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des Landes Oberösterreich
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VwSen-105758/12/BR

Linz, 05.10.1998

VwSen -105758/12/BR Linz, am 5. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 3. Juni 1998, AZ. VerkR96-21018-1996-Ro, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 5. Oktober 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurden von der Bezirkshauptmannschaft Braunau wegen der Übertretungen nach § 7 Abs.1, § 9 Abs.2, § 9 Abs.1 StVO 1960, § 102 Abs.1 KFG iVm § 4 Abs.4 KDV und § 49 Abs.6 KFG 1967 fünf Geldstrafen (500 S, 1.000 S, 500 S, 500 S und 300 S, sowie für den Nichteinbringungsfall 24, 48, 24, 24 u. 12 Stunden, Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und mit nachfolgendem Spruch folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sehr geehrter Herr R! Sie lenkten am 25.10.1996 um ca. 17.36 Uhr das Motorrad mit dem behördlichen Kennzeichen, Marke Honda CBR 600, im Ortsgebiet von M, Bezirk Braunau am Inn, auf der W Gemeindestraße, aus Richtung M kommend bis zum Kreuzungsbereich mit der K Bezirksstraße, weiter bis zum Kreuzungsbereich mit der Postgasse, befuhren die Postgasse und dann die Bahnhofstraße, weiter die Braunauer B 147 in Richtung Munderfing bis zum Kreuzungsbereich mit der Unterlochner Gemeindestraße, sodann die Unterlochner Gemeindestraße, den Mitterweg und die Ortenburger Gemeindestraße bis zur Hinterausfahrt des "Eurospar-Marktes" und 1. haben dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Beschädigung von Sachen möglich war, zumal Sie auf Höhe des Bahnhofes von Mattighofen die Fahrbahnmitte der Bahnhofstraße zur Gänze überfuhren; 2. haben auf der Unterharlochner Gemeindestraße auf Höhe des Autohauses B einem Fußgänger, der sich auf dem dort befindlichen Schutzweg befand, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht und durch Ihr Verhalten gegenüber diesem Straßenbenützer mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die StVO 1960 verstoßen; 3. haben auf der Unterlochner Gemeindestraße die ca. auf Höhe des Autohauses B befindliche Sperrlinie verbotenerweise überfahren; 4. haben sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, da folgende Reifen nicht mehr die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe von 2 mm aufwies: Der Hinterreifen der Marke Michelin Dim. 160/60 ZR 17 wr im Bereich der Mittellauffläche abgefahren; 5. haben die Kennzeichentafel nicht vorschriftsmäßig angebracht, zumal diese bereits öfter verbogen worden war (Kennzeichentafel wies mehrere Knickstellen auf) und ein einwandfreies Ablesen des Kennzeichens nicht mehr gewährleistet war." 1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus: " Gegen die Strafverfügung, VerkR96-21018-1996-Ro, vom 28.11.1996, erhoben Sie innerhalb offener Frist Einspruch und haben diesen dahingehend begründet, daß Sie lediglich eine geringfügige Verletzung von Verwaltungsvorschriften begangen hätten und somit den Antrag stellten, von einer Bestrafung abzusehen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen oder in eventu eine angemessene Strafe in der Höhe von S 300,-- auszusprechen. In Ihrer Stellungnahme teilten Sie mit, daß Sie die Kurve nicht am äußeren rechten Fahrbahnrand durchfahren, jedoch die Fahrbahnmitte nicht überfahren hätten. Diese Wahrnehmung sei Ihnen völlig unerklärlich, zumal Sie vor dem Einfahren in die Kurve in den Rückblickspiegel geblickt hätten und kein Fahrzeug in unmittelbarer Nähe gewesen sei. Bezüglich der Nötigung eines Kraftfahrzeuges sagen Sie aus, daß die Bahnschranken geschlossen gewesen seien, die Kolonne sei etwa bis zum Autohaus B gestanden und habe diese im Bereich der Kreuzung Bahnhofstraße - Braunauerstraße eine Lücke freigelassen, so daß Sie problemlos in die B 147 einbiegen konnten, zumal auf der Fahrbahnhälfte Richtung Stadtplatz Mattighofen lediglich ein PKW-Lenker unterwegs gewesen wäre, der jedoch noch weit genug entfernt war. Weiters führten Sie aus, daß auf Höhe des Autohauses eine Frau den Zebrastreifen überquert habe und Sie vor dem Zebrastreifen angehalten hatten, um dieser das Überqueren zu ermöglichen. Sie hätten die Fahrt erst fortgesetzt, als diese den Zebrastreifen überquert hatte.

