Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161563/2/Bi/Be

Linz, 28.08.2006

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S R, vom 20. Juli 2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 29. Juni 2006, VerkR96-11494-2004/Bru/Pos, wegen Übertretungen des KFG 1967, der StVO 1960 und des FSG,  zu Recht erkannt:

 

I.  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis in den Punkten 1) und 3) behoben und das jeweilige Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.

     Im Punkt 2) wird die Berufung hinsichtlich Schuld- und Strafausspruch abgewiesen.

 

II.  In den Punkten 1) und 3) entfällt jeglicher Verfahrenskostenersatz.

     Der Rechtsmittelwerber hat im Punkt 2) zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 14,40 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.4 lit.d iVm 134 Abs.1 KFG 1967, 2) §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 und 3) §§ 14 Abs.1 Z1 iVm 37 Abs.1 FSG Geldstrafen von 1) 50 Euro (24 Stunden EFS), 2) 72 Euro (24 Stunden EFS) und 3) 40 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 10. April 2004 um 21.30 Uhr im Gemeinde­gebiet Thalheim/Wels auf der L563, Traunufer Landesstraße, vom Orts­gebiet Forsting bis zur Kreuzung L563 - Ottsdorfer Gemeindestraße und Pöschl Gemeinde­straße (die Fahrzeug- und Lenkerkontrolle sei vor dem Haus Ottsdorfer­straße 9 in Thalheim erfolgt) als Lenker des Kfz

1) auf einer Freilandstraße bei Dunkelheit beim Fahren hinter einem Kraftfahrzeug in geringem Abstand, ohne zu überholen, Fernlicht verwendet habe,

2) dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels Rotlicht der Taschenlampe deutlich sichtbar gegebenen Zeichen zum Anhalten bei Strkm 25.150 nicht Folge geleistet habe, weil die Fahrt ununterbrochen fortgesetzt worden sei,

3) den Führerschein nicht mitgeführt habe.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 16,20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe nicht Fernlicht verwendet, sondern lasse sich beim damals von ihm gelenkten Fahrzeug Ford Tower Car die Leuchtweite nicht regulieren, wofür er auch eine entsprechende (in Kopie vorgelegte) Einzelzulassung vom 6.7.2002 habe. Im übrigen bestreitet er den Nachfahrabstand sowie die Blendung und wendet ein, weder der Gegenverkehr noch seine Tochter hätten ihn deswegen beanstandet.

Er habe der Aufforderung zum Anhalten dort Folge geleistet, wo ihm ein Anhalten seines 9 m langen Fahrzeuges gefahrlos erschienen sei, nämlich vor dem Haus Ottsdorferstraße 9, ca 50 m nach der Pöschlkreuzung. Er habe hinter dem Polizeifahrzeug kurz angehalten - eine Anhaltung an der anderen Kreuzungsseite laut Aussage BI K sei nicht erfolgt, weil die beiden Fahrzeuge die Kreuzung verstellt hätten - links geblinkt und sei weitergefahren, weil er keinen Auffahrunfall riskieren wollte. Außer dem Kind seien noch zwei namentlich genannte Personen mitgefahren, die seine Version bestätigen könnten. Diese seien wegen der abge­dunkelten Scheiben des Fahr­zeuges für die Beamten nicht sichtbar gewesen.

Den Führerschein, von dem er gemeint habe, er sei ihm im Lokal in der Wachau gestohlen worden, sei in Wirklichkeit zwischen den vorderen Sitzen gelegen, was sich erst später bei der Reinigung des Fahrzeuges ergeben habe. Er habe ihn bei der Kontrolle nicht in seiner Jacke vorgefunden und sich daher in einem entschuld­baren Notstand befunden.

Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses nach Beiziehung eines Kfz-SV zur möglichen Blendung durch die Beleuchtungseinrichtung sowie Einvernahme der beiden Zeugen.

 

 4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Zu den Punkten 1) und 3) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 99 Abs.4 lit.d KFG1967 darf Fernlicht auf Freilandstraßen bei Dunkelheit beim Fahren hinter Kraftfahrzeugen in geringem Abstand, ohne zu überholen, nicht verwendet werden.

