Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550286/9/Kü/Rd/Hu

Linz, 15.09.2006

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer)  über den Antrag der p + P- und F S GmbH, W, vertreten durch Rechtsanwälte Prof. H & P, K, L, vom 7.9.2006 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der H W GmbH betreffend "Örtliche Bauaufsicht und Baustellenkoordination für den Neubau einer Messehalle im Messegelände W" zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin H W GmbH die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungs­verfahren, längstens aber bis 8. November 2006, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – OÖ. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 7.9.2006, fristgerecht verbessert mit Eingabe vom 11.9.2006, wurde von der p + P- und F S GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungs­verfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von zwei Monaten nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühr begehrt.

 

Begründend wurde hiezu dargelegt, dass betreffend das gegenständliche Bauvorhaben durch Aussendung der Vergabebekanntmachung am 14.6.2006 ein offenes Verfahren betreffend die Bauaufsicht und Baustellenkoordination eingeleitet worden sei. Im Gegensatz zur Bekanntmachung handle es sich nicht um einen Bauauftrag sondern um einen Dienstleistungsauftrag. Weder der Bekanntmachung noch der übermittelten Ausschreibungsunterlage (AU), in welcher bereits vermerkt sei, dass die Auftraggeberin als Bauherrschaft fungiere, sei eine Kostenschätzung iSd § 16 BVergG 2006 zu entnehmen. Es werde daher davon ausgegangen, dass es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich handle.

 

Obwohl in der Bekanntmachung als Auftraggeber noch die M W GmbH & Co KG, angegeben worden sei, wurde bei der Übersendung der AU im Begleitschreiben vom 6.7.2006 darauf hingewiesen, dass die H W GmbH Bauherr und somit Auftraggeber sei. Die Stadt W sei alleinige Gesellschafterin der Auftraggeberin und unterliege die nachprüfende Kontrolle dem Oö. Verwaltungssenat. Am 24.8.2006 sei die nunmehr bekämpfte Zuschlagsentscheidung übermittelt worden.

 

Zum Sachverhalt führte die Antragstellerin aus, dass mit Bekanntmachung vom 14.6.2006 ein als Bauauftrag bezeichneter Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich betreffend die Bauaufsicht und Baustellenkoordination für den Neubau einer Messehalle im Messegelände W eingeleitet worden sei. Von der Antragstellerin sei die AU angefordert und von der Auftraggeberin am 7.7.2006 übermittelt worden.

Die AU sei für die Antragstellerin nicht transparent und nachvollziehbar gewesen. Gemäß Punkt 2. Abs.3 des die AU bildenden Honorarangebotes, sei vom Leistungsumfang der Bieter die örtliche Überwachung der Herstellung des Bauwerkes in allen seinen Teilen und Gewerken umfasst. Hiefür sei gemäß Punkt 3. für die Bauaufsicht und die Baustellenkoordination eine Pauschale (Festpreis) anzubieten gewesen.

Da die Leistung der örtlichen Bauaufsicht getrennt von der Fachbauaufsicht für die Gewerke Haustechnik (HKLS) und Elektroinstallation angeboten wurde, sei von der Antragstellerin bei den Repräsentanten der Bauherrschaft, insbesondere dem mit der Projektleitung betrauten Architekten angefragt worden, ob der Punkt 2. Abs.3 der AU die Fachbauaufsicht für die Gewerke HKLS und Elektro inkludiere, was bejaht worden sei. Weiters sei das Ausmaß der geschätzten Kosten für das Gewerk HKLS mit 3,2 Mio und für die Elektroinstallationsarbeiten mit zwischen 2,2 Mio und 3 Mio Euro bekannt gegeben worden. Es sei daher das Angebot der Antragstellerin betreffend die beiden Gewerke auf Basis von Herstellungskosten im Ausmaß von 5,7 Mio Euro kalkuliert worden. Auf diesen Umstand habe die Antragstellerin mit Angebotsschreiben vom 8.8.2006 hingewiesen und auch gleichzeitig ein Alternativangebot betreffend die ÖBA ohne Fachbauaufsicht gelegt.

Das Hauptangebot der Antragstellerin schließe mit einer Nettoangebotssumme in der Höhe von 298.456 Euro.

 

In der AU seien als Zuschlagskriterien der niedrigste Preis (100 Punkte), die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (max. 20 Punkte) und die technische Leistungsfähigkeit (max. 50 Punkte) vorgesehen.

