Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161576/4/Br/Ps

Linz, 29.08.2006

 
E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A K, geb., L, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13. Juli 2006, Zl. VerkR96-6236-2005, zu Recht:

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.         Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen verhängte mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 36 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, weil er am 12.4.2005 um 12.21 Uhr in Ansfelden, L1392 auf Höhe der Kreuzung Autobahnabfahrt Süd, auf Höhe Strkm 171,000 in Fahrtrichtung Wien als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen das Vorrangzeichen "Halt" nicht beachtet habe, indem er ohne anzuhalten in die Kreuzung eingefahren sei.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte hier den Schuldspruch ausschließlich auf die in der Anzeige dokumentierte Wahrnehmung des Meldungslegers.

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht per E-Mail an die Behörde erster Instanz übermittelten Berufung. Darin bestreitet er die Tatbegehung und führt im Ergebnis unter Benennung eines Zeugen aus zur fraglichen Zeit nicht vor Ort gewesen zu sein.

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier angesichts des Ergebnisses ergänzender h. Erhebungen und der diesbezüglich seitens der Behörde erster Instanz erstatteten Stellungnahme unterbleiben (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt sowie durch Einholung einer Stellungnahme vom Meldungsleger und der Behörde erster Instanz. Die für die Entscheidung wesentliche Beweislage ergibt sich somit in ausreichender Schlüssigkeit. 

Im Rahmen des Parteiengehörs unter Darlegung der Beweislage und deren Würdigung trat die Behörde erster Instanz in ihrer schriftlichen Äußerung einer Verfahrenseinstellung nicht entgegen.

 

4.1. Die Aktenlage:

Mittels sogenannter Gendis-Anzeige hätte der Berufungswerber an der o.a. Örtlichkeit an der Stopptafel nicht angehalten. Es lässt sich aus dieser äußerst knapp gehaltenen Anzeige weder die Distanz der Wahrnehmung, noch die Art (etwa Geschwindigkeit) des Überfahrens der Haltelinie und auch nicht originär die Fahrzeugfarbe und Type erkennen.

Von der Tatortbehörde (Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) wurde eine Strafverfügung erlassen, wobei nach Erhebung eines Einspruches das Verfahren an die Wohnsitzbehörde (Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen) abgetreten wurde.

Dort wurde ein umfassendes Aktenverfahren geführt und auch der Meldungsleger als Zeuge im Rechtshilfeweg einvernommen. Dieser verwies dabei im Ergebnis lediglich auf seine Anzeigeangaben.

Auch der vom Berufungswerber namhaft gemachte Zeuge wurde im Wege der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land und von dort vor dem Stadtamt Marchtrenk zeugenschaftlich befragt.

Dieser Zeuge bestätigte mit dem Berufungswerber einen Termin um 12.00 Uhr eingetragen gehabt zu haben, welcher auch stattgefunden habe. Wie lange dieser Termin konkret dauerte, konnte der Zeuge wohl nicht sagen.

Der Berufungswerber will daraus ableiten, jedenfalls nicht um 12.21 Uhr an der fraglichen Örtlichkeit gewesen sein zu können. Dies scheint auf Grund der Entfernung von Marchtrenk nach Traun durchaus plausibel.

 

4.2. Auf Grund dieser schwach dokumentierten Beweislage sind die originären Handaufzeichnungen zur Beweisführung unterlässlich. Nur dadurch lässt sich im Falle der Übereinstimmung von Fahrzeugtype und Farbe mit dem Kennzeichen und allenfalls auch noch durch eine knappe Beschreibung des Lenkers eine tragfähige Beweislage ableiten. Warum hier der Meldungsleger den Lenker nicht anhielt, wenn dieser doch an ihm vorbeigefahren sein soll, bleibt unter Bedachtnahme auf den durch die Kennzeichenanzeige generierten Verfahrensaufwand, welcher mit fast 100 Aktenseiten und mehreren Rechtshilfeschritten zu Buche schlug, unerfindlich. 

Handaufzeichnungen konnten für das Berufungsverfahren vom Meldungsleger nicht vorgelegt werden. Ob solche über das Kennzeichen hinaus überhaupt festgehalten wurden, ist ebenfalls offen.

Der Meldungsleger vermeinte im Rahmen einer informativen Befragung zur Sache, dass die Beobachtungsentfernung etwa 50 m betragen habe. Anschließend sei das Fahrzeug an ihm vorbeigefahren, wobei es aber aus nicht mehr benennbaren Gründen zu keiner Anhaltung gekommen ist.

Vor diesem Hintergrund entzieht sich diese inhaltlich knappest gehaltene Anzeige mangels der Handaufzeichnungen jeglicher inhaltlichen Nachvollziehbarkeit. Ein Ablesefehler ist demnach keineswegs auszuschließen, weil doch auch die Fahrzeugfarbe mit der Anzeige nicht originär, sondern bloß über den Datensatz aus der Zulassungsdatei erfasst wurde. Mit Blick auf den vom Berufungswerber eingewendeten und als gesichert geltenden Termin ist es nicht auszuschließen, dass der Berufungswerber zur fraglichen Zeit nicht vor Ort war. Dies scheint vielmehr sogar wahrscheinlich, sodass von einem Tatbeweis hier nicht ausgegangen werden kann.

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Rechtlich folgt iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG, dass selbst schon bei bloßem Zweifel am Tatvorwurf von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Wie es auch für die Nachvollziehbarkeit und die Möglichkeit der Zuordnung spezifischer Lasermessergebnisse zu einem konkreten Fahrzeug zutrifft, gilt dies auch für diese Art einer bloßen Anzeige nach dem Kennzeichen (s. jüngst h. Erk. v. 16.6.2006, VwSen-161388/5/Br/Ps, mit Hinweis auf VwGH v. 14.6.1995, 95/03/0005 u. dort auf Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 304 f und die dort zitierte Judikatur, sowie auf das h. Erk. v. 15.3.2005, VwSen-161233/8/Zo/Pe).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

Beweislage, Nachprüfbarkeit

 

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