Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161677/2/Ki/Da

Linz, 10.10.2006

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der A S, S, A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P C, S, K, vom 13.7.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 29.6.2006, VerkR96-19801-2005, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird keine Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

 

II.    Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren einen Beitrag von 50 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Straferkenntnis vom 29.6.2006, VerkR96-19801-2005, die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe es unterlassen, als Zulassungsbesitzerin der Bezirkshauptmannschaft Gmunden innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung vom 18.10.2005 (also in der Zeit vom 23.12.2005 bis 7.1.2006) bekannt zu geben, wer das KFZ S- am 2.9.2005 um 05:21 Uhr gelenkt hat. Sie habe dadurch § 103 Abs.2 KFG 1967 verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 116 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 25 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 13.7.2006. Darin wird bemängelt, dass sich das angefochtene Straferkenntnis nicht mit der Frage einer allfälligen Ermahnung gem. § 21 VStG auseinander gesetzt habe und überdies auf eine Entscheidung des UVS Vorarlberg verwiesen, wonach die Bestrafung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft einen Verstoß gegen Artikel 6 Abs.1 MRK darstellen solle.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

I.5. Mittels Radarmessung wurde festgestellt, dass der PKW mit dem Kennzeichen S- am 2.9.2005 um 05.21 Uhr auf der Westautobahn (A1) im Bereich einer eingeschränkten erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h mit einer Geschwindigkeit von 113 km/h unterwegs gewesen ist. Zulassungsbesitzerin dieses PKW ist die Berufungswerberin.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin mit Schreiben vom 28.10.2005 zunächst aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mitzuteilen, wer das Fahrzeug, S-, am 2.9.2005, 05.21 Uhr (Gemeinde Vorchdorf A1 bei km 206.195 in Richtung Wien) gelenkt hat. Diese Aufforderung wurde der Beschuldigten per Hinterlegung am 23.12.2005 rechtskräftig zugestellt.

 

Nachdem seitens der Berufungswerberin auf die Aufforderung hin keine Reaktion erfolgte, hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden zunächst am 3.2.2006 (VerkR96-19801-2005) wegen Nichterteilung der Auskunft eine Strafverfügung erlassen und es erging in der Folge nach Erhebung eines Einspruches gegen diese Strafverfügung das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

Die Berufungswerberin rechtfertigte sich zunächst damit, dass es sich beim gegenständlichen Vorfall um ein einmaliges Ereignis handle, sie habe die gegenständliche Aufforderung irgendwo verlegt und später darauf vergessen, diese zu beantworten. Da auch die Folgen der gegenständlichen Übertretung unbedeutend wären, beantrage sie von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abzusehen und nur eine Ermahnung auszusprechen.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG begeht, wer u.a. diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten die Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Zunächst wird festgestellt, dass der zur Last gelegte Sachverhalt von der Berufungswerberin nicht bestritten wird, sie rechtfertigt sich lediglich dahingehend, dass sie die Aufforderung irgendwo verlegt und später darauf vergessen habe, diese zu beantworten. Der objektive Tatbestand der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung wird daher als erwiesen angenommen und es sind auch was die subjektive Tatseite anbelangt, keine Umstände hervorgekommen, welche zu einer Entlastung führen könnten.

 

In der Berufung verweist die Beschuldigte auf eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Vorarlberg und vermeint, die Bestrafung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft würde einen Verstoß gegen Artikel 6 Abs.1 MRK darstellen.

 

Dazu wird zunächst darauf hingewiesen, dass es sich im vorliegenden Falle um eine Verfassungsbestimmung handelt und es hat auch der EGMR in mehreren Fällen festgestellt, dass das Auskunftsverlangen nach § 103 Abs.2 KFG keine Verletzung des Artikel 6 MRK darstellt, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Verwaltungsstrafverfahren wegen der der Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG zu Grunde liegenden Geschwindigkeitsüberschreitungen zu keinem Zeitpunkt gegenüber den jeweiligen Beschwerdeführer geführt wurden (Fall WEH gegen Österreich u.a.).