Eine Bewertungsmatrix mit Auf-/Zuschlagssystem sei der Ausschreibung nicht zu entnehmen. Es sei nicht erkennbar, wie die Zuschlagskriterien finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie technische Leistungsfähigkeit bewertet worden seien.

 

Am 16.8.2006 habe die Angebotseröffnung stattgefunden. Im Angebots­eröffnungsprotokoll seien 17 Angebote vermerkt worden, welche Netto­angebotssummen im Bereich zwischen 170.675 Euro und 554.730 Euro ergeben haben. Es sei lediglich der Angebotspreis verlesen worden. Das Begleitschreiben der Antragstellerin zu ihrem Angebot vom 8.8.2006 sowie deren Alternativangebot sei nicht verlesen worden. Eine schriftliche Berichtigung der Ausschreibung sei, abgesehen von der Berichtigung der Bauherrschaft, nicht erfolgt.

 

Mit Zuschlagsentscheidung vom 24.8.2006 sei mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, der Firma K und M GmbH & Co  KEG, V, den Zuschlag  mit einer Nettoauftragssumme von 170.675 Euro (erreichte Punkteanzahl 119)  zu erteilen. Mit Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung sei das Angebotseröffnungsprotokoll übermittelt worden, welches lediglich eine punktemäßige Bewertung der Angebotspreise aufweise und sei der bekannt gegebene Punktewert von 119 daraus nicht nachvollziehbar.

 

Am 7.9.2006 sei um Aufklärung und Einsichtnahme in die Angebotsbewertung gebeten worden. Die Auftraggeberin konnte keine Auskunft erteilen; dies sei von der Antragstellerin mit Fax vom 7.9.2006 festgehalten worden. Am selben Tag sei der Antragstellerin per Email eine "Bestbieterermittlung" übermittelt worden, welche nicht nachvollziehbar gewesen sei.

 

Ein Interesse am Vertragsabschluss sei durch die Legung des Angebotes beurkundet. Das gegenständliche Vorhaben stelle ein Referenzprojekt dar. Der Deckungsbeitrag liege bei 13.784,63 Euro. Der entgangene Gewinn belaufe sich auf ca 35.000 Euro und sei für die Antragstellerin von erheblicher wirtschaftlicher Relevanz. Das gegenständliche Vergabeverfahren sei zu widerrufen und folge daraus ein rechtliches Interesse an der begehrten Nichtigerklärung.

 

Da nicht nachvollziehbar sei, wie die beiden neben dem Preis vorgesehenen Zuschlagskriterien gewertet wurden, wäre das Angebot der Antragstellerin bei Maximalbewertung der beiden zusätzlichen Zuschlagskriterien (70 Punkte) und der Preiswertung (51 Punkte) mit insgesamt 121 Punkten das Bestangebot und wäre diesem der Zuschlag zu erteilen gewesen.

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Gleichbehandlung, auf Vorliegen einer transparenten AU, transparenter Zuschlagskriterien, auf eine nachvollziehbare Bestbieterermittlung sowie letztlich auf Widerruf der Ausschreibung verletzt.

 

Als Begründung für die Rechtswidrigkeit führt die Antragstellerin ins Treffen, dass die vorliegende AU nicht der Bestimmung des § 80 Abs.3 BVergG 2006 entspreche, zumal eine nachvollziehbare Bestbieterermittlung aufgrund der aufgestellten Zuschlagskriterien nicht möglich sei, da diese nicht in Verhältnis zueinander gesetzt seien und auch nicht zu entnehmen sei, wie die zusätzlichen Zuschlagskriterien finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bzw technische Leistungsfähigkeit bewertet werden. Bei den beiden zusätzlichen Zuschlagskriterien handle es sich um gesetzlich vorgesehene Eignungskriterien, welche nicht als Zuschlagskriterien verwendet werden dürfen, da sie nicht auftragsbezogen seien.

 

Diese Rechtswidrigkeit sei nicht präkludiert, da durch die konkrete Ausgestaltung der AU eine nachvollziehbare und somit objektive Bestbieterermittlung nicht möglich sei.

Aus der Textierung der Zuschlagsentscheidung sei jedoch zu folgern, dass die Auftraggeberin ein Bewertungssystem durchgeführt habe, da eben die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine Punkteanzahl 119 bekommen habe.

