Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150400/8/Lg/Hue

Linz, 17.10.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 10. Oktober 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des R S, 45 M, H 29, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 25. Jänner 2006, Zl. VerkR96-16462-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

II.                  Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen KI zu vertreten habe, dass er am 14. Juni 2005 um 14.05 Uhr die A, Parkplatz Raststation V beim km 0 in der Gemeinde S benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei eine Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass die Vignette ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Vor einigen Jahren habe sich die Vignette aufgrund direkter Sonnenbestrahlung und der wöchentlichen Reinigung der Windschutzscheibe gelöst. Deshalb klebe der Bw seit dieser Zeit die Mautvignette noch zusätzlich mit Tixo fest. Der Meldungsleger habe den Bw zwar aufgefordert die Vignette zu entfernen, nicht jedoch eine Ersatzvignette angeboten. Das gegenständliche Kfz sei im Oktober nach Polen verkauft worden. Der Autohändler könne möglicherweise Auskunft über die Anbringung der Vignette erteilen. Das derzeitige Einkommen könne nicht beziffert werden, da der Pensionsbescheid noch ausständig sei. Der Bw habe eine Sorgepflicht und kein Vermögen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 14. Juni 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf und die Lenkerdaten. Als Ergänzung zur Anzeige wurde ausgeführt: "Jahresvignette 2005 Nr. 27533429 wurde mit Zwischenfolie befestigt und somit der Tatverdacht der Mehrfachverwendung bekräftigt".

 

Nach Strafverfügung vom 27. Juni 2005 rechtfertigte sich der Bw wie in der später eingebrachten Berufung und ergänzte, dass sich in seinem Besitz drei Fahrzeuge befänden, welche alle drei mit Vignette ausgestatten seien. Es bestehe deshalb kein Anlass zu einer Mehrfachverwendung. Die Jahresvignette werde vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt und der Bw lege jährlich im Außendienst etwa 50.000 km mit dem Kfz zurück. Der Meldungsleger habe den Bw aufgefordert, die Vignette abzulösen. Daraufhin machte der Bw darauf aufmerksam, dass dadurch die Vignette zerstört werde und habe dieser Aufforderung nicht entsprochen. Eine Zwischenfolie habe sich niemals zwischen Windschutzscheibe und Vignette befunden.

 

Anlässlich der zeugenschaftlichen Einvernahme des Meldungslegers brachte dieser am 29. September 2005 vor, dass anlässlich der Betretung festgestellt worden sei, dass die Vignette nicht direkt an der Windschutzscheibe befestigt gewesen sei. Nach mehrmaligen Ersuchen die Vignette von der Scheibe zu lösen um Klarheit zu finden, sei die Anzeige aufgenommen worden, da der Lenker selbst keinen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes geleistet habe. Wenn sich herausgestellt hätte, dass die Vignette ordnungsgemäß geklebt habe, hätte der Lenker eine Ersatzvignette erhalten, was ihm auch mitgeteilt worden sei. Es sei nicht notwendig, die Vignette zusätzlich mit Tixo o.ä. zu befestigen.

 

Zur daraufhin erfolgten Einkommenserhebung beim Bw ist im Akt kein Antwortschreiben enthalten.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass er die Mautvignette unter Ablösen der Trägerfolie mit zusätzlichen Tixostreifen auf die Windschutzscheibe geklebt habe, da er aufgrund häufiger Reinigung der Windschutzscheibe ein selbständigen Ablösen der Vignette verhindert habe wollen. Der Meldungsleger habe die Kontrolle aus einer Entfernung von ca. 2 Metern durchgeführt. Der Bw sei deshalb der Aufforderung, die Vignette abzulösen, nicht nachgekommen, da dies gar nicht möglich gewesen sei. Dezidiert werde bestritten, dass das Mautaufsichtsorgan eine Ersatzvignette für den Fall angeboten habe, dass die Vignette durch das Ablösen zerstört werde. Der Bw sei auf den gegenständlichen Parkplatz gefahren und habe dort das A-Kfz gesehen. Wenn er ein "schlechtes Gewissen" gehabt hätte, wäre er nicht direkt auf dieses Kfz zugefahren sondern hätte wieder gewendet, um einer Kontrolle zu entgehen. Als der Meldungsleger dessen Auto gesehen habe, habe der Bw ihn gefragt, ob es etwas gebe. Der A-Mitarbeiter habe dies bejaht und gesagt, dass die Vignette nicht in Ordnung sei. Der Aufforderung Strafe bezahlen zu müssen sei der Bw nicht nachgekommen und der Meldungsleger habe angekündigt, die Gendarmerie holen zu werden. Die Gendarmerie sei jedoch nicht erschienen. Die Vignette sei dem Bw von seiner Firma gegeben worden und im Familienverband würden sich drei Autos befinden, bei welchen auf allen eine Vignette angebracht sei.

 

Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger sagte aus, dass er sich an den gegenständlichen Vorfall erinnern könne. Dies deshalb, weil mit dem Bw eine Diskussion stattgefunden habe. Bei der Betretung sei festgestellt worden, dass die Vignette mit Tixoband angebracht gewesen sei. Ob mit einem oder zwei Tixobändern sei nicht mehr erinnerlich. Der Zeuge habe testen wollen, ob die Vignette trotz der Verwendung des Tixostreifens ordnungsgemäß aufgeklebt worden sei und habe höflich gefragt, ob er den Tixostreifen ablösen dürfe, was jedoch vom Bw verweigert worden sei. Die Vorgehensweise sei – wie in solchen Fällen üblich – jene gewesen, dass der Zeuge den Lenker ersucht habe, in das Auto hineingreifen zu dürfen, um die Befestigung der Vignette zu kontrollieren. Im Zuge der daraufhin erfolgten Diskussion habe der Meldungsleger dem Bw erklärt, dass er bei Herabziehen des Tixos keinen finanziellen Schaden erleiden würde, da er gegebenenfalls eine Ersatzvignette bekommen würde. Dennoch habe sich der Bw nicht darauf eingelassen. Auch auf das Ersatzmautangebot sei der Bw nicht eingegangen. Während der Amtshandlung habe der Bw im Auto gesessen und der Zeuge sei direkt gegenüber der heruntergelassenen Scheibe gestanden. Es sei nicht so, dass die Kontrolle von zwei oder drei Metern Entfernung aus durchgeführt worden sei. Vielmehr würden Kontrollen so ablaufen, dass der Lenker (falls dieser angetroffen werde) angesprochen werde und sich der Meldungsleger dabei unmittelbar neben dem Kfz befinde. Somit sei die Feststellung, dass Tixo verwendet wurde, aus nächster Nähe gemacht worden. Weshalb Tixo verwendet worden sei, sei nicht gefragt worden, da das Gespräch mit dem Bw so weit nicht gekommen sei. Der A-Mitarbeiter habe mit einem weiteren Kollegen am Tattag Dienst versehen. Dieser sei aber während der gegenständlichen Beanstandung im Auto sitzen geblieben und diesbezüglich keine Beobachtungen gemacht.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

In rechtlicher Hinsicht ist insbesondere festzuhalten, dass gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung die Maut nur dann im Sinne des § 15 Abs. 1 Ziffer 9 BStMG vorschriftsmäßig entrichtet ist, wenn vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette unter Verwendung des originären Vignettenklebers angebracht worden ist.

5.2. Das erstbehördliche Verwaltungsstrafverfahren ist zunächst dahingehend zu bemängeln, dass nach zeugenschaftlicher Einvernahme des Meldungslegers kein Parteiengehör gewahrt wurde. Dieser Rechtsnachteil wurde in der Berufungsverhandlung saniert.

 

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Vignette ordnungsgemäß – das heißt, unter Ablösung der Trägerfolie – angebracht, oder ob sie lediglich – ohne Ablösung der Trägerfolie – mittels Klebestreifen an der Windschutzscheibe befestigt war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht in sachverhaltsmäßiger Hinsicht von der Richtigkeit der Darstellung des Meldungslegers aus, wonach gegenständlich die Mautvignette nicht ordnungsgemäß (i.S.d. Aufklebens unter Verwendung des originären Vignettenklebers), sondern ausschließlich mittels Klebestreifen an der Windschutzscheibe angebracht war. Der Meldungsleger unterliegt nicht nur besonderen Sanktionen sondern er war auch nach dem persönlichen Auftreten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vertrauenswürdig und in seinen Darstellungen widerspruchsfrei. Demgegenüber konnte sich der Bw ohne Befürchtung eines Nachteils nach jeder Richtung verteidigen. Freilich wirkte auch der Bw in der Berufungsverhandlung nicht unseriös und konnte außerdem für sich ins Treffen führen, an allen seiner drei Autos eine Jahresvignette angebracht, von seinem Arbeitgeber eine Vignette zur Verfügung gestellt bekommen zu haben und als Außendienstmitarbeiter jährlich ca. 50.000 km mit dem Kfz zurückzulegen, wobei freilich zu bedenken ist, dass dies die Möglichkeit einer vorschriftswidrig angebrachten Vignette nicht zwingend ausschließt. Den Ausschlag gibt letztlich, dass der Bw während der Amtshandlung zur Klärung des Sachverhaltes nicht beigetragen und sich geweigert hat, den Tixo von der Windschutzscheibe zu ziehen (bzw. ziehen zu lassen), was vom Bw auch eingeräumt worden ist. Dem Einwand des Bw, er sei der Aufforderung zum Abziehen der Vignette von der Windschutzscheibe deshalb nicht nachgekommen, da dies eine Zerstörung der Vignette zur Folge gehabt haben könnte, ist zu entgegnen, dass ihm (wie vom Mautaufsichtsorgan glaubwürdig dargelegt) für diesen Fall eine Ersatzvignette angeboten worden ist.

 

Die (am Schluss der Berufungsverhandlung ohnehin nicht beantragte) zeugenschaftliche Einvernahme des Autohändlers war entbehrlich, da sich aus dessen Aussagen kein zwingender Schluss über den Zustand der Vignette zur Tatzeit ergeben würde.

 

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Obwohl der ermittelte Sachverhalt wenig Anhaltspunkte dafür bietet, sei zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen und zwar in dem Sinne, dass er sich über die gesetzlichen Bestimmungen nicht ausreichend informiert hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde, wodurch die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ohne Relevanz sind. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht hervorgekommen. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Vor allem aber ist der Unrechtsgehalt als nicht geringfügig einzuschätzen. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen; dies erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

Es wird auch darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Verwendung von Klebestreifen und –mitteln zur Anbringung von Mautvignetten technisch nicht erforderlich ist und es zudem bei Produktionsmängeln kostenlose Umtauschmöglichkeiten gibt.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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