Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161499/8/Br/Ps

Linz, 18.08.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Mag. N T, geb. , Geschäftsführer, p.A. W, H, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E G, Mag. C D, S, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. Juli 2006, VerkR96-1322-2006, nach der am 18. August 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

 

I.    Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II.         Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber, wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.1 Z1 iVm § 101 Abs.1 lit.a iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 und § 9 VStG, eine Geldstrafe in Höhe von 280 Euro und im Nichteinbringungsfall 117 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei folgender Tatvorwurf formuliert wurde:

"Sie haben als Verantwortlicher und somit als gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen befugtes Organ der Firma W in S, H, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ, nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1967 entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von R W gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens von 26.000 kg durch die Beladung um 3.550 kg überschritten wurde, obwohl die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Absätze 2 und 5 nur zulässig ist, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die größte Breite des Fahrzeuges sowie die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger, bei Starrdeichselanhängern abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Stützlasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Stützlasten, bei Sattelkraftfahrzeugen abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Sattellasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Sattellasten, durch die Beladung nicht überschritten wird.

Tatort:        Gemeinde Kematen am Innbach, Autobahn Freiland, Innkreisautobahn A8 bei km 24,900, Verkehrskontrollpunkt Kematen Süd, Fahrtrichtung Graz.

Tatzeit: 01.03.2006,10:05 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 103 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 i.V.m. § 9 VStG 1991

Fahrzeug:

Kennzeichen, Lastkraftwagen, "

 

1.1. Die Behörde erster Instanz traf nachfolgende Erwägungen:

"Gemäß § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die größte Breite des Fahrzeuges sowie die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger, bei Starrdeichselanhängern abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Stützlasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Stützlasten, bei Sattelkraftfahrzeugen abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Sattellasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Sattellasten durch die Beladung nicht überschritten werden.

 

Dazu wird ausgeführt, dass gemäß § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen hat, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung ‑ unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder ‑bewilligungen ‑ den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Übertretungen dieser Bestimmungen sind gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 jeweils mit Geldstrafen bis zu Euro 5.000,00 zu ahnden.

 

Unbestritten steht fest, dass zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens von 26.000 kg durch die Beladung um 3.550 kg überschritten wurde. Ihre Rechtfertigung besteht darin, dass Sie keinerlei Verschulden treffen würde, da der von Ihnen beauftragte Disponent den Lenker beauftragt hätte einen Anhänger zu verwenden.

 

Der VwGH führt in diesem Zusammenhang etwa aus: 'Die Erteilung von Weisungen seitens des Zulassungsbesitzers ‑ im Beschwerdefall des zur Vertretung nach außen berufenen Organs des Zulassungsbesitzers ‑ an jeden Fahrer, die 'unverzügliche' Reparatur 'mir bekannte(r) Mängel' durch eine 'autorisierte Firma' und die regelmäßige Wartung und Überprüfung 'meine(r) Fahrzeuge' reicht zur Erfüllung der im § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 normierten Sorgfalltspflicht nicht aus. Denn der Bf hätte darzulegen gehabt, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, der Zulassungsbesitzer hat vielmehr die Einhaltung seiner Weisungen auch gehörig zu überwachen (Hinweis E 29. Jänner 1992, 91/03/0035)." VwGH vom 24.8.2001, 2001/02/0146

 

Sie führen jedoch an, dass das Erteilen solcher Anweisungen nicht nur im gegenständlichen Fall erfolgte, sondern den üblichen Vorgang darstellen würde. Zur Erfüllung der Ihnen obliegenden Verpflichtungen aber haben Sie vielmehr durch Einrichten eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der entsprechenden Vorschrift auch außerhalb des Betriebsgeländes zu sorgen.

 

'Durch die Bestellung eines Anordnungsbefugten, den die Verantwortung für den Zustand und die Beladung des Fz trifft, wird der Zulassungsbesitzer seiner Verpflichtungen nach § 103 nicht enthoben. Der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten mit entsprechender Anordnungsbefugnis gern § 9 Abs.2 VStG kommt jedoch verwaltungsstrafrechtlich entlastende Bedeutung zu. VwGH 16.1.1985, 83/03/014 1, ZVR 1986/71' Grundtner ‑ Pürstl, KFG7 305

 

Der beauftragte Disponent führt in seiner Stellungnahme an, nicht verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich Beauftragter zu sein und haben auch Sie im Ermittlungsverfahren keinen dahingehenden Beweis erbracht.

 

Auf Grund des vorliegenden Sachverhalts und der dargebrachten Rechtfertigungsgründe kam die Behörde zu dem Ergebnis, dass Sie den Ihnen zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht und als Verwaltungsübertretung zu verantworten haben.

 

Da diese Übertretung unter Strafsanktion gestellt ist, war mit Bestrafung vorzugehen.