Bezüglich der Kennzeichentafel führten Sie aus, daß Sie aufgrund der Ermahnung der Beamten die Konsequenzen gezogen und das Fahrzeug bereits abgemeldet hätten. Bezüglich der Reifen führten Sie aus, daß Sie diese ständig kontrolliert hätten und die Zulässigkeit, die Sie aufgrund der eingearbeiteten Indikatoren feststellten, noch gegeben wäre. Als Beweis für Ihr Vorbringen beantragten Sie die zeugenschaftliche Einvernahme von Herrn R, sowie Herrn R.

Nach einem Einspruch gegen eine Strafverfügung tritt diese außer Kraft und ist das Ermittlungsverfahren einzuleiten, welches, wenn die Tat erwiesen ist, mit der Erlassung eines Straferkenntnisses abzuschließen ist. Der im Spruch vorgeschriebene Verfahrenskostenbeitrag von 10% gründet im § 64 VStG 1991.

Im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden die Meldungsleger zeugenschaftlich zum Sachverhalt einvernommen. Rev.Insp. A führt am 06.02.1997 aus, daß er keine genauen Meterangaben bezüglich der Nachfahrt machen konnte, zumal der Abstand ständig variierte, jedoch konnte jede in der Anzeige angeführte Übertretung ohne Einschränkung eingesehen werden und sei die Nachfahrt schon durch Ihre Angaben untermauert, zumal Sie bereits in der Anzeige angaben, sich von einem PKW verfolgt gefühlt zu haben.

Bezüglich der Nötigung auf Höhe des Kreuzungsbereiches B 147 und Bahnhofstraße führte er aus, daß die Kolonne eine Lücke freigelassen hätte, auf der Gegenseite in Richtung Stadtmitte sich jedoch keine Kolonne befunden habe. Diese habe sich erst in Bewegung gesetzt, als Sie den aus Richtung Schalchen kommenden 1. PKW der Kolonne zum Abbremsen genötigt hatten. Bezüglich des Nichtanhaltens vor dem Schutzweg führte er aus, daß Sie Ihr Motorrad, ohne anzuhalten, an einer auf dem Schutzweg befindlichen Frau links vorbeibewegt und dabei die Sperrlinie überfahren hatten. Weiters führte er aus, daß am Hinterreifen aufgrund der Abnützung keine eingearbeiteten Indikatoren mehr festgestellt werden konnten.

GI. S führte am 28.02.1997 aus, daß die Nachfahrt bei der Kreuzung B 147 mit der Wasserackerstraße begonnen und das Dienstfahrzeug erst bei der Kreuzung Wasserackerstraße - Kindstaler Bezirksstraße (Postgasse) auf Ihr Fahrzeug aufgeschlossen habe. Bis zum Haus Postgasse 18 habe der Abstand ständig gewechselt, jedoch habe er maximal 50 Meter betragen. Vom Haus Postgasse 8 bis zum Bahnhofsgebäude Mattighofen habe sich der Abstand auf ca. 100 Meter vergrößert, aber war auch aus dieser die Kurve frei einsehbar. An der Kreuzung B 147 - Bahnhofstraße habe dann der Dienstwagen wieder aufgeschlossen und hätte der Abstand beim Einbiegen in die B 147 etwa eine Fahrzeugbreite betragen. Zu dem Tatvorwurf der Vorrangverletzung konnte er keine Angaben machen, zumal diese von Gl. S nicht beobachtet wurde. Weiters führte er aus, daß sich auf dem Schutzweg ca. auf der Fahrbahnmitte eine Fußgängerin befunden habe, an der Sie links vorbeigefahren seien und hätten Sie somit zwangsläufig die angebrachte Sperrlinie überfahren müssen. Bezüglich der Mängel konnte er keine Angaben machen, zumal diese von Rev.Insp. A festgestellt wurden.

Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde Ihnen mit Schreiben vom 20.03.1998 zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Frist von 2 Wochen hiezu Stellung zu nehmen.

In Ihrer Stellungnahme vom 21.04.1997 führten Sie im wesentlichen aus, daß auch der befragte Beamte, Rev.Insp. A, keine genaue Auskunft über die Position des Behördenfahrzeuges angeben konnte und auch Gl. S festgestellt habe, daß sich der Abstand vergrößert hätte, so daß richtigerweise auch die allfälligen Übertretungen gar nicht eingesehen werden konnten. Weiters führten Sie im wesentlichen aus, daß die Angaben der Meldungsleger bezüglich der Vorrangverletzung nicht geeignet sind, das Verwaltungsstrafverfahren fortzuführen, zumal keine Meterangaben bezüglich des Abstandes zum angeblich genötigten PKW gemacht werden können und somit der Sachverhalt nicht nachvollzogen werden könne. Sie stellten sodann den Antrag, das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der Fakten 2 bis 6 einzustellen und die Bestrafung lediglich hinsichtlich der Fakten 1 und 7 aufrecht zu erhalten.

Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Bezüglich der Punkte 1 und 3 der Strafverfügung, VerkR96-21018-1996-Ro, vom 28.11.1996,wurde Ihnen vorgeworfen, Verwaltungsübertretungen nach § 11 Abs.3 1. Satz StVO sowie nach § 19 Abs.7 iVm. § 19 Abs.3 StVO begangen zu haben. Es wird Ihnen nunmehr mitgeteilt, daß das Verwaltungstrafverfahren hinsichtlich dieser Übertretungen zur Einstellung gebracht wird.

Zu den übrigen Ihnen im Spruch zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Grundsätzlich ist zu den Feststellungen von Meldungslegern anzuführen, daß den zur Wahrung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs, insbesondere zur Überwachung der Einhaltung der verkehrspolizeilichen Vorschriften bestellten und geschulten Organen der Straßenaufsicht nach ständiger Judikatur aufgrund der Ausbildung und Erfahrung schon die Befähigung zuzuerkennen ist, das Verkehrsgeschehen zutreffend zu beurteilen. Weiters besteht für die Behörde kein Grund, Aussagen von Gendarmeriebeamten anzuzweifeln, zumal jene aufgrund ihres Diensteides und der verfahrensrechtlichen Stellung als Zeugen der Wahrheitspflicht unterliegen und bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen rechnen müßten, während sich ein Beschuldigter zu seinen Gunsten rechtfertigen kann, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung sind diese Umstände zu berücksichtigen.

Die Gendarmeriebeamten, getrennt voneinander befragt, sagen übereinstimmend aus, daß die Fahrstrecke einsehbar war und somit die Verwaltungsübertretungen eindeutig wahrnehmbar waren. Die Ihnen im Spruch zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen werden sohin aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos P, GZP-846/96-An, vom 10. 11. 1996, sowie aufgrund der Zeugenaussagen der Meldungsleger vom 06.02.1997 sowie vom 28.2.1997 festgestellt und als erwiesen angenommen und haben Sie diese zu verantworten.

Hinsichtlich der Strafbemessung ist anzuführen, daß gemäß § 19 VStG 1991 die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (laut Schätzung 15.000 S,-- monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) entsprechend Bedacht genommen. Strafmildernde Umstände lagen keine vor.

Das Strafausmaß ist somit, insbesondere im Hinblick auf den gesetzlichen Rahmen - bei § 99 Abs.3 lit.a und Abs.2 lit.c StVO, Geldstrafen bis S 10.000,-- (richtig wohl bei § 99 Abs.2 lit.c bis zu 30.000 S) und bei § 134 Abs.1 KFG 1967, Geldstrafen bis S 30.000,-- dem Untrechtsgehalt der Tat angepaßt und schuldangemessen.

Eine niedrigere Straffestsetzung war sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen nicht möglich.

Es war somit gemäß § 19 VStG zu entscheiden." 2. In der dagegen durch seinen ag. Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungssache erhebe ich gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 08.06.1998, VerkR/96-21018-1996-Ro, an meinen ausgewiesenen Vertreter zugestellt am 28.07.1998, innerhalb offener Frist nachstehende Berufung :

Oben genannter Bescheid wird hinsichtlich der erfolgten Einstellungen des Verfahrens nicht bekämpft, hinsichtlich der Fakten, bezüglich denen eine Strafe ausgesprochen werde, wird der Bescheid voll inhaltlich angefochten und werden als Berufungsgründe materielle Rechtswidrigkeit, wesentliche Verfahrensstöße, unzweckmäßige Ermessensübung und unrichtige Beweiswürdigung sowie die Einrede der Verjährung geltend gemacht.

I.

1 .) Zum Vorwurf des Verstoßes gegen § 7/1 erster Satz StVO 1960 (Faktum 1):

