Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251167/46/Lg/Sta

Linz, 18.10.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine VII. Kammer (Vorsitzender: Dr. Reichenberger, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzerin: Mag. Bismaier) nach der am 2. Juni und am 14. Oktober 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des S H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A J, Mag. A L, Mag. J W, 40 L, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 7. Mai 2004, Zl. SV96-12-3-2004-Brod, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 2.500 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma H GmbH in 41 W und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher der oben genannten Firma zu verantworten habe, dass am 12.3.2004 die tschechische Staatsangehörige J K im Betriebsgebäude der Firma H GmbH gemeinsam mit drei weiteren tschechischen Staatsangehörigen gearbeitet habe. Sie habe bei in Tschechien angefertigten Berufsjacken Umnäharbeiten durchgeführt. Die Berufsjacken seien von der Firma H GmbH an die Firma K, s in 67 T, T, in Auftrag gegeben worden. Der Bw habe daher am 12.3.2004 Arbeitsleistungen der obgenannten Ausländerin entgegen § 18 AuslBG in Anspruch genommen, welche von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt worden seien, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

Begründend wird auf die Anzeige des Hauptzollamtes L vom 26.3.2004 Bezug genommen. Der Bw habe sich im erstinstanzlichen Verfahren trotz Aufforderung dazu nicht gerechtfertigt.

 

2. In der Berufung wird geltend gemacht, die S H GmbH vergebe in ständiger Geschäftsverbindung Lohn- und Näharbeiten an die K, s in 67 T, T, in Auftrag. Gegenständliche habe es sich um Feuerwehroveralls, welche von der Firma R bei der Firma S H GmbH bestellt und hergestellt worden seien, gehandelt. Die reflektierenden Silberstreifen seien an die Firma K in Tschechien vergeben worden. Am 11.3.2004 seien die fertigen Feuerwehroveralls von der Firma K an die Firma S H GmbH retourniert worden und es habe sich bei einer Kontrolle – sofort nach Einlangen – herausgestellt, dass die reflektierenden Silberstreifen in falschen Abständen angenäht und somit die Lieferung fehlerhaft gewesen sei.

 

Die Firma H GmbH habe die Mängel sofort noch am 11.3.2004 telefonisch der Firma K (konkret dem dortigen Geschäftsführer J K) bekannt gegeben. Dieser sei am nächsten Tag, den 12.3.2004 um ca. 9.30 Uhr mit seinen drei Mitarbeitern nach W gekommen um die Mängel zu besichtigen. Die Zeit habe gedrängt, da es sich um eine Terminarbeit (Fixgeschäft) gehandelt habe und die Auslieferung an die Firma R am 14.3.2004 vereinbart gewesen sei und auch eingehalten habe werden müssen.

 

J K und seine drei Mitarbeiter hätten im Betriebsgebäude der H GmbH die gelieferten Schachteln geöffnet, die Overalls ausgebreitet, Maß an den angenähten Reflektorenbändern genommen und diese mit der konkreten Bestellung verglichen. Es habe sich somit um die Abklärung der behaupteten Mängel gehandelt. Eine Beschäftigung nach den Bestimmungen des AuslBG liege nicht vor. Die vier tschechischen Staatsangehörigen seien lediglich ihrer Pflicht aus dem Werkvertrag nachgekommen, um die Mängel zu erkennen und um ihren Gewährleistungspflichten nachkommen zu können.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Die Anzeige des Hauptzollamtes L vom 26.3.2004 enthält den Tatvorwurf. Beiliegend ist die Meldung des GÜP B. Dort ist festgehalten, dass im Firmengebäude des Bw die Ausländerin nebst drei weiteren Ausländern gearbeitet habe, indem bei den in Tschechien angefertigten Berufsjacken Umnäharbeiten durchgeführt worden seien. Die Berufsjacken seien von der Firma H GmbH bei der Firma K in Auftrag gegeben worden.