 

Die Behörde gelangt zur Ansicht, dass bei der Bemessung der Strafe die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung der Rechtsschutzinteressen und die sonstigen nachteiligen Folgen als Grundlage angenommen wurden. Bei der Überprüfung der Strafhöhe wurden das Ausmaß des Verschuldens und auch der Umstand, dass Sie bisher wegen einer ‑ wenn auch nicht einschlägigen ‑Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft wurden, gewertet. Die Erschwerungs- und Milderungsgründe wurden somit gegeneinander abgewogen. Bei den Einkommens‑, Vermögens‑ und Familienverhältnisse musste von unserer Schätzung ausgegangen werden.

 

Die verhängte Geldstrafe befindet sich im untersten Bereich des gesetzlich vorgeschriebenen Strafausmaßes und erscheint dem Unrechtsgehalt der Tat als durchaus angemessen.

 

Gravierende Überladungen können zu einer Beeinträchtigung des Fahrverhaltens führen und eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen, weshalb die Behörde im Interesse der Sicherheit im Straßenverkehr entschieden hat.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist im § 64 VStG 1991 gesetzlich begründet."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung folgenden Inhaltes:

"In umseits rubrizierter Rechtssache erstattet der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Vertreter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr Umgebung zu Aktenzeichen: VerkR96-1322-2006, vom 6.7.2006, den Rechtsvertretern des Berufungswerbers zugestellt am 12.7.2006, sohin innerhalb offener Frist, nachstehende

 

berufung

 

an die zuständige Oberbehörde.

 

Der erstinstanzliche Bescheid wird in seinem ganzen Inhalt nach angefochten und wird der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht.

 

Gestellt wird der

 

BERUFUNGSANTRAG

 

die zuständige Oberbehörde wolle gegenständlicher Berufung stattgeben und das angefochtene Straferkenntnis aufheben; das Verwaltungsstrafverfahren möge zur Einstellung gebracht werden.

 

1)                  Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

 

Dem Berufungswerber wird zur Last gelegt, dass er es als Verantwortlicher und somit als gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen befugtes Organ der Firma W in S, H, zu verantworten hat, dass der Zustand des auf die W zugelassenen Kfz-Lastkraftwagen, Kennzeichen: am 1.3.2006 um 10:05 Uhr auf der Innkreisautobahn A8 bei Kilometer 24,900 nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1967 entsprach. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von W R gelenkt und wurde festgestellt, dass das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens von 26.000 Kilogramm durch die Beladung um 3.550 Kilogramm überschritten wurde.

 

Nach Rechtsansicht der erstinstanzlichen Behörde hat daher der Berufungswerber die Übertretung der Rechtsvorschriften des § 103 Abs. 1 Zi 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 lit a KFG 1967 i.V.m. § 9 VStG 1991 zu verantworten und wurde über ihn mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von € 280,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 117 Stunden) gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 verhängt und wurde der Berufungswerber weiters gemäß § 64 VStG 1991 in die Tragung eines Kostenbetrages zur Deckung der Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 28,00 verfällt.

 

Die erstinstanzliche Behörde begründet ihr Straferkenntnis damit, dass der dem Berufungswerber zur Last gelegte Tatbestand verwirklicht und vom Berufungswerber als Verwaltungsübertretung zu verantworten sei.

 

Diese Rechtsansicht der erstinstanzlichen Behörde ist unrichtig.

 

Der Beschuldigte hat sowohl in seiner Rechtfertigung vom 6.4.2006 als auch in seiner Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 8.6.2006 ausführlich dargelegt, dass ihn an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft.

 

Das gesamte von der erstinstanzlichen Behörde durchgeführte Beweisverfahren hat auch keinen einzigen Anhaltspunkt für ein solches Verschulden ergeben.

 

Die bescheiderlassende Behörde begnügt sich in ihren Feststellungen / ihrer rechtlichen Beurteilung damit, dass sie feststellt, dass das Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das höchstzulässige Gesamtgewicht überschritten hätte und dass sich der Berufungswerber damit rechtfertigen würde, dass ihn keinerlei Verschulden träfe, da der von ihm beauftragte Disponent den Lenker beauftragt hätte, einen Anhänger zu verwenden.

 

Zur Untermauerung ihrer Rechtsansicht, dass dieses Verhalten des Beschuldigten dennoch zur Verwirklichung eines Verwaltungstraftatbestandes ausreicht, zitiert die erstinstanzliche Behörde lediglich eine Entscheidung des VwGH vom 24.8.2001 (VwGH vom 24.8.2001, 2001/02/0146). Diese Begründung der Behörde zur Untermauerung ihrer unrichtigen Rechtsansicht geht ins Leere. In der zitierten Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich festgestellt, dass die bloße Erteilung von Weisungen nicht hinreicht, der Zulassungsbesitzer vielmehr die Einhaltung seiner Weisungen auch gehörig zu überwachen hat.

