Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260352/20/Wim/Be

Linz, 11.10.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung von Frau DI Dr. M F R, vertreten durch H/N & Partner, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13. Juli 2005, Wa96-49/12-2004, wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) jeweils in der geltenden Fassung.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin wegen einer Übertretung des § 137 Abs.1 Z.16 iVm. § 31c Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) mit einer Geldstrafe von 250 Euro bestraft sowie zu einem 10 %-igen Kostenbeitrag zum Strafverfahren verpflichtet.

 

Im Einzelnen wurde ihr vorgeworfen, dass sie in der Zeit von April 2004 bis 30. August 2004 ohne wasserrechtliche Bewilligung im Bereich der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke Nr. 559, 560, 561 und 562/1 KG Laarkirchen, Gemeinde Laarkirchen, mit besonderen Vorrichtungen Schotter bzw. schottriges Material entnommen habe.

 

 

2.    Dagegen wurde fristgerecht Berufung erhoben und als Berufungsgründe unrichtige und unvollständige Tatsachenfeststellungen, unrichtige Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Dazu wurde ausgeführt, dass keine Gewinnung von Sand oder Kies vorliege, da die Berufungswerberin keine Gewinnungstätigkeit vorgenommen habe.

Zum Begriff "Gewinnen" wurde auf die Begriffsdefinition des § 1 Z.2 Mineralroh­stoffgesetz verwiesen, wonach Gewinnen das Lösen oder Freisetzen (Abbau) mineralischer Rohstoffe und die damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten sei. Unter Verweis auf den Kommentar von Mihatsch zum Mineralrohstoffgesetz (1999) seien Eingriffe in die Erdkruste im Zusammenhang mit der Verbesserung landwirtschaftlicher Böden (Bodenaustausch) dem Gewinnen mineralischer Rohstoffe nicht zuzurechnen.

Die geländegestaltenden Maßnahmen der Berufungswerberin, die ausschließlich der Agrarstrukturverbesserung gedient haben, seien damit kein Gewinnen. Im Sinne der Einheit der Rechtssprache könne dem Begriff "Gewinnung" im Wasserrecht kein anderer Bedeutungsinhalt beigemessen werden als im Mineralrohstoffgesetz.

 

Auch in qualitativer Hinsicht sei das ausgehobene schottrige Material nicht als Kies und Sand im Sinne des WRG anzusehen und kein verwertbarer mineralischer Rohstoff. Das ausgehobene schottrige Material sei nicht für einen frostsicheren Einbau geeignet gewesen und wurde nur für eine Geländeverfüllung und für den landwirtschaftlichen Wegebau herangezogen. Die Berufungswerberin habe lediglich aus Gründen der verfahrensrechtlichen Vorsorge den von der Wasserrechtsbehörde empfohlenen Antrag auf Erteilung einer (zum Teil nachträglichen) wasserrechtlichen Bewilligung gestellt.

 

Das Straferkenntnis hätte weiters nicht auf einen Erlass der Wasserrechtsabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung vom 20.7.2004, Wa-000116/205-2004, der an Gesetzwidrigkeit leide, gestützt werden dürfen, da diesem als bloß interner Verwaltungsanordnung keine Außenwirkung zukomme.

 

Im Übrigen wurde auch die Strafbemessung bemängelt.

 

Es wurde daher beantragt das bekämpfte Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verfahren gegen die Berufungswerberin einzustellen, in eventu das bekämpfte Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass von einer Bestrafung der Einschreiterin abgesehen werde.

 

 

3.1.     Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. September 2006, in der neben der Berufungs­werberin auch DI H B und DI J A als Zeugen einvernommen wurden.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Vor der Durchführung von geländegestaltenden und agrarverbessernden Maßnahmen, zumindest auf Teilen der im Spruch genannten Grundstücke mit einer Fläche von etwas über 2.000 , wurde von der Berufungswerberin sowohl eine naturschutzbehördliche Genehmigung eingeholt, als auch eine Anzeige nach dem Oö. Abfallwirtschaftsgesetz erstattet.

Von der Berufungswerberin wurden sodann auf den genannten Flächen ein Bodenaustausch sowie eine Planierung vorgenommen. Im Zuge der Aushubarbeiten, die mittels eines Baggers durchgeführt wurden, trat eine Schotterlinse (ein regional begrenztes schottriges Material, das sehr abrupt in lehmiges Material wechselt) zu Tage und es wurde auch dieses Material in einer Tiefe von durchschnittlich ca. 1,5 bis 2 m entfernt und zum Teil auf nahegelegenen landwirtschaftlichen Zufahrtswegen die im Eigentum der Berufungswerberin bzw. ihres Bruders standen, aufgeschüttet und ein anderer Teil zur Verfüllung einer Baugrube in Laakirchen verwendet. An Stelle des entfernten Materials wurde humoses Material als Zwischen- und Oberboden zugeführt und einplaniert.

Das entfernte schottrige Material war von minderwertiger Qualität und insbesondere nicht frostkofferfähig. Die Gesamtmenge des entsorgten Materials betrug ca. 2500 m³. Für den Transport im Zuge der Verfüllung in Laakirchen musste die Berufungswerberin eine verminderte Transportgebühr bezahlen.

