Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521367/11/Br/Ps

Linz, 05.09.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, vertreten durch Dr. R S, gegen den Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Wels-Land vom 7. Juni 2006, Zl. VerkR20-3-393-2004/WL, nach der am 5. September 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

      Der Berufung wird Folge gegeben und die ausgesprochenen Einschränkungen werden ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 3 Abs.1 Z3, § 8 Abs.1, 2 u. 3 Führerscheingesetz - FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2006 iVm § 3 Abs.5 u. § 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 64/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über Antrag des Berufungswerbers hat die Behörde erster Instanz nachfolgenden Bescheid erlassen:

"Der Mopedausweis mit der Ausweisnummer 580135 wird Ihnen ab 07.06.2006

 

unter der Auflage:

1.   alle 6 Monate gerechnet ab 07.06.2006 unaufgefordert Leberwerte:

      GOT,GPT,GGT und CD‑Tect‑Wert bei der Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land   (Führerscheinstelle) vorzulegen.

2. Nachuntersuchung beim Amtsarzt bis 07.06.2008

 

befristet bis einschließlich: 07.06.2008

 

erteilt.

 

Sie haben den Mopedausweis gemäß § 32 Abs. 2 unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land zwecks Eintragung der Befristung vorzulegen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 32 Abs. 1, 8 Abs. 3 Ziffer 2, 32 Abs. 2 des Führerscheingesetzes ‑ FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 in der geltenden Fassung.

 

Gemäß § 32 Abs. 1 FSG sind Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1. ausdrücklich zu verbieten,

2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden, oder

3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 Ziffer 2 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: 'geeignet', 'bedingt geeignet', beschränkt geeignet', oder 'nicht geeignet'. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten 'bedingt geeignet' für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind. Dies gilt ebenfalls für Besitzer von Mopedausweisen.

 

Besitzer eines Mopedausweises haben diesen daher für die Dauer der Maßnahmen gemäß Abs. 1 Z 1 oder für Eintragungen gemäß Abs. 1 Z 2 und 3 bei ihrer Wohnsitzbehörde abzuliefern.

 

Nachdem das amtsärztliche Gutachten als schlüssig anzusehen ist und Ihrerseits nicht widersprochen wurde, war spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebe ich gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land vom 7.6.2006, VerkR20‑3‑393‑2004, zugestellt am 12.6.2006, sohin innerhalb offener Frist durch meinen bevollmächtigten Rechtsfreund die

 

Berufung:

 

Der gegenständliche Bescheid wird seinem gesamten Umfang nach angefochten.

 

Als Berufungsgründe werden unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie unrichtige rechthche Beurteilung geltend gemacht.

 

Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid ist das Gutachten des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land vom 6.6.2006 in keiner Weise nachvollziehbar bzw. auch in keiner Weise schlüssig.

Es ist nicht nachvollziehbar, wie der Amtsarzt zur Begründung  '..............Zustand nach Alkoholmissbrauch, nach Alkoholgewöhnung, teilweise kfz.spezifischer Leistungsfunktionen, erhöhte Risikobereitschaft, Zustand nach Nichteignung kvf. im Jahre 2003 und Leberkrankheit ......'  kommt.

In der verkehrspsychologischen Stellungnahme der D Sicherheit‑Service GmbH vom 30.9.2003 wird in der Vorgeschichte ausgeführt, dass der Berufungswerber am Wochenende üblicherweise zweimal ausgeht und dabei im Durchschnitt 5 Halbe Bier und Cola Rotwein trinkt. Den maximalen Konsum hat er mit 8 Halben Bier und 5‑6 Mixgetränken angegeben. Die maximale Menge hätte er etwa zweimal pro Monat zu sich genommen.

Die D Sicherheit‑Service GmbH hat daraus gutachterlich geschlossen, dass einerseits aus

intellektuellen Gründen sich keine Einwände gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B ergeben; vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung war der Berufungswerber zum Zeitpunkt 30.9.2003 deshalb zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B letztlich nicht geeignet, '...... da eine Nachreifung doch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird, sodass eine Kontrolluntersuchung nicht vor Ablauf eines Jahres veranlasst werden sollte .........'.

