Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150456/8/Lg/Hue/RSt

Linz, 26.09.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 15. September 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des J W, 46 K, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R S, 46 L, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 6. Juni 2006, Zl. BauR96-54-2004/Stu/Je, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.               Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt. 

 

II.             Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er es als Lenker des PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen GM zu vertreten habe, dass er am 16. Dezember 2003 um 12.50 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A bei km 17, Richtungsfahrbahn W, beim Parkplatz benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette entrichtet zu haben.

 

In der Berufung wird dagegen eingewendet, dass am Kfz eine Mautvignette angebracht, diese jedoch stark zerkratzt gewesen sei. Dem Meldungsleger sei als Beweis auch der diesbezügliche Abschnitt vom Kauf der Vignette vorgelegt worden.

 

Beantragt wird die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Ö vom 22. Jänner 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Gem. § 19 Abs. 3 BStMG sei die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden.  

 

Nach Strafverfügung vom 4. Februar 2004 brachte der Bw im Wesentlichen vor, dass er am Tattag um ca. 9.30 Uhr das Kfz auf dem Parkplatz abgestellt habe. Drei Minuten später habe ein A-Mitarbeiter die Vignette kontrolliert. Da die Vignette zerkratzt gewesen sei, habe der Bw dem Mautaufsichtsorgan den Abschnitt vom Kauf der Vignette vorgelegt. Danach sei das Mautaufsichtsorgan mit dem Hinweis gegangen, dass in wenigen Tagen die neue Mautvignette fällig sei. Als der Bw um etwa 13.00 Uhr wieder zum Kfz zurückgekehrt sei, sei ein "Mautstrafzettel" (gemeint wohl: Ersatzmautangebot) angebracht gewesen. Der Bw sei daraufhin von der Autobahngendarmerie A an die A in S verwiesen worden. Bei der A habe die angesprochene Dame kein großes Interesse gezeigt und darauf verwiesen, gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land einen Einspruch einzubringen. Der Bw sei seit 20 Jahren im Außendienst tätig und benütze täglich die Autobahn. Da die Mautvignette auch mit der Firma verrechnet werde, sei es unsinnig, ohne Vignette zu fahren. Auf dem Kfz sei auch die Schweizer Mautvignette angebracht, die eine ähnliche gelbliche Farbe aufweise wie die Jahresvignette. Die Stieftochter des Bw habe irrtümlich anstatt der Schweizer Vignette die Jahresvignette für das Jahr 2003 abzulösen versucht, wodurch es zum Zerkratzen der Vignette gekommen sei.    

 

Auf Aufforderung durch die belangte Behörde teilte der Bw am 16. März 2004 seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mit.

 

Einer Stellungnahme der A vom 19. Oktober 2005 ist neben einer Wiedergabe und Erläuterung der bestehenden Rechtslage lediglich zu entnehmen, dass die in der Anzeige getätigten Angaben auf der dienstlichen Wahrnehmung des vereidigten Mautaufsichtsorgans beruhen würden.

 

Dazu hat der Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine weitere Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass zur Tatzeit eine Vignette für das Jahr 2003 angebracht, diese jedoch zerkratzt gewesen sei. Die Tochter des Bw habe etwa 2 Tage vor dem Tattag eine Vignette für die Schweiz von der Windschutzscheibe entfernen wollen und irrtümlich die österreichische erwischt. Der PKW sei am Tattag um ca. 9.30 Uhr auf dem gegenständlichen Parkplatz abgestellt worden um mit einem Kollegen, der als Zeuge mitgekommen sei, in dessen Fahrzeug eine dienstliche Fahrt antreten zu können. Ein A-Mitarbeiter habe zunächst eine Kontrolle durchgeführt. Nachdem der Bw diesem den Vignettenabschnitt vorgelegt habe, habe der A-Mitarbeiter gemeint, dass ohnehin bereits Dezember, bald eine neue Vignette fällig und dies schon in Ordnung sei. Andernfalls hätte er mit dem Kfz den Parkplatz verlassen. Daraufhin habe der Bw mit seinem Kollegen die Dienstfahrt angetreten. Bei der Rückkunft sei ein Ersatzmautangebot über 120 Euro von einem anderen Mautaufsichtsorgan (=Meldungsleger) am Kfz angebracht gewesen. Weder die Autobahngendarmerie A noch eine A-Mitarbeiterin in S sei bereit gewesen, sich die Vignette anzusehen. Es sei dem Bw geraten worden, einen Einspruch im Strafverfahren einzubringen. Auch der BH Linz-Land sei eine Besichtigung der Vignette angeboten worden, diesem Angebot sei man aber nicht nachgekommen. Die Beschädigung der Vignette rührten sicher nicht aus dem Versuch einer Mehrfachverwendung. Außerdem sei am Farbton erkennbar, ob eine Vignette abgelöst worden sei und hätte keinen Sinn gehabt. Der Meldungsleger hätte sehen müssen, dass der Originalkleber verwendet worden sei. Da der Bw beruflich viel mit dem Auto unterwegs sei, bekomme er die Mautvignette vom Arbeitgeber geschenkt. Trotz der Kratzspuren sei die Vignette noch als solche für das Jahr 2003 erkennbar gewesen. Ob die Ungültigkeitsmerkmale sichtbar waren, sei nicht mehr erinnerlich.  

 

Der zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger sagte aus, dass er sich an den speziellen Fall aus dem Jahr 2003 nicht mehr erinnern könne. Konfrontiert mit dem Wortlaut der Anzeige, dass überhaupt keine Vignette angebracht und der Aussage des Bw, dass die angebrachte Vignette zerkratzt gewesen sei, sagte der Zeuge aus, dass, falls die Sicherheitsmerkmale gefehlt hätten, er dies in der Anzeige vermerkt hätte. Die Farbe der Vignette für das Jahr 2003 sei gelb gewesen, eine Kopie des Ersatzmautangebotes liege bei der A auf.

Weiters einvernommen wurde der anlässlich der öffentlichen Verhandlung vom Bw namhaft gemachte Zeuge. Dieser sagte aus, dass bei seiner Ankunft auf dem Parkplatz beim Bw ein A-Mitarbeiter gestanden hätte. Später habe der Bw dem Zeugen gesagt, dass irgendetwas mit der Vignette aber alles in Ordnung sei. Die gegenständliche Vignette sei vom Zeugen nicht gesehen worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs.1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

5.2. Auch nach der zeugenschaftlichen Einvernahme des Meldungslegers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels Erinnerung des Zeugen an den gegenständlichen Vorfall und mangels weiterer Angaben in der Anzeige keine Klarheit darüber geschaffen werden, ob zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – überhaupt eine Mautvignette oder ob eine zerkratzte Vignette am Kfz angebracht war. Weiters konnte nicht mehr festgestellt werden, ob durch den Grad des Zerkratzens der Vignette Sicherheitsmerkmale (z.B. der Schriftzug "ungültig") zum Vorschein gekommen sind. Auch der zusätzlich vom Bw namhaft gemachte und einvernommene Zeuge konnte über das Vorhandensein oder den Zustand der Vignette keine Auskunft erteilen. Aufgrund des besonders glaubwürdigen Auftretens des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, der Widerspruchslosigkeit seiner Behauptungen durch das gesamte Verfahren hindurch, der fehlenden Missbrauchsgefahr der Mehrfachverwendung der Vignette unter den gegebenen Umständen bei nachgewiesenem Kauf der Vignette und der aufwändigen Versuche, über die Polizei und die A den Sachverhalt (insbesondere durch Demonstration der Vignette) aufzuklären, geht der erkennende Verwaltungssenat – im Zweifel – von der Richtigkeit der Darstellung des Bw aus, wonach eine zerkratzte Vignette und diese auch klar als solche für das Jahr 2003 zu erkennen war, am Kfz angebracht gewesen ist. Es ist ebenfalls zugunsten des Bw – im Zweifel – davon auszugehen, dass die Ungültigkeitsmerkmale der Vignette nicht hervorgetreten waren. Da die vorgeworfene Tat dem Bw deshalb nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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