 Grundsätzlich ist Polizeibeamten zuzumuten, beurteilen zu können, dass sie von einem nachfolgenden Fahrzeug geblendet werden. Wenn daher die Anzeige des Bw deswegen erfolgte, weil die beiden Polizeibeamten BI K und GI S eine Leuchtweite der Schein­werfer des vom Bw gelenkten Pkw im einer Größenordnung festgestellt haben, wie sie üblicherweise bei Fernlicht gegeben ist, so ist dem grundsätzlich Glauben zu schenken. Nicht bekannt war bis zur Berufung, dass die Scheinwerfer des Pkw des Bw keine regulierbare Leuchtweite besitzen und der Pkw auch so genehmigt ist. Ob nun die (zweifellos erfolgte) Blendung auf die Verwendung von Fern- oder zu hoch eingestelltem Abblendlicht zurückzuführen ist, kann nicht mehr beurteilt werden.

 

Gemäß § 14 Abs.1 Z1 FSG hat der Lenker eines Kraftfahrzeuges ua den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führer­schein mitzuführen und auf Verlangen die entsprechenden Dokumente den gemäß § 35 Abs.2 zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen.

Der Bw hat bei der Anhaltung behauptet, er besitze acht Autos und könne sich nicht ständig um die Papiere kümmern; den Führerschein habe er in einem anderen Pkw vergessen. Laut Zeugenaussage von GI S hat der Bw bei der Anhaltung gesagt, er könne nicht immer wissen, wo sich der Führerschein gerade befinde. Im Lauf des Verfahrens hat der Bw eine Anzeigebestätigung vorgelegt, wonach ihm der Führerschein aus der Jackentasche in einem Lokal gestohlen worden sei. Nunmehr habe er ihn doch zwischen den Vordersitzen gefunden, offenbar sei er hinunter­gefallen.

Vorgeworfen wurde ihm nicht, dass er ihn bei der Kontrolle auf Verlangen den beiden Meldungslegern nicht zur Überprüfung ausgehändigt habe. Eine sichere Aussage dazu, ob er ihn tatsächlich (mit oder ohne sein Wissen) mitgeführt hat, ist nach so langer Zeit nicht mehr möglich.

Aus diesen Überlegungen war der Berufung in den genannten Punkten im Zweifel Folge zu geben.  

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahr­zeug­kontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u dgl) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

 

Laut Anzeige und von ihm vom Sachverhalt her im wesentlichen unbestritten wurde der Bw bei km 25.12 der L563 mittels Rotlicht der Taschen­lampe zum Anhalten aufgefordert - das Polizeifahrzeug war in der Pöschlstraße abgestellt - leistete der Aufforderung aber insofern nicht Folge, als er nach links in die Ottsdorferstraße einbog und bis zum Haus Nr.9 weiterfuhr. Er gab bei der Amtshandlung an, er habe wegen der Länge des von ihm gelenkten Kraft­fahrzeuges nicht anhalten können. GI Stadlmair gab bei seiner Zeugeneinvernahme am 5. Juli 2004 bei der BH Wels-Land an, der Kreuzungsbereich sei großzügig ausgebaut und der Anhalteort beleuchtet gewesen; der Bw habe keine Anstalten gemacht, dem Streifenwagen nachzufahren und anzuhalten, sondern sei langsam in die Ottsdorfer­straße weitergefahren, wo ein ca 10-12jähriges Mädchen ausgestiegen sei.

Auch BI K bestätigte am 28. Juni 2004 vor der BH Wels-Land, das Dienstfahr­zeug sei nicht direkt am Beginn der Pöschlstraße abgestellt worden, sondern am anderen Ende des Kreuzungsbereichs. Der Bw habe nicht angehalten, sondern links geblinkt und sei in die Ottsdorferstraße eingebogen, wo er bei seinem Wohnhaus angehalten habe. Dort sei dann die Kontrolle erfolgt.