 

Weiters lasse die AU nicht erkennen, ob lediglich das Gewerk örtliche Bauaufsicht exklusive der Fachbauaufsicht für die Gewerke HKLS und Elektro angeboten werden solle oder ob diese  im Angebot inkludiert sein solle. Wenn die AU dahingehend zu verstehen gewesen wäre, dass die Gewerke HKLS und Elektro im Angebot inkludiert sind, so sei die Honorarermittlung für die Antragstellerin aufgrund der Textierung der AU nicht möglich gewesen, da kein Bauvolumen für die genannten Fachbauwerke bekannt gegeben worden sei. Dies sei von der Antragstellerin erst telefonisch erfragt worden. Eine schriftliche Ergänzung der AU sei nicht erfolgt. Auch sei der Ausschreibung weder ein Haustechnikplan noch ein Installationstechnikplan beigelegt worden, weshalb offenbar auch von anderen Bietern der Ausschreibungsgegenstand als örtliche Bauaufsicht exklusive der Fachbauaufsicht verstanden worden sei. Es sei zu vermuten, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin die erwähnten Fachbauaufsichten zumindest ursprünglich nicht angeboten habe. Dies stelle einen Verstoß gegen das Gebot der transparenten Leistungsbeschreibung dar und führe zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung.

 

Des weiteren habe die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung einerseits das Ende der Stillhaltefrist und andererseits die Gründe für die Ablehnung des Angebotes zu enthalten. Die bekämpfte Zuschlagsentscheidung enthalte keine datumsmäßige Festlegung des Endes der Stillhaltefrist, weshalb sie mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Darüber hinaus sei in Anbetracht der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nur eine Punkteanzahl (119) mitgeteilt worden. Im Anhang zur Zuschlagsentscheidung finde sich das Angebotsöffnungsprotokoll, in welchem lediglich "Preispunkte" (max. 100) bekannt gegeben wurden.

Aufgrund dieser Informationen sei eine nachvollziehbare Herleitung der Gründe für die Ablehnung des Angebots der Antragstellerin nicht möglich. Die nachfolgende kommentarlose Übermittlung einer "Bestbieterermittlung" könne dies nicht sanieren.

 

Zudem wurde von der Auftraggeberin verabsäumt, bei der Einleitung des Vergabeverfahrens eine Kostenschätzung des Auftragswertes vorzunehmen. Dieser Umstand führe zur Unbestimmtheit der Leistungsbeschreibung und zur Nichtnachvollziehbarkeit der Bestbieterermittlung und zur Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung.

 

Auch stelle das Nichtvorlesen des Begleitschreibens zum Angebot der Antragstellerin eine Rechtswidrigkeit dar, zumal dieses Schreiben wesentliche Erklärungen gemäß § 118 Abs.5 BVergG 2006 beinhalte.

 

Aufgrund der zahlreichen aufgezeigten Rechtswidrigkeiten sei aus der Sicht der Antragstellerin ein objektives und faires Verfahren auch bei Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht mehr möglich, da die AU mit fundamentalen Rechtswidrigkeiten behaftet sei, weshalb demnach ein Widerrufsgrund gemäß § 139 BVergG 2006 vorliege.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen zur Begründung des Nachprüfungsantrages und bringt weiters vor, dass das gegenständliche Vorhaben ein wesentliches Referenzprojekt darstelle. Die Interessensabwägung habe ergeben, dass den dargestellten möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin kein besonderes öffentliches Interesse gegenüberstehe. Nachteilige Folgen der Erlassung der einstweiligen Verfügung seien im Hinblick auf das Wohl der Allgemeinheit nicht zu erwarten.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Auftraggeberin am Verfahren beteiligt und ihr den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Stellungnahme übermittelt.

Die Auftraggeberin führt durch ihren Rechtsvertreter aus, dass die Erlassung einer einstweiligen Verfügung einen zulässigen Nachprüfungsantrag voraussetze. Die Antragstellerin habe in ihrem Antrag vom 7.9.2006 bloß das Vergabeverfahren bezeichnet und den Antrag auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung gestellt. Dem Nachprüfungsantrag mangle es daher an einem bestimmten Begehren und sei auch die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht beantragt worden. Der Antrag erfülle somit nicht die Mindestvoraussetzungen des § 6 VNPG. Die Nichterfüllung dieser Antragserfordernisse stelle kein bloßes Formgebrechen dar, das einer Verbesserung zugänglich wäre (BVA 9.10.1998, N-31/98-5; BVA 25.10.2000, N-52/00). Der Nachprüfungsantrag sei somit unzulässig, was zur Folge habe, dass auch der Antrag auf einstweilige Verfügung unzulässig sei.

