Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150494/2/Lg/Hue

Linz, 10.10.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Mag. P D, 10 W, P, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. A S, 10 W, M, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. August 2006, Zl. BauR96-919-2005/Je, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Verspätung der Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung vom 15. Dezember 2005, Zl. BauR96-919-2005, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist dahingehend zu korrigieren, dass der Spruch zu lauten hat: "Ihr Antrag vom 12. April 2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Möglichkeit zur Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 15. Dezember 2005, Zl. BauR96-919-2005, wird als verspätet zurückgewiesen". (§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG).

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw)  vom 12. April 2006 um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Möglichkeit zur Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung vom 15. Dezember 2005, Zl. BauR96-919-2005, als unbegründet abgewiesen.

 

Begründend wird auf § 71 AVG hingewiesen, wonach gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen sei, wenn die Partei glaubhaft mache, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird auf die Stellungnahme im Wiedereinsetzungsantrag hingewiesen, wonach der Bw Folgendes ausgeführt haben soll: "Ich war im Zeitpunkt der Hinterlegung nicht ortsabwesend und habe ich erst am 19.03.2006 von dieser Kenntnis erlangt. Am 20.03.2006 habe ich auch sogleich die Briefsendung bei der Post behoben. Dabei folgte ich die Hinterlegungsanzeige, wie das so üblich ist, dem Postangestellten aus. Auf meinem Weg aus dem Postamt, im Gehen, öffnete ich auch sogleich die Briefsendung und warf das dazugehörige Kuvert in den nächsten Papierkorb. Dabei habe ich mir nichts weiter gedacht und erfolgte dies regelrecht automatisch aus Gewohnheit. Noch auf dem Weg überflog ich dann die Strafverfügung, ehe ich sie mir zu Hause genau durchlas. Beim Lesen der Rechtsmittelbelehrung wurde mir bewusst, dass ich nunmehr, da ich ja weder die Hinterlegungsanzeige noch das Kuvert mehr hatte, den Zeitpunkt der Hinterlegung nicht nachvollziehen konnte. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits spät am Abend. Gleich am nächsten Tag versuchte ich, beim zuständigen Postamt telefonisch den Hinterlegungszeitpunkt in Erfahrung zu bringen. Dies war jedoch nicht möglich und war man am Postamt auch nicht hilfsbereit. Mir wurde gesagt, dass ich dies allenfalls nur persönlich in Erfahrung bringen könnte. Berufsbedingt konnte ich jedoch an diesem Tag nicht mehr von der Arbeit weg, um zu den Öffnungszeiten der Post aufs Postamt zu gehen. Auch habe ich an diesem Tag am frühen Nachmittag versucht, die zuständige Sachbearbeiterin, Fr. B, bei der BH-Linz Land zu erreichen, was mir ebenfalls nicht gelang. Die Kollegin, mit der ich sprach und deren Namen ich mir nicht notiert habe, vertröstete mich ´in der Sache selbst´ auf den nächsten Tag. In der Folge verfasste ich auch sogleich den Einspruch und gab ihn am darauffolgenden Tag, wie dies ja auch aktenkundig ist, eingeschrieben bei der Post auf" 

Die Begründung des erstbehördlichen Bescheides setzt fort mit folgendem Satzfragment: "...aus dem geschilderten Sachverhalt sei somit ersichtlich im konkreten Fall ein unvorhergesehenes/unabwendbares Ereignis vorliegen muss, welches der Einschreiterin es unmöglich machte die Einspruchserhebungen gegen die Strafverfügung vom 27.09.2005 zu veranlassen."

Die belangte Behörde kommt sodann zu dem Schluss, dass der Bw selbst angegeben habe nicht ortsabwesend gewesen zu sein, es ihm durchaus zuzumuten gewesen sei, die "hinterlegte Postsendung beheben und fristgerecht Einspruch erheben, zumal Sie von einer bevorstehenden Zustellung bereits nach Telefonat am 28.02.2006 Kenntnis erlangt haben" und aus den Rechtfertigungsangaben weder ein unvorhersehbares noch ein unabwendbares Ereignis nachvollzogen werden könne.