 

Mit diesem Zitat ist in der gegenständlichen Rechtssache nichts für den Standpunkt der erstinstanzlichen Behörde gewonnen. Der Verwaltungsgerichtshof spricht dabei lediglich aus, dass nicht das generelle bloße Erteilen von Weisungen ohne angemessene Überprüfungsmechanismen ausreicht.

 

Gerade der Fall, dass nur Weisungen ohne jede Überprüfung von Seiten des Zulassungsbesitzers erteilt werden, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Es ist vielmehr so, dass zum Erteilen und Überwachen der Weisungen in Person der Disponenten im Unternehmen der Firma W eine eigene organisatorische Ebene besteht, die sich ausschließlich mit der Disposition des Fuhrparks, der Anordnung von Weisungen und deren Überwachung beschäftigt. Der Umstand, dass ein Disponent nicht jede Weisung, die er an die ebenfalls verantwortlich tätigen Fahrer gibt, überwacht, ist unausweichlich in einem arbeitsteiligen modernen großen Wirtschaftsunternehmen verbunden. Diesen Maßstab legt im Übrigen auch der VWGH nicht an. Er spricht nur von gehöriger Überwachung. Diese kann und muss nicht lückenlos jede Weisung betreffen.

 

In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich nochmals auf das Vorbringen des Berufungswerbers in seiner Rechtfertigung hingewiesen, aus welcher sich ergibt, dass bei der Firma W 44 Lkws und 15 Anhänger disponiert werden müssen. Es ist aufgrund dieser Zahl nicht möglich, jede einzelne erteilte Weisung persönlich durch Mitarbeiter auf der Disponentenebene, welche zur Erteilung dieser Weisungen befugt sind, zu überwachen. Dies würde jeden wirtschaftlich vertretbaren Rahmen sprengen und eine vollkommen überzogene Sorgfaltsanforderung an das Verhalten der weisungsbefugten Organe darstellen.

 

Ebenso verhält es sich mit dem über der Ebene der Disponenten stehenden Berufungswerber.

 

Die erstinstanzliche Behörde führt zwar im Straferkenntnis aus, dass der Berufungswerber darauf hingewiesen hat, dass das Erteilen von Anordnungen durch den Disponenten an den Fahrer nicht nur im gegenständlichen Fall erfolgte, sondern den üblichen Vorgang darstellen würde. Daraus leitet aber in ihren Erwägungen die Behörde offensichtlich ab, dass sich die Tätigkeit des Disponenten auf das Erteilen von Weisungen beschränkt. Dies trifft nicht zu und wurde so auch vom Berufungswerber nicht zum Ausdruck gebracht.

 

Das diesbezügliche Vorbringen des Berufungswerbers, welches sich in der Stellungnahme vom 8.6.2006 findet, darf nicht - wie dies die erstinstanzliche Behörde im bekämpften Straferkenntnis tut - aus dem Zusammenhang gerissen werden.

 

Es wird daher ausdrücklich verwiesen, dass das diesbezügliche Vorbringen des Berufungswerbers über die Anordnungsbefugnis des Disponenten in dem Zusammenhang dargestellt wurde, in welchem der Berufungswerber in seiner Stellungnahme vom 8.6.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Angaben des Lkw-Lenkers W R, wonach es ihm freigestellt worden sein soll, ob er einen Anhänger verwenden solle und es keine konkrete Anordnung, nur mit Anhänger zu fahren, seitens des Disponenten gegeben habe, nicht zutreffen.

 

Aufgrund dieser Angaben des Lenkers hat der Berufungswerber eben richtig gestellt, dass sich der im Unternehmen jeweils konkret verantwortliche Disponent nicht damit begnügt, 'Freistellungen' zu geben oder Ersuchen zur Verwendung bestimmter Zugfahrzeuge oder Anhänger auszusprechen, sondern das in diesem Bereich des Unternehmens mit Anordnungen und Weisungen gearbeitet wird.

 

Weiterführende Beweisergebnisse liegen nicht vor. Mit den Ergebnissen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist jedenfalls nicht zu untermauern, dass die jeweiligen Disponenten die Überwachung der von ihnen erteilten Weisungen nicht vornehmen. Da es sich in der gegenständlichen Rechtssache um eine Verwaltungsstrafsache handelt, hätte die bescheiderlassende Behörde eben ein weiterführendes Ermittlungsverfahren, insbesondere durch weitere zusätzliche Befragung des Disponenten, durchführen müssen, um zu Feststellungen zu gelangen, welche Aufschluss über die Überwachungsmechanismen der erteilten Weisungen geben. Solche Beweisergebnisse liegen nicht vor. Dazu wäre die erstinstanzliche Behörde jedoch aufgrund der Offizialmaxime verhalten gewesen, wenn sie tatsächlich im gegenständlichen Fall ihre rechtliche Beurteilung darauf stützt, dass das bloße Erteilen von Weisungen nicht hinreicht, sondern die Einhaltung der Weisungen auch gehörig zu überwachen sei. Sämtliche Feststellungen über eine allfällige gehörige Überwachung - worunter nicht eine lückenlose Überwachung jeder einzelnen Weisung verstanden werden kann - fehlen. Die rechtliche Beurteilung kann jedoch nur vom festgestellten Sachverhalt ausgehen. Das tut sie in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache nicht, weshalb sie ebenfalls unrichtig ist.