 

Niederschriftlich gab J K an, am 12.3.2004 sei die Ware (aufgelistet in der Beilage) an die Firma H GmbH in W geliefert worden. Die Firma H habe die Ware reklamiert, weil Reflektoren falsch aufgenäht worden seien. Damit die Ware nicht wieder nach Tschechien geschickt werden musste und nicht zusätzliche Kosten entstehen, sei K mit seinen drei Mitarbeitern heute zu der Firma H gekommen um die Reflektoren umzunähen. Die Firma H habe den Ausländern für die Näharbeiten die erforderlichen Maschinen und Materialien zur Verfügung gestellt. Als die Ausländer dort eingetroffen seien, hätten sie sogleich mit dem Umnähen der Reflektoren begonnen. Die Ausländer hätten noch am selben Tag fertig werden wollen, weil die Ware am Montag weitergeliefert werden sollte.

 

Die heute angetroffenen Ausländer seien Mitarbeiter der Firma des Befragten in Tschechien und dort beschäftigt. Sie würden für die heutigen Arbeiten keine Extraentlohnung erhalten. Der Fehler sei von der Firma in Tschechien gemacht worden, weshalb der Befragte für das Umnähen der Reflektoren keine weitere Bezahlung der Firma H erhalten würde. Wie aus beiliegender Rechnung vom 10.2.2004 ersichtlich, habe der Befragte von der Firma H bereits 7.857,25 Euro für den Auftrag erhalten.

 

Der Befragte habe nicht gewusst, dass er und seine Mitarbeiter für das Arbeiten bei der Firma H eine Arbeitsbewilligung benötigen. Der Befragte und seine Mitarbeiter hätten lediglich die Reflektoren umgenäht und wären am selben Tag wieder nach Tschechien ausgereist.

 

Dem Akt liegt ferner die Aufforderung zur Rechtfertigung bei.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Bw die Situation wie folgt dar:  Ein Auftrag der Firma R betreffend die Herstellung von Feuerwehranzügen sei in Sub an die Firma K in Tschechien vergeben worden. Nach der Lieferung seien dem Bw Mängel aufgefallen und zwar dergestalt, dass im Zusammenhang mit Reflektoren Nähte teilweise nicht ordentlich gemacht gewesen seien. Diese Mängel hätten kurzfristig behoben werden müssen, da der Bw gegenüber der Firma R zu termingerechter Lieferung verpflichtet gewesen sei.

 

Diese Mängelbehebung sei auf Wunsch des J K durch die Firma K erfolgt. K habe gewollt, dass die Lieferung nach Tschechien zurück geschickt und dort die Mängel behoben werden. K sei nach W gekommen, um die Mängel zu begutachten. Nach der Begutachtung sei vereinbart worden, dass die Ware mittels Lkw nach Tschechien gebracht und dort ausgebessert werde. Die Ausländer hätten also in W nicht gearbeitet. Nach Vorhalt der gegenteiligen Auskunft Ks laut Aktenlage blieb der Bw unter Hinweis auf den an einem Tag von zwei Näherinnen nicht zu bewältigenden Arbeitsumfang (es habe sich um 1.200 Stück gehandelt) bei seiner Aussage. Der Bw sei am Kontrolltag nicht in der Firma anwesend gewesen.

 

J K sagte aus, gewöhnlich werde im Fall einer Reklamation die Ware nach Tschechien zurück geschickt; gegenständlich sei es wegen des Zeitdrucks anders gewesen und es sei für den Zeugen finanziell nicht tragbar gewesen, dass die Firma H die Ausbesserung auf Kosten des Bw vornehme. Der Zeuge sei mit den drei anderen Ausländern daher nach W gefahren, um die Ausbesserungsarbeiten vorzunehmen. Für die Näharbeiten sei nur eine Person vorgesehen gewesen (K); es habe sich nur um 20 Stück Overall gehandelt. Im Notfall hätten auch die anderen Personen beim Abtrennen der Reflektoren geholfen. Zu Näharbeiten seien jedoch nur K und die Produktionsleiterin V fähig gewesen. Später räumte der Zeuge jedoch ein, dass „die ursprüngliche Idee“ gewesen sei, dass alle vier Mitreisenden „Hand anlegen“ sollten, um „das Pönale zu vermeiden“.