 

Der Sachverhalt, welcher der von der Berufungswerberin angeführten Entscheidung des UVS Vorarlberg zu Grunde liegt, war jedoch anders gelagert. In diesem Falle ist zunächst gegen die Beschwerdeführerin ein Strafverfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung eingeleitet worden und erst danach eine Lenkeranfrage gem. § 103 Abs.2 KFG erfolgt, dies nachdem der Beschuldigte im Einspruch gegen die Strafverfügung vorgebracht hatte, er könne den Lenker des Fahrzeuges zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht nennen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt daher die Auffassung, dass im vorliegenden Falle jedenfalls keine Verletzung des Artikel 6 EMRK gegeben ist, zumal die Bezirkshauptmannschaft Gmunden, ohne zunächst ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschuldigte wegen einer allfälligen Geschwindigkeitsüberschreitung einzuleiten, die Aufforderung gem. § 103 Abs.2 KFG an sie gerichtet hat. Unter Berücksichtigung oben erwähnter Judikatur des EGMR wird daher festgestellt, dass im vorliegenden konkreten Falle der behauptete Verstoß nicht vorliegt.

 

Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

 

I.7. Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) wird ausgeführt, dass bei dem gegebenen Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 5.000 Euro) die verhängte Geldstrafe (und auch die Ersatzfreiheitsstrafe) durchaus als angemessen erscheint. In Anbetracht dessen, dass die verletzte Verwaltungsvorschrift vor allem dazu dient, dass Übertretungen der Verkehrsvorschriften auch in jenen Fällen wirkungsvoll geahndet werden können, in denen das Fahrzeug nicht angehalten werden konnte, ist sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen eine strenge Bestrafung dem Grunde nach geboten. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die – unbestrittenen – persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin berücksichtigt und auch die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd gewertet. Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, dass die Bezirkshauptmannschaft Gmunden bei der Strafbemessung vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, eine Herabsetzung wird daher nicht in Erwägung gezogen.

 

Was das Vorbringen hinsichtlich Anwendung des § 21 VStG anbelangt, so ist Folgendes festzuhalten:

 

Nach dieser Bestimmung kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Die Anwendung des § 21 VStG ist kumulativ an zwei Tatbestände geknüpft, nämlich einerseits, dass das Verschulden des Beschuldigten nur geringfügig sein darf und andererseits, dass die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Nur wenn beide Voraussetzungen gemeinsam erfüllt sind, ist die Anwendung des § 21 VStG zulässig. Im vorliegenden Falle mag es dahingestellt bleiben, inwieweit die Schuld der Berufungswerberin im vorliegenden konkreten Falle so gering sein könnte, dass mit der Erteilung einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden könnte, ist doch nach hiesiger Auffassung das zweite Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Gerade Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit führen häufig zu Verkehrsunfällen mit gravierenden Folgen bzw. Verletzungen der Rechtsgüter Leben und Gesundheit. Es ist daher im staatlichen Interesse, dass derartigen Verwaltungsübertretungen wirkungsvoll entgegen getreten werden kann. Dadurch, dass die Beschuldigte die Auskunft hinsichtlich des Lenkers – aus welchem Grunde immer – verweigert hat, hat sie das staatliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung der Verwaltungsübertretung geschädigt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Folgen der Tat unbedeutend sind, weshalb die Voraussetzungen des § 21 VStG nicht erfüllt sind.

 

I.8. Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Berufungswerberin weder durch den Schuldspruch noch durch die Strafbemessung in ihren Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

                                                     Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

                                                                                                                                                      

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 103 Abs.2 KFG jedenfalls dann kein Verstoß gegen Art. 6 EMRK, wenn noch kein Strafverfahren gegen die betreffende Person eingeleitet ist.

 

 

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