Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420351/21/Gf/Sta

Linz, 03.10.2006

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des W, vertreten durch RA Dr. K, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Wels am 16. November 2002, zu Recht erkannt:

 

I.                         Die am 16. November 2002 von Sicherheitswachebeamten der BPD Wels vorgenommene Sicherstellung eines Schlachtschussapparates samt Munition wird als rechtswidrig erklärt.

 

II.                       Der Bund (Verfahrenspartei: BPD Wels) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 1.365 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. In seinem am 17. Dezember 2002 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen, auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützten Schriftsatz bringt der Beschwerdeführer vor, am 16. November 2002 dadurch in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dass Organe der Bundespolizeidirektion Wels in seiner Wohnung rechtsgrundlos einen Schlachtschussapparat in Beschlag genommen hätten. Begründend führt er dazu im Wesentlichen aus, dass die Sicherstellung im gegenständlichen Fall ausdrücklich auf das Waffengesetz gestützt worden sei. Da ein Schlachtschussapparat aber keine Waffe im Sinne dieses Gesetzes darstelle, sei sohin die Gesetzwidrigkeit dieses Eingriffes mangels tauglicher Grundlage evident.

 

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahme beantragt.

 

1.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Begründend wird dazu ausgeführt, dass der Schlachtschussapparat hier von den einschreitenden Sicherheitsorganen deshalb als eine mögliche Tatwaffe anzusehen gewesen sei, weil der Rechtsmittelwerber zuvor eine gefährliche Drohung gegen seine Ehefrau ausgestoßen und in deren Zuge auch seine Absicht erkennen lassen habe, dass er ihr allenfalls auch mit diesem Apparat Gewalt antun könnte. Zum Schutz seiner Gattin sei daher (auch) dieses Gerät in Beschlag zu nehmen gewesen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Wels zu Zl. P-7623 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 30. Jänner 2003, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter einerseits sowie Mag. H als Vertreter der belangten Behörde auf der anderen Seite und der Zeuge RI W erschienen sind.

 

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

Am 16. November 2002 hat die Ehefrau des Beschwerdeführers bei der BPD Wels telefonisch vorgebracht, dass sie von ihrem Gatten eben massiv bedroht worden sei. Als der Zeuge gemeinsam mit einigen anderen Sicherheitswachebeamten gegen 20.30 Uhr vor dem Wohnhaus des Beschwerdeführers eintraf, stand dort bereits seine Ehefrau in Hausschuhen auf dem Gehsteig. Sie gab weinend und ganz aufgelöst an, dass ihr Gatte Alkohol getrunken habe und sie sich deshalb vor ihm fürchte, weil er dabei immer sehr aggressiv werde; insbesondere habe er gerade zuvor auch mit den Fäusten gegen ihre Zimmertür geschlagen und außerdem besitze er zwei Gewehre und einen Schlachtschussapparat. Darauf bezogen habe er ihr gegenüber vor ihrem Anruf bei der Polizei dezidiert geäußert, dass er "nur einmal ordentlich durchzuladen brauche und die Sache damit erledigt" sei. Die Ehegattin vermittelte den Polizeibeamten den Eindruck, dass diese Drohung durchaus ernst gemeint war, indem sie diese ausdrücklich zu besonderer Vorsicht beim Betreten des Objektes anhielt.

 

Die einschreitenden Kollegen begaben sich darauf hin mit angelegten Sicherheitswesten in das Haus des Beschwerdeführers, der vom Erscheinen der Exekutive völlig überrascht war. Er ließ sich auch widerstandslos festnehmen, da er sich subjektiv keiner Schuld bewusst war. Dann wurde er ins Wachzimmer der BPD Wels überstellt.

 

In der Folge betrat auch der Zeuge, der zunächst mit der Gattin in sicherer Entfernung die Festnahme des Rechtsmittelwerbers abgewartet hatte, mit dieser das Haus. Der Sicherheitswachebeamte fand dann die Waffen jeweils an den Orten, die von der Ehefrau angegeben worden waren. Da ihm zu diesem Zeitpunkt der weitere Fortgang, nämlich insbesondere nicht klar war, ob der Beschwerdeführer weiterhin angehalten oder über ihn ein Betretungsverbot verhängt oder dieser ohne Einschränkungen freigelassen werden wird, hat der Zeuge ein Flobertgewehr, den Schlachtschussapparat und einige andere Gegenstände des Rechtsmittelwerbers (eine Faustfeuerwaffe sowie verschiedene Munition) in Beschlag genommen.

 

2.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen und insoweit von den Parteienvertretern auch unbestritten gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers und des einvernommenen Zeugen.

 

3.1. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 7. Februar 2003, Zl. VwSen-420351/11/Gf/An, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil ein Schlachtschussapparat als Waffe zu qualifizieren und somit dessen Beschlagnahme nach § 13 Abs. 1 Z. 1 des Waffengesetzes, hilfsweise nach § 42 Abs. 1 Z. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, zulässig gewesen sei.

 

Dagegen hat der Rechtsmittelwerber eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom 12. September 2006, Zl. 2005/03/0068, stattgegeben, den h. Bescheid aufgehoben und ausgesprochen, dass im gegenständlichen Fall die bekämpfte Maßnahme explizit auf § 13 Abs. 1 Z.1 des Waffengesetzes gestützt wurde und demgemäß die sie tragende Rechtsgrundlage nicht ex post ausgewechselt werden dürfe; da ein Schlachtschussapparat selbst bei zweckentfremdeter Verwendung nicht als Waffe zu qualifizieren sei, erweise sich sonach die Heranziehung der zitierten Bestimmung im Ergebnis als rechtswidrig.

 

3.3. An diese Rechtsansicht ist der Oö. Verwaltungssenat im Zuge der Erlassung des gegenständlichen Ersatzbescheides gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden.

 

Die am 16. November 2002 von Sicherheitswachebeamten der BPD Wels vorgenommene Sicherstellung eines Schlachtschussapparates samt Munition war daher nach § 67c Abs. 3 AVG als rechtswidrig zu erklären.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, 2 und 4 iVm § 1 Z. 1 und 2 der UVS-AufwandsersatzVO BGBl.Nr. II 499/2001 antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 1.365 Euro zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. G r o f

 

 

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