a) Es wird mir vorgeworfen, ich hätte auf Höhe des Bahnhofes die Fahrbanmitte der Bahnhofstraße zur Gänze überfahren. Diese Sachverhaltsdarstellung ist nicht richtig und verweise ich auf das bisherige Vorbringen im Verfahren. Ergänzend führe ich dazu aus, daß die diesbezüglichen Angaben der einschreitenden Beamten widersprüchlich sind und auch mit den faktischen Gegegebenheiten an Ort und Stelle nicht in Einklang zu bringen sind. In der Sachverhaltsmitteilung vom 10.11.1996 des Gendarmariepostens P an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am lnn wird auf Seite zwei ausgeführt, daß es sich um eine unübersichtliche Linkskurve handelt. Inspektor S gibt in seiner Niederschrift am 28.02.1997 zu Protokoll, daß sich der Abstand zwischen dem Behördenfahrzeug und meinem Fahrzeug ständig verändert hat und sich insbesondere zum Bahnhofsgebäude hin der Abstand wieder vergrößert hat. Er betrug um die 100 Meter. Es ist nicht nachvollziehbar, wie bei der gegebenen Örtlichkeit die gegenständliche Wahrnehmung, wie sie von den Beamten geschildert wird, gemacht werden kann. Die Behörde spricht selbst von einer unübersichtlichen Linkskurve und einer Entfernung des Behördenfahrzeuges von rund 100 Metern.

Darüber hinaus ist festzuhalten, daß diese Wahrnehmung auch deshalb unmöglich ist, als in der Kurve die Bahnhofstraße eine blasenförmige Ausformung hat, welche als Zufahrt und als Parkplatz des Bahnhofsgeländes dient. Diese Ausbuchtung ist insbesondere durch keine Bodenmarkierungen abgegrenzt. Es ist daher insbesondere aus der Entfernung von 100 Metern und aufgrund der Unübersichtlichkeit der Kurve (Gartenzaun, Pflanzen, Gebäude) diese Wahrnehmung nicht möglich. Insbesondere ist diese Wahrnehmung nicht mit einer Sicherheit möglich, daß sie zur Bestrafung führen kann.

Um eine derartige Wahrnehmung mit Sicherheit durchführen zu können, müßte das Behördenfahrzeug aufgrund der Unübersichtlichkeit der Kurve maximal ein bis zwei Fahrzeuglängen hinter dem Motorrad nachgefahren sein.

b) Weiters ist darauf hinzuweisen, daß aufgrund eines abgestellten Fahrzeuges am gedachten Übergang der Fahrbahn zur blasenförmigen Ausbuchtung ein Fahrzeug abgestellt war und mußte daher einen Sicherheitsabstand einhalten merden. Um etwa 17.30 Uhr fährt ein Zug von Mattighofen nach Salzburg und einer nach Braunau ab (Tel. 11.8.1998 -Zugauskunft Mattighofen).

c) Des weiteren ist darauf hinzuweisen, daß selbst ein geringfügiger Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot nach Ansicht einer oberstgerichtlichen Entscheidung vernachlässigt werden kann (ZVR 1988/11).

2.) Zum Verstoß nach § 9/1 StVO (Faktum 2):

Herr lnspektor S vermeint in seiner Niederschrift am 28.02.1997, daß ich links an den Fußgängern vorbeifuhr und damit zwangsläufig die angebrachte Sperrlinie überfahren hätte.

Dieser Gedanke ist nicht nachvollziebar. Aus einem Vorbeifahren links von einer Fußgängerin ist noch nicht unbedingt ein weiterer Verstoß des Überfahrens der Sperrlinie ableitbar.

Weiters führt der Genannte selbst an, daß sich der Abstand zwischen den Fahrzeugen vergrößert hat. Zur Situation an dieser Kreuzung ist im übrigen auch auszuführen, daß diese nicht ausreichend einsehbar ist, zumal die Baulichkeiten der Tankstelle bzw. des Autohauses B, Firmenschilder, Verkehrszeichen und abgestellte Fahrzeuge die Sicht verhindern.

3.) Zum Vorwurf des Verstoßes nach § 9/1 StVO (Überfahren der Sperrline) (Faktum 3):

Die Sperrlinie befindet sich in einem Teil, der noch viel uneinsehbarer ist als der Schutzweg ist. Dies deshalb, als dort zur Gänze das Bauwerk des Autohauses B die Sicht verdeckt.

4.) Zum Vorwurf des Verstoßes gegen § 102/1 AVG [richtig wohl KFG] (Faktum 4):

Diesbezüglich hat der ausgewiesene Vertreter einen Beweisantrag gestellt und die zeugenschaftliche Einvernahme von Herrn P und Herrn A begehrt. Diese Anträge werden aus unerklärlichen Gründen übergangen.

Im übrigen wird dazu festgehalten, daß lnspektor S sich diese Reifen nicht einmal angesehen hat.

