Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161420/7/Ki/Da

Linz, 12.09.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der N S, Z, N, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K G und Dr. R T jun., N, U, vom 24.5.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16.5.2006, VerkR96-13841-2005/Her, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 12.9.2006 zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.    Der Beitrag der Berufungswerberin zu den Kosten des Verfahrens vor der erstinstanzlichen Behörde wird auf 15 Euro herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.      

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm  §§ 19, 24 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

 


 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufungswerberin mit Straferkenntnis vom 16.5.2006, VerkR96-13841-2005/Her, für schuldig befunden, sie habe am 17.11.2005 um 10.41 Uhr den PKW  auf der A25 Welser Autobahn in Fahrtrichtung Wels gelenkt, wobei sie auf Höhe von km 6,9 im Gemeindegebiet von Weißkirchen an der Traun das Kraftfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 135 km/h gelenkt hat, und dabei zu dem vor ihr Fahrenden einen Abstand von 14 Metern = 0,38 Sekunden einhielt, und habe somit keinen solchen Abstand zu dem vor ihr fahrenden Fahrzeug eingehalten, dass ihr jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, und zwar auch dann, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Sie habe dadurch § 18 Abs.1 StVO iVm § 99 Abs.2c Z4 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.2c Z4 StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 250 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 5 Tagen verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 25 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 24.5.2006 Berufung mit dem Antrag das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Darin wird ausgeführt, dass es richtig sei, dass sie einer Aufforderung gemäß § 103 KFG zur Bekanntgabe des Lenkers ihres Fahrzeuges keine Folge geleistet habe, weshalb über sie eine Verwaltungsstrafe verhängt worden sei. Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, dass sie ihr Fahrzeug selbst gelenkt hätte, sei verfehlt und widerstreite Art.6 EMRK. Die Nichtpreisgabe des Lenkers des eigenen Fahrzeuges durch den Zulassungsbesitzer könne nicht bloß ihren Grund darin haben, dass sich der Zulassungsbesitzer dadurch selbst decken will, sondern auch darin, dass eine dem Zulassungsbesitzer nahe stehende Person nicht preisgegeben werden solle.

 

Weiters wird dem Inhalt nach geltend gemacht, dass eine Bestrafung wegen Übertretung des § 103 KFG einerseits und wegen des Grunddeliktes andererseits dem verfassungsrechtlich garantierten Doppelbestrafungsverbot widerstreite.

 

Letztlich wurde darauf verwiesen, dass die vom Anzeiger aufgenommenen Lichtbilder in Verbindung mit den eingespielten Uhrzeiten nicht geeignet wären, den Nachweis einer von der Lenkerin begangenen Verwaltungsübertretung zu erbringen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine  primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 12.9.2006. An dieser Verhandlung nahm die Berufungswerberin im Beisein eines Rechtsvertreters teil, seitens der belangten Behörde ist niemand erschienen. Als Zeuge wurde der Meldungsleger Insp. M P einvernommen.

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich des Landespolizeikommandos Oö. vom 18.11.2005 zu Grunde, die verfahrensgegenständliche Messung erfolgte mittels eines Messsystems VKS 3.0 – VIDIT und es wurde die Übertretung auf Video gespeichert. Laut der Messung wurde bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 135 km/h ein Abstand von 14 m eingehalten, dies entspricht einem vorwerfbaren Wert von 0,38 sec.

 

Bei seiner Einvernahmen bestätigte der Zeuge, dass er die Auswertung der gegenständlichen Messung vorgenommen hat bzw. dass das Messsystem geeicht war. Bei einer Vorführung des Videobandes im Rahmen der Verhandlung konnte die Übertretung im Beisein der Berufungswerberin bzw. ihres Rechtsvertreters eindeutig nachgewiesen werden. Die Berufungswerberin bestätigte auch ausdrücklich, dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeug um das ihre gehandelt hat.

 

Allerdings bestritt die Berufungswerberin, dass sie selbst das Fahrzeug gelenkt habe, sie habe dieses einem Freund überlassen, sie wolle jedoch nicht bekannt geben, um welche Person es sich dabei handelt. Auch auf ausdrücklichen Hinweis durch den Verhandlungsleiter, dass ein allfälliges Verfahren gegen diese Person bereits verjährt wäre, gab die Berufungswerberin den Namen nicht bekannt. Sie überlasse öfters das Fahrzeug an andere Personen, führe jedoch grundsätzlich keine Aufzeichnungen darüber.