 

Es ist nochmals gesondert festzuhalten, dass in Hinblick auf den Berufungswerber lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes im Rahmen der Amtshandlung vom 1.3.2006 festgestellt wurde.

 

Gemäß § 5 VStG ist zur Anrechnung einer Verwaltungsübertretung jedoch immer ein subjektives Element, das heißt ein Verschulden notwendig. Das gesamte erstinstanzliche Verfahren hat - wie bereits ausgeführt - keinen einzigen Anhaltspunkt für ein solches Verschulden im Sinne einer persönlichen Vorwerfbarkeit ergeben.

 

Aus der Dogmatik des Strafrechtes - die im Verwaltungsstrafverfahren gleichfalls anzuwenden ist - ergibt sich, dass der Begriff der objektiven Sorgfaltswidrigkeit, welche dem Beschuldigten ja vorgeworfen werden müsste, eine Begrenzung durch den Vertrauensgrundsatz erfährt.

 

Aufgrund der als gesichert geltenden Rechtssprechung des Obersten Gerichtshofes findet der Vertrauensgrundsatz nicht nur im Straßenverkehr Anwendung, sondern vor allem auch in den Bereichen Industrie und Gewerbe, wobei bei Zusammenwirken mehrerer Personen in Form von Arbeitsteilung stets von diesem Vertrauensgrundsatz auszugehen ist.

 

Dies bedeutet in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache, dass vom Handelnden (Berufungswerber) grundsätzlich nur jene Sorgfalt verlangt werden kann und auch verlangt werden darf, die unter der Annahme erforderlich ist, dass sich die Mitarbeiter des Beschuldigten ebenfalls sorgfaltsgemäß verhalten werden.

 

Nur dann, wenn die objektive Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens eines Mitarbeiters bereits eindeutig erkennbar oder doch konkret indiziert ist, darf auf eine Sorgfaltsgemäßheit der (untergebenen) Mitarbeiter nicht mehr vertraut werden.

 

Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn es sich um Sorgfaltswidrigkeiten handelt, welche mit der Beaufsichtigung oder gar Überwachung des Verhaltens Anderer im Zusammenhang stehen (vergleiche insbesondere OGH 13 Ob 67/91-39).

 

Nochmals auf den vorliegenden Fall bezogen, bedeutet dies, dass der Berufungswerber aufgrund des bisherigen Verhaltens des Lkw-Fahrers W R, der bislang hinsichtlich seiner Tätigkeit firmenintern zu keinen Beanstandungen Anlass gegeben hat, sowie aufgrund des seine Aufgaben ordnungsgemäß und umfassend erfüllenden Verhaltens des Hauptdisponenten A W auf die Einhaltung der Sorgfalt und der behördlichen Auflagen und Anordnungen gemäß der im Unternehmen herrschenden Organisation vertrauen durfte.

 

Er hatte keinen Grund zur Annahme, dass Sicherheitsvorschriften, Beladevorschriften etc. außer Acht gelassen würden.

 

Folglich gilt für den Berufungswerber der oben erwähnte Vertrauensgrundsatz im vollen Umfang. Eine Verletzung der ihn treffenden objektiven Sorgfaltspflichten ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Aus diesem Grunde ist eine Bestrafung unzulässig.

 

Auch fehlt es im gegenständlichen Fall an der strafrechtlichen Zumutbarkeit:

 

Von einem Geschäftsführer eines Industrieunternehmens mit vielen Mitarbeitern, einem großen Fuhrpark und verschiedenen Unternehmensteilen zu verlangen, unter anderem sämtliche Beladevorgänge persönlich zu kontrollieren oder bei diesen anwesend zu sein, um allfällige Überladungen hintanzuhalten, wäre angesichts der Aufgabe eines Geschäftsführers in einem solchen Industrieunternehmen unzumutbar, undurchführbar und denkunmöglich.

 

Diese Vorgangsweise kann von keinem - auch noch so sorgfältigen - Geschäftsführer erwartet werden und wäre eine solche Erwartung unzulässig. Dies steht mit der von ihm ausgeübten zentralen Geschäftsführungs- und Leitungstätigkeit in direktem Widerspruch.