 

Eine Polizeistreife sei dem Pkw der Ausländer gefolgt. Bei der Firma H seien beide Autos stehen geblieben und hätten die Polizisten den Zeugen befragt, was die Ausländer hier täten. Der Zeuge habe Auskunft gegeben, dass eine Reklamation vorliege. V sei in das Firmengebäude gegangen, um jemanden heraus zu holen, der die Situation klärt. Daraufhin seien alle in das Firmengebäude hinein gegangen, um zu versuchen, den Bw zu erreichen. Die Polizisten seien über die Reklamation informiert worden und man habe ihnen gesagt, dass aus der Faktura ersichtlich sei, dass die Näharbeit in Tschechien durchgeführt worden seien. Danach sei der Zeuge mit den anderen Ausländern „nach oben“ (gemeint: in den Produktionsraum) gegangen und diese hätten begonnen, die Ware zu besichtigen. Der Zeuge glaube, dass den Polizisten dies bewusst gewesen sei; er habe den Eindruck, dass die Polizisten zunächst selbst nicht gewusst hätten, was erlaubt sei. Mit den Näharbeiten sei noch nicht begonnen worden. Da glaublich ein Polizist (in einem zweiten Gespräch) erklärt hätte, dass die Vornahme der Näharbeiten unzulässig sei, sei diese Absicht fallen gelassen worden. Die beiden Frauen hätten ausprobiert, wie die Reflektoren ohne Beschädigung des Materials abzutrennen seien. Der Zeuge habe nicht beim Öffnen der Pakete geholfen, sein Sohn möglicherweise schon. Es habe sich nur um vier Pakete gehandelt.

 

K sagte aus, die Ausländer seien gemeinsam mit der Polizei in das Gebäude der Firma H hinein gegangen. Es sei versucht worden, den Polizisten zu erklären, was die Ausländer dort zu tun hätten. Es sei „herumtelefoniert“ worden, um den Bw zu erreichen. Die Polizei sei dann kurzfristig weggegangen und habe bei der Rückkehr den Ausländern erklärt, dass sie nichts tun dürfen und habe dann die Ausländer „mitgenommen“. Bevor die Polizei zum zweiten Mal gekommen sei, hätten die Ausländer nicht gewusst, „was los ist“. Alle vier Ausländer seien um die Pakete (vier Pakete zu je fünf Stück) herum gestanden. Man habe die Pakete geöffnet (wahrscheinlich seien dabei alle vier Ausländer beteiligt gewesen) um zu sehen, wie die Abtrennarbeit vorzunehmen wäre. Wer konkret an der Abtrennarbeit beteiligt war, wisse die Zeugin nicht mehr. Es sei besprochen worden, wie die Abtrennarbeit vorzunehmen wäre. Mit dem Nähen sei mit Sicherheit noch nicht begonnen worden. Für die Reparatur sei eigentlich nur die Zeugin vorgesehen gewesen. „Im Notfall“ sollte die Produktionsleiterin helfen. „Die Chefs“ hätten allenfalls bei den Abtrennungsarbeiten, nicht jedoch beim Nähen, geholfen.

 

V sagte aus, die Polizei habe die Ausländer vor dem Firmengebäude kontrolliert. Die Zeugin sei ins Haus gegangen, um jemanden zu holen, der den Beamten erklären könne, was die Ausländer hier tun wollten. Dann seien alle Personen in das Haus hinein gegangen. Es sei im Büro telefoniert und viel gesprochen worden. Ob die Ausländer hierauf allein „hinauf gingen“, wisse die Zeugin nicht mehr. Jedenfalls habe Frau M von der Firma H gesagt, die Ausländer dürften „nichts machen“. Es sei gesagt worden, dass die Ausländer „eventuell abtrennen“ dürften. Als gesagt worden sei, dass die Ausländer auch das nicht dürften, hätten sie „aufgehört“. Abgetrennt hätten die zwei Frauen; ob auch K (Vater und Sohn) beteiligt waren, wisse die Zeugin nicht mehr. Jedenfalls habe es sich um eine sehr kurze Zeitspanne gehandelt, sodass die Zeugin nicht mehr sicher wisse, ob die Ausländer überhaupt zunächst alleine im Produktionsraum waren bzw. ob die Information durch Frau M, dass die Ausländer zu arbeiten aufhören sollten, bereits in Gegenwart der Polizisten erfolgte. Frau M habe die Ausländer in den Produktionsraum hinauf begleitet; ob sie die Ausländer zwischenzeitig wieder verlassen habe, wisse die Zeugin nicht mehr.

