Linz, 19.09.2006
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Q H N, S k S, b, V, P, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 11. August 2006, Zl. Sich96-246-2006, wegen Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird aus Anlass der Berufung aufgehoben.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs. 4 AVG
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 11. August 2006, Zl. Sich96-246-2006, wurde der Rechtsmittelwerber – ein vietnamesischer Staatsbürger, dem eine Übertretung des Fremdengesetzes angelastet wird – dazu verpflichtet, zwecks ordnungsgemäßer Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens binnen zwei Wochen einen Zustellungsbevollmächtigten in Österreich namhaft zu machen. Außerdem war zuvor am 16. Juli 2006 zwecks Sicherstellung der Strafverfolgung ein vorläufiger Betrag in Höhe von 100 Euro eingehoben worden.
1.2. Gegen diesen ihm am 18. August 2006 zugestellten Bescheid richtet sich die am 31. August 2006 − und damit rechtzeitig − bei der belangten Behörde eingegangene Berufung.
Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der Rechtsmittelwerber als Student der Technischen Hochschule in Prag vom 7. bis 16. Juli 2006 an einem von dieser Schule organisierten Sportaufenthalt in Italien teilgenommen habe. Am 16. Juli sei er bei der Rückreise mit dem Bus nur durch Österreich weiter nach Tschechien durchgefahren. Vor der Auslandsreise habe er sich bei der italienischen Botschaft in Prag über ein Transitvisum informiert, wobei ihm mitgeteilt worden sei, dass er auf Grund seines Daueraufenthaltes in Tschechien für den Studentenaufenthalt kein Visum brauche.
Im Übrigen wird zwecks Zusendung allfälliger weiterer Schriftstücke in der vorliegenden Angelegenheit eine neue Zustelladresse in Tschechien bekannt gegeben.
Aus diesen Gründen wird − erschließbar − beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen.
2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Freistadt zu Zl. Sich96-246-2006; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
3.1. Nach § 10 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982 (im Folgenden: ZustG), kann die Behörde eine Verfahrenspartei, die sich ständig im Ausland aufhält, beauftragen, einen für die Zustellung der an sie ergehenden Schriftstücke bevollmächtigten Empfänger mit Wohnsitz in Österreich namhaft zu machen; unterlässt die Partei die Bekanntgabe eines Bevollmächtigten, so ist die Zustellung mit verbindlicher Wirkung durch Hinterlegung bei der Behörde selbst vorzunehmen.
3.2. Würde es einen besonderen Anlass dafür geben, einen in Österreich ansässigen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen − z.B. weil amtsbekannt ist, dass das Postwesen in einem anderen Staat (wie z.B. im Raum Afrika oder Südamerika, etc.) nicht funktioniert −, so spricht nichts dagegen, wenn die Behörde gemäß § 10 ZustG vorgeht.
Im gegenständlichen Fall steht aber allseits unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer seinen ständigen Wohnsitz in Tschechien hat. Nachdem dieser Staat bereits der Europäischen Union angehört und keine Hinweise für eine begründete Vermutung dafür, dass sich der Rechtsmittelwerber – zumal dieser mit anderen Studenten gemeinsam anlässlich eines Sportaufenthaltes in einem Reisebus unterwegs war − tatsächlich nicht an der von ihm angegebenen Adresse aufhält, vorliegen, war der davon auszugehen, dass die Zustellung von Schriftstücken im europäischen Raum funktioniert.
Im Übrigen wird auch dadurch, dass der Beschwerdeführer auf Grund des angefochtenen Bescheides eine Berufung eingebracht und in dieser eine neue Zustelladresse bekannt gegeben hat, gleichsam im Nachhinein bestätigt, dass sich das Postwesen in Tschechien tatsächlich als mängelfrei erweist.
4. Die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Namhaftmachung eines in Österreich wohnhaften Zustellbevollmächtigten nach § 10 ZustG liegen daher objektiv besehen im gegenständlichen Fall nicht vor, sodass der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufzuheben war.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Dr. G r o f
Beachte:
vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;
VwGH vom 18.06.2009, Zl.: 2008/22/0618-8 (vormals: 2006/21/0325)