 

Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten, dass der Berufungswerber seinen Aufgabenbereich sorgfältig wahrgenommen hat, für eine ordnungsgemäße, zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften geeignete Organisation im Unternehmen, insbesondere in der Administration des Fuhrparks durch die Beschäftigung der bereits mehrfach erwähnten Disponenten gesorgt hat und ihm kein wie auch immer geartetes Verschulden, welches die zwingende Voraussetzung für eine Verwaltungsübertretung bzw. die Verhängung einer Verwaltungsstrafe ist, angelastet werden kann.

 

Ergänzend ist festzuhalten, dass es ohne Verschulden keine strafrechtlich - auch nicht verwaltungsstrafrechtlich - relevante Zuordnung eines Verhaltens zu einem (Verwaltungs-) Straftatbestand geben kann. In diesem Zusammenhang ist es auch unerheblich, dass zur Entlastung des Geschäftsführers kein verwaltungsstrafrechtlich Bevollmächtigter im Sinne des § 9 VStG bestellt ist.

 

Es wurde in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache aufgrund der vorliegenden Verwaltungsübertretung der verantwortliche Lkw-Lenker bereits bestraft. Wenn die Verantwortlichkeit in Fällen wie dem gegenständlichen auch den Geschäftsführer eines Industrieunternehmens (!) ausgedehnt wird und damit der an ihn anzulegende Sorgfaltsmaßstab und das von ihm verlangte Überprüfungsverhalten Ausmaße annimmt, die völlig denkunmöglich sind, würde die Führung eines Großbetriebes verunmöglicht. Daran könnte auch die Bestellung von Bevollmächtigten gemäß § 9 VStG nichts ändern, da mit solchen Bestimmungen lediglich die verwaltungsstrafrechtliche Zuordnung geändert wird. Wo ein Verschulden fehlt ist nicht zur Vermeidung von Bestrafungen ein Bevollmächtigter gemäß § 9 VStG zu bestellen, sondern ist die Bestrafung an sich rechtswidrig und damit unzulässig.

 

Wenn ein Leiter eines Unternehmens für eine ordnungsgemäße sorgfältige Struktur im Unternehmen sorgt, die geeignet ist, Rechtsverletzungen im Wesentlichen hintanzuhalten, so kann ihm dies nicht als Verschulden angelastet werden. Nochmals ist festzuhalten, dass am Lenker ohnedies eine Verwaltungsstrafsache vollzogen worden ist, sohin die Übertretung nicht folgenlos geblieben ist.

 

Die von der erstinstanzlichen Behörde vertretene Rechtsansicht, die auch dem Berufungswerber ein Verschulden zurechnet und ihn daher mit einer Verwaltungsstrafe belegt, würde einem Geschäftsführer in der Position des Berufungswerbers für die Zukunft zur Vermeidung von Verwaltungsstrafsachen nur die Möglichkeit offen lassen, sich im Falle einer vom Lenker zu verantwortenden Verwaltungsübertretung umgehend von diesem zu trennen und das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ansonsten müsste der Geschäftsführer immer gewärtig sein, dass ihm bei einer nicht auszuschließenden weiteren Verwaltungsübertretung des betroffenen Mitarbeiters dahingehend ein Verschulden zur Last gelegt wird, dass er einen bereits verwaltungsstrafrechtlich auffällig gewordenen Lenker nach wie vor weiter beschäftigt hat.

 

Ob das Ergreifen solcher Maßnahmen, welche als einzige geeignet wären, sich in arbeitsteiligen Wirtschaftsunternehmen vor ungerechtfertigten Verwaltungsstrafen zu schützen, im Sinne des Gesetzgebers ist, muss unbedingt bezweifelt werden. Diese Konsequenz ergibt sich aber bei der von der erstinstanzlichen Behörde angenommenen Auslegung der einschlägigen Verwaltungsstrafvorschriften.

 

S, am 18.7.2006/Mag.Da/Ka

Mag. N T, "

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier angesichts der Verantwortung des Berufungswerbers für die Nachvollziehung des Vorbringens zum sogenannten "wirksamen Kontrollsystem" in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde und dessen inhaltlichen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher der Berufungswerber persönlich teilnahm. Als Zeuge einvernommen wurde der bei der fraglichen Fahrt eingesetzte Lenker, W R und der Disponent A W. Der Berufungswerber legte die Frachtpapiere von der verfahrensgegenständlichen Fahrt vor (Beil. \1).

Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

4.1. Unstrittig ist hier die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als nach außen vertretungsbefugtes Organ des Zulassungsbesitzers, sowie das Ausmaß der stattgefundenen Überladung. Gegen den Lenker wurde wegen der hier verfahrensgegenständlichen Überladung ebenfalls eine Geldstrafe in der Höhe von 280 Euro rechtskräftig ausgesprochen.