 

Die Abtrennarbeiten seien händisch zu machen gewesen. Mit den Näharbeiten sei jedenfalls nicht begonnen worden. Dazu hätte es der Inbetriebnahme der – vorhandenen – Maschinen bedurft, was jedoch nicht geschehen sei.

 

Bei der Abfahrt aus Tschechien sei vorgesehen gewesen, dass – aus Zeitgründen – alle vier Ausländer Abtrenn- und Annäharbeiten machen sollten.

 

Der Zeuge H (GÜP) sagte aus, er und seine Kollegen seien dem Kfz der Ausländer gefolgt, da dieses eine unsichere Fahrweise gezeigt habe. Vor der Firma des Bw sei das Auto der Ausländer stehen geblieben und die Ausländer seien in das Haus gegangen. Die beiden Gendarmen hätten über die Entsendebewilligung diskutiert (dies wurde vom Zeugen später zurückgenommen, da sich „das mit der Entsendebewilligung erst im Nachhinein herausgestellt“ habe). Die Gendarmen hätten ca. 5 Minuten gewartet, bevor auch sie in das Haus gegangen seien. Sie hätten im Büro der Firma nach den Ausländern gefragt. Dort hätten sie zunächst die Auskunft erhalten, man wisse nichts von den Ausländern. Auf die Behauptung hin, die Gendarmen hätten die Ausländer in den Betriebsräumen gesehen, sei mitgeteilt worden, dass die Ausländer im ersten Stock seien. Es sei jederzeit eine Nachschau möglich. Auf Befragen sei die Auskunft erteilt worden, der Chef sei nicht hier. Die Gendarmen seien in Begleitung von „Büroleuten“ der Firma H in den ersten Stock gegangen. Dort hätten die Leute an einem großen Tisch gearbeitet. Der Zeuge wisse nicht mehr, ob es sich dabei um vier oder fünf Leute gehandelt habe. Es hätten jedoch alle Betretenen gearbeitet. Der Zeuge habe gesehen, dass alle Ausländer genäht hätten. Es seien viele Leute da gewesen; es sei „zugegangen“, alle hätten „gewerkt“. Ob auch firmeneigenes Personal tätig gewesen sei, wisse der Zeuge nicht mehr, auch nicht, wie viele Leute im ersten Stock gewesen seien. Es seien jedenfalls viele Leute gewesen und alle hätten gearbeitet. Nähmaschinen seien dem Zeugen eigentlich nicht in Erinnerung. Es sei nicht genäht worden; vielleicht habe jemand zu nähen begonnen. Bei Eintreffen der Gendarmen seien die Leute beim Abtrennen gewesen. Es sei „ein Schüppel“ Leute da gewesen und es sei „drunter und drüber gegangen“. Es sei „momentan unübersichtlich“ gewesen. Der Zeuge könne sich an Kartons erinnern, in denen die Overalls gewesen seien. Es könne sein, dass die Kartons zum Teil noch verschlossen gewesen seien. Die Gendarmen hätten den Leuten „ein paar Minuten“ zugesehen.

 

Der Zeuge O (GÜP) bestätigte die Darstellung, wonach er und sein Kollege dem Auto der Ausländer bis zur Firma des Bw nachgefahren seien. Die Gendarmen hätten mit dem Nachgehen in das Gebäude nicht zugewartet. Im Büro seien die Ausländer nicht angetroffen worden. Man habe dort die Auskunft erhalten, dass die Ausländer irgendwelche Näharbeiten durchführen würden; der Zeuge sei aber nicht mehr sicher, ob sich die Auskunft auf Näharbeiten bezogen habe. Im ersten Stock seien die Ausländer angetroffen worden. Zwischen dem Betreten des Büros durch die Gendarmerie und dem Ansichtigwerden der Ausländer seien ca. 10 Minuten vergangen. Der Zeuge sei nicht sicher, ob alle vier Ausländer gearbeitet hatten. Es hätten mindestens drei Personen Reflektoren mit der Hand aufgenäht. Auf gesondertes Befragen, ob es sich nicht um Abtrennarbeiten gehandelt haben könnte, sagte der Zeuge, er sei sich nicht sicher. Im Raum seien nur die vier Ausländer gewesen. Es hätten nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer gearbeitet. Sie hätten mit den Kleidungsstücken „hantiert“, „entweder abgetrennt oder sonst irgendwas“. Die Kartons seien geöffnet gewesen. Nach der Kontrolle habe man im Büro nach den Entsendebewilligungen gefragt. Man habe die Ausländer zur Dienststelle mitgenommen. Es sei Herr K befragt worden. Die anderen Ausländer hätten sich der Aussage Ks angeschlossen. Aufgrund „irgendwelcher Papiere“ habe man gewusst, dass die Darstellung der Ausländer, dass die Ware schon zuvor hergeschickt worden sei, der Wahrheit entsprochen habe.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Im Hinblick auf die Sprucherfordernisse des § 44a VStG erscheint fraglich, ob es zulässig ist, im Spruch nur einen von mehreren Ausländern namentlich (und die Übrigen bloß der Zahl nach) zu nennen. Dieser (mögliche) Mangel wiegt umso schwerer, wenn, wie hier, auch die Begründung des Bescheids über die Personen der übrigen Ausländer keine nähere Auskunft gibt. Dazu kommt, dass offenbar auch J K, der Geschäftsführer der K s als Beschäftigter i.S.d. § 18 Abs.1 AuslBG (und damit als einer der "drei weiteren tschechischen Staatsangehörigen") behandelt wurde, ohne dessen Status näher zu klären. Auf die Konsequenzen dieser Probleme braucht jedoch im Hinblick auf das Verfahrensergebnis nicht näher eingegangen zu werden.

 

In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten: Die Bestimmung des § 18 AuslBG, welche die Überschrift „Betriebsentsandte Ausländer“ trägt, soll die unter diesem Begriff zusammengefasste Sonderform der Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet regeln. Charakteristisch für diese Art der Beschäftigung ist, dass es sich um solche Ausländer handelt, deren Arbeitgeber im Bundesgebiet keinen Betriebssitz und auch sonst keinen inländischen Anknüpfungspunkt aufzuweisen vermag. Es besteht im Regelfall kein direktes rechtliches Verhältnis zwischen dem im Bundesgebiet beschäftigten Ausländer und jener Person, die den Ausländer verwendet. Eine Unterstellung dieser Ausländer im Falle einer Verwendung im Bundesgebiet unter die Bewilligungspflicht, sofern nicht für bestimmte Arten von Arbeiten oder für besondere Personengruppen Ausnahmen vorgesehen ist, ist nach den EBzRV (1451 BlgNr. XIII. GP) vom arbeitsmarktpolitischen Standpunkt unumgänglich, damit einerseits ein unkontrolliertes Einströmen solcher Ausländer auf den inländischen Arbeitsmarkt auf der Basis von zwischen inländischen und ausländischen Unternehmen abgeschlossenen Werkverträgen oder sonstigen privatrechtlichen Vereinbarungen verhindert und andererseits eine Benachteiligung inländischer Arbeitskräfte vermieden werden kann (VwGH 21.1.2004, Zl. 2001/09/0230; 7.9.2004, Zl. 2001/18/0115). Derjenige nimmt die Arbeitsleistungen eines betriebsentsandten Ausländers in Anspruch, dem sie der ausländische Arbeitgeber zur Erfüllung einer ihn gegenüber dem inländischen Nutznießer treffenden rechtlichen Verpflichtung zur Verfügung stellt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Einsatz betriebsentsandter Ausländer als Erfüllungsgehilfen ihres ausländischen Arbeitgebers erfolgt, um dessen Verpflichtung aus einem Werkvertrag gegenüber dem inländischen Besteller zu erfüllen (vgl. etwa VwGH 18.5.1994, Zl. 93/09/0176; 19.2.1993, Zl. 92/09/0307; 30.10.1991, Zl. 91/09/0062; 13.12.1990, Zl. 90/09/0074).

