Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150459/14/Lg/Hue

Linz, 26.09.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach der am 15. September 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des E A, 22 S, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E B, 10 W, P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. Juni 2006, Zl. BauR96-78-2004/STU/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Maut­gesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

I.          Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfrei­heits­strafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu ergänzen, dass nach den Worten "Sie haben als Kraftfahrzeuglenker" und vor den Worten "eine Mautstrecke" die Worte "am 8. Februar 2004, 16.14 Uhr, mit einem Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen GF die mautpflichtige A bei km 15, Fahrtrichtung W," eingefügt werden. Als für die Strafbemessung maßgebliche Bestimmung ist § 20 Abs. 1 BStMG zu zitieren und § 29 Abs. 2 Ziffer 2 BStMG zu streichen.

 

II.        Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er als Kraftfahrzeuglenker eine Mautstrecke benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Die Mautvignette sei mittels Folie an der Windschutzscheibe angebracht gewesen.

 

In der Berufung wird dagegen vorgebracht, dass das erstbehördliche Verfahren mangelhaft geblieben sei, da die Gattin des Bw nicht als beantragte Zeugin vernommen und auch kein Sachverständigengutachten über die Überprüfung des Kfz als Beweis dafür eingeholt worden sei, dass die Vignette nicht mittels Folie sondern ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Die Angaben im angefochtenen Bescheid, der Bw habe sich anlässlich der Betretung dahingehend verantwortet, dass er die Vignette mittels Folie angebracht habe, damit er sie wieder entfernen könne, seien vollkommen unrichtig. Eine derartige Behauptung sei seitens des Bw gegenüber den Meldungslegern nie gemacht worden. Auch sei vom Bw nie die Behauptung aufgestellt worden, er habe bei einer Temperatur von minus 15 Grad die Vignette angebracht, um sie wieder entfernen zu können. Zudem habe die belangte Behörde es trotz entsprechenden Ersuchens offensichtlich unterlassen, eine komplette Aktenkopie zu übermitteln, da in den übersendeten Kopien keine diesbezüglichen Aussagen dokumentiert seien.

 

Beantragt wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Einvernahme der beantragten Zeugin sowie der Meldungsleger.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion H vom 8. Februar 2004 zugrunde, wonach die Mautvignette mittels Folie an der Windschutzscheibe angebracht gewesen sei. Weiters ist dieser Anzeige zu entnehmen, dass der Bw die Bezahlung der Ersatzmaut abgelehnt habe, da er die Vignette ja gekauft habe und er die Folie deshalb angebracht habe, damit er die Mautvignette wieder von der Windschutzscheibe entfernen könne.

 

Nach Strafverfügung vom 12. Februar 2004 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung und beantragte die Einvernahme seiner Gattin als Zeugin sowie die Überprüfung des Kfz durch einen unabhängigen Sachverständigen. Des Weiteren wurden die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw benannt.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Am 28. August 2006 teilte der Bw dem Oö. Verwaltungssenat mit, dass nicht seine Gattin sondern seine Mutter und sein Bruder Zeuge der Amtshandlung gewesen seien. Die Mutter des Bw befinde sich derzeit nicht in Österreich und es wird die zeugenschaftliche Einvernahme des (namentlich genannten) Bruders beantragt.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass er die Vignette original gekauft und aufgeklebt habe. Der Polizist habe versucht die Vignette abzulösen und habe die Vignette dabei zerkratzt. Eine zusätzliche Folie sei nicht verwendet worden. Der Bw habe dem Polizisten nicht gesagt, dass er die Vignette eventuell wieder von der Windschutzscheibe entfernen möchte. Er habe zudem auch kein zweites Auto, ein Bedarf an einer Mehrfachverwendung habe nicht bestanden.

 

Der als Zeuge einvernommene Bruder des Bw sagte aus, dass er bei der gegenständlichen Kontrolle auf dem Hintersitz des PKW anwesend gewesen sei. Der Bw sei ca. 160/165 km/h gefahren, worauf die Polizei das Kfz auf den nächsten Parkplatz gewiesen habe. Anlässlich dieser Kontrolle sei unter anderem auch die Mautvignette kontrolliert worden. Der Gendarm habe mit seinen Fingern die Vignette überprüft und versucht, sie abzulösen. Da die Vignette originalgeklebt gewesen sei, habe sie sich nicht abgelöst. Der Zeuge habe die Dienstnummer des Polizisten verlangt, weil die Strafe von 800 Euro zu hoch gewesen sei. Dann sei die Fahrt fortgesetzt worden. Der Zeuge sei nicht dabei gewesen, als der Bw die Vignette auf die Windschutzscheibe geklebt habe, er habe sie vom Hintersitz aus gesehen und sie sei nicht mit Klebestreifen oder Folie befestigt gewesen. Der Bw habe kein zweites Auto gehabt, der Zeuge jedoch zwei.

 

Der zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger sagte aus, dass er keine spezielle Erinnerung mehr an den Vorfall, jedoch damals Notizen angefertigt habe. Es seien Anzeigen wegen Schnellfahrens und anderer Delikte erfolgt.