 

2. In der Berufung wird auf die Stellungnahme vom 12. April 2006 hingewiesen, wonach dort – entgegen der Darstellung in der Begründung des angefochtenen Bescheides – angegeben worden sei, dass der Bw vom 4. März 2006 bis zum 19. März 2006 nicht ortsanwesend gewesen sei. Es könne deshalb nicht nachvollzogen werden, wie die Erstbehörde darauf gekommen sei, dass der Bw angegeben habe, dass er nicht ortsabwesend gewesen sei. Der bekämpfte Bescheid sei somit wegen Unschlüssigkeit einer nachträglichen Überprüfung nicht zugänglich. Insbesondere treffe die Erstbehörde keinerlei Feststellungen, wann der Bw ortsabwesend gewesen sei oder wann die Zustellung erfolgt sei. Des Weiteren könne dem unvollständigen Satz  "...aus dem geschilderten Sachverhalt sei somit ersichtlich im konkreten Fall ein unvorhergesehenes/unabwendbares Ereignis vorliegen muss, welches der Einschreiterin es unmöglich machte die Einspruchserhebungen gegen die Strafverfügung vom 27.09.2005 zu veranlassen." nicht entnommen werden, was die Behörde zum Ausdruck bringen wollte. Der Umstand, dass der Bw am 28. Februar 2006 von einer angeblichen Zustellung Kenntnis erlangt haben soll, rechtfertige eine Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages keinesfalls. Insbesondere sei keinesfalls ein bestimmter Termin für eine Zustellung mitgeteilt worden. Die Briefsendung hätte somit auch erst Wochen später zugestellt werden können.

Aufgrund des Umstandes, dass eine Bekannte des Bw dringend Beistand benötigt habe und der Bw von den Vorkommnissen in der Familie dieser Bekannten selbst emotional angegriffen gewesen sei, sei der Bw zu dieser Bekannten gefahren. Die Abreise sei nicht von L Hand geplant gewesen, an eine eine Woche zuvor für keinen bestimmten Zeitpunkt angekündigte Zustellung sei nicht gedacht worden. Es werde auf die Ausführungen vom 13. Juli 2006 verwiesen, wonach der Bw vom 4. März 2006 bis einschließlich 19. März 2006 und somit zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung durchgehend bei Frau E M L, Wien, gewesen sei.

Da der angefochtene Bescheid aufgrund von Unvollständigkeit und mangelnder Schlüssigkeit Begründungsmängel aufweise, werde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrages beantragt.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der angefochtene erstbehördliche Bescheid ist zunächst dahingehend zu bemängeln, dass die Behauptung in der Begründung dieses Bescheides unrichtig ist, wonach der Bw angegeben habe, er sei nicht ortsabwesend gewesen. Auch kann der inhaltliche Sinn des Satzfragments "...aus dem geschilderten Sachverhalt sei somit ersichtlich im konkreten Fall ein unvorhergesehenes/unabwendbares Ereignis vorliegen muss, welches der Einschreiterin es unmöglich machte die Einspruchserhebungen gegen die Strafverfügung vom 27.09.2005 zu veranlassen." nicht nachvollzogen werden. Ebenfalls ist dem gegenständlichen Bescheid – wie in der Begründung behauptet –  keine Strafverfügung vom 27. September 2005 (somit vor der in der Strafverfügung vom 15. Dezember 2005 vorgeworfenen Tat vom 23. Oktober 2005) zu entnehmen.

 

Mittels rechtskräftigem Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 1. August 2006, Zl. VwSen-150433/6/Lg/Hue, wurde in der gegenständlichen Angelegenheit in einer gesonderten Entscheidung festgestellt, dass der Bw seine Abwesenheit von der Abgabenstelle zwischen dem 4. März 2006 und dem 19. März 2006 und somit auch zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung am 7. März 2006 zwar glaubhaft dargelegt hat, gleichzeitig aber auch aus den Angaben der Post auf dem Rückschein der Strafverfügung hervorgeht, dass am 3. März 2006 ein erster Zustellversuch unternommen und am selben Tag eine Ankündigung eines zweiten Zustellversuchs für den 6. März 2006 im Hausbrieffach eingelegt worden ist. Im Hinblick auf u.a. VwGH 29.1.1987, 86/02/0157 und 17.2.1992, 91/19/0322 ist daher von einer Verspätung des Einspruches des Bw vom 22. März 2006 gegen die Strafverfügung vom 15. Dezember 2005, Zl. BauR96-919-2005, auszugehen.