Damit geht hervor, dass dem Berufungswerber keineswegs Alkoholmissbrauch bzw. ein Zustand nach Alkoholgewöhnung vorgeworfen bzw. festgestellt wurde, welche Feststellungen auch auf Grundlage der äußerst freimütigen Aussagen des Berufungswerbers vor dem D Sicherheit‑Service GmbH im Jahre 2003 keinesfalls begründet gewesen wären.

 

Aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme der D Sicherheit‑Service GmbH vom 25.5.2005 ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber angibt, dass er zwischenzeitig völlig auf Alkoholkonsum verzichtet und dass er die Alkoholkarenz beibehalten wolle.

In der Exploration wird ausgeführt, dass insgesamt doch eine ausreichende Nachreifung erfolgt sei und dass letztlich vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet ist.

Dies mit der Bemerkung, dass in Anbetracht der ohnehin verschärften Bestimmungen während der Probezeit eine zusätzliche Befristung der Fahrerlaubnis nicht unbedingt nötig ist.

 

Auf Grundlage der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 25.5.2005 der D Sicherheit‑Service GmbH erstellt der Amtssachverständige nunmehr das Gutachten vom 6.6.2006, welches der verkehrspsychologischen Stellungnahme geradezu diametral gegenübersteht und wirklich durch nichts begründet werden kann.

Es entsteht der Eindruck, dass der Sachverständige bei Verfassung des Gutachtens die zu prüfenden Unterlagen geradezu vertauscht hat.

 

Richtigerweise wäre auf Grundlage der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 25.5.2005 seitens des Amtsarztes der Schluss zu ziehen gewesen, dass der Berufungswerber zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 Klasse B sowie für Motorfahrräder und vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge geeignet ist.

 

Beweis: beiliegende verkehrspsychologische Stellungnahmen der D Sicherheit­ Service GmbH vom 30.9.2003 und vom 25.5.2005; einzuholendes medizinisches Gutachten.

 

Gestellt wird der

Antrag

 

1. der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dieser ersatzlos behoben wird.

2. eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

Lambach, 22.6.2006                                                                                                               M K"

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde gesondert beantragt und war hier zwecks Erörterung des die Einschränkung bedingenden amtsärztlichen Gutachtens erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Erörterung des die "bedingte Eignung" empfehlenden amtsärztlichen Gutachtens seitens des Dr. K. 

 

3.2. Zum Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber hat laut der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 29.9.2003 den Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung B gestellt. Offenbar wegen eines damals gegen ihn anhängig gewesenen gerichtlichen Verfahrens wurde er im Zuge der Klärung der gesundheitlichen Eignungsfrage zur Vorlage einer VPU aufgefordert. Im Zuge dieser Untersuchung räumte er offenbar freimütig ein, fallweise einen höheren Alkoholkonsum (Bier und Mixgetränke) zu tätigen.

Diese VPU verlief wegen damals funktionaler und persönlichkeitsbezogener und nicht kompensierbarer Defizite negativ.

Am 12. März 2004 sollen laut Mitteilung an den Sanitätsdienst und einer Information der Bundespolizeidirektion Wels vom 2.2.2004 beim Berufungswerber 0,03 Gramm Marihuana gefunden worden sein und es wurde wohl im Hintergrund dieser Annahme per 30. März 2004 eine amtsärztliche Untersuchung iSd § 8 FSG durchgeführt. Das Gutachten vom 30.3.2004 wurde wegen "unzureichender Kfz-spezifischer Leistungen nach Alkoholmissbrauch" negativ beschieden. Vorgeschlagen wurde in diesem Gutachten alle 2 Monate den CD-Tect-Wert und Laborbefunde vorzulegen.