 

Sie selbst habe am Vorfallstag frei gehabt und in Wien in der Mariahilferstraße Einkäufe getätigt, sie sei mit dem Zug nach Wien gereist. Auf ausdrückliches Befragen konnte sie jedoch keine Nachweise, wie etwa Zeugenaussagen oder andere Belege, hiefür erbringen.

 

Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erklärte die Berufungswerberin, dass sie monatlich ca. 1.200 – 1.300 Euro brutto verdiene, sie habe keine Sorgepflichten und kein Vermögen.

 

I.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass den Angaben der Berufungswerberin keine Glaubwürdigkeit zukommt. Wenn auch der Umstand, dass sie sich als Beschuldigte in jede Richtung verteidigen kann, nicht schlechthin gegen sie gewertet werden kann, so ist es ihr nicht gelungen, den Tatvorwurf zu widerlegen. Es mag zwar nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht auszuschließen sein, dass sie eine andere Person in Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren nicht belasten möchte, andererseits konnte sie keinerlei Belege dafür vorbringen, dass sie sich tatsächlich am Vorfallstag in Wien aufgehalten hat. Die Berufungswerberin wurde ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass ein allfälliges Verfahren gegen eine von ihr benannte Person bereits verjährt wäre, dennoch verblieb sie dabei, diese Person nicht benennen zu wollen. In Gesamtwürdigung all dieser Umstände erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat, dass das Vorbringen der Beschuldigten, sie selbst habe das Fahrzeug nicht gelenkt, eine bloße Schutzbehauptung darstellt bzw. dass sie als Zulassungsbesitzerin auch selbst Lenkerin des Fahrzeuges war.

 

I.7. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.2c Z4 StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gem. § 18 Abs.1 nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt.

 

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Das dargelegte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Berufungswerberin den ihr zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat. Einerseits wurde dieser Sachverhalt durch eine ordnungsgemäße Messung festgestellt und andererseits ist aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren in klarer Weise abzuleiten, dass die Beschuldigte das Fahrzeug selbst gelenkt hat.

 

Was den Bereich der subjektiven Tatseite anbelangt, so sind ebenfalls keine Umstände hervorgekommen, welche die Rechtsmittelwerberin entlasten würden.

 

Zum Vorbringen, dass bereits eine Bestrafung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 erfolgt sei und somit die gegenständliche Bestrafung eine unzulässige Doppelbestrafung darstellen würde, wird festgehalten, dass die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 einerseits und die verfahrensgegenständliche Norm andererseits verschiedene Schutzzwecke beinhalten. Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zu Grunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden kann. Andererseits ist Schutzzweck der nunmehr zur Last gelegten Übertretung allgemein die Sicherheit des Straßenverkehrs. Demgemäß kann von einer unzulässigen Doppelbestrafung im vorliegenden Falle nicht die Rede sein.

 

Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

 

I.8. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

 

Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass das Nichteinhalten des erforderlichen Sicherheitsabstandes eine gravierende Übertretung der Straßenverkehrsordnung darstellt. Das geringe Ausmaß eines Sicherheitsabstandes bedingt, dass unter Umständen ein Auffahrunfall mit gravierenden Folgen unvermeidlich werden könnte. Im Interesse der Verkehrssicherheit, insbesondere zum Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit, ist daher aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Strafe geboten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat bei der Strafbemessung eine Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten vorgenommen, es wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro bei keinen Sorgepflichten und bei keinem Vermögen zu Grunde gelegt. Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet, als straferschwerend wurde der Unrechtsgehalt der Tat bezeichnet.

 

Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass der Gesetzgeber für die gegenständlichen Übertretungen einen strengeren Strafrahmen festgestellt hat, dennoch erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass, insbesondere unter Berücksichtigung der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit und des geringeren Einkommens (ca. 1.200 – 1.300 Euro brutto) mit einer geringeren Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden kann.

 

Zu berücksichtigen sind bei der Festlegung des Strafausmaßes aber auch spezialpräventive Gründe. Durch eine entsprechend strenge Bestrafung soll dem Täter das Unrechtmäßige seines Verhaltens spürbar vor Augen geführt werden und es soll überdies die Bestrafung dazu führen, den Beschuldigten vor weiteren Übertretungen gleicher Art abzuhalten. Aus diesem Grunde ist eine weitere Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe im vorliegenden Fall nicht vertretbar.

 

I.9. Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Berufungswerberin weder durch den Schuldspruch noch durch die nunmehr festgesetzte Strafbemessung in ihren Rechten verletzt wird, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag.  K i s c h

 

 

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