Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161018/15/Fra/Sp

Linz, 11.09.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn MA gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom  17. November 2005, VerkR96-10704-2004, betreffend Übertretungen des FSG und des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

  1. wegen Übertretung des § 36 lit.a KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) und
  2. wegen Übertretung des § 1 Abs.3 FSG gemäß § 37 Abs.3 Z1 leg.cit iVm § 20 VStG eine Geldstrafe von 190 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 57 Stunden) verhängt,

weil er am 2.12.2004 um 07.25 Uhr das Mofa auf der B143 im Gemeindegebiet von Ried im Innkreis bei Km 14,620 gelenkt hat, obwohl

  1. mit dem  Mofa eine höhere Geschwindigkeit als 45 km/h erreichbar war und dieses nicht als Kleinmotorrad zugelassen war und obwohl
  2. er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung der Klasse A war.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

2. Über die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

 

Unstrittig sind die objektiven Tatbilder der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen. Der Bw zieht nicht das Ergebnis der Geschwindigkeit als solche in Zweifel, sondern vertritt im Ergebnis die Auffassung, es sei ihm kein Verschulden vorzuwerfen. Er bringt vor, sich vor knapp zwei Jahren bei der Firma G in R ein neues Moped gekauft zu haben. Sein Vater habe ihn gleich zu Beginn seiner ersten Fahrt darauf hingewiesen, anständig, aufmerksam und nicht schneller als 50 km/h zu fahren. Dies habe er auch immer eingehalten. Am 2. Dezember 2004 sei er von einem Streifenwagen der Polizei ohne zwingenden Grund angehalten worden. Nachdem das Mofa auf den Rollenprüfstand gestellt worden war und festgestellt wurde, dass es schneller als 45 km/h laufe, sei Anzeige erstattet worden. Er sehe nicht ein, für eine Sache verantwortlich gemacht zu werden, die er nicht verschuldet habe. Wenn ihm eine Firma ein Mofa verkaufe, das vom Ministerium eine Typeneinzelgenehmigung erhalte und schneller als 45 km/h laufe, dann sei er der "Angeschmierte", der auch noch zahlen solle für etwas, welches er nicht zu verantworten habe.

 

Zur Verifizierung des Berufungsvorbringens ersuchte der Oö. Verwaltungssenat den Bw um Mitteilung des Kaufdatums sowie - wenn noch vorhanden – um Vorlage einer Kopie des Kaufvertrages und um Mitteilung der technischen Daten des verfahrensgegen­ständlichen Fahrzeuges. Der Bw übermittelte in der Folge die Bestellung (Kaufantrag) vom 21.2.2004, eine Rechnung vom 21.2.2004 sowie das Datenblatt für das gegenständliche Kraftfahrzeug. Diese Unterlagen wurden der Firma G mit dem Ersuchen übermittelt, zum Berufungsvorbringen Stellung zu nehmen. In der Folge teilte der Generalimporteur der Marke Motorhispania in Österreich, B dem Oö. Verwaltungssenat mit, dass die von ihm ausgelieferten Neufahrzeuge den Richtlinien bzw. Bestimmungen für Kleinkrafträder lt. Typisierung entsprechen. Ob am gegenständlichen Fahrzeug durch technisches Gebrechen oder anderen Umständen die Höchstgeschwindigkeit überschritten werden konnte, sei ohne Überprüfung  des Fahrzeuges nicht möglich. Weiters wurde von der Firma G dem Oö. Verwaltungssenat eine Bestätigung vorgelegt, wonach das gegenständliche Kraftfahrzeug bei einer Kontrolle am 27.2.20006 in der Werkstätte am Rollenprüfstand eine Geschwindigkeit von maximal 60 km/h erreicht hat. Unter Zugrundelegung dieser Vorerhebungen und der weiteren Aktenunterlagen ersuchte der Oö. Verwaltungssenat einen Amtsachverständigen für Verkehrstechnik um Erstattung eins Gutachtens darüber, ob davon ausgegangen werden oder ob dies ausgeschlossen werden kann, dass der Bw derartig wesentliche Änderungen an seinem Kraftfahrzeug durchgeführt hat, dass dieses mit diesen Änderungen nicht mehr der Begriffsbestimmung des § 2 Abs.1. Z14 KFG 1967 entsprach, sondern bereits als Motorrad zu werten war.