Am 25.5.2005 unterzog sich der Berufungswerber abermals einer VPU. Diese führte zum uneingeschränkten Kalkül "geeignet" zum Lenken von KFZ der Klasse B. Das amtsärztliche Gutachten wurde aber mit einer Befristungsempfehlung von einem Jahr und weiterer Vorlagen von Laborparametern und einer beschlagwortenden Begründung "Zustand nach Alkoholmissbrauch, Zustand nach Alkoholgewöhnung, Zustand nach deutlicher (Zusatz unlesbar) kfz. spezifischer Leistungsfunktionen, erhöhte Risikobereitschaft, auch erhöhte Bemühung um Gewissenhaftigkeit", mit dem Kalkül "befristet geeignet 1 Jahr" erstellt.

Die vom April, Mai, August und November 2005 vorgelegten Laborbefunde lagen weitestgehend im Normbereich.

Lediglich beim Laborbefund vom März 2006 lag der GOT- und der GPT-Wert außerhalb dieses Bereiches. Der Gamma-GT war auch im März 2006 normwertig.  Das nun diesem Verfahren zu Grunde liegende amtsärztliche Gutachten vom 6. Juni 2006 stützt das Kalkül der nur "bedingten Eignung in der Dauer von zwei Jahren" auf diese zuletzt erhöhten Werte, wobei sich die Abfassung des Gutachtens in teilweise nicht lesbarer Handschrift nur auf eine schlagwortartige Begründung reduziert und alle 6 Monate die Vorlage von Laborbefunden (Leber + CD-Tect) angeregt werden.

 

3.2.1. Für den unabhängigen Verwaltungssenat erschienen vorerst die sich bloß auf Schlagworte reduzierenden Begründungselemente des amtsärztlichen Gutachtens "Zustand nach Alkoholmissbrauch, Zustand nach Alkoholgewöhnung" schon nicht mit der Aktenlage im Einklang. Die darin erliegenden Laborbefunde schienen nämlich im guten Normbereich. Der vom Berufungswerber erhobene Einwand einer allfälligen Verwechslung seitens des Amtsarztes schien mit Blick darauf im Bereich des Möglichen.

Sohin wurde der Amtsarzt zur Erörterung seines Gutachtens beigezogen, wobei dieser aufzuklären vermochte, dass im Befund vom 6.6.2006, Labor Dr. Ruthensteiner, der GPT- und Gamma-GT-Wert außerhalb des Normbereiches lag, was auf eine Erkrankung der Leber schließen lassen könnte. Dies könnte laut Fachmeinung des Amtsarztes  mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 % auf erhöhten Alkoholkonsum vor der Laboruntersuchung am 9. März 2006 zurückzuführen sein. Der Amtsarzt wies ferner auf die Ausführungen in der VPU des Jahres 2003 und die dort festgestellten kraftfahrspezifischen Leistungsmängel hin, welche ihre Ursache im erhöhten Alkoholkonsum haben könnten. Konkrete diagnostische Anhaltspunkte, dass hier die erhöhten Werte tatsächlich in einem erhöhten Alkoholkonsum ihre Ursache haben, vermochte der Amtsarzt letztlich aber nicht darzutun. Ebenfalls wurde eine Exploration im Sinne der sogenannten ICD-10-Kriterien bzw. DSM-IV bzw. DSM-IV-TR (schädlicher Gebrauch bzw. Missbrauch von Alkohol und/oder Substanzabhängigkeit, lt. Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung4, Handbuch für Ärzte und Juristen, 208 ff), nicht vorgenommen. Nachvollziehbare Schlussfolgerungen auf erhöhten Alkoholkonsum und die darin erblickte Empfehlung einer Befristung mit der Vorlage weiterer Laborbefunde sowie einer Kontrolluntersuchung nach zwei Jahren konnte auch die amtsärztliche Gutachtenserörterung im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht erbringen.

Die Einschränkung der Fahrerlaubnis ist demnach sachlich durch nichts begründet und stellt auf bloße vage Vermutungen ab, welche letztlich bei jedem Menschen  mehr oder weniger ausgeprägt vorliegen könnten. Nicht übersehen werden darf, dass hier der Berufungswerber noch nie verkehrsauffällig geworden ist.