Der Berufungswerber verantwortete sich im Rahmen der Berufungsverhandlung zusammenfassend dahingend, dass die mit dem Transportbereich befassten Mitarbeiter des insgesamt aus 80 Fahrzeugen bestehenden Fuhrparks der Firmengruppe W nicht nur ständig geschult, sondern auch in geeigneter Weise systematisch kontrolliert würden. Dies einerseits durch die Disponenten, mit welchen er als Geschäftsführer im Ergebnis täglich Besprechungen durchführe, sondern auch seitens des (der) Disponenten, weil die Fahrer bei Verlassen des Firmengeländes am Büro des Disponenten in aller Regel vorbeifahren müssen und dabei beobachtet werden könne, ob etwa ein bestimmter Fahrer die Fahrt mit dem vom Disponenten aufgetragenen Anhänger auch ausführt. Aber auch Schulungen, zuletzt insbesondere über die Ladungssicherung, werden regelmäßig mit dem einschlägigen Personal durchgeführt. Jüngst habe etwa ein Sachverständiger des Amtes der Oö. Landesregierung diesbezüglich im Auftrag der Firma eine Schulung durchgeführt.

Der Berufungswerber hob zusammenfassend die Vielzahl von Einzelschritten, die in der Gesamtschau ein entsprechend wirksames Kontrollsystem darstellten, hervor.

Auch sei die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.4 VStG bereits diskutiert worden, was man aber wieder fallen ließ, weil dadurch die Verantwortlichkeit nur verschoben würde.

Abschließend wies der Berufungswerber noch die Vielzahl der täglich durchgeführten Fahrten hin, die bislang kaum Beanstandungen, wie sie hier auf Grund eines klaren Fehlers des Fahrers unterlaufen ist, vorgefallen seien.  So würden etwa auch täglich die Schaublätter des Vortages kontrolliert und der Disponent habe von ihm die strikte Anweisung wenn notwendig immer einen Anhänger zu verwenden, wofür die Fahrer eine gesonderte Zulage erhalten. Auch ein Sanktionssystem sei eingerichtet, wobei dies in Einzelfällen bei entsprechendem Fehlverhalten schon bis zum Ausspruch von Kündigungen führte. So sei das Kontrollsystem nicht als Einzelereignis sondern als System eines arbeitsteiligen Verfahrens zu sehen.

Abschließend vermeinte der Berufungswerber, dass letztlich mit keinem Kontrollsystem dieser Fehler des Fahrers hätte vermieden werden können.

Der Zeuge R gab an, dass er sich bei der Ladung, welche überwiegend aus Stahlgitter bestand, hinsichtlich deren sich das Gewicht aus den Frachtpapieren ergeben habe und den weiteren Stahlmatten, deren Gewicht ihm nicht bekannt war, geirrt habe. Vom Disponenten sei er auf die Verwendung des Anhängers hingewiesen worden, wobei er diesen in Sattledt hätte abstellen sollen und nach Erledigung der weiteren Zustellungen im Raum Kirchdorf den Hänger wieder zu  holen gehabt hätte. Da er der Auffassung gewesen sei zumindest nicht über die ihm bekannte Toleranzgrenze beladen gewesen zu sein, habe er die selbst verladenen Kleinteile ebenfalls auf dem Motorwagen untergebracht.

Der Zeuge bestätigte dem Tenor die Anweisung des Disponenten W  befolgen zu müssen und bislang die sieben Jahre seiner Firmenzugehörigkeit noch nie beanstandet worden zu sein und neben anderen Schulungen etwa jüngst einer Schulung über Ladungssicherung beigezogen gewesen zu sein.

Der bei der Firma W als Disponent tätige Zeuge W legte zusammenfassend dar, dass er gegenüber den Fahrern weisungsberechtigt ist. Er habe von der Firmenleitung den Auftrag die Transporte entsprechend einzuteilen und zusammen zu stellen. Die Fahrer kontrolliere er nicht nur regelmäßig bereits bei den Beladungsvorgängen, sondern etwa auch beim Verlassen des Geländes, wo die Fahrzeuge in aller Regel an seinem Büro vorbeifahren müssen. Dabei könne er sehen, ob ein bestimmtes Fahrzeug etwa im Sinne seiner Anordnung mit einem Anhänger unterwegs ist.

Aber auch am Folgetag würden von ihm regelmäßig die Schaublätter kontrolliert. Einem neu eingestellten Fahrer würde anfänglich ein erfahrener Kollege als Begleitfahrer beigegeben und diese würden naturgemäß öfter kontrolliert als ein Fahrer den man bereits seit langem kennt.

