Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222084/2/Bm/Sta

Linz, 18.08.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau S G, B, B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J L, Dr. E W, Mag. C. O, Dr. H N, G, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 21.3.2006, Zl. Ge-1279/05, wegen Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 21.3.2006, Ge-1279/05, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 Abs.1 Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF verhängt, weil sie es als gewerberechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 370 Abs.2 Gewerbeordnung 1994 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der Firma G KEG in S, S, zu vertreten hat, dass die Betriebsstätte (Betriebsanlage) oa. Firma in S, S (Lokal "C C"), zumindest am 16.11.2005 gegen 23.30 Uhr in einer gegenüber der Betriebsanlagen­genehmigung abgeänderten Art und Weise betrieben wurde. Da zu diesem Zeitpunkt in oa. Betriebsstätte eine Musikanlage – deren Außenwirkung über den Bereich ggst. Lokales hinausging – betrieben wurde, welche nicht mittels Betriebsanlagen­be­willigungsbescheid genehmigt war. Es wurde somit durch den Betrieb oa. bewilligungsloser Musikanlage eine bewilligungslose Abänderung der bestehenden Betriebsanlage vorgenommen. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmung der Gewerbeordnung dar.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass der vorgeworfene Verwaltungsstraftatbestand nicht erfüllt sei. Vorauszuschicken sei, dass der gegenständliche Vorfall der zweite von mehreren Anzeigen durch Anrainer sei. Es seien am 4.11.2005, 10.12.2005, 23.12.2005, 9.3.2006 und 13.3.2006 weitere Anzeigen erfolgt. Weiters sei anzumerken, dass nicht nur das C C im Bereich S betrieben werde, sondern weiters das C S (S) und das Nachtlokal F (S) sich in nächster Nachbarschaft finden würden. Nachdem die Anzeigen 4.11. und 16.11.2005 erfolgt seien, eine über den Bereich des C C nach außen dringende Lärmbelästigung jedoch nicht erfolgt sei, sei am 24.11.2005 durch die zuständige Gewerbebehörde eine bis heute vorhandene Verplombung der im Lokal befindlichen Musikanlage durchgeführt worden. Trotz dieser Verplombung sei es abermals zu Anzeigen auf Grund von Lärmbelästigungen gekommen. Diese seien wegen der vorhandenen Verplombung keinesfalls vom C C ausgehend, sodass sich daraus schließen lasse, dass auch die vor dem Zeitpunkt der Verplombung zur Anzeige gebrachten Lärmbelästigungen nicht vom C C ausgegangen sein könnten. Die Lärmbelästigungen seien einzig und allein somit entweder dem C S oder dem C F zuzurechnen.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z2 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.      die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.      die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was das zweite Erfordernis anlangt, nämlich das unverwechselbare Feststehen der Identität der Tat, muss erstens im Spruch des Straferkenntnisses der Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierender Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten oder eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, die Beschuldigte rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr. 11.466/a).

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden.

Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 93 ff).

 

Diesen Konkretisierungsanforderungen entspricht in mehrfacher Hinsicht weder die Aufforderung zur Rechtsfertigung vom 29.11.2005 noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

Eine Änderung liegt in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage vor, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Ob eine "Änderung" vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031).

Nach § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf jedoch nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung,  sondern nur eine solche Änderung, die geeignet ist, die in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen (VwGH 23.10.1995, 94/04/0080).

Die Behörde hat im Strafverfahren nach § 366 Abs.1 Z3 GewO die Genehmigungspflicht selbstständig auf Grundlage des § 74 Abs.2 GewO zu beurteilen. Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (VwGH 3.9.1996, 96/04/0093).

 

Eine solche konkretisierte Umschreibung der Interessen, die durch die vorgeworfene Änderung der Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen. Die Feststellung, dass die Musikanlage in ihrer Außenwirkung über den Bereich des ggst. Lokales hinausging, reicht nicht hin.

 

Darüber hinaus ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.2.1993, 91/04/0248) dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG iVm § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 durch einen Hinweis auf den konkreten Genehmigungsbescheid betreffend die geänderte Betriebsanlage zu entsprechen. Auch diesem Erfordernis ist weder in der Verfolgungshandlung noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachgekommen worden.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG und war somit das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum