Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521403/4/Br/Ps

Linz, 25.09.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, geb., H, L, vertreten durch Mag. K F, Rechtsanwalt, P, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 21.8.2006, Zl. FE 872/2006, nach der am 25.9.2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Entzugsausspruch mangels Verkehrszuverlässigkeit mit zehn (10) Monaten festgesetzt wird.

Im Übrigen wird der Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1 u. Abs.3, 25 Abs.1 und 25 Abs.3, § 29 Abs.4 iVm § 7 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Z1 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2006 Führerscheingesetz - FSG;

§ 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid bestätigte die Behörde erster Instanz den mit ihrem Mandatsbescheid vom 4.8.2006 in der Dauer von achtzehn (18) Monaten (beginnend ab Zustellung des Mandatsbescheides per 8.8.2006) ausgesprochenen Entzug der dem Berufungswerber am 19.3.2002, unter Zl. , für die Klassen A u. B erteilten Lenkberechtigung(en), mangels Verkehrszuverlässigkeit. Ebenfalls wurde mit diesem Bescheid ausgesprochen, dass sich der Berufungswerber einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen habe. Während dieses Zeitraumes wurde auch ein Verbot zum Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausgesprochen. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gestützt wurde diese Entscheidung auf die §§ 7 Abs.3 Z1, 24 Abs.1 Z1 und 25 Abs.3 FSG sowie hinsichtlich der Aberkennung einer aufschiebenden Wirkung einer dagegen erhobenen Berufung auf  § 64 Abs.2 AVG.

Inhaltlich lag dieser Entscheidung eine Alkofahrt am 29.7.2006 um 23:25 Uhr mit 0,60 mg/l und eine darauf gestützte rechtskräftige Bestrafung gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960, sowie zwei Vorentzüge (im Jahr 1998 in der Dauer von vier Wochen und im Jahr 2001 von sechs Monaten) zu Grunde.

Dies führte zur Prognoseannahme, dass der Berufungswerber nunmehr für die Dauer von  achtzehn Monaten iSd § 7 Abs.1, 3 u. 4 FSG auf Grund seiner durch die genannten Fehlverhalten zum Ausdruck gelangende Sinnesart nicht verkehrszuverlässig sei.

 

2.1. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Darin führt er aus wie folgt:

"In außen bezeichneter Rechtssache hat Herr K Herrn Mag. K F, Rechtsanwalt, P, L mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt.

 

2.

Gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 21.08.2006, GZ FE 872/2006 erhebt der Berufungswerber durch seinen Vertreter binnen offener Frist nachstehende

 

Berufung

 

Mit Bescheid vom 21.08.2006 wurde Herrn K seine Lenkerberechtigung für die Klassen A, B für die Dauer von 18 Monaten entzogen und eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet.

 

Die gesetzlich vorgeschriebene Nachschulung für alkoholauffällige Lenker gemäß § 24 Abs. 3 i.V.m. § 99 Abs. 1a FSG ist von Herrn K zweifellos zu erbringen. Ob es sich hierbei jedoch um eine Maßnahme/Schulung handelt, deren absolvieren in Zukunft mehr Sicherheit für Herrn K und alle anderen am Straßenverkehr Beteiligten bringt, ist infolge der passiven (‚reines über sich ergehen lassen’) und ‚aufoktroyierten’ Ausrichtung dieser Maßnahme fraglich. Der Behörde ist insoferne, auf Grund des minimalsten persönliche Aufwandes des Herrn K (‚lediglich hingehen reicht aus’) beizupflichten, dass bei Unterlassung einer aktiven Mithilfe an der Erlangung der Verkehrszuverlässigkeit eine Entzugsdauer von 18 Monate durchaus gerechtfertigt wäre.

 

Herrn K ist sein Fehlverhalten durchaus bewusst, jedoch ist für ihn auf Grund seiner Einsicht dieses ‚rein passive über sich ergehen lassen’, für ihn nicht und leitet dieser daher zur Unterstützung und Festigung der zukünftigen Sicherheit im Straßenverkehr Maßnahmen in die Wege, die vor allem auf seine aktive Mitarbeit abzielen und somit nicht nur einen längerfristigen/nachhaltigeren Erfolg bringen werden, sondern auch die frühere Erlangung der Verkehrszuverlässigkeit garantieren.

 

Herr K hat nachweislich ein Fahrsicherheitstraining beim ARBÖ oder ÖAMTC absolviert, welches bekanntlich die Verantwortung des Fahrzeuglenkers besonders berücksichtigt. Weiters hat er sich bereits in eine psychologische Beratung, hinsichtlich einer verantwortungsvollen Umgangsweise im Straßenverkehr, begeben. Darüber hinaus werden von ihm weitere Angebote welche sich, welche sich mit dem Thema Alkoholkonsum und dessen Auswirkungen/Einschränkungen im Straßenverkehr auseinandersetzen, in Anspruch genommen werden.

 

Alle diese von Herrn K nicht nur angebotenen, sondern freiwillig als einseitige Vorleistung beschriebenen und auch bei der Behörde nachzuweisenden, Maßnahmen bedürfen seiner aktiven Mitarbeit und ist daher die Erlangung der Verkehrszuverlässigkeit wesentlich früher als 18 Monate ab FS‑Entzug anzusetzen, sodass eine Entzugsdauer von höchstens 9 Monate als angemessen und im Sinne des Gesetzgebers, der die Gesundheit und Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer gewährleisten will, garantiert ist.

 

Zu berücksichtigen ist weiters, dass sich Herr K in den letzten 4,5 Jahren im Straßenverkehr immer wohl verhalten hat, keine straf‑ oder verwaltungsbehördlichen Tatbestände gesetzt und sich als rücksichtsvoller und integrierter Bestandteil im Straßenverkehr bewiesen hat.

 

Es wird daher gestellt der

                                                                      Antrag

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde möge den Bescheid zu FE 872/2006 aufheben und die Entzugsdauer infolge der früheren Erlangung der Verkehrszuverlässigkeit durch die oben beschrieben aktiven Tätigkeiten und Vorkehrungen/Maßnahmen auf ein angemessenes Maß herabsetzen.

 

L, am 04.09.2006                                                                               J K"

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG).

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier zwecks unmittelbarer Anhörung, um dabei die Sinneshaltung und das Problembewusstsein beim Berufungswerber zu erkunden, geboten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung des Akteninhaltes und durch Anhörung des Berufungswerbers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Daran nahm auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil. Der Berufungswerber legte einen aktuellen alkoholspezifischen Laborbefund vom 14.9.2006, die Teilnahmebestätigung an einem Fahrsicherheitstraining v. 25.8.2006, sowie eine Bestätigung über zwei zwischenzeitig absolvierte Sitzungen in einer Alkoholberatungsinstitution vor (Beilagen 1 und 2).

 

3.2. Unstrittig ist die dem erstinstanzlichen Entzugsverfahren zu Grunde liegende Alkofahrt mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,60 mg/l. Unstrittig sind ferner die früheren Alkofahrten und die darauf gestützten Entzüge aus den Jahren 1998 und 2001.

Der Berufungswerber zeigte sich im Rahmen der Berufungsverhandlung jedoch sehr problemeinsichtig und er setzt sich mit dem Problem Alkohol und Lenken schon jetzt intensiv auseinander. Dies belegte er im Rahmen seiner Anhörung durch die Vorlagen eines aktuellen und normwertigen Laborbefundes, sowie durch die nachgewiesene zweimalige Sitzung bei einer Alkoholberatungsstelle. Bis zur Wiedererteilung der Lenkberechtigung hat er sich auch noch einer einschlägigen Nachschulung zu unterziehen.

Der berufstätige Berufungswerber hinterließ den Eindruck, dass er dies ernst nimmt und ihm die künftige Vermeidung von Alkofahrten wirklich ein Anliegen ist.

Mit Blick auf das doch schon lange Zurückliegen der entsprechend zu wertenden Vorentzüge kann davon ausgegangen werden, dass seine Risikoeignung für die Teilnahme am Straßenverkehr doch schon früher erlangt wird als dies unter Hinweis auf einschlägige Judikatur seitens der Behörde erster Instanz prognostiziert wurde.

 

4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Nach § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.    sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.........

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1.      ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

(4) Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Die nach § 7 Abs.3 Z1 zu wertenden Tatsachen (zwei frühere Alkofahrten) liegt zwischen der letzten Alkofahrt ein Zeitraum von etwa zwei Jahren hier, sodass in der rechtlichen Beurteilung des hier vorgenommenen "Wertungskriteriums" und der darauf gestützten Prognose über das Wiedererlangen der Verkehrszuverlässigkeit doch als überhöht erachtet werden muss.

Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.8.1994, Zl. 94/11/0181, lässt sich diese Negativprognose nicht zwingend stützen, weil doch die beiden zu wertenden Vorentzüge nun schon sieben und fünf Jahre zurückliegen. Während dieser Zeit hat sich der Berufungswerber wohl verhalten und zusätzlich muss er sich nun auch einer begleitenden Maßnahme für alkoholauffällige Lenker unterziehen, welche zusätzlich eine positive Entwicklung auf die Sinneshaltung erwarten lässt, sodass eben doch schon deutlich früher als nach dem Regime des KFG von einem Wiedererlangen der Verkehrszuverlässigkeit ausgegangen werden kann. Widrigenfalls würde man – wie der Berufungswerber im Ergebnis ausführt – dieser Maßnahme einen bloßen Selbstzweck zuordnen. Dass dies nicht so ist, gelangt  jüngst auch durch den Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, wenn dieser einer begleitenden Maßnahme eine positive Wirkung auf die Herbeiführung eines Sinneswandels zuerkennt (VwGH 24.11.2005, Zl. 2004/11/0121-7, dazu u.a. auch VwGH vom 20.9.2001, 2001/11/0119). Hier unterzieht sich der Berufungswerber freiwillig einer zusätzlichen Maßnahme.

Sehr wohl sind aber für die Beurteilung, ob eine strafbare Handlung gemäß Abs.3 Z1 wiederholt begangen wurde, vorher begangene Handlungen der gleichen Art selbst dann heranzuziehen, wenn sie bereits einmal zur Begründung des Mangels der Verkehrszuverlässigkeit herangezogen worden sind, es sei denn, die zuletzt begangene Tat liegt länger als zehn Jahre zurück. 

Alkoholdelikte zählen zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften und die Interessen der Verkehrssicherheit.

Wenn die Behörde erster Instanz im Ergebnis zutreffend auf die Verwerflichkeit von Alkoholdelikten im Straßenverkehr hinwies, ist diese hier insbesondere darin zu erblicken, dass sich der Berufungswerber nach offenbar reichlichem Alkoholkonsum und somit in Kenntnis seiner Beeinträchtigung ein Kraftfahrzeug lenkte. Dies obwohl ihm, wenngleich bereits fünf bzw. fast acht Jahre zurückliegend, zweimal die ein derartiges Bekenntnis nach einem Entzug abermals nicht befolgte. 

Angesichts der vom Berufungswerber nachgewiesenen Tatsachen sich mit der Problematik nachhaltig auseinanderzusetzen, insbesondere des doch schon langen Zurückliegens dieser Wertungstatsachen, kann jedoch vom Wiedererlangen der Verkehrszuverlässigkeit (der Risikoeignung) bereits mit dem Ablauf von zehn Monaten nach dem abermaligen Ereignis und nicht erst nach achtzehn Monaten ausgegangen werden (vgl. h. Erk. v. 19.9.2005, VwSen-521097/2/Br/Gam, mit Hinweis auf VwGH, 24.8.1999, 99/11/0216 und dort auf VwGH 21.3.1995, 95/11/0071, VwGH 10.11.1998, 97/11/0266, sowie VwGH 24.5.2005, 2004/11/0013).

Zutreffend weist die Behörde erster Instanz wohl darauf hin, dass die durchaus begreiflichen Hinweise auf die berufsbedingte Notwendigkeit der Lenkberechtigung im Entzugsverfahren nicht zu berücksichtigen sind. Diesbezüglich ist auf das Überwiegen des öffentlichen Interesses am Ausschluss von der Verkehrsteilnahme  verkehrsunzuverlässiger Lenker hinzuweisen (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166). 

Da es hier letztlich um Beurteilung eines künftigen Verhaltens geht, ist auf die Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen Bedacht zu nehmen. Indem sich der Berufungswerber aktiv und nachhaltig über fachliche Betreuung mit der Alkoholproblematik auseinandersetzt, scheint es sachgerecht doch wesentlich früher die Verkehrszuverlässigkeit als wiedergegeben anzunehmen.

 

4.2. Zu den übrigen Aussprüchen der Behörde erster Instanz bedarf es mangels diesbezüglicher Berufungseinwände und der zwingenden gesetzlichen Anordnung keiner weiteren Ausführungen.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

Risikoeignung, Prognose

 

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