 

Weiters sei darauf hinzuweisen, dass eine rechtzeitige Verständigung des Auftraggebers gemäß § 3 Abs.2 VNPG nicht erfolgt sei. Die Antragstellerin habe ein an den UVS adressiertes und als „Nachprüfungsantrag“ bezeichnetes Schreiben kommentarlos per Fax übermittelt. Entgegen § 3 Abs.2 VNPG seien keine Informationen über die beabsichtigte Antragstellung und keinerlei Hinweis auf die behauptete Rechtswidrigkeit erfolgt. Das Fax an die Auftraggeberin sei am 7.9.2006 um 17.57 Uhr, nach Ende der Amtsstunden, übermittelt worden. Es hätte der Antragstellerin klar sein müssen, dass die Verständigung von der Auftraggeberin erst am 8.9.2006 zur Kenntnis genommen werden konnte.

 

Die Zuschlagsentscheidung sei der Antragstellerin am 24.8.2006 übermittelt worden. Die Stillhaltefrist sei nach § 132 Abs.1 BVergG 2006 mit 14 Tagen ab Übermittlung der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung festgesetzt worden. Die Antragsfrist hätte daher mit 7.9.2006 geendet. Der Nachprüfungsantrag würde den Eingangsstempel 8.9.2006 tragen und sei somit verspätet.

 

Die Antragstellerin habe den entstehenden Schaden weder behauptet noch beziffert, noch plausibel dargelegt. Es fehle sowohl ein entsprechendes Vorbringen als auch jegliches Beweis- oder Bescheinigungsmittel. Der Antrag erfülle somit nicht die Anforderung des § 11 VNPG und sei daher aus diesen Gründen als unzulässig zurück zu weisen.

 

Darüber hinaus würde gegen den Antrag eingewendet, dass das Angebot der Antragstellerin ohnehin nicht für den Zuschlag in Frage gekommen wäre, weil sie den in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Bonitätsnachweis nicht vorgelegt habe und weil im Angebot die vorgeschriebene rechtsgültige Unterfertigung fehle. Das Angebot der Antragstellerin wäre daher auszuscheiden.

 

Die Antragstellerin gehe weiters von der unzutreffenden Ansicht aus, dass im Wege der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung eine vorher nicht bekämpfte Festlegung der Zuschlagskriterien angefochten werden könne. Die Anfechtung der Festlegung der Zuschlagskriterien hätte innerhalb einer Frist von 14 Tagen vor Ablauf der Angebotsfrist vorgenommen werden können, dies habe die Antragstellerin aber unterlassen und sei somit Präklusion eingetreten. Der Antragstellerin könne daher durch die angefochtene Zuschlagsentscheidung kein Schaden entstehen.

 

Zur Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen sei auszuführen, dass Auftrags­erteilung umgehend erfolgen müsse. Der Auftrag betreffe die Bauaufsicht für ein Bauvorhaben, das nach einem äußerst streng kalkulierten Terminplan abgewickelt werden müsse. Die Abbrucharbeiten betreffend die Messehalle würden am Montag, 18.9.2006, beginnen. Der Rohbau müsse bis Ende Februar 2007 fertig gestellt sein, weil Anfang März die Energiesparmesse am Messegelände stattfinden würde. Wenn der Rohbau nicht rechtzeitig fertig gestellt würde, könne diese Energiesparmesse nur unter sehr starker Beeinträchtigung mit großen europäischen Imageschaden für die Stadt W und das Land Oberösterreich durchgeführt werden. Es handle sich dabei um eine Veranstaltung von enormer Bedeutung für die Stadt W. Eine Absage wäre nicht nur mit wirtschaftlichen Nachteilen, sondern auch mit einem erheblichen Imageverlust  für die Stadt W und für das Land Oberösterreich verbunden. Es müsse daher jedenfalls der Baubeginn wie geplant Anfang nächster Woche stattfinden.

 

Die von der Antragstellerin behaupteten drohenden Schäden seien nicht geeignet, das Interesse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu begründen. Schließlich handle es sich um einen Schaden, den sie im Falle des Obsiegens im Nachprüfungsverfahren ohnehin im Wege eines Schadenersatzanspruches geltend machen könne.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1.  Die W H GmbH, stellt auf Grund der Tatsache, dass lt. Firmenbuchauszug die Stadt W alleinige Gesellschafterin ist, ein Unternehmen im Sinne des Art. 127a Abs.3 Bundes-Verfassungsgesetz (B‑VG) dar und ist daher die H W GmbH öffentliche Auftraggeberin im Sinn des Art. 14b Abs.2 Z2 lit.c B‑VG bzw. § 1 Abs.2 Z4 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (Oö. VNPG).