 

Im Lichte dieser Rechtsprechung bestehen für den Unabhängigen Verwaltungssenat keine Zweifel, dass auch Arbeitsleistungen von Ausländern, die im Rahmen der Gewährleistung (als das bei entgeltlichen Verträgen gesetzlich angeordnete Einstehenmüssen für Mängel, welche die Leistung im Zeitpunkt ihrer Erbringung aufweist – vgl. z.B. Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts, Band 1, 10. Auflage, S. 252) als im Rahmen der „rechtlichen Verpflichtung“ gegenüber dem „inländischen Nutznießer“ erbrachte Leistungen zu qualifizieren sind, mithin auch in solchen Fällen der inländische Auftraggeber als „Inanspruchnehmer“ anzusehen ist. Daran ändert nichts der Umstand, dass im Rahmen der Gewährleistung erbrachte Arbeitsleistungen volumsmäßig hinter den für das Gesamtwerk zu erbringenden Arbeitsleistungen zurückstehen mögen und dass gegebenenfalls der Werkunternehmer von der Option, die Ausbesserung selbst vorzunehmen, Gebrauch machte. Gestützt wird diese Auffassung auch durch den aus den zitierten EB hervorgehenden Zweck der Rechtsfigur der Betriebsentsendung, wäre doch bei Herausnahme der Gewährleistungsarbeiten aus dem Begriff der Betriebsentsendung der Nachweis, dass diese besondere Konstellation nicht vorliegt, sehr erschwert.

 

Zum Sachverhalt:

 

Auszugehen ist von der Richtigkeit der Darstellung des Bw, wonach gegenständlich ein Auftrag zur Herstellung von Overalls nach Tschechien ver-(weiter-)gegeben und dort im Sinne eines Werkvertrags erfüllt wurde. Dies ergibt sich vor allem aus den übereinstimmenden Aussagen des Bw und J K und wird auch durch die Vorlage der Faktura anlässlich der Betretung bestätigt. Entsprechend dem Berufungsvorbringen wurden unmittelbar nach der Lieferung Mängel festgestellt, K von diesen Mängeln verständigt und ist dieser nach W gekommen, um die Mängel zu besichtigen. Dass geplant war, diese Mängel gegebenenfalls sofort vor Ort (in W) zu beheben, ergibt sich nicht nur aus Zeugenaussagen (K, V), sondern wird auch durch die Zahl der angereisten Personen und den vorgebrachten Termindruck gestützt. Auszugehen ist mithin davon, dass im Rahmen der Gewährleistung Ausbesserungsarbeiten (wohl: korrektes Annähen von Reflektoren) vorzunehmen waren. Glaubwürdig erscheint ferner, dass Ausbesserungsarbeiten im Zusammenhang mit Gewährleistungspflichten (bei Aufträgen des Bw an K) gewöhnlich in Tschechien erledigt wurden, hier aber – wegen des Termindrucks – die Arbeit im Unternehmen des Bw vorgenommen werden sollte. Für die Variante, dass die Ausbesserungsarbeit durch Ks Leute vorgenommen werden sollte, entschied sich dieser, mit Einverständnis des Bw, aus den vorgebrachten Kostengründen.

 

Unklar ist ob und, wenn ja, in wie weit zum Zeitpunkt der Betretung bereits mit – welchen? – Arbeiten begonnen worden war. Diese Frage stellt sich deshalb in voller Schärfe, weil ja nach Aussage beider Polizisten diese dem PKW der Ausländer bis zur Betriebsstätte des Bw nachgefahren waren, sodass sich fragt, warum die Gendarmen das Tätigwerden der Ausländer nicht durch vorangehende Klärung der Situation verhinderten, zumal nach einigen Zeugen bereits vor Betreten des Betriebsraums durch die Ausländer ein Gespräch zwischen diesen und den Gendarmen stattfand:

 

Geht man von der Aussage des Zeugen O aus, wonach die Polizisten mit dem Betreten des Gebäudes nicht zugewartet hatten (die gegenteilige Aussage des Zeugen H ist schon deshalb unglaubwürdig, weil als – wieder zurückgenommener – Grund für das Zuwarten eine Diskussion über die Entsendebewilligung angegeben wurde und den Gendarmen zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht bekannt sein konnte, dass diese Problematik eine Rolle spielen würde!) und bis zum Ansichtigwerden der Ausländer ca. 10 Minuten vergangen sein sollen, so lässt diese (nach unten dehnbare) Schätzung sehr wenig Zeit für Arbeiten. Rätselhaft bleibt, in welcher Richtung hinsichtlich der Ablauflogik die Aussage Hs, die Gendarmen hätten die Ausländer bereits vor dem Betreten des Büros (durch die Gendarmen) in den Betriebsräumen gesehen. Unglaubwürdig ist im Übrigen auch die Aussage Hs, die Gendarmen hätten (in Gegenwart von „Büroleuten“ der Firma H) einige Minuten „zugesehen“ (gemeint: die Ausländer bei der Arbeit beobachtet). Glaubwürdig ist hingegen die Aussage Vs, dass es sich um eine sehr kurze Zeitspanne (gemeint: in der die Ausländer ohne Polizei im Produktionsraum waren) gehandelt habe.

 

Dazu kommt, dass es nicht gesichert erscheint, dass die Gendarmen erst im Produktionsraum die vier Ausländer antrafen. Nach V habe die Polizei die Ausländer schon vor dem Firmengebäude kontrolliert und sei die Zeugin ins Haus gegangen, um jemanden zu  holen, der die Situation aufzuklären in der Lage sei. Daraufhin seien die Gendarmen und die Ausländer gemeinsam ins Büro gegangen, wo telefoniert bzw. versucht worden sei, den Bw zu erreichen. Diese Aussage wurde durch K bestätigt und auch J K sagte in dieser Richtung aus. Die Aussagen der Gendarmen stimmen zwar darin überein, dass die Ausländer nicht bereits beim Betreten des Gebäudes (sondern erst im Produktionsraum) kontrolliert wurden, erweisen sich aber in einem wichtigen Punkt (nämlich hinsichtlich des Zuwartens) als widersprüchlich. Deshalb – und aus den sonstigen angeführten Gründen – ist, zumindest im Zweifel, der geschilderten Darstellung der Ausländer zu folgen.

 

Für diese Darstellung (Gespräch mit den Ausländern außerhalb des Produktionsraums, Kontrolle im Produktionsraum wenige Minuten später) spricht, dass die Polizisten praktisch zeitgleich mit den Ausländern beim Firmengebäude ankamen und für eine Verzögerung der Kontrolle kein Grund erkennbar ist (außer – was aber nicht unterstellt werden soll – die Polizisten hätten in der Absicht Zeit verstreichen lassen, eine Übertretung in Gang kommen zu lassen). Unklar bleibt jedoch, wieso es trotz des Gesprächs mit den Ausländern dazu kommen konnte, dass die Ausländer sich dennoch in den Produktionsraum begaben, wobei es schwer vorstellbar erscheint, dass dies ohne Billigung durch die Polizisten geschah. Möglicherweise liegt die Erklärung darin, dass zunächst in Gegenwart der Ausländer geklärt wurde, dass es sich um Gewährleistungsarbeiten an in Tschechien produzierten Overalls handelte, den Polizisten nach – eventuell von außen gestützter – Reflexion die Erforderlichkeit einer Entsendebewilligung in den Sinn kam und erst hierauf eine nachdrückliche Erklärung allfälliger Tätigkeiten der Ausländer als rechtswidrig erfolgte (wie es J K in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zum Ausdruck brachte).

 

Auch hinsichtlich der konkret von den Ausländern bereits entfalteten Aktivitäten ist das Bild unklar. Der Niederschrift mit J K am Grenzüberwachungsposten kommt mangels Unmittelbarkeit im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht entscheidendes Gewicht zu, zumal die Möglichkeit besteht, dass bei der Aufnahme der Niederschrift nicht mit der nötigen Sorgfalt zwischen gegebenenfalls beabsichtigten und bereits tatsächlich durchgeführten Tätigkeiten unterschieden wurde.

