Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280843/4/Wim/CR/Sta

Linz, 22.08.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des A I vom 9. Juni 2005, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 23. Mai 2005, Zl. Ge96-27-2004, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes iVm der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe durch Herrn J W, zu Recht erkannt:

 

 

            Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und § 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1.  Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 23. Mai 2005, Zl. Ge96-27-2004, wurde über Herrn J W, weil er seinen Arbeitnehmer J W, geboren am 24. Dezember 1958, als Lenker des Kraftfahrzeuges, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr

 

1. zwischen dem 2. November 2003, 21.20 Uhr und dem 7. November 2003, 19.00 Uhr, insgesamt 49 Stunden 10 Minuten herangezogen hätte, obwohl die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten von maximal 10 Stunden nicht überschritten werden darf, eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 74 Stunden) verhängt.

 

2. innerhalb eines Zeitraumes vom

a.      2. November 2003, 21.00 Uhr bis 3. November 2003, 21.00 Uhr lediglich eine Ruhezeit von 1 Stunde 55 Minuten,

b.      4. November 2003, 2.45 Uhr bis 5. November 2003, 2.45 Uhr lediglich eine Ruhezeit von 4 Stunden 45 Minuten,

c.       5. November 2003, 5.50 Uhr bis 6. November 2003, 5.50 Uhr lediglich eine Ruhezeit von 7 Stunden 5 Minuten,

d.      6. November 2003, 7.25 Uhr bis 7. November 2003, 7.25 Uhr lediglich eine Ruhezeit von 6 Stunden 45 Minuten

hätte gewährt bekommen, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine unterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden zu gewähren ist, eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 74 Stunden) verhängt.

 

3. am 5. November 2003 zwischen 6.00 Uhr und 11.35 Uhr insgesamt 5 Stunden 35 Minuten ununterbrochen zum Lenken des Kraftfahrzeuges herangezogenen worden sei, obwohl nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von höchstens viereinhalb Stunden eine Unterbrechung/Lenkpause von 45 Minuten einzuhalten ist. Diesbezüglich wurde von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen.

 

Dadurch habe er begangen

 

zu 1. eine Übertretung von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (EG-VO 3820/85) iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe.

 

zu 2. eine Übertretung von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (EG-VO 3820/85) iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe.

 

zu 3. eine Übertretung von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (EG-VO 3820/85) iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe.

 

1.2.  Begründet wurde, dass im Zuge einer durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wels (in der Folge: Bw) durchgeführten Kontrolle der Tachographenschaublätter festgestellt worden sei, dass der im Güterbeförderungsunternehmen der W Transport GmbH beschäftigte J W hinsichtlich der absolvierten Lenk- und Ruhezeiten sowie Lenkpausen zu Arbeitsleistungen herangezogen worden sei, die der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr zuwiderlaufen. Aufgrund der gemachten Feststellungen habe der Bw bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen beantragt, gegen den Verantwortlichen der W Transport GmbH ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten und eine Geldstrafe von insgesamt 1.100 Euro zu verhängen.

 

In dem hierauf eingeleiteten Verfahren habe in Vertretung von J W Herr F W in der am 8. September 2004 mit ihm aufgenommenen Niederschrift im Wesentlichen die vom Lenker J W zu den inkriminierten Zeiten zurück gelegten Wegstrecken und darauf abzielende Fahrtaufträge ausführlich nachvollzogen und darauf verwiesen, dass die Disposition des Lenkers so erfolgt sei, dass die Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten und auch der Lenkpausen grundsätzlich möglich gewesen wäre. Nachdem es lediglich zu geringfügigen Über- beziehungsweise Unterschreitungen gekommen sei und über die Verantwortlichen der W Transport GmbH keine Verwaltungsvormerkungen wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes zu verzeichnen seien, sollte mit einer wesentlich geringeren Geldstrafe oder einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

 

Zu dieser Rechtfertigung habe der Bw mit Schreiben vom 2. November 2004 angemerkt, dass die in der Anzeige angeführten Übertretungen keinesfalls bestritten werde und daher als gegeben anzunehmen seien, weshalb die Strafanzeige in vollem Umfang aufrecht bleibe.

 

F W habe dazu in einer persönlichen Vorsprache am 25. November 2004 auf die bisherigen Rechtfertigungsangaben verwiesen und um Verhängung einer gegenüber dem Strafantrag des Bw wesentlich geringeren Geldstrafe ersucht, wenn seitens der Behörde von einem schuldhaften und somit strafbaren Verhalten ausgegangen werde.