Gemäß Art.14b Abs.3 B-VG ist in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch solche Auftraggeber die Gesetzgebung und Vollziehung Landessache.

 

Die Bestimmungen des 4. Teils (Rechtsschutz) des Bundesvergabegesetzes 2006  sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Das Rechtsschutzverfahren unterliegt in Beachtung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art. 14b Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. Vergabenach­prüfungsgesetzes, LGBl. Nr. 153/2002.

 

Materiellrechtlich hingegen unterliegt das gegenständliche Vergabeverfahren den Vorschriften des BVergG 2006.

 

Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet den Schwellenwert iSd § 12 Abs.1 BVergG 2006; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.2. Zur Frage der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages und damit verbunden auch des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist auszuführen, dass der Nachprüfungsantrag grundsätzlich innerhalb der Stillhaltefrist von 14 Tagen eingebracht wurde. Die Stillhaltefrist endete am 7.9.2006. Der Antrag wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat zwar außerhalb der Amtsstunden, aber am 7.9.2006 um 17.55 per Telefax übermittelt. § 13 Abs.5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) bestimmt, dass schriftliche Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden binnen offener Frist in einer technischen Form eingebracht werden, die die Feststellung des Zeitpunkts des Einlangens ermöglicht, als rechtzeitig eingebracht gelten. Behördliche Entscheidungsfristen beginnen jedoch erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen. Auf Grundlage dieser gesetzlichen Regelung wurde daher der Nachprüfungsantrag fristgerecht eingebracht und hat die für die Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung festgesetzte Entscheidungsfrist von einer Woche erst ab Freitag, dem 8.9.2006, zu laufen begonnen.

 

Da der Nachprüfungsantrag und auch der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht die im § 6 Abs.1 bzw. § 11 Abs.2 VNPG vorgesehenen Inhalte aufgewiesen hat, wurde der Antragstellerin gemäß § 13 Abs.3 AVG zur Verbesserung der Anträge aufgefordert. Gemäß § 13 Abs.3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Der Antragstellerin wurde zur Verbesserung ihrer Anträge eine Frist bis Montag, 11.9.2006, gesetzt, welche von der Antragstellerin auch entsprechend genutzt wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass die Anträge somit ursprünglich richtig eingebracht wurden. Im Zuge der Verbesserung des Nachprüfungsantrages und des Antrages auf Erteilung der einstweiligen Verfügung wurden auch Ausführungen zu den behaupteten Rechtswidrigkeiten und zu entstandenem Schaden getätigt.

 

Es ist daher von der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages und des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auszugehen. Die von der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

3.3. Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich betrifft, zwei Monate nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht,
1. Auflage 2001, S. 172f).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl.
B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei dem gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen.

Die Auftraggeberin bringt dazu vor, dass die Interessen durch die beantragte einstweilige Verfügung deshalb wesentlich beeinträchtigt seien, weil die Auftragserteilung umgehend erfolgen müsse. Die Bauarbeiten für den Neubau einer Messehalle folgen einem äußerst streng kalkulierten Terminplan, diese müssen umgehend begonnen werden. Der Rohbau muss Ende Februar 2007 fertig gestellt sein, weil Anfang März die Energiesparmesse am Messegelände stattfinden wird. Diesem Vorbringen ist allerdings entgegen zu halten, dass bereits in den Ausschreibungsunterlagen die Bieter darauf hingewiesen wurden, dass während der Bauzeit der Messehalle die Energiesparmesse 2007 auf dem Baugelände provisorisch durchgeführt wird. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist daher das zwingende öffentliche Interesse an der sofortigen Durchführung der Bauarbeiten nicht erkennbar, zumal bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung davon ausgegangen wurde, dass der Neubau der gegenständlichen Messehalle zum Zeitpunkt der Energiesparmesse 2007 noch eine Baustelle darstellt. Weiters ist in diesem Zusammenhang auf die bereits weiter oben zitierte Judikatur zu verweisen, insbesondere auf die Beschlusspraxis des EuGH, wonach für den öffentlichen Auftraggeber die echte Obliegenheit zur rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen besteht.

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat besteht daher neben dem öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Fortführung des Vergabeverfahrens.

Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG.

 Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

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