 

Der Zeuge legte diese Notizen vor. Darauf ist der Vermerk ersichtlich "Vignette mit Folie aufgeklebt" und "Vignette – Ersatzmaut zahl ich nicht, da ich die Vignette ja habe. Die Folie brauche ich, da ich sie so wieder herunternehmen kann".

Dieser Notizzettel wurde in Kopie zum Akt genommen.

Konfrontiert mit den Behauptungen des Bw und der Bestätigung dessen Bruders, wonach kein Klebestreifen verwendet sei und die Gendarmen versucht hätten, die originalgeklebte Vignette mit dem Finger abzulösen, erwiderte der Meldungsleger, dass dies den Angaben des Bw anlässlich der Betretung widersprechen würde aber der Zeuge sich nicht mehr an die Situation erinnern könne. Andererseits könne mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden, dass die Notiz nicht gemacht worden wäre, wenn sich die Situation nicht so dargestellt hätte. Es sei zwar nicht üblich, Vignetten einem "Fingertest" zu unterziehen, könne aber vorkommen. Ob es auch gegenständlich so gewesen sei oder wie die Folie ausgesehen habe, sei nicht mehr erinnerlich. Der Meldungsleger sei sich aber sicher, dass er die Vignette angeschaut habe. Wenn sich aber aufgrund des "Fingertests" herausgestellt hätte, dass der Originalkleber der Vignette und keine Folie verwendet worden sei, dann wäre es mit Sicherheit nicht zur gegenständlichen Notiz gekommen. Eine Verwechslung mit einem anderen Auto könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Dies deshalb, weil der Zeuge für jedes Fahrzeug mit einer neuen Seite beginne. Die Ersatzmaut sei angeboten worden. In der Anzeige finde sich der Vermerk, dass der Bw dies abgelehnt habe.

 

Abschließend brachte der Bw vor, dass solche Notizen jeder schreiben könne und verwies auf die schriftlichen Berufungsausführungen. Das Beweisergebnis habe keinen sicheren Nachweis für ein vorschriftswidriges Anbringen der Vignette erbracht. 

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist zunächst dahingehend zu bemängeln, dass er im Hinblick auf § 44a VStG weder Tatzeit noch -ort sowie unrichtige Bestimmungen zur Strafbemessung enthält. Diese bzw. die korrekten Angaben finden sich jedoch in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung vom 12. Februar 2004. Aus diesem Grund waren die vielfältigen Mängel im Spruch des angefochtenen erstbehördlichen Bescheides zu korrigieren (vgl. Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Auflage, S. 223).

 

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist von der Richtigkeit der Darstellung des Meldungslegers – dieser ist besonders geschult, unterliegt besonderen Sanktionen, war nach dem persönlichen Auftreten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vertrauenswürdig und in seinen Darlegungen widerspruchsfrei – auszugehen,  wonach am Kfz die Vignette nicht ordnungsgemäß, sondern lediglich mittels Klebefolie angebracht war. Unter diesen Umständen erscheint es ausreichend gesichert, dass keine gültige Mautvignette am Kfz angebracht war. Dies umso mehr, da der Meldungsleger zusätzliche Notizen angefertigt und der Bw offensichtlich bereits anlässlich der Betretung den Tatvorwurf eingestanden hat.  

 

Der zeugenschaftlichen Aussage des Bruders des Bw, die Vignette sei an der Windschutzscheibe ordnungsgemäß befestigt gewesen, vermag der Unabhängige Verwaltungssenat im Hinblick auf die erwähnte glaubwürdige Darlegung des Gegenteils nicht zu folgen. Im Übrigen räumte der Junge ja auch ein, bei der Anbringung der Vignette an der Windschutzscheibe nicht anwesend gewesen zu sein und die Vignette lediglich von der Hinterbank des Kfz gesehen zu haben.

 

Dem Vorbringen des Bw, mangels eines Zweitwagens hätte die Mehrfachverwendung einer Vignette keinen Sinn, schließt die Möglichkeit einer nicht ordnungsgemäß angebrachten Mautvignette nicht aus. Weiters war die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, wie die Vignette am Kfz angebracht wurde, entbehrlich, da spätere Überprüfungen keine zwingenden Rückschlüsse zum Zustand der Vignette zur Tatzeit zulassen.

 

In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung die Maut nur dann im Sinne des § 15 Abs. 1 Ziffer 9 BStMG vorschriftsmäßig entrichtet ist, wenn vor Benützung des mautpflichtigen Straßen­netzes eine gültige Vignette unter Verwendung des originären Vignettenklebers angebracht worden ist.

 

Im gegenständlichen Fall steht deshalb fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (iSd Aufklebens mit dem originären Vignettenkleber) benützt und er somit das Tatbild des § 20 Abs. 1 BStMG verwirklicht hat. Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Obwohl der ermittelte Sachverhalt wenig Anhaltspunkte dafür liefert, sei zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen, nämlich in dem Sinne, dass er sich über die rechtlichen Bestimmungen nicht ausreichend informiert hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, wodurch die konkreten Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Bw ohne Bedeutung sind. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen; dies erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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