 

4.2. In diesen nachvollziehbaren und glaubwürdigen Darstellungen vermag bei lebensnaher Betrachtung sehr wohl ein taugliches und dem Gesetz entsprechendes Kontrollsystem erblickt werden. Dies vor dem Hintergrund, dass es offenbar kaum zu Beanstandungen kommt, worauf die diesbezüglich fehlenden Vormerkungen des Berufungswerbers schließen lassen. Dem Berufungswerber ist im Ergebnis kein anderes Verhalten zuzumuten als eben ein System einzurichten, welches regelmäßige Kontrollen und im Ergebnis einer permanenten begleitenden Kontrolle gleich zu halten ist und entsprechend wirkt. Dies ist in der steten Präsenz des Disponenten zu erblicken, welcher im Ergebnis immer vor Ort ist und wie er nachvollziehbar ausführte, im Ergebnis jede Fracht disponiert und koordiniert und gleichsam systematisch auch kontrolliert. Darunter muss und kann in realistischer und wirtschaftspraktischer Betrachtung weder die Kontrolle jeder einzelnen Fuhre, noch etwa eine Abwaage jedes einzelnen Fahrzeuges verstanden werden. Das vom Berufungswerber erwähnte Vertrauensprinzip steht einem solchen System nicht entgegen, weil der Kontrollbedarf eines Fahranfängers ein höherer ist wie bei einem Fahrer der sich seit vielen Jahren bewährt hat. Das letztendlich auch einem solchen Fahrer einmal ein Fehler unterlaufen kann, stellt  die Wirksamkeit eines auf Hintanhaltung solcher Mängel zielendes Kontrollsystem aber keineswegs in Frage. Hinter jedem solchen seltenen Einzelfall einen Systemmangel zu vermuten, würde – wie unten noch auszuführen sein wird – im Ergebnis zu einer der österreichischen und wohl jeder modernen Rechtsordnung fremden Erfolgshaftung führen.

Als durchaus lebensnah hat es zu gelten, dass es letztlich in jedem noch so hoch entwickeltem logistischen System (als Vergleich könnte etwa die Luftfahrtbranche gelten) zu Fehlern mit oder ohne Folgen kommt, die aber nicht zwingend immer der Verantwortlichkeit der Führungsspitze zuzurechnen sind. Letztlich kann in den immer komplexer werdenden Systemvernetzungen kein Handeln in dieser Kette vom sogenannten Fehlerkalkül fern gehalten bleiben.

Wenn demnach einem Fahrer – hier dem Zeugen R – ein solcher Fehler passierte und er für diesen durchaus spürbar bestraft wurde, ist damit bereits das von der Gesellschaft missbilligte Ereignis geahndet. Damit ist dieser Fehler in der Relation zu der Vielzahl der Frachtaktivitäten ein verschwindender Einzelfall, was daher – unter abermals realistischer und verkehrspraktischer Beurteilung – gerade nicht den Schluss auf einen Systemmangel und eine schuldhafte Unterlassung der Systemspitze zulässt.

Vielmehr scheint es sich hier um eine auf Fahrerseite mehr oder weniger bewusst in Kauf genommene Überladung gehandelt zu haben, was letztlich für den Lenker verwaltungsstrafrechtlich nicht ungeahndet blieb. Der Lenker zeigte sich im Rahmen seiner Zeugenaussage durchaus problemeinsichtig, wobei sich keine Anhaltspunkte ergaben, dass etwa Überladungen von der Firma stillschweigend geduldet würden. Vielmehr war der gegenteilige Eindruck zu gewinnen.

Jede andere Beurteilung würde jedes rechtmäßige Alternativverhalten vorweg ausschließen und zum Ergebnis einer verschuldensunabhängigen "Erfolgshaftung" für den Unternehmer bzw. seines Repräsentanten führen.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Bei der Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern iSd § 101 Abs.1 lit.a Abs.2 und § 5 KFG darf u.a. das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die größte Breite des Fahrzeuges sowie die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger, bei Sattelkraftfahrzeugen abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Sattellasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Sattellasten, durch die Beladung nicht überschritten werden,..........

Nach § 103 Abs.1 Z1 KFG hat (auch) der Zulassungsbesitzer – im Falle einer juristischen Person primär das zur deren Vertretung nach außen berufene Organ – dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

Eine Übertretung dieser Rechtsvorschriften ist grundsätzlich ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG (vgl. VwGH, Slg. 9180 A/1976).

Dem Zulassungsbesitzer obliegt es demnach für ein geeignetes Überwachungssystem für die Beladung der Fahrzeuge zu sorgen und er hat – im Falle eines festgestellten gesetzwidrigen Zustandes eines für ihn zugelassenen Fahrzeuges – darzutun, weshalb ihn an diesem Zustand – an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift – kein Verschulden trifft.

Dies bedeutet im Falle des § 103 Abs.1 KFG, dass der Zulassungsbesitzer, hier der Berufungswerber als dessen vertretungsbefugtes und verantwortliches Organ, darzulegen hatte, welche (geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (siehe VwGH 25.10.1989, 89/03/0180). Ein derart wirksames Kontrollsystem befreit den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung für die vorschriftswidrige Beladung seiner Kraftfahrzeuge (Hinweis auf VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Dem Zulassungsbesitzer in der Person des Berufungswerbers kommt demnach iSd § 103 Abs.1 iVm § 134 KFG eine verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Überwachungsfunktion zu.

Das bedeutet aber dennoch nicht, dass im Ergebnis jeder Beladevorgang einzeln überprüft werden müsste. Derartiges würde auch rechtlich besehen jegliches realitätsbezogene Sorgfaltssystem überfordern.

Selbst der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner gesicherten Judikatur auf die Beurteilung der Eignung eines  Konztrollsystems je auf den Einzelfall ab, wenn er etwa zu dem nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von einem Unternehmer, einem Arbeitgeber oder ebenso von einem nach § 9 Abs. 1 VStG für eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlichen anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab vermeint, dass die im (heutigen) Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es zwar nicht zulässt, dass sich der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bzw. strafrechtlich Verantwortliche aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Vielmehr müsse zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf das Setzen von möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Nach der zitierten Rechtsprechung reichte allerdings die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus, vielmehr sei entscheidend, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgte  (VwGH 19.5.1994, 93/17/0332 mit Hinweis auf VwGH 30. März 1982, Zl. 81/11/0087 und Slg. 10692/A = ZfVB 1983/3/1409; VwGH 12. Dezember 1984,

Zl. 82/11/0380 = ZfVB 1985/4/1310; und vom 26. Mai 1986, Zl. 86/08/0024, 0025 = ZfVB 1987/2/431).

Von einem derart tauglichen System ist hier auszugehen, dafür spricht nicht bloß das Ergebnis des Beweisverfahrens, sondern auch die Tatsache, dass trotz des hohen Frachtaufkommens mit 80 Lkw´s derartige Beanstandungen bislang offenkundig ausgeblieben sind, weil der Berufungswerber bislang nicht einschlägig vorgemerkt ist.

Wenn die Behörde erster Instanz in diesem einmaligen Ereignis ein Versagen im Kontrollsystem erblicken wollte, ist dem zu entgegnen, dass  kein noch so "geeignetes Überwachungssystem" hinsichtlich der Beladungspraxis von Lastkraftfahrzeugen einen Fehler oder Ungehorsam in der nachgeordneten Hierarchiekette verhindern könnte (s. VwGH 8.4.1987, 85/03/0112) ein solches darzulegen (VwGH 13.11.1996, 96/03/0232).

Mit Blick darauf ist mit dem Hinweis auf VwGH 83/03/0141 nichts zu gewinnen, denn es verschweigt die Begründung des angefochtenen Bescheides doch gerade jenen Hinweis, wonach ein derart Verantwortlicher darzulegen hat, ob bzw. welche Maßnahmen er getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; wohl reicht die bloße Erteilung von Weisungen nicht hin, sondern es hat der Zulassungsbesitzer vielmehr die Einhaltung seiner Weisungen auch gehörig zu überwachen (Hinweis auf VwGH 29. 1.1992, 91/03/0035).

Mehrere solcher in seiner Gesamtheit als Kontrollkette wirksam werdende Einzelschritte wurden vom Berufungswerber in seiner Verantwortung und im Rahmen dessen zeugenschaftlichen Aussage vom Disponenten und dem einbekennend fehlerhaft handelnden Lenker nachvollziehbar dargetan.

Alleine auf eine von einem Dritten zu verantwortenden Fehlleistung abzustellen und dies immer auf ein Versagen des Kontrollsystems und damit automatisch auch ein (System-) Verschulden bis zur Hierarchiespitze erblicken zu wollen, liefe im Ergebnis auf eine reine Erfolgshaftung hinaus.

Nicht zuletzt gilt es im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation und demnach unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Demnach  hat vielmehr die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens, hier in Form eines wirksamen und damit tauglichen Kontrollsystems, nicht glaubhaft ist.

Dies bedeutet, dass im Falle des § 103 Abs.1 KFG - wie oben bereits dargelegt - der Zulassungsbesitzer darzulegen hat, welche (geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (s. auch VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Abschließend muss mit Blick auf das bislang in seiner Gesamtheit zu beurteilende außenwirksame Ergebnis von einer absolut tauglichen Struktur der internen "Kontrollpraxis" geschlossen werden (vgl. VwGH 17.1.1990, 89/03/0165, sowie VwGH 20.5.2003, 2002/02/02).

Der Berufung kam demnach Berechtigung zu, weil mangels eines Verschuldens nach § 45 Abs.1 Z1 VStG mit der Aufhebung des Schuldspruches vorzugehen und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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