Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222075/35/Bm/Sta

Linz, 05.10.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Dr. J L, L, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 6.2.2006, Zl. Ge-108/05, wegen Übertretung der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 6.2.2006, Ge-108/05, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 100 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm Punkt I./A)9. des Bescheides des Magistrates Steyr vom  21.4.2004  (Zl.: GeBA-10/2003) verhängt, weil er es als Gewerbeinhaber der Firma Dr. J L in S, P (Gastgewerbebetrieb) verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten hat, dass die Betriebsstätte oa. Firma in S, P (Gastgewerbebetrieb), zumindest am 14.1.2005, in der Zeit von 23.00 Uhr bis 23.27 Uhr, durch Ausübung des Gastgewerbes (Verweilen lassen von Gästen im oa. Gastgewerbebetrieb) betrieben wurde. Dies stellt eine Übertretung des Pkt. I.A)9. des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 21.4.2004 (Zl. GeBA-10/2003) dar, in welchem als Auflage vorgeschrieben wurde: "Die Betriebszeit wird täglich von 07.00 Uhr bis 23.00 Uhr festgelegt." Die Nichteinhaltung oa. Bescheidauflage oa Bescheides stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass, obwohl der Erstbehörde bekannt sei, dass das im Vorfallszeitpunkt von S E angemietete Lokal als Vereinslokal des Vereines F I genutzt werde, diesbezüglich jegliche Feststellungen fehlen würden. Im Vorfallszeitpunkt sei keine gastgewerbliche Nutzung erfolgt, sondern sei dieses Vereinslokal nur Vereinsmitgliedern zugänglich gewesen. Da es sich nicht um eine gastgewerblich genutzte Lokalität handle, die auch gastgewerblich zur Tatzeit nicht genutzt worden sei, dürften daher auch nach 23.00 Uhr Personen anwesend sein. Das WE-Objekt in S, P, sei an S E vermietet und verpachtet worden. Der Bescheid des Magistrates Steyr vom 21.4.2004 sei vom Berufungswerber an den Mieter übergeben und ihm aufgetragen worden, die darin enthaltenen Auflagen zu beachten. Er sei sohin entsprechend der Bestimmung des § 9 VStG der verantwortliche Beauftragte und wäre nur gegen ihn bei Nichteinhaltung von Auflagen von der Behörde vorzugehen gewesen. Nach der Novelle 87 Artikel I Z.1 des § 5 VStG habe die Behörde dem Täter grundsätzlich nicht nur den objektiven Tatbestand, sondern auch das Verschulden an einer Verwaltungsübertretung nachzuweisen. Der Berufungswerber bringt vor, in S, L, zu wohnen, sohin mehr als 5 km von dem WE-Objekt in S, P, entfernt. Er sei sohin örtlich nicht in der Lage zu beobachten, ob die mit Bescheid des Magistrates Steyr vom 21.4.2004, Zl. GeBA-10/2003, vorgeschriebenen Auflagen vom Mieter und Pächter S E eingehalten würden. Es seien zwei Personen damit beauftragt worden, die Einhaltung der verfügten Auflagen zu überwachen.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in den vom Berufungswerber vorgelegten Mietvertrag vom 3.2.2003 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.9.2006, bei der der Berufungswerber anwesend war und gehört wurde, sowie die Zeugen S E, U K und Ü D unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Berufungswerber ist Eigentümer der Liegenschaft EZ. , Grundbuch  S, zu 16390/3594360-stel Anteilen.  Das Eigentumsrecht bezieht sich auf die als Geschäftslokal eingerichteten Räumlichkeiten samt Nebenräumen im Haus J, S. Dieses Geschäftslokal samt Nebenräumen wurde an Herrn S E mit Mietvertrag vom 3.2.2003, gültig ab 1.4.2003, vermietet und war das Mietverhältnis zum Tatzeitpunkt aufrecht. Diese vermieteten Räumlichkeiten wurden zum Tatzeitpunkt vom Verein "T F C I" genutzt.

Nach dem Mietvertrag wurden die Bestandsräumlichkeiten dem Mieter zu Geschäftszwecken vermietet. Welches Unternehmen (Betriebszweig) der Mieter im Mietobjekt errichtet und führt, bleibt dem Mieter überlassen. Der Mieter ist berechtigt, sowohl die Innenräume des Bestandgegenstandes als auch die Außenfront im Bereich des Geschäftseinganges nach seinem Bedarf zu nutzen. Der Mieter ist weiter berechtigt, Untervermietungen im Bestandobjekt vorzunehmen und treten allfällige Geschäftspartner des Mieters hinsichtlich des Bestandobjektes in keine Rechtsbeziehung zum Vermieter, sondern werden solche Rechte nur zwischen dem Mieter und allfälligen Untermietern begründet. Dem Mieter ist es gestattet, allfällige Adaptierungen im Bestandobjekt auf eigene Kosten vorzunehmen; sämtliche Schlüssel zu den vermieteten Geschäftsräumen besitzt der Mieter.

Entsprechend dieser Vertragsbestimmungen wurde vom Berufungswerber auf die Betriebsführung weder in wirtschaftlicher noch in faktischer Hinsicht Einfluss genommen.