 

Aus dem Digitalen Raumordnungssystem DORIS lässt sich der Kreuzungsbereich L563 mit der Pöschl- und der Ottsdorferstraße ersehen. Dabei ergibt sich, dass die Pöschlstraße in einem großzügigen Mündungstrichter in die L563 einmündet, wobei der Bw sowohl im Mündungsbereich als auch vor der Kreuzung Möglichkeiten zum gefahrlosen Anhalten hatte, weil der Kreuzungsbereich gut einsehbar ist und einem eventuell nachfolgenden oder entgegenkommenden, in die Pöschlstraße einbiegen­den Lenker ausreichend Platz und Ausweichmöglichkeit zur Verfügung gestanden wäre. Da es um 21.30 Uhr des 10. April 2004 dunkel war, wären auch mit der Warnblinkanlage gegebene Warnsignale - aus dem vom Bw vorgelegten Dokument ergibt sich nicht, dass der von ihm gelenkte Pkw eine solche nicht aufwiesen hätte - zweifellos gut sichtbar gewesen. Aus dem Verfahrensakt gehen weitere Verkehrs­teilnehmer außer den Genannten nicht hervor, sodass offensichtlich keinerlei unmittelbare Gefahr eines Auffahrunfalls bestanden hat. Der Bw ist trotzdem ohne Kontaktaufnahme und ohne jedes Zeichen eines Einver­ständnisses des anhaltenden Meldungslegers ca 140 m weitergefahren bis zu seinem Wohnhaus Ottsdorferstraße 9, obwohl auf dem Weg vom Kreuzungsbereich bis dorthin zahlreiche völlig gefahrlose Anhaltemöglichkeiten, zB auch am Beginn der Ottsdorferstraße, bestanden hätten. Nach den Argumenten des Bw von der Gefahr eines Auffahr­unfalles dürfte sich dieser mit dem 9 m langen Fahrzeug vom Wohnhaus gar nicht entfernen, weil es dann vermutlich überhaupt keine gefahrlose Anhalte-, geschweige denn Halte- oder Parkmöglichkeit gäbe.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates trifft das Argument des Bw, am Ort der Anhaltung habe keine geeignete Abstellmöglichkeit für das Kfz für die Dauer einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle bestanden, aus diesen Überlegungen nicht zu, zumal von Gegen- oder Nachfolgeverkehr keine Rede und dem Bw auch das vorsorgliche Einschalten der Warnblinkanlage zuzumuten war. Nach der Rechtsprechung des VwGH hat der Lenker der Aufforderung des Straßen­aufsichtsorganes, soweit möglich, dort Folge zu leisten, wo das Straßen­aufsichtsorgan die Aufforderung erteilt hat bzw wohin die Auforderung weist. Hält der Lenker an einer anderen Stelle als der genannten an, obwohl dies ohne Gefährdung möglich gewesen wäre, hat er der Aufforderung iSd § 97 Abs.5 StVO nicht Folge geleistet (E 23.5.1977, 0236/77). 

Der Bw hat durch das ohne Einverständnis des Meldungslegers eigenmächtig erfolgte Weiterfahren bis zum Haus Ottsdorfer­straße 9 den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da von einer Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens im Sinn des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann (E 18.5.2001, 98/02/0097), sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.   

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatz­freiheitsstrafe reicht.

Der Bw hat eine nicht einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 2002, sodass Milderungs- oder Erschwerungsgründe nicht zu berücksichtigen waren; der Schätzung seiner finanziellen Verhältnisse durch die Erstinstanz (Einkommen 1400 Euro netto monatlich; kein Vermögen; Sorgepflichten für ein Kind) ist er nicht entgegengetreten.

Zumal außerdem im gegenständlichen Fall von vorsätzlichem Verhalten auszugehen ist, ist keine Überschreitung des der Erstinstanz bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraumes festzustellen. Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf § 19 VStG den dortigen Kriterien und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Ansätze für eine Herab­setzung der Geld- und der im Verhältnis dazu angemessenen Ersatz­freiheitsstrafe finden sich nicht. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Nichtmitführen des Führerscheines + Fernlicht nicht erweisbar, Anhalten – Aufforderung ungerechtfertigt, keine Folge geleistet

 

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