 

Nach den Eintragungen im Firmenbuch des Landesgerichtes Wels zu FN 53433 d sei J W seit 1. Jänner 1993 selbständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der W Transport GmbH. Nachdem die Bestellung verantwortlicher Beauftragter nicht erfolgt und im Übrigen im Verfahren auch nicht geltend gemacht worden sei, leite sich aus seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der W Transport GmbH im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft ab.

 

Es sei als erwiesen anzusehen, dass der Lenker J W zu den im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Zeiten zum Einen über das gesetzlich zulässige Ausmaß das Kraftfahrzeug gelenkt und zum Anderen die vorgeschriebenen Ruhezeiten und Lenkpausen nicht eingehalten habe. Die Verwirklichung des objektiven Tatbildes der angelasteten Verwaltungsübertretung stehe somit fest und sei auch nicht strittig.

 

Die im Verfahren rechtfertigend vorgebrachten Argumente seien nicht geeignet darzutun, dass im Güterbeförderungsunternehmen der W Transport GmbH ein wirksames, auf die konkrete Situation abstellendes und die Bestrafung ausschließendes Kontrollsystem in Bezug auf die Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften bestehe, wie dies vom Verwaltungsgerichtshof in einer Reihe von Erkenntnissen dargelegt worden sei. J W sei daher die angelastete Verwaltungsübertretung zumindest in Form der Fahrlässigkeit anzulasten.

 

Im Hinblick auf die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Lenkpause am 5. November 2003 vertrete die Behörde die Auffassung, dass hier eine so gravierende Übertretung nicht vorliege, sodass unter Anwendung des § 21 VStG in diesem Punkt der Ausspruch einer Geldstrafe nicht gerechtfertigt wäre und mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden könne.

 

Bezüglich der Strafbemessung sei als mildernd in Betracht zu ziehen gewesen, dass über J W keine Verwaltungsvormerkungen wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes aufscheinen. Bei Betrachtung sämtlicher bei der Strafbemessung zu beurteilenden Kriterien sei die Höhe der verhängten Geldstrafe, die dem Strafantrag des Bw nicht vollinhaltlich Rechnung trage, als schuld- und tatangemessen anzusehen.

 

 

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Berufung des Bw. Darin wird beantragt, das Erkenntnis aufzuheben und weitere Tatbestandsmerkmale zu erheben und anzuführen sowie die in der Strafanzeige vom 16. Juli 2004 beantragten Strafen zu verhängen.

 

2.2.  Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass im Straferkenntnis die in Punkt 1. und 2. beantragten Strafhöhen ohne Anhörung des Bw von 500 Euro auf 400 Euro reduziert und anstatt des im Punkt 3. beantragten Strafbetrages von
100 Euro von einer Strafe abgesehen worden sei. Weiters sei nicht ermittelt worden, ob es sich bei den Fahrten um einen internationalen (innergemeinschaftlichen oder Straßenverkehr von beziehungsweise nach Drittländer) oder innerstaatlichen Straßenverkehr gehandelt habe, was die Abfahrts- und Zielorte gewesen seien und ob es sich um eine gewerbliche Güterbeförderung gehandelt habe.

 

Von einer geringfügigen Überschreitung der Lenkzeit könne keinesfalls gesprochen werden, da diese 49 Stunden und 10 Minuten betragen habe. Auch von einer geringfügigen Unterschreitung der täglichen Ruhezeit sei nicht die Rede, da die Ruhezeit von 2. auf 3. November 2003 nur 1 Stunde und 55 Minuten betragen habe. Berücksichtige man die Voraussetzungen, die § 21 Abs. 1 VStG für das Absehen von der Strafe aufstelle, so sei zu berücksichtigen, dass von einem geringfügigen Verschulden nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann die Rede sein könne, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betroffenen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibe. Da zur Strafbarkeit der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zufolge § 5 Abs. 1 VStG fahrlässiges Verhalten genüge, bleibe das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt keineswegs erheblich zurück. Außerdem könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fällen, in denen ein geeignetes Maßnahmen- und Kontrollsystem nicht eingerichtet worden sei, von einem geringfügigen Verschulden nicht mehr gesprochen werden. Es fehle damit schon am Kriterium des geringfügigen Verschuldens, sodass das Vorliegen des weiteren Kriteriums – unbedeutende Folgen – nicht mehr geprüft werden müsse. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 VStG wären daher nicht gegeben.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da sich bereits aus den Akten in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z 3 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Im Zuge einer durch ein Organ des Bw durchgeführten Kontrolle der Tachographenschaublätter wurde festgestellt, dass der im Güterbeförderungsunternehmen der W Transport GmbH beschäftigte J W hinsichtlich der absolvierten Lenk- und Ruhezeiten sowie Lenkpausen zu Arbeitsleistungen herangezogen wurde, die der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr zuwiderlaufen.

