Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-580199/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 08.09.2006

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des B E, T, W, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 27. Juli 2006, Zl. BZ-SanR-134-2003, wegen der Untersagung der Berechtigung der freiberuflichen Ausübung der Tätigkeit als Heilmasseur, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 27. Juli 2006, Zl. BZ ‑SanR-134-2003, wurde dem Rechtsmittelwerber die beabsichtigte freiberuf­liche Ausübung einer Tätigkeit als Heil­masseur mangels Vorliegen eines Qualifikationsnachweises untersagt.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer mittels eines Verständi­gungs­schreibens der belangten Behörde vom 1. Juni 2006 zur Kenntnis gebracht worden sei, dass auf Grund der von ihm im Laufe des gegenständlichen Verfahrens vorgelegten Unterlagen nicht schlüssig nachvollziehbar sei, ob vor dem 1. April 2003 tatsächlich eine qualifizierte Leistungserbringung erfolgte. Im Übrigen stünden weder bei der belangten Behörde noch bei deren Oberbehörde hinreichend qualifizierte Amtssachverständige für die Begutachtung einer derartigen Leistungserbringung zur Verfügung.

 

Da der Rechtsmittelwerber aber bis zur Vorlage eines entsprechenden Sachverständigengutachtens als über keinen erforderlichen Quali­fikationsnachweis verfügend anzusehen sei, habe die belangte Behörde spruchgemäß zu entscheiden gehabt.

 

1.2. Gegen diesen ihm am 28. Juli 2006 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 10. August 2006 und damit rechtzeitig bei der belangten Behörde abgegebene Berufung.

 

Darin bringt der Beschwerdeführer (äußerst weitwendig) vor, dass er durch ein offenkundig willkürliches Verhalten der Behörde (Entzug der Berufsberechtigung) unter Verkennung der eigentlichen Rechtslage, durch Unterlassung wesentlicher Ermitt­lungsschritte (insbesondere durch das Ignorieren seines Parteivorbringens) und schließlich auch wegen der Anwendung eines gesetzwidrigen Erlasses der Sanitätsbehörden in seinen Rechten verletzt worden sei.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Wels zu Zl. BZ-SanR-134-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 und 2 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Ver­handlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 84 Abs. 7 des Bundesgesetzes über die Berufe und die Ausbildung zum medizinischen Masseur und Heilmasseur, BGBl.Nr. I 169/2002, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 46/2006 (im Folgenden: MMHmG), können gewerbliche Masseure, deren qualifizierte Leistungserbringung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG (das war der 1. April 2003) nachgewiesen ist, auch ohne Aufschulung eine Tätigkeit als Heilmasseur ausüben.

 

3.2. Der diese Bestimmung näher determinierende Erlass der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 9. März 2005, Zl. BMGF-92266/0049-I/B/6/2004, wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. V 105/05, aus formalen Gründen – nämlich deshalb, weil diesem die Qualität einer Rechtsverordnung zukommt und daher dessen Kundmachung im Bundesgesetzblatt hätte erfolgen müssen – aufgehoben.

 

3.3. Mit Erkenntnis vom selben Tag, Zl. B 561/05, hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass – jedenfalls solange eine neuerliche ordnungsgemäße Kundmachung des vorzitierten Erlasses nicht erfolgt ist – der vorgeschriebene Qualifikationsnachweis gemäß § 84 Abs. 7 MMHmG als erbracht anzusehen ist, wenn die Anforderungen des § 84 Abs. 1 oder Abs. 2 MMHmG erfüllt sind und eine – die in Abs. 3 vorgesehene Aufschulung entbehrlich machende  – "qualifizierte Leistungserbringung" im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes nachgewiesen ist, wobei die Beurteilung einer solcherart qualifizierten Leistungserbringung anhand der dem Gesetz (allenfalls auch unter Heranziehung von Gesetzesmaterialien) zu entnehmenden Wertungen zu erfolgen hat. Die Bestimmung des § 84 Abs. 7 MMHmG erlaubt es demnach nur jenen gewerblichen Masseuren – jeweils bei Vorliegen einer qualifizierten Leistungserbringung –, eine Tätigkeit als Heilmasseur auch ohne Aufschulung auszuüben, die die Befähigung zur Ausübung des Gewerbes der Massage auf Grund einer Befähigungsprüfung nachgewiesen haben (oder diese Prüfung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 erfolgreich ablegen) und das Gewerbe der Massage bis zum Inkrafttreten des MMHmG (am 1. April 2003) durch mindestens sechs Jahre hindurch tatsächlich und rechtmäßig selbständig ausgeübt haben.

 

Bei  der Feststellung, ob damals eine "qualifizierte Leistungserbringung" vorlag, hat die Behörde daher im Hinblick auf das im MMHmG umschriebene Berufsbild des Heilmasseurs zu prüfen, ob der gewerbliche Masseur – auf Grund der Befähigungs­prüfung und einer entsprechend langen einschlägigen Tätigkeit – im Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG über eine solche fachliche Befähigung verfügte, um i.S.d. § 29 MMHmG die entsprechenden Leistungen nach ärztlicher Anordnung eigenverantwortlich auszuüben. In diesem Zusammenhang ist jedoch nicht die Kenntnis aller (und im Besonderen auch der theoretischen) Lehrinhalte der auf Grund des MMHmG ergangenen Ausbildungsverordnung – noch dazu in genau jener Form und jenem Umfang, wie in dieser Verordnung vorgesehen – zu fordern, weil damit einerseits die Übergangsbestimmung des § 84 Abs. 7 MMHmG ihres Anwendungsbereiches beraubt und andererseits ein diametraler Widerspruch zu dem mit dem MMHmG insgesamt verfolgten Ziel der Durchlässigkeit zwischen den neuen Gesundheitsberufen (medizinischer Masseur und Heilmasseur) und den gewerblichen Masseuren entstehen würde.