Der Amtsarzt brachte im Ergebnis eine Rechtsüberzeugung zum Ausdruck, wonach  er den Befristungsausspruch als Sachverständiger vorzunehmen hätte. Dafür spricht nicht zuletzt auch das dem Gutachten als Option eingefügte Kalkül "befristet geeignet".  Ein derartiges Kalkül ist aber dem Gesetz fremd. Dieses erkennt lediglich "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

Zusammenfassend lässt sich das amtsärztliche Gutachten und dessen Erörterungen nicht so auslegen, dass im gegenständlichen Fall von einer Verschlechterung des derzeitigen Kalküls  über die Gesundheit, nämlich als "geeignet" zum Lenken von Kraftfahrzeugen und demnach auch Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen, ausgegangen werden könnte oder müsste.  Tatsächlich gibt es keinen nachvollziehbaren Hinweis, der beim erst 21-jährigen Berufungswerber die Prognoseannahme rechtfertigen könnte, seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in zwei Jahren nicht mehr gegeben zu sehen.

 

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Eine Lenkberechtigung iSd FSG darf nur Personen erteilt werden, die:

     ...

   §  3 Abs.1 gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

     ...

     Gesundheitliche Eignung

     § 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen.

     (2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

     (3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:

'geeignet', 'bedingt geeignet', 'beschränkt geeignet' oder 'nicht geeignet'.  

 

4.1. Nach § 24 Abs.1 FSG ist selbst Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die – gesundheitlichen – Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) gegeben sind, von der Behörde die Lenkberechtigung zu erteilen. Dies trifft umso mehr für einen Mopedausweis zu, wobei die nachfolgenden Ausführungen jeweils auf Lenkberechtigungen Bezug nehmen.

Mangels eines objektiven Anhaltspunktes einer zu erwartenden Verschlechterung der an sich stabilen Eignungsvoraussetzungen ist hier weder eine – zusätzliche – Befristung der hier verfahrensgegenständlichen Berechtigung und ausgehend von den schon jetzt bestehenden Eignungsvoraussetzungen, noch eine Kontrolluntersuchung rechtlich indiziert. Die Befristung würde letztlich einem Fahrverbot auf Verdacht gleichkommen. Ein solches Ergebnis steht im Widerspruch zum Sachlichkeitsgebot und Übermaßverbot, weil es gleichsam die fortgesetzte Pflicht zum prophylaktischen Nachweis der ohnedies bestehenden gesundheitlichen Eignung zur Folge hätte.

Der inhaltlich nicht näher erklärten Befristungsempfehlung und der Anordnung einer Kontrolluntersuchung war daher nicht zu folgen gewesen (vgl. VwGH 13.8.2003, 2001/11/0183).

Von einer fortschreitenden Erkrankung kann hier nicht die Rede sein (§ 3 Abs.5 FSG-GV).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd Art. 8 Abs.3 Z2 FSG etwa (nur) dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kfz führenden Verschlechterung des Gesundheitszustands gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kfz in diesem Sinn anzunehmen, bedarf es dieser Rechtsprechung zur Folge auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung gegenwärtig zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, jedoch eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. M. Hiesel,  Die Befristung der Lenkberechtigung,  in ZVR [2006] 04).

Die Verantwortung für das Zustandekommen solcherart rechtswidriger Befristungen von Lenkberechtigungen darf nicht ‑ und schon gar nicht allein ‑ auf die jeweiligen amtsärztlichen Sachverständigen delegiert werden. Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten, dass es die Behörde ist, die nach Vorliegen des Gutachtens des Amtsarztes zu beurteilen hat, ob der Besitzer der Lenkberechtigung zum Lenken von Kfz gesundheitlich geeignet ist. Erachtet sie das ihr vorliegende Gutachten für unvollständig oder unschlüssig, so hat sie den Amtsarzt zur Ergänzung der Begründung oder zur Aufklärung von Widersprüchen aufzufordern (VwGH 20.2.2001, 2000/11/0287).

