals sei bei Ansicht einer ungültigen Vignette die Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut in Form eines Erlagscheines an die Windschutzscheibe geheftet worden. Unmittelbar darauf sei "die Sache" im Fahrzeug protokolliert und nach Salzburg geschickt worden.

 

Der Zeuge legte die Kopie des gegenständlichen Ersatzmautangebotes vor, auf dem als Beanstandungsgrund die Nummer 4 (=Schriftzug "ungültig") aufscheint und demonstrierte mittels eines Musterblattes, auf dem eine Vignette sichtbar war, die Sicherheitsmerkmale. Die Kopie des Ersatzmautangebotes wurde zum Akt genommen.

 

Zur Frage, wie der Satz "die fünfte Zahl ist nicht leserlich" in die Anzeige gekommen sei, sagte der Meldungsleger aus, dass er dies in das Protokoll geschrieben habe. Die fünfte Ziffer der Jahresvignettennummer sei unleserlich gewesen. Ob weitere Ungültigkeitsmerkmale vorhanden gewesen seien, sei nicht erinnerlich. Wenn als Beanstandungsgrund lediglich das Fehlen einer Ziffer der Vignettennummer gewesen wäre, sei sicherlich keine Anzeige erstattet worden. Deshalb müssten somit zusätzliche Ungültigkeitsmerkmale sichtbar gewesen sein. Welche dies gewesen seien, sei nicht mehr erinnerlich und könne auch nicht auf andere Weise nachträglich in Erfahrung gebracht werden. Jetzt sei die Praxis schon so, dass detaillierte Notizen und Fotos angefertigt würden, damals sei dies jedoch noch nicht Praxis gewesen und man habe sich mit dem bloßen Vermerk "ungültig" begnügt. Sowohl damals als auch heute habe das "Vier-Augen-Prinzip" geherrscht, d.h. die Kontrolle werde immer durch zwei Organe durchgeführt.

 

Die zusätzlich einvernommen Zeugin B K (=nunmehrige Ehegattin des Bw) sagte aus, dass sie sich an den Vorfall erinnern könne. Sie sei mit dem Bw in der Raststation gewesen und habe bei der Rückkehr zum Auto das Ersatzmautangebot vorgefunden. Daraufhin habe sie mit ihrem jetzigen Gatten die Vignette angesehen, diese habe aber in Farbgebung und Jahreszahl wie eine "normale" gültige Vignette ausgesehen. Nach Einschau in das durch den Meldungsleger vorgelegte Musterblatt sagte die Zeugin aus, dass der Schriftzug "ungültig" nicht sichtbar gewesen sei, sie sich jedoch betreffend der anderen Ungültigkeitsmerkmale nicht sicher sei, da sie kein Experte sei und deshalb diese Ungültigkeitsmerkmale nicht identifizieren hätte können.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Dem Argument des Meldungslegers, dass er beim lediglichen Fehlen einer Ziffer bei der Vignettennummer keine Anzeige erstattet und somit weitere Ungültigkeitsmerkmale sichtbar gewesen sein müssen, ohne diese jedoch konkret benennen zu können, steht die ebenfalls glaubwürdige Aussage der Zeugin gegenüber, dass der Schriftzug "ungültig" nicht sichtbar gewesen ist. Dies lässt die Möglichkeit offen, dass Ungültigkeitsmerkmale sichtbar waren, die für einen Laien nicht zu erkennen gewesen sind. Der Wortlaut in der Anzeige "es war am Fahrzeug eine Mautvignette angebracht, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale der Vignette aufwies (Schriftzug UNGÜLTIG bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette)" stellt offensichtlich eine Routine- bzw. Standardformulierung der A dar, ohne dass darin die Behauptung eines bestimmten Mangels der Vignette (etwa Aufscheinen des Schriftzuges "ungültig") impliziert ist. Vielmehr scheint diese Formulierung lediglich den Sinn zu haben, eine Palette möglicher Mängel vorzuführen. Aus rechtsstaatlichen Gründen erscheint es aber zur Erlangung der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erforderlich, dass in irgendeiner Weise dokumentiert ist, worauf der Ungültigkeitsvorwurf konkret beruht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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