Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161454/9/Bi/Ps

Linz, 07.09.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J P, vom 26. Juni 2006 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 26. Mai 2006, VerkR96-2723-2006, wegen Übertretungen des KFG 1967 verhängten Strafen, zu Recht erkannt:

 

I.   Der Berufung wird insofern stattgegeben, als im Punkt 1) aufgrund Nicht­vorliegens einer Verwaltungsübertretung trotz eines rechtskräftigen Schuld­spruchs und im Punkt 3) nach dem Grundsatz "nulla poena sine lege" von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

      Im Punkt 2) wird die Geldstrafe auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt.

 

II.   In den Punkten 1) und 3) entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

      Im Punkt 2) ermäßigt sich der Verfahrenskostenbeitrag der Erstinstanz auf   5 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) und 2) jeweils §§ 134 Abs.1 KFG iVm Art.15 Abs.7 EG-VO 3821/85 und 3) §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.5 lit.g KFG 1967 Geld­strafen von 1) und 2) jeweils 220 Euro (96 Stunden EFS) und 3) 80 Euro (48 Stunden EFS) verhängt und ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 52 Euro auferlegt.

 

2. Gegen die Strafhöhe hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z2 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei in der Zeit von 0.00 bis 5.10 Uhr nicht gefahren und habe sich auch nicht im Fahrzeug aufgehalten, daher habe er die Eintragungen händisch auf der Rückseite der Tachoscheibe vornehmen müssen. Er sei in der Vorwoche nicht gefahren, sondern erst am 13.2.2006 um 5.10 Uhr und habe daher für die Vorwoche auch kein Schaublatt vorlegen können. Die Entfernung zwischen Wels und Ansfelden betrage ca 24 km, somit sei das Mitführen eines Fracht­­briefes nicht erforderlich. Es stelle sich die Frage, woher der Anzeiger den Entladeort St. Pölten gewusst habe, wenn er es nicht im mitgeführten Frachtbrief gelesen habe. Ihm sei in Österreich kein km 171.000 auf Autobahnen bekannt, der Tatort sei daher unrichtig und das Verfahren einzustellen bzw die Strafe auf ein Minimum zu reduzieren.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und weitere Ermittlungen zu den strafrelevanten Berufungs­ausführungen.

Dem Bw wird (rechtskräftig) vorgeworfen, als Lenker eines Sattelzugfahrzeuges mit Anhänger für den Zeitraum 13. Februar 2006, 0.00 bis 5.10 Uhr, kein Schaublatt eingelegt zu haben, was am 13. Februar 2006, 15.10 Uhr, auf der A1, FR Wien bei km 171.000 (das ist im Bereich des dortigen Überkopfwegweisers), vom Meldungs­leger RI M F (Ml) festgestellt wurde. Um 5.10 Uhr war das Schaublatt in die Beifahrerlade und um 14.45 Uhr in die Fahrerlade eingelegt worden. Auf der Rückseite war laut Mitteilung des Ml vom 1. August 2006 keine handschrift­liche Aufzeichnung vorhanden. Der Bw hat kein Schaublatt des letzten Tages der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorgezeigt, wobei sich der Ml nicht an die Angaben des Bw dazu erinnern konnte. Die Behauptung, er sei in der Vorwoche nicht gefahren, hat der Bw nicht belegt. Der Sattelanhänger war laut Anzeige mit Obst beladen, das von der Fa Z in Wels nach St. Pölten zur Fa S transportiert werden sollte. Diesen Entladeort entnahm der Ml dem seiner Mitteilung in Kopie beigelegten Fahrtauf­trag, weiters scheint dort ein Entladeort Wien-Großmarkt Enzersdorf auf. Einen Frachtbrief konnte der Bw trotz offen­sichtlicher Güterbeförderung über 50 km Entfernung nicht vorweisen.

Der Bw, dem sowohl die Anzeige als auch die Mitteilung des Ml zur Kenntnis gebracht wurden, hat sich dazu inhaltlich nicht mehr geäußert.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967, der in der nunmehr geltenden Fassung bereits mit 28. Oktober 2005 in Kraft getreten ist (vorher betrug die Strafobergrenze 2.180 Euro), reicht bis zu 5.000 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Bw hat eine Lohnbestätigung der H GesmbH, Wien, bei der er als Kraftfahrer beschäftigt ist, vorgelegt, aus der sich ein Einkommen von ca 1.000 Euro netto monatlich ergibt. Angaben über Sorgepflichten oder Vermögen scheinen nicht auf.

Soweit sich aus dem vorgelegten Akt der Erstinstanz ergibt, ist der Bw dort unbe­scholten, ev Vormerkungen anderswo wurden nicht ermittelt. Es war daher von der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen, die einen wesent­lichen Milderungsgrund darstellt.

 

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses ist nach den Beweisergebnissen auszuführen, dass der Bw für den Zeitraum von 0.00 Uhr bis 5.10 Uhr keinen handschriftlichen Vermerk auf der Schaublatt-Rückseite angebracht hat, allerdings wurde er um 15.10 Uhr angehalten, dh seine tägliche Arbeitszeit war noch nicht zu Ende, er hatte das Schau­blatt gemäß Art.15 Abs.2 EG-VO 3821/85 mit der Fahrzeugübernahme zu benutzen und diese Bestimmung enthält keine ausdrückliche Anordnung, dass hand­schrift­liche Aufzeichnungen im Vorhinein zu machen sind. Der (rechtskräftige) Tatvorwurf umfasst aber auch nicht ein Verhalten nach Art.15 Abs.2, sondern wird dem Bw ein Nichtmitführen des Schaublattes für den genannten Zeitraum gemäß Art. 15 Abs.7 vorgeworfen. Das bei der Anhaltung eingelegte Schaublatt trug das Datum 13. Februar 2006, dh auch der genannte Zeitraum war damit umfasst. Damit war der Bw aber nicht für ein Verhalten, das im Sinne des § 45 Abs.1 Z1 VStG keine Verwaltungsübertretung darstellt, zu bestrafen.

 

Hinsichtlich Punkt 2) ist zu sagen, dass der Bw allerdings keinen Nachweis für seine Behauptung, in der Vorwoche gar nicht gefahren zu sein, erbracht hat, sodass das Nichtmitführen eines Schaublattes gemäß Art. 15 Abs.7 EG-VO 3821/85 als Verwal­tungs­übertretung zu bestrafen ist (vgl VwGH 10.9.2004, 2004/02/0130). Von geringfügigem Verschul­den und unbe­deutenden Folgen kann keine Rede sein, weil damit genau der mit dieser Bestimmung verfolgte Zweck vereitelt wurde. Allerdings ist auch unter Bedacht­nahme auf die nunmehr mehr als verdoppelte Strafobergrenze die verhängte Strafe wesentlich überhöht, zumal auch der oben genannte Milderungsgrund, das Fehlen von erschwerenden Umständen sowie die finanziellen Verhältnisse des Bw zu berücksichtigen waren. Die Erstinstanz hat nichts dazu ausgeführt, warum die Verhängung einer derart hohen Strafe für gerechtfertigt und erforderlich im Sinne des § 19 VStG erachtet wurde.

 

Zu Punkt 3) des Straferkenntnisses ist zu sagen, dass der Lenker gemäß § 102 Abs.5 lit.g KFG 1967 die aufgrund gewerberechtlicher Vorschriften für die Durch­führung von Beförderungen oder von Leerfahrten erforderlichen Dokumente auf Fahrten mitzu­führen und ua den Organen der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Über­prüfung auszuhändigen hat. 

§ 17 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung sah bei Güterbeförderungen ab 50 km Ent­fernung oder über die Grenze das Mitführen eines Frachtbriefes vor, wobei diese Bestimmung mit 16. Februar 2006 außer Kraft trat und durch den neuen § 17, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 23/2006, insofern ersetzt wurde, als nunmehr der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass in jedem zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendeten Kraftfahrzeug während der gesamten Beförderung ein Begleit­papier oder ein sonstiger Nachweis mitgeführt wird, in dem das beförderte Gut, der Be- und Entladeort und der Auftraggeber angegeben werden.

Der vom Bw am 13. Februar 2006 mitgeführte und dem Ml vorgewiesene Fahrtauftrag der "Z f s AG", Wels, enthielt alle diese Angaben und wäre daher ab 16. Februar 2006 ein Frachtbrief nicht mehr mitzuführen gewesen, sondern hätte dieser Fahrtauftrag ausgereicht.

Gemäß § 1 Abs.1 VStG kann eine Tat (Handlung der Unterlassung) als Verwaltungs­übertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Gemäß Abs.2 leg. cit. richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Bei Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses war das Verhalten des Bw nicht mehr mit Strafe bedroht, weshalb auch hier von der Verhängung einer Strafe abzusehen war, wobei dem die Rechtskraft des Schuldspruchs nicht entgegensteht.    

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Schaublatt ohne handschriftlichen Eintrag, Vorwoche nicht belegt, Frachtbrief- Strafhöhe

 

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