Dies erwies sich hier selbst im Berufungsverfahren als durchaus schwierig, weil seitens des sachverständigen Amtsarztes in Fehleinschätzung der Rechtslage offenbar ein hohes Maß an rechtlicher Beurteilung seinem Kalkül zugrunde gelegt worden sein dürfte.

Die Behörde ist aber verpflichtet, sich mit dem Gutachten des Amtsarztes auseinander zu setzen und dieses auf seine Schlüssigkeit und Vollständigkeit zu prüfen. Der Ausspruch einer Befristung der Lenkberechtigung ohne entsprechende Prüfung des Gutachtens zieht daher ‑ wenn das zugrunde liegende amtsärztliche Gutachten nicht den vom VwGH in Auslegung des § 8 Abs 3 Z2 FSG aufgestellten Anforderungen entspricht ‑ die Rechtswidrigkeit des Befristungsbescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften nach sich.

Im Falle einer zwingend erforderlichen Sachentscheidung bedingt dies einen im Rahmen der Beweiswürdigung aufzugreifenden Freiraum der Behörde. Ohne diesen Freiraum würde die Entscheidungsbefugnis in der Substanz letztlich immer dem Amtsarzt übertragen bleiben.

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs.3 Z2 FSG auch nur dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss (VwGH 18.3.2003, 2002/11/0143). Der Status des Berufungswerbers wird aber ärztlicherseits nicht wirklich als alkoholauffällig dargestellt, sodass sich dessen Empfehlung der Einschränkung der Fahrerlaubnis als unbeachtlich erweist.

Die auf eine Prognosebeurteilung hinauslaufende Entscheidung hat letztendlich die Gesamtpersönlichkeit zu erfassen, wobei das Vertrauen in das Wohlverhalten des Menschen als Teil der Risikoabwägung und an objektiven Fakten orientiert bleiben muss. Die Entscheidungsfindung hat  unter Wahrung des Sachlichkeitsgebotes und Übermaßverbotes zu  erfolgen (vgl. auch Gehrmann/Umdeutsch, das Gutachten der MPU und Kraftfahreignung, Verlag C.H. Beck, Rn. 461).

Abschließend sei noch festgestellt, dass eine völlige Alkoholabstinenz weder im FSG noch aus den diesbezüglichen Bestimmungen der FSG-GV abzuleiten ist. Alkoholkonsum (ohne Bezug auf das Lenken von Kraftfahrzeugen) schließt  auch die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im gegebenen Zusammenhang nicht aus. Vor dem Hintergrund des beim Berufungswerber früher vermuteten "in Richtung Missbrauch gehenden" Alkoholkonsums, kann die gesundheitliche Eignung in zwei Jahren jedenfalls nicht stichhaltig in Frage stellen (vgl. VwGH 18.1.2002, 99/11/0266 u. VwGH 24.4.2001, 2000/11/0337).

Aus verfahrensökonomischen Gründen sei bei dieser Gelegenheit auch noch festgestellt, dass diese Feststellungen von der Führerscheinbehörde auch für einen vom Berufungswerber beabsichtigten Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung herangezogen werden könnten.

 

4.2. Zuletzt wird der Berufungswerber an dieser Stelle dennoch auf die Folgen eines erhöhten Alkoholkonsums und dadurch sich negativ verändernder Leberfunktionsparameter – welche die Gesundheitsfrage abermals aufwerfen könnten – hingewiesen. Dies könnte – wie im gegenständlichen Fall zu Unrecht – zur Einschränkung der gegenwärtig positiv zu beurteilten Annahme der gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen (Risikoeignung) führen (VwGH 30.5.2001, 2000/11/0018 mit Hinweis auf VwGH 22. Mai 1990, 89/11/0215, VwSlg 13204 A/1990, VwGH 1.12.1992,  92/11/0147 und VwGH 28.11.1996, 96/11/0202).

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss ‑ von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen ‑ jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Auflagenempfehlung, Amtsarzt

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum