Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150411/3/Lg/Gru

Linz, 22.08.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des M R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H V & Dr. G G, S, 40 L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 7. Februar 2006, Zl. BauR96-14-1-2005-Ni, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatz­frei­heitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt. Als für die Strafbe­messung maßgeblichen Bestimmungen sind § 20 Abs. 2 BStMG iVm § 16 Abs. 2 und § 19 VStG zu zitieren.

 

  1. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 6. Juli 2005 um 23.11 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen WT die mautpflichtige A, Strkm 20, Gemeinde E, in Fahrtrichtung U benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungs­abhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät für die Entrichtung der Maut im Nachhinein aufgrund des nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt gewesen sei.

 

2. In der Berufung vom 20.2.2006 wird vom Bw vorgebracht, dass er zum Tatzeitpunkt bei der Firma U GmbH, mit Sitz in S, eine Nebenstelle der österreichischen Firma U V, beschäftigt gewesen sei. Der Geschäftsführer der Firma U sei Herr P S gewesen. Am Tattag sei ihm durch Herrn S der gegenständliche Lkw, welcher im Besitz der Firma M T V gewesen sei, für eine Dienstreise zugeteilt worden. Mit der Firma M T V sei kein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Der Umstand, dass die Go-Box aufgrund eines nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt gewesen sei und eine Abbuchung nicht stattfinden habe können, habe der Bw erst im Nachhinein erfahren. Außerdem habe er von der Firma keine Finanzmittel bekommen, um die Maut bezahlen zu können.

Nach Zustellung der Strafverfügung habe der Bw umgehend Herrn S informiert und nach Absprache mit ihm einen Brief an den Sitz der Firma U T (heute E T GmbH) gesendet. Herr S habe versichert, die Angelegenheit rechtzeitig zu erledigen. Erst nach Erhalt des Straferkenntnisses habe der Bw festgestellt, dass diese Angelegenheit nicht erledigt worden sei. Er habe das Straferkenntnis Herrn S übergeben, denn er persönlich habe die ihm zur Last gelegte Straftat nicht begangen.

In der Berufung vom 27.2.2006 wird von den rechtsfreundlichen Vertretern des Bw dargelegt, dass der Bw die ihm angelastete Tat nicht begangen habe, da er seinen Lenkerverpflichtungen, vor, während und nach der Fahrt die Einstellungen und die Funktionstüchtigkeit der Go-Box zu überprüfen, nachgekommen sei. Auf der gesamten Fahrtstrecke sei eine ordnungsgemäße Abbuchung vorgenommen worden, was der Bw auf Grund der Signaltöne nachvollziehen konnte. Der Bw sei davon ausgegangen, dass die Go-Box auf Grund der Signaltöne funktionstüchtig sei. Wenn es jedoch – wider Erwarten – zu keiner korrekten Verrechnung gekommen sei, so sei ihm nicht einmal die Möglichkeit eingeräumt worden, die Maut im Nachhinein zu entrichten bzw. eine Ersatzmaut zu bezahlen. Eine diesbezügliche Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut habe er nie erhalten. Er sei auch von keinem Mautaufsichtsorgan angehalten worden, um eine entsprechende Zahlung vornehmen zu können.

Sollte das Zahlungsmittel tatsächlich gesperrt gewesen sein, so sei dies für den Bw nicht nachvollziehbar und es wäre Sache des Zulassungsbesitzers, der Firma M T GmbH, gewesen, sich um eine korrekte Verrechnung der Maut zu kümmern.

Der Bw habe die Tat nicht begangen und es könne ihm daher im Übrigen auch kein Verschulden, nicht einmal Fahrlässigkeit, vorgeworfen werden. Er sei unbescholten und es lägen keine Erschwerungsgründe vor. Sein monatliches Einkommen erreiche nicht einmal die Hälfte des von der Behörde angenommenen Nettoeinkommens.

 

Es wird beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Strafe herabzusetzen bzw. gemäß § 20 VStG die Strafhöhe auf die Hälfte zu reduzieren.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 22. August 2005 zugrunde. Die Lenker­anzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am 6.7.2005 um 23.11 Uhr festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät für die Verrechnung im Nachhinein aufgrund des nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt gewesen und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Gemäß § 19 Abs. 4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am 9.7.2005 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.  

 

Gegen die Strafverfügung vom 17. Oktober 2005 wurde vom Bw Einspruch erhoben und um Akteneinsicht ersucht.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Auszugehen ist von folgendem Sachverhalt:

Der Bw hat am 6.7.2005 um 23.11 Uhr die mautpflichtige A ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich in Folge der Zahlungsmittelsperre) benützt. Eine Nachzahlung der Maut fand nicht statt, obwohl die auf das gesperrte Zahlungsmittel hinweisenden akustischen Signaltöne (vier kurze Signaltöne) hörbar waren (der Bw räumt selbst ein, Signaltöne vernommen zu haben). Ferner wurde der Zulassungsbesitzer zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert, die Ersatzmaut wurde jedoch nicht bezahlt.

 

4.2. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Pkt. 8.2.4.3.2. der Mautordnung besagt, dass der Nutzer (Lenker) während der Fahrt folgendes akustisches Signal zu beachten hat: Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nach­zahlungsverpflichtung im Sinne von Pkt. 7.1. im vollen Umfang nachzu­kommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht wird.

 

Gemäß Pkt. 7.1. der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem angemeldete und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraft­fahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf technische Gebrechen des zugelassenen Fahr­zeug­gerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist. Die Nachzahlung hat spätestens 70 Straßenkilometer und innerhalb eines Zeitraumes von fünf Stunden ab dem Zeitpunkt des Durchfahrens der ersten Mautabbuchungsstelle, an der keine ordnungsgemäße Mauttransaktion statt­ge­funden hat, bei einer GO-Vertriebsstelle sowie im GO-Service Center oder bei einem Mautaufsichtsorgan im Zuge einer Betretung (Anhaltung) zu erfolgen.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Gemäß § 19 Abs. 4 BStMG hat die ASFINAG den Zulassungsbesitzer, kommt es zu keiner Betretung, schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

 

4.3. Im Lichte der dargestellten Rechtslage und des zugrunde liegenden Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass der vorgeworfene Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht wurde.

 

Zum Verschulden ist festzuhalten: Wenn der Bw die Meinung vertritt, es sei Sache des Zulassungsbesitzers, sich um die Möglichkeit einer korrekten Verrechnung der Maut zu kümmern und er weiters darauf hinweist, er habe erst im Nachhinein erfahren, dass das Fahrzeuggerät (=Go-Box) auf Grund des nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt war, übersieht er, dass ihn als Lenker die Verpflichtung zur ordnungs­gemäßen Mautentrichtung trifft und er durch das viermalige akustische Signal der Go-Box ohnehin auf den Umstand des gesperrten Zahlungsmittels aufmerksam gemacht worden ist. Dem Bw ist daher vorzuwerfen, dass er die akustischen Signale der Go-Box (viermaliges "Piepsen" bei jeder Durchfahrt eines Mautportals) nicht beachtet hat. Zwar ist dem Bw nicht anzulasten, dass er seine Fahrt mit einem gesperrten Zahlungs­mittel antrat, da dies bei Fahrtantritt nicht erkennbar war. Es ist ihm aber vorzuwerfen, dass er, als die Go-Box die akustischen Signaltöne abgegeben hatte, seinen Verpflichtungen als Lenker (gemäß Pkt. 8.2.4.3.2. der Mautordnung – wie oben erwähnt) nicht nachgekommen ist, sondern seine Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz fortsetzte. Der Bw hätte im Übrigen die Möglichkeit gehabt, zur Verifizierung der akustischen Anzeige die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut beim GO-Service Center oder an jeder GO-Vertriebsstelle zu überprüfen (vgl. Pkt. 8.2.4.3.3. der Mautordnung).

 

Nicht entschuldigend würde ferner eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine möglicher­weise vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirken. Der Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen.

 

Bezüglich des Arguments, dass der Bw vom Mautaufsichtsorgan nicht auf die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut hingewiesen worden sei, ist zu bemerken, dass nach der Faktenlage keine Betretung durch Mautaufsichtsorgane stattfand, bei der ein solcher Hinweis erfolgen hätte können. Vor allem aber gilt prinzipiell, dass eine solche Nachzahlung der Maut vom Lenker selbst zu initiieren ist und selbst dies nur bis 70 km und 5 Stunden nach dem Durchfahren der ersten Maut­abbuchungs­stelle, an der keine ordnungsgemäße Mauttransaktion stattgefunden hat, möglich ist (vgl. Pkt. 7.1. der Mautordnung).

 

Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Wenn der Bw moniert, dass ihm keine Ersatzmautzahlung angeboten worden ist, ist zu erwidern, dass der Zulassungsbesitzer gemäß § 19 Abs. 4 BStMG am 9.7.2005 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen wurde. Die Zustellung des Ersatzmautangebotes an den Zulassungsbesitzer ist unstrittig, die Nichtbezahlung der Ersatzmaut ließ den Strafausschließungsgrund nicht zustande kommen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre.  Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen; dies erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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