Der ausgewiesene Vertreter hat in seiner Stellungnahme vom 21.04.1997 den Antrag nochmals wiederholt, die Herren P und A zeugenschaftlich zu befragen. Dies wäre insbesondere deshalb notwendig gewesen, als der einschreitende Beamte A (Inspektor S ist gar nicht ausgestiegen) die Profiltiefe nicht gemessen hat, sondern mit freiem Auge viel mehr abgeschätzt hat. Es kommt dadurch nur ein unexaktes Ergebnis zustande. Daß ein Reifen Gebrauchsspuren aufweist ist wohl naturgemäß gegeben. In einem Verwaltungsstrafverfahren bedarf es jedoch eines genauen Ermittlungsverfahrens und nicht einfach der Angabe aufgrund einer Schätzung, daß die Reifenprofiltiefe nicht gegeben war.

5.) Zum Vorwurf des Verstoßes § 49/6 KFG, (Faktum 5):

Es ist richtig, daß die Kennzeichentafel Gebrauchsspuren aufgewiesen hat. Der Umstand, daß sie nicht lesbar gewesen wäre, ist jedoch unrichtig. Die Kennzeichentafel war im Randbereich verbogen gewesen, als das Fahrzeug umgefallen ist.

II.

Das vorliegende Verfahren ist mit den Grundsätzen der österreichischen Rechtsordnung in mehrfacher Hinsicht nicht in Einklang zu bringen. Das bisherige Verfahren ist teils grob mangelhaft durchgeführt worden. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist es wohl nicht möglich, einen Normadressaten zu bestrafen.

Wie ersichtlich existieren von den einschreitenden Beamten selbst widersprüchliche Angaben. Eigentümlich ist insbesondere die Fragebeantwortung zu Punkt acht der Niederschriften von lnspektor S und lnspektor A. Diesbezüglich ist auch sicherlich festzuhalten, daß die Fragen nicht ausreichend überdacht wurden und insbesondere aufgrund der schwammigen Formulierung nicht dazu geeignet sind, einen brauchbaren Beitrag zu einer umfassenden Stoffsammlung und Aufarbeitung zu leisten.

Der ausgewiesene Vertreter hat weiters den Antrag gestellt ihn nach Durchführung der aufgenommenen Beweise die Akteneinsicht zu gewähren. Dies wurde nicht gemacht und werden daher nachstehende B e w e i s a n t r ä g e gestellt:

Im Zusammenhang mit Punkt I.1.) mögen die einschreitenden Beamten, Herr Inspektor A und Herr Inspektor S dahingehend befragt werden, ob es richtig ist, daß die B im Kurvenbereich eine blasenförmige Ausbuchtung hat. Weiters mögen sie konkret zu den Fahrzeugen in der Ausbuchtung befragt werden.

Im Zusammenhang mit Punkt I.2.) mögen die einschreitenden Beamten dahingehend befragt werden, von welcher Straßenseite aus die Fußgängerin den Zebrastreifen zu Überqueren begann.

Hinsichtlich Punkt 1.4.) bleibt der bisherige Beweisantrag aufrecht (bereits im Einspruch gestellt) die zeugenschaftliche Einvernahme von P und A durchzuführen.

Ich stelle daher den Berufungsantrag :

1.) Die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid aufheben, daß gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen und von einer Bestrafung absehen; 2.) in eventu nach Aufnahme der Beweise das Verfahren einstellen, 3.) in eventu nach Aufnahme der Beweise und Gewährung von Akteneneinsicht eine (wesentlich) niedrigere Strafe aussprechen.

L am 11.08.1998 W" 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war angesichts der substanziellen Bestreitung von Tatsachen zwecks Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK intendierten Verfahrensgarantien und Rechte unter Vornahme eines Ortsaugenscheines durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirks-hauptmannschaft Braunau am Inn, VerkR96-21018-1996-Ro - vorgelegt am 17.8.1998 - und dessen Erörterung anläßlich der Berufungsverhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch Vornahme eines Ortsaugenscheines bei Durchfahrung der gesamten fraglichen Wegstrecke und gleichzeitiger Anfertigung einer Videoaufzeichnung, sowie der Vernehmung der Zeugen GrInsp. S und RevInsp. A als Zeugen und letztlich auch durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten an den jeweiligen Vorfallsörtlichkeiten. Ebenfalls wurden an zwei Vorfallsörtlichkeiten Vermessungen der Fahrbahnbreite und des Kurvenscheitels bzw. des Kurvenradiuses vorgenommen.

5. Eingangs sei festgestellt, daß die sehr ins Detail gehende Anzeige vom 10. November 1996 erst fünfzehn Tage nach dem Vorfall verfaßt wurde und darin insgesamt sieben Übertretungstatbestände (zwei davon nach dem KFG) vorgeworfen werden. Die Delikte nach der StVO basieren auf einer etwa vier Minuten dauernden Nachfahrt. Unstrittig ist die dabei durchfahrene Wegstrecke.

Bei dem Fahrzeug des Berufungswerbers handelte es sich um ein 98 PS-starkes Motorrad der Marke Honda, Type CBR 600. Die Nachfahrt hinter diesem Fahrzeug erfolgte, wie der Anzeige und den zeugenschaftlichen Ausführungen der Gendarmeriebeamten schlüssig entnommen werden kann, unter weitgehender Erhaltung des Sichtkontaktes und keinem sich über 100 m vergrößerndem Abstand zum "verfolgten" Fahrzeug. Dabei wurde mit dem als "Zivilstreife" ausgestatteten Dienstfahrzeug, es handelt sich um einen VW-Golf älteren Baujahres, kein Blaulicht verwendet. Diese Feststellung erscheint erforderlich, weil sich dadurch ermessen läßt, daß die Fahrt des Berufungswerbers wohl nicht als "halsbrecherisch" - so wie dies auf Seite vier, dritter Absatz der Anzeige vom Meldungsleger bezeichnet wird - qualifizierbar ist. Dieses Prädikat erachtete auch der Lenker des Zivilstreifenfahrzeuges, GrInsp. S, anläßlich seiner Zeugenaussage vor dem Oö. Verwaltungssenat als nicht zutreffend. Vielmehr muß daher diese Fahrt hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit als durchaus normal angenommen werden, weil wohl sonst der VW-Golf dem PS-starken Motorrad kaum folgen hätte können. Ebenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, daß sich der Fahrer des Zivilstreifenfahrzeuges (GrInsp. S) während des Durchfahrens der verfahrensgegenständlichen Wegstrecke mit offenbar gleicher Geschwindigkeit als das Motorrad unter Nichtverwendung des Blaulichtes der Begehung einer Übertretung wegen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten oder allfälliger sonstiger Gefährdungen schuldig gemacht hätte. Die Qualifikation dieser Fahrt durch den Meldungsleger als "halsbrecherisch" spricht daher für sich und bedarf hier keiner weiteren Erläuterung! Bereits im Einspruch trat der Berufungswerber mit einem umfassenden Vorbringen den Tatvorwürfen (mit Ausnahme des Punktes hinsichtlich der geknickten Kennzeichentafel) entgegen. Er erklärte darin die Tatvorwürfe als überzogen. Die Erstbehörde stellte in der Folge auch zwei Übertretungspunkte (Nichtanzeigen der Fahrtrichtungsänderung u. Vorrangverletzung beim Einbiegen in die B147) im Rahmen des ordentlichen Verfahrens ein.

Zu den für die Berufung noch verfahrensgegenständlichen Punkten führt der Berufungswerber aus, daß er die Fahrbahnmitte in der Linkskurve beim Bahnhof nicht überfahren habe. Wenn auf dieser Strecke der Zeuge S anläßlich seiner Vernehmung vor dem Gemeindeamt M am 28.2.1997 den Nachfahrabstand "mit nicht mehr als 100 Meter" bezeichnete, so folgt daraus, daß die Fahrlinie des Motorrades an der rechtwinkelig und eng verlaufenden Kurve (Kurven-[Sehnen]bogen in Straßenmitte ca. 47 m, Straßenbreite in der Kurvenmitte ca. zehn Meter) und der in diesem Bereich ohne Bodenmarkierung ausgestatteten Straße, aus dieser Entfernung vom nachfahrenden Fahrzeug aus nicht in einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit hinreichend beurteilt werden konnte. Die diesbezügliche Feststellung in der Anzeige kann als bloße Vermutung des Überfahrens der Straßenmitte qualifiziert werden. Nicht erwähnt wurde in der Anzeige ob etwa ein etwas weiteres Linksfahren nicht auch durch einen vom Berufungswerber glaubhaft in seiner Verantwortung erwähnten rechts im Kurvenbereich abgestellten Pkw bedingt gewesen sein konnte. Die Verantwortung des Berufungswerbers war auch anläßlich des Ortsaugenscheines durchaus glaubwürdig und mit dem Blick eines Zweiradfahrers konnte sie den Denkgesetzen entsprechend gut nachvollziehbar gewertet werden. Aus der amtsbekannten fahrtechnischen Praxis eines Motorradfahrers ist es durchaus logisch, daß diese rechtwinkelig verlaufende Linkskurve in Richtung Kurvenscheitel eher zur Fahrbahnmitte befahren wird um dadurch die Fahrlinie zu optimieren. Im Falle eines Gegenverkehrs läßt sich das Zweirad leichter aus der Kurve als in die Kurve hinein manövrieren. Die vom Anfang an vorgetragene Verantwortung des Berufungswerbers entspricht sohin durchaus der Praxis und den Denkgesetzen, sodaß dieser durchaus gefolgt zu werden vermag. Das Überqueren des Zebrastreifens einer Fußgängerin beim Autohaus B wird in der Anzeige nicht klar ausgeführt. Auf Seite zwei wird in Fettschrift hervorgehoben, der Berufungswerber wäre "ohne anzuhalten an einer Fußgängerin, welche auf dem Schutzweg die Straße überquert habe, links vorbeigefahren und er habe in der Folge eine Sperrlinie überfahren." Unter dem Punkt "Beweismittel" wird diesbezüglich in der Anzeige auf Seite vier, erster Absatz ausgeführt, daß eine "ca. 50 Jahre alte (unbekannte) Frau" den Schutzweg in Richtung Autohaus B überquert habe und der Berufungswerber an dieser Frau etwa 1,5 Meter links und ohne anzuhalten vorbeigefahren wäre.