 

Im Gutachten vom 6. August 2006, AZ: VT-010191/1123-2006-Hag, führt der Amtsachverständige Ing. Robert Hagen ua  aus, "dass lt. Anzeige das Moped mit dem Mopedprüfstand, Fabrikat Scootoroll getestet und dabei eine Ablesegeschwindigkeit von 70 km/h festgestellt wurde. Lt. Typenschein wurde das Moped entsprechend der EU-Richtlinie 92/61 typengenehmigt. Legt man die bei der Typengenehmigung zulässigen Toleranzen zugrunde, so ist festzuhalten, dass die im Typenschein angegebene Höchstgeschwindigkeit um 5 % überschritten werden darf. Bei 45 km/h ergibt sich damit ein Wert von 47,25 km/h. Diese Geschwindigkeit ist nach der EU-Richtlinie 45/1 in Form von Fahrversuchen zu messen. Aus dieser Richtlinie ergibt sich eine zulässige Toleranz von 5 % in Bezug auf die vom Hersteller angegebene Höchstgeschwindigkeit bei der Messung durch den technischen Dienst, der die Messungen für Typenführungen durchführt und in Bezug auf diesen Wert eine weitere Toleranz von 5 % in Bezug auf Fahrzeuge, die aus der Serienproduktion stammen. Damit ergibt sich ein Wert von 52,09 km/h, bei dem die Messgenauigkeit noch mit 1 % zu berücksichtigen ist. Daraus ergibt sich ein Wert von 52,61 km/h. Bei den 52,61 km/h handle es sich um einen arithmetischen Mittelwert, bei dem die Einzelmesswerte zueinander um max. 3 % abweichen dürfen. Daraus ergibt sich ein  möglicher Einzelwert von 53,39 km/h. Wenn bei einem Moped aus der Serienfertigung im Fahrversuch eine Geschwindigkeit als größtem Einzelwert von
53 km/h (abgerundeter Wert) nach den Messvorschriften der EU-Richtlinien gemessen wird, kann im Typenschein als Bauartgeschwindigkeit 45 km/h angeführt werden.

 

Da im gegenständlichen Fall kein Fahrversuch, sondern wie üblich der Mopedprüfstand verwendet wurde, sind die Messtoleranzen des Prüfstandes extra zu berücksichtigen. Lt. Eichamt sind bei dem verwendeten Prüfstand für den fehlenden Luftwiderstand 4 km/h vom Anzeigewert abzuziehen. Weiters ist eine Verkehrsfehlergrenze von 2 km/h zu berücksichtigen, sodass vom Anzeigewert insgesamt 6 km/h abzuziehen sind. Bei einem Ablesewert von 70 km/h lt. Anzeige ergibt sich ein Wert von 64 km/h. In der Anzeige wurde die Verkehrsfehlergrenze des Prüfstandes nicht berücksichtigt, dadurch wurde der falsche Wert mit 66 km/h angegeben. Wenn man den Luftwiderstand mit 4 km/h berücksichtigt, so kann dieser Abzug zu niedrig sein. Bei neueren Eichungen von Mopedprüfständen wird seitens des Eichamts kein fixer Abzugswert für den Luftwiderstand angegeben, da ja der Luftwiderstand je nach Verkleidung bzw. Aufbau des Mopeds auch größer sein kann. Es sind daher aus technischer Sicht für den fehlenden Luftwiderstand 6 km/h abzuziehen. Der fehlende Rollwiderstand beim Vorderrad hat bei korrektem Reifendruck kaum Auswirkungen auf den Unterschied zwischen Anzeige­geschwindigkeit und tatsächlicher Geschwindigkeit. Der Rollwiderstand des Hinterrades, das sich auf der Messrolle befindet, führt eher zu einem Anzeigewert im Sinne des Beschuldigten, da der Rollwiderstand auf der Rolle größer ist, als beim Fahren auf der Straße (größere Walkverluste verursacht durch die Messrolle).