 

Hinsichtlich des hier gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrages ist zunächst die Rechtzeitigkeit zu überprüfen, genauerhin ob der Antrag vom 12. April 2006 fristgerecht erfolgt ist. Maßgebend ist dabei die zweiwöchige Frist ab Wegfall des Hindernisses (§ 71 Abs. 2 AVG). Als Hindernis ist gegenständlich die Unkenntnis der Auslösung des zweiwöchigen Fristenlaufes zur Einbringung eines Rechtsmittels (§ 49 Abs. 1 VStG) durch die  Hinterlegung (Zustellung) der Strafverfügung am 7. März 2006 bis zur Rückkehr an die Abgabestelle am 19. März 2006 und der tatsächlichen Absendung des Einspruches am 22. März 2006 anzusehen. Dieses Hindernis fällt weg, sobald der Betroffene die Auslösung dieses Fristenlaufes erkannte oder erkennen musste.

 

In diesem Sinne ist davon auszugehen, dass der Bw sich über den Stand des Verwaltungsstrafverfahrens und die Rechtzeitigkeit von Rechtsmitteln spätestens zum Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels (hier: des Einspruchs) – durch ihn selbst am 22. März 2006 – informiert hat bzw. informieren hätte müssen (dies zumal im Hinblick darauf, dass die Strafverfügung mit 15. Dezember 2005 datiert ist). Von einer Kenntnis der Verspätung der Einbringung eines Rechtsmittels ist bereits dann auszugehen, sobald die Partei die Verspätung des Rechtsmittels bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen konnte und musste (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1991, Zl. 91/19/0084). Die zweiwöchige Frist für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages nach § 71 Abs. 2 AVG ist ab Kenntnis der Verspätung des eingebrachten Rechtsmittels zu berechnen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1983, Zl. 82/06/0056). Im Hinblick auf diese Rechtslage hätte ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand also spätestens am 6. April 2006 erfolgen müssen, da der Bw am 19. März 2006 Kenntnis von der Hinterlegung der Strafverfügung erlangt und den Einspruch am 22. März 2006 zur Post gegeben hat. Auch ein – behauptetes – Wegwerfen des RSa-Briefkuverts oder ein einmaliger vergeblicher telefonischer Versuch, die zuständige Bearbeiterin bei der Erstbehörde zu erreichen, kann den Bw nicht davor abgehalten haben, den Beginn des Fristenlaufs bei der zuständigen Behörde zu erfragen, zumal zwischen der Rückkehr an die Abgabenstelle und der Absendung des Einspruches drei Tage vergangen sind. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgte demnach verspätet erst am 12. April 2006.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Umstand, dass der Antrag vom 12. April 2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bereits erstbehördlich wegen verspäteter Einbringung anstatt ihn abzuweisen zurückzuweisen gewesen wäre, bildet für den Bw keinen Rechtsnachteil (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1998, Zl. 97/06/0056).

 

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Wiedereinsetzungsantrag auch unbegründet ist, da auch eine "emotionale Angegriffenheit" den Bw nicht davon abgehalten haben kann, den Beginn des Fristenlaufs für die Einbringung eines Rechtsmittels oder eines Wiedereinsetzungsantrages innerhalb von zwei Wochen nach Rückkehr an die Abgabenstelle bei der zuständigen Behörde (z.B. auf telefonischem Wege) zu erfragen und dies als Verschulden iSd § 71 Abs. 1 VStG anzusehen ist zumal der Bw innerhalb weniger Tage auch in der Lage gewesen ist, einen (verspäteten) Einspruch einzubringen

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

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