Diese Darstellung deckt sich auch mit der Schilderung des Berufungswerbers anläßlich der Berufungsverhandlung. Diesbezüglich erklärt er, daß er fast stehenbleiben habe müssen und er dann hinter dieser in Richtung des Hauses B den Schutzweg überquerenden Frau vorbeigefahren sei. Hinsichtlich der Sichtverhältnisse für die aus Richtung Braunau kommenden Fahrzeuge ist die Sicht auf die Gehsteigseite/Schutzwegseite beim Autohaus B durch die Doppelsäulen und das Betonfundament der damals noch angebrachten Ankündigunstafel "BMW B" (welche just zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheines demontiert wurde) als erheblich eingeschränkt zu bezeichnen. Aus der Weg-Zeitlogik kann auch in diesem Punkt dem Berufungswerber gefolgt werden, wenn er ausführt, daß er an dieser Stelle seine Fahrgeschwindigkeit wegen der Fußgängerin stark reduziert hat und aus diesem Grund sich auch der Nachfahrabstand so verringert hat, daß die Meldungsleger die Vorgänge des Berufungswerbers am Schutzweg letztlich überhaupt wahrnehmen konnten. Wenn daher sowohl der Berufungswerber als auch der Meldungsleger in der Anzeige von der Gehrichtung der Fußgängerin "in Richtung Autohaus" B spricht, so entspricht dies durchaus mehr der Logik, als die später und auch im Berufungsverfahren durch die Zeugen dargetane - und offenbar die den Tatvorwurf der "besonderen Rücksichtslosigkeit" tragende - gegensätzliche Gehrichtung der Fußgängerin. In diesem Fall hätten die Meldungsleger eher nur schwer den Bereich des Schutzweges auf der Seite des Autohauses B einsehen und dort die Fußgängerin am rechten Schutzwegrand beim Eintreffen des Berufungswerbers vor dem Schutzweg (wegen des noch zu großen Abstandes) nur wenig wahrscheinlich wahrnehmen können. Da weder der Zeuge GrInsp S, noch der Meldungsleger anläßlich der Vernehmung vor ihren Heimatgemeindeämtern die in der Anzeige geschilderte Gehrichtung der Fußgängerin korrigiert hat, scheint unter Bezugnahme auf die obigen Schlußfolgerungen jeder Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung des Berufungswerbers und somit der Darstellung der Gehrichtung in der Anzeige eher ausgeschlossen. Daher kann auch im Hinblick auf das Bestreiten des "Überfahrens" der Sperrline zumindest im Zweifel zugunsten des Beschuldigten gefolgt werden. Anläßlich der Vernehmung bei der Berufungsverhandlung erklärte der Berufungswerber sein ohne jegliche verkehrsspezifische Relevanz bleibendes knappes Annähern an die Sperrlinie nach dem Schutzweg mit der Schrägstellung, in welche mit dem Motorrad nach dem Rechtsabbiegen vor dem Schutzweg gelangte, weil er dort wegen der von links nach rechts querenden Fußgängerin das Fahrzeug fast zum Stillstand bringen mußte. Auch diese Darstellung ist nicht unlogisch. Wäre die Fußgängerin in die Gegenrichtung unterwegs gewesen und wäre der Berufungswerber vor ihr vorbeigefahren, ließe sich das Aufschließen des Streifenfahrzeuges, welches durch die Vorrangsituation Bahnhofstraße/B 147 erforderlich war, nicht nachvollziehen. Der Berufungswerber hätte in diesem Fall am Schutzweg nicht warten müssen. Dies bedeutet, daß der Berufungswerber wohl links und somit hinter der Fußgängerin vorbeifuhr, was den Tatvorwurf bereits im Hinblick auf § 9 Abs.2 StVO 1960 ausschließt und erst recht die Qualifikation unter § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 als haltlos scheinen läßt. In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß sich dieser Widerspruch bereits klar aus der Anzeige ergibt. Es kann im Rahmen dieses Verfahrens dahingestellt bleiben, ob anläßlich eines im Hinblick auf administrativrechtliche Folgen so weittragenden Tatvorwurfs - laut Punkt 2. des Straferkenntnisses - mit einer Beweisführung durch Rechtshilfevernehmungen im Wege zweier Gemeindeämter zweckmäßig ist. Im Berufungsverfahren konnten die Meldungsleger nicht so überzeugend dartun, daß ihre Wahrnehmungen ausreichten darauf die Schuldsprüche zu stützen bzw. diese zu bestätigen. Dies trifft sowohl im Hinblick auf die wohl begründbar vermutete Fahrlinie über die Straßenmitte beim Bahnhof als auch auf die in der Anzeige im Hinblick auf die Gehrichtung der Fußgängerin wohl zutreffend geschilderten Vorgang und letztlich auf bloße Schätzung beruhende Beschaffenheit der Reifen zu. Im übrigen machte der Berufungswerber anläßlich der Berufungsverhandlung einen durchaus soliden wie anständigen Eindruck, was nicht zuletzt die Glaubwürdigkeit im Hinblick auf seine Verantwortung im Zusammenhalt mit der dafür sprechenden oben ausgeführten Überlegungen durchaus bekräftigte. Das Berufungsvorbringen erwies sich demnach weitgehend als berechtigt! Hinsichtlich des Punktes 5. wurde vom Berufungswerber in der Berufungsverhandlung die Berufung zurückzogen, sodaß das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt in Rechtskraft erwachsen ist. 6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Der § 9 Abs.2 in der h. anzuwendenden Fassung nach der 19. StVO-Novelle lautet: Der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, hat einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten. In gleicher Weise hat sich der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, vor einer Radfahrerüberfahrt zu verhalten, um einem Radfahrer, der sich auf einer solchen Radfahrerüberfahrt befindet oder diese erkennbar benützen will, das ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Die zit. Bestimmung in der Fassung der 19. StVO-Novelle hat wohl eine Verschärfung zum Schutz der Fußgänger dadurch erfahren, als bereits bei der bloßen Erkennbarkeit der Überquerungsabsicht dies vom Fahrzeuglenker ungehindert zu ermöglichen ist. Die Rechtslage würde wohl verkannt, wenn in Auslegung dieser Bestimmung auch ein hinter einem noch am Schutzweg befindlichen Passanten Vorbeifahren dieser Norm entgegenstehend interpretiert würde. Unbeschadet des Umstandes, daß diese dadurch nicht gefährdet werden dürfen.