 

Der bei der W Transport GmbH beschäftigte Arbeitnehmer J W, geboren am 24. Dezember 1958, legte zwischen dem 2. November 2003, 21.00 Uhr und dem 3. November 2003, 21.00 Uhr eine Ruhezeit von 1 Stunde 55 Minuten, zwischen dem 4. November 2003, 2.45 Uhr und dem 5. November 2003 eine Ruhezeit von 4 Stunden 45 Minuten, zwischen dem 5. November 2003, 5.50 Uhr und dem 6. November 2003, 5.50 Uhr eine Ruhezeit von 7 Stunden 5 Minuten und zwischen dem 6. November 2003, 7.25 Uhr und dem 7. November 2003, 7.25 Uhr eine Ruhezeit von 6 Stunden 45 Minuten ein. Am 5. November 2003 leistete er eine ununterbrochene Lenkzeit von 5 Stunden 35 Minuten (von 6.00 Uhr bis 11.35 Uhr).

 

Die Fahrten des J W führten nach Weingarten/Deutschland (Transport von Holzpellets), nach Müllheim/Schweiz, weiter nach Sommerhofen/Deutschland, dann weiter in die Niederlande (Helmond, Dongen, Giessen, Moerdijk, S,Gravenolder [Transport von Feldgemüse]), weiter nach Beelen/Deutschland und wieder zurück nach Dongen/Niederlande.

 

Am 5. November 2003 geriet der Fahrer des LKW, J W, in einen längerdauernden Stau.

 

Aufgrund der gemachten Feststellungen hat der Bw bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen beantragt, gegen den Verantwortlichen der W Transport GmbH ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten und eine Geldstrafe von insgesamt 1.100 Euro zu verhängen.

 

Nach den Eintragungen im Firmenbuch des Landesgerichtes Wels zu FN 53433 d ist J W seit 1. Jänner 1993 selbständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der W Transport GmbH. Gegen die Firma W Transport GmbH liegen keine einschlägigen Verwaltungsvormerkungen vor.

 

Mit Straferkenntnis vom 23. Mai 2005 verhängte der Bezirkshauptmann von Grieskirchen über den handelsrechtlichen Geschäftsführer der W Transport GmbH, J W, Strafen im unter Punkt 1.1. ausgeführten Ausmaß. Die W Transport GmbH zahlte die verhängte Strafe nebst Kosten in Höhe von insgesamt 880 Euro unverzüglich ein.

 

Gegen das gegenständliche Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen erhob der Bw mit Schriftsatz vom 9. Juni 2005 Berufung.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich grundsätzlich aus den Akten. Fahrtdauer sowie -zeiten ergeben sich einerseits aus den Tachographenscheiben, andererseits aber auch aus den Angaben des F W in der Vernehmung vom 8. September 2004. Dass der Fahrer am 5. November 2003 in einen Stau geraten ist, ergibt sich gut nachvollziehbar aus der betreffenden Tachographenscheibe, auf der unter anderem ein längerer Stillstand sowie nachfolgend über einen längeren Zeitraum kurze Fahrperioden gefolgt von Stillstand zu sehen ist.

 

3.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geld­strafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF (VStG) ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Dies ist für die W Transport GmbH, eine juristische Person, Herr J W.

 

4.2. Gemäß § 28 Abs. 1a Arbeitszeitgesetz idgF (AZG) sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren (Z 2) und Lenker über die Lenker über die gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 , zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen (Z 4) von der der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 darf die gesamte Lenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

 

Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 ist nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt.

 

Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 ist innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzuhalten, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf.

 

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

4.3. Entgegen der Einwendung des Bw, die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht exakt ermittelt, ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde alle zur Beurteilung des konkreten Sachverhalts maßgeblichen Fakten, unter anderem nachvollziehbar die einzelnen Fahrten und eindeutig, dass es sich um gewerbliche Güterbeförderung handelt.

 

Dem Bw als handelsrechtlichem Geschäftsführer der W Transport GmbH wurde angelastet, die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen bei Fahrten im internationalen Güterverkehr begangen zu haben. Dafür ist erforderlich, dass zumindest eine Grenze überschritten wird. Die Tatsache, dass die angelastete Übertretung im "internationalen Straßenverkehr" begangen wurde, ist für die Anwendung des § 28 Abs. 3 und 4 AZG wesentlich (Verwaltungsgerichtshof vom
23. Oktober 2001, 2000/11/0273).