 

Während der laufenden Grabungsarbeiten wurde die Berufungswerberin vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz DI B informiert, dass das Vorhaben bei weiterem Materialabtransport auch wasserrechtlich bewilligungspflichtig sei. Von der Berufungswerberin wurde daraufhin der weiterte Arbeitsfortschritt gestoppt und ein entsprechendes wasserrechtliches Bewilligungs­ansuchen samt Projektsunterlagen vorgelegt und eine wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 31c WRG 1959 erwirkt. Nach Abschluss des Vorhabens wurde auch eine positive wasserrechtliche Überprüfung durchgeführt.

Das Projektsgebiet liegt in keinem Schutz- oder Schongebiet. Die für das Grundwasser relevante Überdeckung beträgt mehr als 30 Meter.

 

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Akteninhalt, insbesondere auch aus den vorliegenden Projektsunterlagen und vor allem auch aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie einer Reihe von im Akt befindlichen und bei der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbildern. Insbesondere aus den Aussagen des Herrn DI A, der als wasserwirtschaftlicher Amtssachverständiger nicht nur im konkreten Fall sondern generell auch mit schotterrelevanten Verfahren befasst ist, hat ergeben, dass keine übermäßige Entnahme von schottrigem Material im Verhältnis zur durchgeführten landwirtschaftlichen Bodenverbesserung erfolgt ist. DI A hat am 28.10.2004 direkt während der Aushubarbeiten einen Lokalaugenschein vorgenommen. Im Wesentlichen decken sich auch die Aussagen von Herrn DI. B, der als Beauftragter für Natur- und Landschaftsschutz ebenfalls einige Tage vorher an Ort und Stelle war, mit den gemachten Feststellungen. Dieser konnte sich allerdings nicht mehr sehr genau an die örtlichen Verhältnisse dazumals erinnern. Die festgestellte durchschnittliche Bodenaustauschrate von ca. zwei Metern ergibt sich ebenfalls aus den Projektsunterlagen, insbesondere den Profilschnitten sowie den Aussagen des DI A, der sowohl vor der Erteilung der Bewilligung als auch bei der wasserrechtlichen Überprüfung vor Ort war und hier festgestellt hat das im Wesentlichen projektsgemäß gearbeitet wurde. Auch das Verhältnis der Gesamtprojektsfläche von ca. 2000 m2 zum entsorgten Volumen von ca. 2500 m3 ergibt rein rechnerisch einen durchschnittlichen Abtrag von 1,25 m und bestärkt die Richtigkeit der Angaben der Berufungswerberin. Aufgrund der bestehenden hügeligen Geländeformationen und dem Verhältnis zwischen möglichen Anschüttungen des Aushubes am Rande der Aushubfläche und der Aushubsohle kann es durchaus, wie von DI B angegeben, dazu kommen, dass hier rein optisch aber auch kleinräumig tatsächlich durchaus größere Aushubtiefen in Erscheinung getreten sind.

 

 

4.        Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

 Die Überschrift vor dem § 31c WRG 1959 lautet: "Sonstige Vorsorge gegen Wassergefährdung"

§ 31c Abs.1 lautet: Unbeschadet der Bestimmungen der §§ 9, 32, 34 und 38 bedarf die Gewinnung von Sand und Kies der wasserrechtlichen Bewilligung, wenn sie mit besonderen Vorrichtungen erfolgt.

Abs.2 lautet: Bei Vorhaben nach Abs.1, die nach den gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig sind oder die dem Bergrecht unterliegen, entfällt die Bewilligungspflicht, wenn das Vorhaben außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete geplant ist.

Abs.3 lautet: In den Fällen des Abs.1 und 2 hat die jeweils zuständige Behörde insbesondere die zur Vermeindung einer Gewässerverunreinigung notwendigen und nach dem Stand der Technik möglichen Vorkehrungen zu treffen, die nach Beendigung der Entnahme zu treffenden Maßnahmen aufzutragen sowie darauf zu achten, dass Gemeinden in der Versorgung ihrer Bewohner mit Trinkwasser nicht beeinträchtigt werden. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

 

Diese Bestimmung wurde durch die WRG-Novelle 1969 mit BGBl. 207/1969 als damaliger § 31a Abs.2 eingeführt. Die maßgeblichen erläuternden Bemerkungen zu der dieser Gesetzesnovelle zu Grunde liegenden Regierungsvorlage lauten: "Durch die Bestimmung des Abs.2 soll die Lücke für die wasserrechtlich noch nicht erfassten Entnahmen geschlossen werden, da sie auch außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete eine Gefahr für das Grundwasser darstellen. Die Gefahr liegt darin, dass zunächst auf jeden Fall die das Grundwasser schützende Bodenschicht, in der hauptsächlich der biologische Abbau von Verunreinigungen erfolgt, entfernt wird. Dadurch wird der natürliche Schutz des Grundwassers weitgehend vermindert oder ganz beseitigt, wobei dieser Zustand im Gegensatz zu anderen Baustellen bestehen bleibt. Diese nach dem Abbau meist sich selbst überlassene Grube bietet erfahrungsgemäß den Anreiz zur Ablagerung von Unrat und Abfall. Die Sand- und Kiesgewinnung ist außerdem in Folge der intensiven Bautätigkeit überall verbreitet und zwar meist gerade dort, wo sich die wertvollen Grundwasservorkommen vorfinden. Da Abbau und nachfolgender Zustand demnach das Grundwasser und damit bestehende und künftige Wasserversorgungen gefährden, ist die behördliche Einflussnahme im Interesse des Gewässerschutzes notwendig."