 

Dass die Ausländer bereits Näharbeiten durchgeführt hatten, erscheint nicht erwiesen: Abgesehen davon, dass K, K und V dies in Abrede stellten, äußerte sich auch H in dieser Richtung. Gegenteilig sagte O aus, der vermeinte, sich erinnern zu können, "mindestens drei Personen" hätten "Reflektoren mit der Hand aufgenäht", dies jedoch bei näherem Befragen auf Manipulationen unbestimmter Art mit Kleidungsstücken einschränkte. Hinsichtlich der Abtrennarbeiten kann im Hinblick auf die Aussagen von K und V (in Verbindung mit unsicheren Aussagen weiterer Zeugen) davon ausgegangen werden, dass die beiden Frauen (also K und V) damit begonnen hatten; dies diente jedoch laut K und K der Feststellung, wie Reflektoren ohne Beschädigung des Materials abgetrennt werden konnten. Wer genau an der Öffnung der Kartons beteiligt war, erscheint fraglich bzw. aufgrund der Zeugenaussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht mit Sicherheit zu klären. Möglicherweise waren Kartons schon vor Eintreffen der Ausländer geöffnet (wie sonst hätte der Bw bzw. dessen Personal Mängel festgestellt?) und befanden sich noch geschlossene Kartons im Raum (H).

 

Beachtlich erscheint die Aussage des Bw, die Reflektoren seien "teilweise" nicht ordentlich angenäht gewesen und die Ausländer seien zur Begutachtung der Mängel angereist. Daran ist (im Hinblick auf die Aussagen der Ausländer, insbesondere Ks und bei Beachtung des Termindrucks) zweifelhaft, dass aus der Perspektive des Bw die Anreise der Ausländer ausschließlich dem Zweck der Begutachtung der Mängel dienen und die Ausbesserung in Tschechien erfolgen sollte. Möglich erscheint allerdings, dass der Begutachtungszweck jedenfalls mit eine Rolle spielte, da nach Aussage des Bw die Nähte der Reflektoren (nur) "teilweise" nicht ordentlich angenäht gewesen seien, sodass eine Feststellung des Umfangs der Mängel durch die Ausländer durchaus sinnvoll war. Zwar wären die Ausländer darüber hinaus bereit gewesen, die Mängelbehebung vor Ort durchzuführen, wenn sie nicht im Zuge der Kontrolle darauf aufmerksam gemacht worden wären, dass dies rechtlich nicht zulässig sei. Im gegebenen Zusammenhang ist aber von Bedeutung, dass aus der Glaubwürdigkeit des Prüfzwecks die Behauptung von K in der öffentlichen mündlichen Verhandlung Plausibilität gewinnt, es sei zum Zeitpunkt der Kontrolle erst damit begonnen worden, die Ware zu besichtigen.

 

Diese Behauptung wird dadurch gestützt, dass zwischen dem (ersten) Gespräch mit den Polizisten und dem zweiten Gespräch (also der Kontrolle) nur sehr kurze Zeit vergangen war, sodass für die eigentliche Ausbesserungstätigkeit nicht ausreichend Zeit blieb. Es erscheint auch vertretbar, die allfällige (und im Hinblick auf die Kürze der Zeit sicher nicht umfangreiche) Probe der Abtrennung von Reflektoren dem Prüfzweck zuzuordnen. Nicht mit der nötigen Sicherheit feststellbar ist jedoch der Beginn der eigentlichen Mängelbehebung.

 

Von diesem Blickwinkel aus ist daher davon auszugehen, dass die (noch nicht der Mängelbehebung selbst zuzurechnenden) Aktivitäten der Ausländer noch keine vom Bw im Sinne von § 28 Abs.1 Z.1 lit.b. AuslBG in Anspruch genommene Arbeitsleistungen darstellten. Es ist im Übrigen ja auch nicht aus den Augen zu verlieren, dass es die Gendarmen in der Hand gehabt hätten, bei angemessen zügiger Vorgangsweise selbst diese – minimalen, noch nicht der Mängelbehebung dienenden - Aktivitäten - möglicherweise nur eines Teiles der Ausländer - zu unterbinden. Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

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