 

Nach dem Sachverhalt ist unzweifelhaft, dass bei den maßgeblichen Fahrten Grenzen überschritten wurden, weshalb es sich jedenfalls um Fahrten im internationalen Straßenverkehr handelt.

 

Nach § 28 Abs. 3 AZG genügt in jenen Fällen, in denen im internationalen Straßenverkehr als verletzte Verwaltungsvorschrift je nach Fahrtstrecke eine Bestimmung des Arbeitszeitgesetzes oder die entsprechende Vorschrift der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 in Frage kommt, als Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift die Angabe des entsprechenden Gebotes oder Verbotes der Verordnung. Damit sollen der Behörde Ermittlungen darüber erspart bleiben, welche konkreten Fahrtstrecken – nur durch EU-Länder oder nach Drittländern oder durch Drittländer – im Ausland gewählt wurden (Verwaltungsgerichtshof vom 23. Oktober 2001, 2000/11/0273 unter Bezugnahme auf die EB BlgNR XVIII. GP, 13).

 

Die Behörde hat sich daher zu Recht auf die Bestimmungen der genannten Verordnung gestützt, auch wenn eine der Fahrten in die Schweiz führte.

Die genaue Angabe der Fahrtstrecken ist, da sie nicht einmal ermittelt werden müssen, somit im Spruch nicht erforderlich.

Die im Spruch angeführten Tatbestandsmerkmale sind nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichts­hofes ausreichend, um die vorgeworfene Tat hinreichend zu individualisieren und einer Mehrfachbestrafung vorzubeugen (siehe oben zitiertes VwGH-Erkenntnis). Dies gilt auch für das Fehlen der Angaben, dass das verwendete Kraftfahrzeug zur  gewerblichen Güterbeförderung gedient habe, was übrigens in keinem Stadium des Strafverfahrens in Abrede gestellt worden ist.

 

4.4.  Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, Unter Berücksichtigung der Eigenarten des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, richtet sich das AZG als Arbeitnehmerschutzvorschrift in seiner Zielsetzung danach, Gefährdungen des Lebens, der Gesundheit, der physischen, psychischen, sozialen und kulturellen Integrität der Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit hintan zu halten. Infolge erheblicher Über- beziehungsweise Unterschreitungen der zulässigen Arbeitszeitgrenzen entsteht durch die Übermüdung der Lenker ein erhöhtes Unfallrisiko, wodurch sowohl die Gesundheit und das Leben des Lenkers als auch der übrigen Verkehrsteilnehmer beeinträchtigt werden kann. Leben und Gesundheit von Menschen sind in höchstem Maße schützenswerte Güter.

 

Die verhängte Geldstrafe von jeweils 400 Euro für die Fakten 1. und 2. beträgt rund 22 Prozent der Höchststrafe, da für derartige Verwaltungsübertretungen eine Höchststrafe von 1.815 Euro verhängt werden könnte. In Anbetracht des vorgesehenen Strafrahmens und insbesondere in Hinblick darauf, dass es die erste derartige Verwaltungsübertretung des Bw ist, scheint die Straffestsetzung insgesamt sowohl hinsichtlich der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe durchaus tat- und schuldangemessen und geeignet, J W in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten, wobei mangels Angaben des Bw im Verfahren von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen auszugehen ist.  Die verhängten Strafen bleiben auch nicht eklatant unter den Strafanträgen zurück.

 

Der Tatbestand des § 21 VStG ist erfüllt, wenn – unabhängig von der Schuldform – das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im gegenständlichen Fall handelt es sich beim Faktum 3 einerseits um eine geringfügige Überschreitung der Lenkzeiten, die andererseits auf einen unvorhersehbaren Stau zurückzuführen ist, wie sich auch anhand der Tachographenscheiben gut nachvollziehen lässt, ist doch auf der gegenständlichen Tachographenscheibe der längere Zeit andauernde Stillstand des Fahrzeuges eindeutig abzulesen und auch anschließend an den Stillstand zu beobachten, dass das Fahrzeug immer wieder kurzfristig beschleunigt und dann auch wieder abgebremst wurde und zum Stillstand kam. Gerade da es sich bei einem Stau um ein unvorhersehbares Ereignis handelt, ist das Verschulden als gering zu bewerten. Es ist daher der Ansicht der belangten Behörde zu folgen.

 

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

                                                            Leopold Wimmer

                                                                                                                                                      

 

 

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