 

3.4. Von dieser nunmehr maßgeblichen Rechtslage ausgehend hat daher die Behörde im Zuge einer Meldung der freiberuflichen Ausübung der Heil­masseur­tätigkeit gemäß § 46 Abs. 1 MMHmG durch einen gewerblichen Masseur – abgesehen von den dort genannten Formalerfordernissen – zunächst zu überprüfen, ob dieser vor dem 1. April 2003 entweder einen Befähigungsnachweis für das reglementierte Gewerbe der Massage auf Grund einer Befähigungsprüfung erlangt (§ 84 Abs. 1 Z. 1 MMHmG) oder er dieses Gewerbe zunächst nur auf Grund einer Nachsichtserteilung ausgeübt, die Befähigungsprüfung aber seither absolviert hat bzw. bis zum 31. Dezember 2007 absolvieren wird (§ 84 Abs. 2 Z. 2 und 3 MMHmG).

 

In einem zweiten Schritt ist sodann zu prüfen, ob der Anzeigende das Gewerbe der Massage tatsächlich und rechtmäßig vor dem 1. April 2003 bereits über einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren ausgeübt hat (§ 84 Abs. 1 Z. 2 MMHmG; § 84 Abs. 2 Z. 1 MMHmG).

 

Schließlich hat die Behörde in einem letzten Schritt zu prüfen, ob die Berufsausübung vor dem 1. April 2003 dem in § 84 Abs. 7 MMHmG geforderten Kriterium einer qualifizierten Leistungserbringung entsprochen hat.

 

Wenn eine der geforderten Voraussetzungen nicht vorliegt, ist die begehrte freiberufliche Ausübung des Heilmasseurs nach § 46 Abs. 2 MMHmG unverzüglich, längstens jedoch binnen drei Monaten zu untersagen. Eine bereits erteilte Berechtigung ist zu entziehen, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen entweder anfänglich nicht gegeben waren oder nachträglich weggefallen sind (§ 47 MMHmG).

 

3.5. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer seine Absicht auf freiberufliche Ausübung des Heilmasseurberufes iSd § 46 Abs. 1 MMHmG am 16. April 2003 der belangten Behörde gemeldet.

 

3.5.1. Hierüber hat die Erstbehörde am 25. Juni 2003 einen Untersagungsbescheid erlassen, gegen den am 9. Juli 2003 Berufung erhoben wurde. Das Berufungsverfahren wurde mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 7. April 2005, Zl. VwSen-580034/28/Gf/Eg/Sta, abgeschlossen. Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wels vom 15. November 2005, Zl. BZ-SanR-134-2003, wurde der Rechtsmittelwerber dazu aufgefordert, seine Qualifikation einer sachverständigen Begutachtung unterziehen zu lassen, wozu er sich mit Schreiben vom 2. Dezember 2005 jedoch erst "in der 2. Jahreshälfte (voraussichtlich) 2006" bereit erklärte. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 19. Jänner 2006, Zl. BZ-SanR-134-2003, wurde ihm daher die freiberufliche Ausübung des Heilmasseurberufes untersagt. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit h. Erkenntnis vom 3. April 2006, Zl. VwSen-580196/2/Gf/Mu/Ga (dem Bürgermeister der Stadt Wels zugestellt am 11. April 2006), insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde. Außerdem hat der Beschwerdeführer am 28. März 2006 neuerlich seine Absicht auf freiberufliche Ausübung des Heilmasseurberufes angemeldet (und mit Schreiben vom 10. April 2006 allenfalls [die diesbezüglichen Ausführung sind im Ergebnis unklar] wieder zurückgezogen. Der angefochtene Bescheid wurde dem Rechtsmittelwerber − wie bereits zuvor unter 1.2. ausgeführt − am 28. Juli 2006 zugestellt.

 

3.5.2. Daraus geht insgesamt hervor, dass der angefochtene Untersagungsbescheid offensichtlich nicht innerhalb der in § 46 Abs. 2 MMHmG gesetzlich festgelegten Untersagungsfrist von drei Monaten (die am 16. April 2003 zu laufen begonnen hat und de iure nur durch allfällige, allein in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegene Gründe unterbrochen worden ist), sondern unzweifelhaft erst später ergangen ist und die belangte Behörde daher zu diesem Zeitpunkt zur Bescheiderlassung in einem Verfahren nach § 46 MMHmG jedenfalls nicht mehr zuständig war.

 

3.5.3. Der vorliegenden Berufung war daher schon aus diesem Grund gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

3.5.4. Bei diesem Verfahrensergebnis ist daher der Rechtsmittelwerber so lange als zur freiberuflichen Ausübung der Tätigkeit als Heilmasseur berechtigt anzusehen, bis eine explizite behördliche Entziehung nach § 47 MMHmG erfolgt.

 

Dieser formale Aspekt, wonach die belangte Behörde im gegenständlichen Fall ausschließlich ein Verfahren nach § 47 MMHmG (anstelle eines solchen gemäß § 46 MMHmG; eine "Mischung" beider Verfahrensarten ist gesetzlich überhaupt nicht vorgesehen) durchzuführen gehabt hätte, stellt keinen bloßen "Scheinformalismus" dar, sondern ist vielmehr im Hinblick auf die damit verbundene Beweislast- und Kostenverschiebung (vom Beschwerdeführer hin zur Behörde; vgl. §§ 75 ff AVG) von essentieller Bedeutung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1.       Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.       Im gegenständlichen Verfahren ist eine Gebühr in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Dr. G r o f

 

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