 

Bei zu niedrigem oder zu hohem Reifendruck kann der Anzeigewert beeinflusst werden, sodass im Sinne des Beschuldigten noch 2 km/h abgezogen werden sollten. Diese bisherigen Werte berücksichtigen nicht die möglichen abweichenden Prüfbedingungen in Bezug auf Luftdruck, Gewichtsbelastung und Außentemperatur, die zwischen der Typenprüfung und der polizeilichen Messung vorgelegen sein könnten. Diese Einflüsse sind aber als gering einzustufen und führen nicht zwangsläufig zu einem Messergebnis, das in Bezug auf seine Größenordnung falsch ist. Da lt. EU-Richtlinien 95/1 die Motorleistung eines Mopeds bis zu 10 % vom typengeprüften Motor abweichen kann, ergibt sich daraus ein Abzugswert im Sinne des Beschuldigten von 2 km/h.

 

Damit ergibt sich ein am Mopedprüfstand ablesbarer Wert von ca. 64 – 65 km/h, bei dem, ohne das Moped näher untersucht zu haben, noch nicht von einer Manipulation ausgegangen werden kann.

 

Lt. Anzeige lag ein Ablesewert von 70 km/h vor. In Bezug auf die Aktenunterlagen, aus denen hervorgeht, dass der im Auspuff montierte Katalysator locker oder lose war, kann die Möglichkeit einer damit verbundenen Geschwindigkeitserhöhung nicht ausgeschlossen werden. Aus technischer Sicht kann im gegenständlichen Fall nicht eindeutig von einer absichtlichen Manipulation ausgegangen werden. Der Ablesewert der Polizei von 70 km/h statt dem noch zulässigen Ablesewert von ca. 64 – 65 km/h könnte auf den losen Katalysator zurückzuführen sein. Augrund des Ablesewertes von 70 km/h ist festzustellen, dass das Moped mit hoher Wahrscheinlichkeit technisch unzulässig verändert war. Die Möglichkeit, dass der lose Katalysator zu dem Ablesewert über dem zulässigen Ablesewert von ca. 65 km/h führte, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Andere Rahmenbedingungen, wie stak erhöhter Reifendruck, Belastung des Mopeds während der Messung mit unter 75 kg oder andere Reifendimensionen können den festgestellten Unterschied im Zusammenhang mit dem losen Katalysator noch begünstigt haben."

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 8.11.1976, Zahl 994/76/5, die Beschwerde gegen einen Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer ua wegen Übertretungen des § 64 Abs.1 und des § 36 lit.a bestraft wurde, als unbegründet abgewiesen. Aus diesem Erkenntnis geht ua hervor, dass der Beschwerdeführer das Kfz wesentlich verändert hat, sodass es eine Fahrgeschwindigkeit von 90 km/h erreichte. Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, dass, wenn am Fahrzeug technische Veränderungen vorgenommen wurden und auch erweislich seien – wie dies im Beschwerdefall geschehen ist -, das Motorfahrrad dann als Motorrad einzustufen sei, wurde vom VwGH nicht beanstandet. Das ausschlaggebende Argument, weshalb die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, war der Umstand, dass der Beschwerdeführer derartig wesentliche Änderungen an seinem Kfz durchgeführt hat, dass das Fahrzeug mit diesen Änderungen nicht mehr den Begriffsbestimmungen des § 2 Z14 KFG 1967 entsprach, sondern es bereits als Motorrad zu werten war.

 

Beim gegenständlichen Fahrzeug liegt jedoch unter Zugrundelegung der oben detailliert dargestellten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kein für ein Strafverfahren erforderlicher Beweis dafür vor, dass der Bw derartige Manipulationen an seinem Motorfahrrad vorgenommen hat, dass dieses zum Tatzeitpunkt als Motorrad zu werten war. Da sohin der Bw zwar objektiv tatbildlich gehandelt hat, ihm jedoch das Verschulden nicht nachweisbar ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

 

 

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