Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222077/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 22.08.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.  Klempt über die Berufung des Ing. J W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.2.2006, Ge96-2541-2005, wegen einer Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.2.2006, Ge96-2541-2005, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z1 iVm §§ 94 Z26, 9 Abs.2, 16 Abs.1 und 39 GewO 1994 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der M & O G GesmbH mit Sitz in, nicht dafür gesorgt hat, dass die Vorschriften der GewO 1994 eingehalten werden. Die gewerberechtliche Geschäftsführerin, Frau B O, ist am 13.11.2004 ausgeschieden, weshalb er mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8.6.2005 aufgefordert wurde, bis spätestens 13.5.2005 einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer namhaft zu machen oder das Gewerbe ruhend oder gänzlich abzumelden. Dieser Aufforderung wurde jedoch bis heute nicht nachgekommen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze bekämpft wird. Begründend führt der Bw darin aus, dass Frau B O seit 11.10.2004 im M & O Kiosk angemeldet sei und der Kiosk als kein gastgewerblicher Betrieb geführt werde. Eine Kopie zur Anmeldung an die GKK betreffend Fr. O wurde der Berufung als Beilage angeschlossen. 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung entfallen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

4.1. Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

 

Gemäß § 367 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs.4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.

 

§ 9 Abs.2 GewO 1994 bestimmt, dass bei Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden darf.

 

Laut Auszug aus dem Zentralen Gewerberegister vom 23.3.2006 ist der Bw Gewerbeinhaber der M & O G GesmbH und verfügt über zwei Gewerbeberechtigungen, und zwar mit folgenden Gewerbewortlauten:

-         Gastgewerbe in der Betriebsart Buffet (§ 142 Abs.1 Z2 bis 4 GewO 1994) mit der Gewerberegister Nr. und

-         Handels- und Handelsagentengewerbe mit der Gewerberegister Nr..

Bei ersterem handelt es sich um ein reglementiertes Gewerbe, bei welchem laut Gewerberegisterauszug Fr. B O als gewerberechtliche Geschäftsführerin eingetragen ist. Beim Handels- und Handelsagentengewerbe handelt es sich um ein freies Gewerbe, mit  dem Bw als gewerberechtlichem Geschäftsführer. Dem Firmenbuchauszug ist weiters zu entnehmen, dass Frau O am 13.11.2004 als handelsrechtliche Geschäftsführerin der M & O G GesmbH ausgeschieden ist.

 

Dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lässt sich nicht entnehmen, welches konkrete Gewerbe der Bw, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt zu haben, ausgeübt hat. Die fehlende Bezeichnung des betreffenden Gewerbes widerspricht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG (vgl. VwGH 27.1.1987, 86/04/0199). Wie auch die Ausführungen des Bw anlässlich des Einspruches gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 17.11.2005 aufzeigen, war es dem Bw aufgrund der Umschreibung des Vorwurfes nicht möglich zu erkennen, worin sein strafbares Verhalten gelegen ist, zumal er sich damit rechtfertigt, dass er von der belangten Behörde am 25.4.2005 einen Auszug aus dem Gewerberegister mit der Gewerberegister Nr. 14945 erhalten habe, aus dem er als gewerberechtlicher Geschäftsführer hervorgeht. Für den Bw war sohin nicht klar nachvollziehbar zu erkennen, ob er sich bezüglich des reglementierten oder freien Gewerbes zu verantworten hat, zumal  beide Gewerbe am selben Standort, nämlich in ausgeübt werden.

 

4.2. Weiters beinhaltet der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, dass die gewerberechtliche Geschäftsführerin, Frau B O, am 13.11.2004 ausgeschieden ist.

Hiezu ist zu bemerken, dass Frau O laut Firmenbuchauszug vom 23.3.2006 als handelsrechtliche Geschäftsführerin der M & O G GesmbH ausgeschieden ist und dadurch die persönlichen Voraussetzungen zu ihrer Bestellung als gewerberechtliche Geschäftsführerin hinsichtlich des reglementierten Gewerbes gemäß § 39 Abs.2 Z1 GewO 1994 nicht mehr vorliegen, weil sie nicht mehr dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehört.

 

Gemäß § 39 Abs.2 GewO 1994 muss der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere dem Abs.1 entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Handelt es sich um ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, so muss der gemäß § 9 Abs.1 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person außerdem

1.      dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder

2.      ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. 

 

Mit Ausscheiden von Frau O am 13.11.2004 als handelsrechtliche Geschäftsführerin der M & O G GesmbH gehört sie nicht mehr dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person, nämlich der M & O G GesmbH, an.

Durch das Ausscheiden als handelsrechtliche Geschäftsführerin erfüllt Frau O nicht mehr die persönlichen Voraussetzungen als gewerberechtliche Geschäfts­führerin hinsichtlich des reglementierten Gewerbes. 

Die am 11.10.2004 erfolgte Anmeldung als Verkäuferin im M & O Kiosk erfüllt nicht die persönliche Voraussetzung, wie dies § 39 Abs.2 zweite Alternative GewO 1994 fordert, zumal Frau O ihre Tätigkeit nunmehr als unselbständige Arbeitnehmerin - laut Bestätigung der Gebietskrankenkasse als Verkäuferin - im Bereich des Handels- und Handelsagentengewerbe, im sog. freien Gewerbe ausübt. Eine Anmeldung als Arbeitnehmerin im Gastgewerbe wird hingegen nicht behauptet und nicht nachgewiesen.

 

Der Tatvorwurf, wonach die durch den Bw bestellte gewerberechtliche Geschäftsführerin hinsichtlich des reglementierten Gewerbes die persönlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, wurde dem Bw jedoch zu keinem Zeitpunkt des Verwaltungsstrafverfahrens zur Last gelegt.

 

Im Übrigen wird Frau O nach wie vor als gewerberechtliche Geschäftsführerin des reglementierten Gewerbes sowohl laut Firmenbuchauszug als auch laut Auszug des Zentralen Gewerberegisters, beide vom 23.3.2006,  geführt.

 

4.3. Darüber hinaus wirkt auch der Passus im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, nämlich dass der Bw mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8.6.2005 aufgefordert wurde, bis spätestens 13.5.2005 einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer namhaft zu machen oder das Gewerbe ruhend oder gänzlich abzumelden, befremdend, stellen doch Aufforderungen Handlungen dar, die ihre Wirkungen in der Zukunft entfalten sollen und daher nicht rückwirkend Versäumnisse beheben können.

 

4.4. Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Da hinsichtlich der Anführung des konkreten Gewerbes keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung getätigt wurde und laut ständiger  Rechtsprechung des VwGH eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht ausreicht (vgl. VwGH 13.1.1982, 81/03/0203, 25.5.1983, Slg. 11069 A uva), war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine dahingehende Spruchberichtigung vorzunehmen.

 

5. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt gemäß § 66 VStG die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.    

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatkonkretisierung; gewerblicher Geschäftsführer, Voraussetzungen

 

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