Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105733/2/BR

Linz, 17.08.1998

VwSen-105733/2/BR Linz, am 17. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Johann P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl. VerkR96-17025-1997, vom 8. Juni 1998 zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3 § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde von der Erstbehörde mit dem o.a. Straferkenntnis eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt und wider ihn folgender Tatvorwurf erhoben: "Sie haben bis zum 26. Oktober 1997 als Verantwortlicher Geschäftsführer der Firma P Werbung und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 nach außen hin zur Vertretung berufene Organ im Gemeindegebiet Vöcklabruck, ca. 3 m neben der Bundesstraße 1 bei km (am Dach des do. Würstelstandes) ohne Bewilligung an einer Straße außerhalb des Ortsgebietes innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand eine Werbung angebracht, bei der eine Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f StVO 1960 aber nicht vorliegt, und zwar eine ca. 3m x 0,5 m große Werbung mit der Aufschrift "FA. C DER MARKT, 250 M" 1.1. Begründend führte die Erstbehörde im Ergebnis aus, daß es sich bei der gegenständlichen Ankündigung um eine unter den Tatbestand des § 84 Abs.2 StVO 1960 fallende Werbung handle. Die Erstbehörde ging in ihrer Begründung von der Verantwortlichkeit des Berufungswerbers im Sinne des § 9 Abs.1 VStG aus.

2. In der fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter erhobenen Berufung wird u.a. ausgeführt, daß er die Errichtung dieser Werbetafel als Geschäftsführer angeordnet habe. Bei dieser Tafel handle es sich um einen "Wegweiser" speziell für den Nahversorger und Lebensmittelhändler, "Firma C", nämlich ein Hinweisschild, welches keine Werbung darstelle. Dieses könne mit einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 84 Abs.3 StVO 1960 bewilligt werden. Mit dieser Maßnahme versuche man der immer größer werdenden Konkurrenz durch große Lebensmittelmärkte und deren Werbestrategien standzuhalten und Arbeitsplätze zu sichern. Er vermeinte, daß hier der zur Last gelegte Tatbestand mehr als zweifelhaft sei. Abschließend beantragte der Berufungswerber eine ergänzende Sachverhaltsermittlung, die Durchführung eines Ortsaugenscheines und die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses. 3. Die Erstbehörde hat den Akt vorgelegt. Somit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG). 3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. 4. Der hier verfahrensgegenständliche Sachverhalt wurde auf Grund der Wahrnehmung von Organen der Bundesgendarmerie, des GP Vöcklabruck, am 26. Oktober 1997, um 15.10 Uhr wahrgenommen und am 5. November 1997 unter GZ P-2094, zur Anzeige gebracht. Die Anzeige hat im wesentlichen zum Inhalt, daß "die Firma C" verdächtig sei, daß auf der B1 bei km im Gemeindegebiet von Vöcklabruck, außerhalb des Ortsgebietes widerrechtlich eine Werbetafel aufgestellt wurde.

4.1. In der daraufhin am 1. Dezember 1997 gegen den Berufungswerber erlassenen Strafverfügung wurde diesem inhaltlich vorgeworfen, daß er "vor dem 26. 10. 1997" als Verantwortlicher Geschäftsführer der Firma P Werbung und somit als der nach § 9 Abs.1 VStG Verantwortliche die o.a. Werbung "angebracht" habe. Diese Strafverfügung wurde dem Berufungswerber am 11.12.1997 zugestellt und fristgerecht am 15.12.1997 beeinsprucht. In weiterer Folge ergeben sich aus der Aktenlage keinerlei Verfahrensaktivitäten und es wurde am 8. Juni 1998 das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

Die Erstbehörde geht sowohl in der Strafverfügung als auch im Straferkenntnis von der Anbringung der Werbung "durch den Berufungswerber" aus.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Es trifft zu, daß gemäß § 84 Abs.2 StVO 1960 außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 Meter vom Fahrbahnrand verboten sind. Ob die gegenständliche Aufschrift im Sinne der hier angezogenen Gesetzesbestimmung den Tatbestand der Werbung darstellt, kann hier dahingestellt bleiben. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungs-vorschriften durch juristische Personen (bei einer Ges.m.b.H. handelt es sich um eine solche), sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Diese Organfunktion erfüllt hier der Berufungswerber. 5.2. Auf das hier vorliegende Beweisergebnis läßt sich die spruchgemäß zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, die dem klaren Wortlaut nach sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im Straferkenntnis selbst von einer "persönlichen Anbringung der Werbung" durch den Berufungswerber auszugehen scheint, nicht stützen. Insbesondere ermangelt es hier auch einer hinreichenden Umschreibung der Tatzeit. Die Umschreibung des Tatzeitraumes ist jedenfalls mit dem Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu begrenzen, um damit im Sinne eines Dauerdeliktes den von der Bestrafung umfaßten Zeitraum klarzulegen. Bei einem Dauerdelikt ist es nämlich zur Feststellung der Identität der Tat - abgesehen von entsprechenden Begründungsdarlegungen - erforderlich, Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen (VwGH 6.11.1995, Zl. 95/04/0005 mit Hinweis auf VwGH v. 7. 6. 1989, 89/04/0002). Die hier vorliegende Umschreibung würde den Berufungswerber mangels klarer Abgrenzbarkeit der Tatzeit der Gefahr einer Doppelbestrafung aussetzen. Tatsächlich wurde das idente Tatverhalten bereits mit einem vier Tage später erlassenen Straferkenntnis (VerkR96-3992-1998, erledigt mit h. Berufungsentscheidung VwSen-105734) ein weitgehend inhaltsgleicher Schuldspruch gefällt und darin ein Tatverhalten "bis zum 20. Jänner 1998" zur Last gelegt. Dadurch wird evident, daß es zur Hintanhaltung einer Doppelbestrafung - nämlich, daß keine sich überschneidenden Zeiträume von einer weiteren Bestrafung erfaßt werden können - im Zeitrahmen klar abgrenzbar zu sein haben. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten! Es genügt demnach bei einem Dauerdelikt der bloße Vorwurf der Tatbegehung "bis zum ........" nicht (VwGH 26.11.1995, Zl. 95/04/0122 mit Hinweis auf VwGH 30.10.1990, Zl. 90/04/0029).

5.2.1. Es liegt somit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine taugliche Verfolgungshandlung vor. Eine solche liegt (nur) dann vor, wenn in der Anzeige die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung des Beschuldigten zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben war. Auch die hier vorliegende Strafverfügung vermag eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung innerhalb der Frist nach § 32 Abs.2 VStG nicht zu repräsentieren (VwSlg 11.525 A/1984 verst. Senat, ebenso VwGH 27.2.1992, 52/02/0065 u.v.a.). Das Verwaltungsstrafverfahren war daher ohne ein weiteres inhaltliches Eingehen in die Sache gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

5.3. Hingewiesen sei der Berufungswerber an dieser Stelle darauf, daß im Rahmen der Vollziehung kein Raum für allfällige wirtschaftspolitische Überlegungen eröffnet ist, sondern die in der Berufung angestellten Betrachtungen ausschließlich in die Kompetenz des Gesetzgebers fallen würden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Beilagen Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Tatzeiteingrenzung, ungenügend "bis zum ..."