Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161440/2/Kei/Ps

Linz, 31.08.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des  H M, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. J P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 8. Juni 2006, Zl. VerkR96-1215-2006, zu Recht:

 

I.                     Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

 

II.                   Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 16 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

„Sie lenkten am 19.01.2006, um 16.47 Uhr, den PKW, Kennzeichen, im Gemeindegebiet Schalchen, auf der B 147 bei Strkm. 18.825, Kreuzung mit der Schulstraße und haben als wartepflichtiger Lenker des angeführten Fahrzeuges durch Einbiegen den Vorrang eines auf der Vorrangstraße fahrenden Fahrzeuges nicht beachtet, wodurch dessen Lenkerin zu unvermitteltem Bremsen eines Fahrzeuges genötigt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 19 Abs. 7 iVm. § 19 Abs. 3 StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von:

80 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von:

36 Stunden

Gemäß

§ 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen

8,00 Euro

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:

88 Euro“.

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

„Das gegenständliche Lenkerauskunftsersuchen vom 19.04.2006 wurde im Zuge eines gegen mich anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens (Strafverfügung wegen diesem Delikt vom 21.02.2006) ausgestellt und darin angedroht, dass im Falle der Verweigerung der Lenkerauskunft gegen mich ein Strafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht mit einem Strafrahmen von bis zu € 5.000,-- eingeleitet wird, weswegen ich keine vernünftige Alternative hatte, als die mir abverlangte Lenkerauskunft zu erteilen, zumal ich ansonsten Gefahr gelaufen wäre, dass eine Strafnorm zur Anwendung kommt, welche einen Strafrahmen aufweist, welcher sieben Mal so hoch ist wie jener wegen des Grunddeliktes nach § 99 Abs. 3 lit.a iVm § 19 Abs. 3 und 7 StVO.

Die über mich verhängte Bestrafung verletzt mich in meinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art. 7 Abs. 1 B-VG und Art. 2 StGG, auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK und liegt darin ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip, gegen den Anklagegrundsatz nach Art. 90 Abs. 2
B-VG sowie gegen die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 und die Art. 13, 14 und 17 EMRK.“

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22. Juni 2006, Zl. VerkR96-1215-2006, Einsicht genommen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nach Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird – ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor – als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

Die Gestaltung des letzten Satzes der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen der Bundesverfassung und nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf das in dieser Bestimmung normierte rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft (iSd § 103 Abs.2 KFG 1967) nachkommen zu können glaubt. Sehr wohl hob der Verfassungsgerichtshof auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gemäß Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hervor (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985, VfGH vom 29.9.1988, Zl. G72/88 u.a. Erkenntnisse).

Hingewiesen wird darauf, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Grundsatz „nemo tenetur“ als unvereinbar hervorhob, wenn ein Gesetz die Partei zwingt, etwa ein allenfalls den Gegenstand einer Beschlagnahme bildendes Beweismittel zu schaffen, welches im Verfahren gegen die Partei selbst verwendet werden kann. Dies – so der Verfassungsgerichtshof – würde im Ergebnis einer unfreiwilligen Selbstbeschuldigung gleichkommen. Laut Verfassungsgerichtshof gilt für den Anklageprozess, dass der Beschuldigte nicht Objekt des Verfahrens sondern Subjekt, also Prozesspartei, ist. Dem Anklageprinzip würde es demnach widersprechen, den Beschuldigten durch Zwang zu einem Geständnis der strafbaren Handlung zu veranlassen. Dies sei mit der Parteistellung des Beschuldigten unvereinbar. Aus den dargelegten Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass etwa eine Regelung des Finanzstrafgesetzes über die Beschlagnahme im Ergebnis dem aus Art. 90 Abs.2 B-VG abzuleitenden Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung widersprach (VfSlg. 10291 mit Hinweis auf VfSlg. 5235/1966). Nach bisher ständiger Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofes liegt aber der Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG 1967 in der jederzeitigen Feststellungsmöglichkeit eines KFZ-Lenkers (siehe z.B. VwGH vom 29.9.1993, Zl. 93/02/0191).

 

Zur Strafbemessung:

Es liegt keine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vor. Dies hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung ist erheblich.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Höhe der durch die belangte Behörde verhängten Strafe ist insgesamt – auch unter Berücksichtigung der in der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw – angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Keinberger

 

 

 

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