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Tatvorwurf des Rechtsfahrgebotes einer Präzisierung - inwiefern dem Rechtsfahrgebot konkret zuwidergehandelt wurde (wie weit mit dem Motorrad in dieser Situation konkret rechts gefahren werden hätte müssen) - noch zugänglich gewesen wäre. Bereits aus dem anläßlich des Ortsaugenscheines erhobenen Beweisergebnis mußte zumindest von einer nicht erweisbaren Tatbegehung ausgegangen werden. Mangels einer konkreten Messung der Profiltiefe, sondern einer bloßen Schätzung, kann auch der Tatvorwurf des Unterschreitens der Mindestprofiltiefe von 1,6 mm nicht zweifelsfrei festgestellt erachtet werden. Als Konsequenz dieses Beweisergebnisses folgt daher in rechtlicher Hinsicht, daß, wenn ein eindeutiges Beweisergebnis nicht vorliegt, selbst wenn (bloß) Zweifel an der Begehung eines an sich strafbaren Verhaltens bestehen, der Tatnachweis, welcher auch auf der Ebene des Verschuldens vorzuliegen hat, eben nicht erbracht ist und von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Keiner weiteren Erörterung bedarf es, daß zum Zeitpunkt des erstbehördlichen Straferkenntnisses für den Beschuldigten die Rechtslage durch Änderung der Bestimmung des § 4 Abs. 4 KDV durch BGBl. II, Nr. 80/97 (in Kraft getreten mit 26.3.1997) bereits günstiger war (Profiltiefe für Motorräder 1,6 mm) und der im Spruch des Straferkenntnisses erhobene Tatvorwurf im Sinne der früheren Rechtslage den auf diese Rechtslage gestützten Strafausspruch (2 mm Profiltiefe) noch tragen könnte (vgl. VwGH 16.3.1994, 92/03/0106 u.a zu § 1 Abs.2 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Wahrnehmbarkeit, Nachfahrt

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