 

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates handelt es sich beim § 31c Abs.1 durchaus um einen Vorsorgetatbestand hinsichtlich des Grundwasser­schutzes. Schon aus dem systematischen Zusammenhang mit der Überschrift "Sonstige Vorsorge gegen Wassergefährdung" ist dies abzuleiten.

 

Andererseits ist, wie von der Berufungswerberin auch vorgebracht, der Begriff der "Gewinnung" hinsichtlich seines Sinngehaltes durchaus näher zu hinterfragen.

Von der Bedeutung des Wortsinnes wird Gewinnung definiert als "Bodenschätze, Naturvorkommen abbauen oder fördern" (siehe dazu Duden, Deutsches Universalwörterbuch 2. Auflage).

 

Auch der Wortlaut des § 31c Abs.2: "Bei Vorhaben nach Abs.1" die nach gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig sind oder die dem Bergrecht unterliegen…", stellt durchaus darauf ab, dass es sich hier offensichtlich um gleiche oder ähnliche Formen der Gewinnung handelt, die eben dem spezielleren Gesetzesregime unterliegen.

Auch die Definition des Mineral-, Rohstoffgesetzes, wonach Gewinnen das Lösen oder Freisetzen (der Abbau) mineralischer Rohstoffe und die damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten sind, spricht für den Unabhängigen Verwaltungssenat durchaus dafür, dass hier eben auch eine entsprechende Verwertung des Materials im Hintergrund steht.

 

Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber eben speziell das Wort "Gewinnung" und nicht "Entnahme" von Sand und Kies bei der Formulierung gewählt hat.

 

Auch nach den oben angeführten Materialen hatte der Gesetzgeber offenbar klassische wenn durchaus auch kleinere Kiesgruben im Auge. Dafür spricht vor allem auch die Formulierung "Dadurch wird der natürliche Schutz des Grundwassers weitgehend vermindert oder ganz beseitigt, wobei dieser Zustand im Gegensatz zu anderen Baustellen bestehen bleibt. Diese nach dem Abbau meist sich selbst überlassene Grube…".

Noch dazu kommt, dass in der ursprünglichen Formulierung des § 31a Abs.2 WRG, in der Fassung Novelle 1969 zusätzliches Bewilligungskriterium war, das die Gewinnung eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen kann. Dieser Zusatz ist in Folge der WRG-Novelle 1990 und der systematischen Umreihung und Eingliederung in den § 31c entfallen.

 

Ausgehend vom Vorsorgeprinzip gegen eine Wassergefährdung muss bei der Beurteilung des Tatbestandes der Gewinnung durchaus von möglichst objektivierbaren Kriterien wie der Form der Entnahme und vor allem auch dem Umfang der Entnahme sowie von möglichen Wassergefährdungen ausgegangen werden.

 

Gerade im speziellen Fall hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass im Grunde nur jene Menge an schottrigem Material entfernt wurde, das für einen sinnvollen und zweckmäßigen landwirtschaftlichen Bodenaustausch erforderlich war. Weiters wurde das Material in keiner besonderen Form wirtschaftlich verwertet, sondern eher "entsorgt" in der Form, dass es einerseits auf Feldwegen aufgeschüttet wurde und andererseits als bloßes Füllmaterial für eine ausgehobene Baugrube verwendet wurde. Auch die mangelnde Qualität des Materials und der Umstand, dass daraus überhaupt kein Erlös erzielt wurde sondern nur die Transportkosten nicht in voller Höhe zu bezahlen waren, sprechen dafür, dass hier keine Gewinnung erfolgt ist. Auch der große Flurabstand von 30 m bis zum Grundwasser und die Tatsache, dass ja die Bodendeckschichten wieder und zwar was den Grundwasserschutz betrifft sogar in besserer Qualität aufgebracht wurden, schließen das konkrete Vorhaben von einer nach Absicht des Gesetzgebers im nunmehrigen §31c WRG umfassten Gewinnung von Sand und Kies aus.

Natürlich unterliegt auch das gegenständliche Vorhaben der allgemeinen Sorge für die Reinhaltung des (ebenfalls durch die Novelle 1969 maßgeblich bestimmten) § 31 WRG 1959.

 

Da somit im konkreten Einzelfall keine bewilligungspflichtige Gewinnung im Sinne des § 31c WRG 1959 vorgelegen ist, war auch eine wegen nichteingeholter bzw. nicht rechtzeitig eingeholter Bewilligung erfolgte Bestrafung der Berufungswerberin bereits aus diesem Grunde  gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG zu beheben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  Wimmer

 

 

 

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