Nach dem Gewerberegisterauszug mit Registerstand vom 6.3.2006, Registernummer 4143 besaß zum Tatzeitpunkt der Berufungswerber als Gewerbeinhaber die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe gemäß § 142 Abs.1 GewO 1994 im Standort J, S; mit 26.1.2005 wurde die Gewerbeberechtigung gelöscht.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 21.4.2004, Zl.: GeBA-10/2003, wurde dem Berufungswerber die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für den Gastgewerbebetrieb am Standort J, S, erteilt. Unter anderem wurde mit Auflage eine Betriebszeit von täglich 7.00 Uhr bis 23.00 Uhr festgelegt. Vom Berufungswerber wurde dieser Betriebs­anlagen­genehmi­gungs­bescheid dem Mieter des Geschäftslokales (Gastgewerbebetriebes) mit dem Hinweis übergeben, die darin vorgeschriebenen Auflagen verlässlich einzuhalten.

 

Dieses entscheidungswesentliche Beweisergebnis stützt sich auf die übereinstimmenden und widerspruchsfreien Aussagen des Berufungswerbers und der einvernommenen Zeugen sowie auf den vom Berufungswerber vorgelegten Mietvertrag.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Nach § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Dem Berufungswerber wird im angefochtenen Straferkenntnis die Nichteinhaltung einer bescheidmäßigen Auflage vorgehalten und begründend ausgeführt, dass die im Bescheid des Magistrates der Stadt Steyr vom 21.4. 2004, Zl.: GeBA-10/2003 vorgeschriebenen Auflagen in den §§ 74 und 77 der GewO 1994 gründen. Die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers wird von der belangten Behörde auf den Umstand gestützt, dass dieser Inhaber der Gewerbeberechtigung für das gegenständliche Lokal und somit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich sei.

Damit verkennt die belangte Behörde jedoch, dass die Bestimmung des § 367 Z25 GewO 1994 nicht auf den Inhaber der Gewerbeberechtigung abstellt. Tatbestandsmäßig ist vielmehr die Nichteinhaltung von Auflagen durch den aus einem Genehmigungsbescheid jeweils Verpflichteten. Verpflichtet zur Einhaltung ist der jeweilige Inhaber der Betriebsanlage, der nicht unbedingt mit dem Bescheidadressaten (vorliegend unbestritten der Berufungswerber) gleichzuhalten ist. Dies ergibt sich aus der im § 80 Abs.5 GewO 1994 verankerten dinglichen Wirkung.   

 

Diese sogenannte "dingliche Wirkung" einer Betriebsanlagengenehmigung bewirkt nämlich, dass von der einmal erteilten Genehmigung jeder neue Inhaber Gebrauch machen kann, er also keiner neuerlichen Anlagengenehmigung bedarf. Umgekehrt obliegt dem neuen Inhaber die Erfüllung bzw. Einhaltung aller dem Vorgänger vorgeschriebenen Auflagen, ohne dass es hiezu eines neuen oder gesonderten Auftrages der Gewerbebehörde bedürfe (vgl. Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage, 2. Auflage, RZ 126).

Gegenständlich ist somit zu klären, wer zu den Tatzeitpunkten "Inhaber" der gegenständlichen Betriebsanlage war.

Nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist "Inhaber", wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht. Demgemäß ist auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen (siehe Erkenntnis des VwGH vom 21.11.2001, 2000/04/0197).

Bei der Innehabung geht es somit um die Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens.

Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im oben zitierten Erkenntnis ist der Verpächter einer Anlage (gleichzuhalten mit einem Vermieter) nicht in der Lage, die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen zu gewährleisten (bzw. die nötigen Vorkehrungen hiezu zu treffen). Es ist vielmehr so, dass den Verpächter mit dem Betrieb der (bewilligten) Betriebsanlage in vielen Fällen "nichts verbindet" und diese oft "außerhalb seiner Interessen – und Einflusssphäre" liegt, sodass ein Einstehen für die Erfüllung bzw. Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen als nicht gerechtfertigt erscheint.

Nach dem vorliegenden Beweisergebnis kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber die Betriebsanlage zum Tatzeitpunkt  betrieben hat und somit Inhaber dieser Betriebsanlage war.

Der Berufungswerber hatte keine Möglichkeit, das in der Betriebsanlage ausgeübte faktische Geschehen zu bestimmen.

Das zeigt sich vor allem darin, dass die vom Verein genutzten Bestandsräumlichkeiten dem Mieter S E zwar zu Geschäftszwecken vermietet wurden, jedoch ihm überlassen blieb, in welcher Form und Ausstattung der Betrieb geführt werde. Der Berufungswerber hatte diesbezüglich kein Mitspracherecht und war auch nicht in die wirtschaftliche Führung des Betriebes eingebunden. Der Betrieb der bewilligten gastgewerblichen Betriebsanlage stand außerhalb der Interessen- und Einflusssphäre des Berufungswerbers, besaß dieser doch nicht einmal einen Schlüssel für das gegenständliche Lokal.

 

Da somit die unmittelbare Innehabung der Betriebsanlage nicht beim Berufungswerber lag, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß
§ 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum