Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521291/24/Fra/Sp

Linz, 17.10.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn AA gegen den Bescheid  der Bundespolizeidirektion Linz vom 27.3.2006, Zahl FE-1721/2004, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausfolgung eines Führerscheines und Anordnung der weiteren Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben und es wird festgestellt, dass Herr AA gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B geeignet ist, wobei die Gültigkeit der Lenkberechtigung wie folgt eingeschränkt wird:

 

"Sie haben sich spätestens bis zum 10. Oktober 2007 einer amtsärztlichen Nachuntersuchung nach Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit durch eine verkehrspsychologische Untersuchungsstelle sowie nach Vorlage einer fachärztlichen internistischen Stellungnahme bezüglich der Herz-Rhythmus-Störung zu unterziehen. Die Lenkberechtigung wird bis zu diesem Zeitpunkt befristet erteilt.

 

Sie haben im Abstand von drei Monaten (jeweils bis längstens 10. Jänner 2007,
10. April 2007, 10. Juli 2007 und 10. Oktober 2007) an die Bundespolizeidirektion Linz folgende Befunde vorzulegen: alkoholspezifische Laborparameter CDT, MCV und Gamma-GT.

 

Sie haben eine Brille zu verwenden."

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG; § 24 Abs.1 Z2 und § 8 Abs.3 Z2 FSG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) den Antrag vom 27.9.2005 auf Ausfolgung seines Führerscheines gemäß § 28 Abs.1 Z2 FSG abgewiesen und die weitere Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung angeordnet. Begründend wird ausgeführt, dass dem Bw mit Bescheid  vom 13.5.2005 seine Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet ist, entzogen wurde. Mit 6.6.2006 wurde ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG erstellt. Nach diesem Gutachten ist der Bw gesundheitlich nicht geeignet, Kraftfahrzeuge zu lenken. Der Bw kam im Dezember 2005 neuerlich zwecks Überprüfung der gesundheitlichen Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen zur amtsärztlichen Untersuchung. Bei der klinischen Untersuchung zeigten sich gebesserte Blutdruckwerte. Es fanden sich auch keine sicheren Hinweise auf anhaltenden Alkoholkonsum. Die alkoholrelevanten Laborparameter decken sich mit den Angaben zumindest reduzierter Alkoholkonsumgewohnheiten – CDT und MCV im Normbereich liegend – die Erhöhung der GGT ist nicht zwingend durch pathologische  Alkoholkonsumgewohnheiten hervorgerufen, sondern kann auch durch vergangene pathologische längerfristige Alkoholkonsumgewohnheiten als Residuum einer Leberzellenschädigung bestehen. Die Schulterverletzung wurde mittlerweile operativ erfolgreich saniert. Bezüglich des Verdachtes des Bestehens einer Alkoholabhängigkeitserkrankung liegt eine befürwortende psychiatrische Stellungnahme vor, die allerdings keine definitive Diagnosestellung beinhaltet.  Aufgrund der anhaltend negativen verkehrspsychologischen Beurteilung (verkehrspsychologische Untersuchungsergebnisse vom 26.12. abermals negativ, wobei der Bw einer offenbar vorgeschlagenen Beobachtungsfahrt nicht zugestimmt hat) wurde eine Präzisierung der fachärztlichen Stellungnahme zu dieser konkreten Fragestellung nicht angestrengt, auch wurde neuerlich auf die Einholung anderer Hilfsbefunde – Internist, Augenfacharzt – vorerst abgesehen.  Aus amtsärztlicher Sicht ist der Bw wegen seiner anhaltenden unzureichenden kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen weiterhin nicht geeignet, Kraftfahrzeuge der Klassen A und B zu lenken.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Der Bw führt in seinem Rechtsmittel aus, seit Dezember 2004 keinen Alkohol mehr zu konsumieren. Sein Schulterproblem sei behoben. Er sei auch bereit, die vorgeschlagene Beobachtungs­fahrt zu absolvieren. Dies sei ihm im Dezember 2005 aus finanziellen Gründen nicht  möglich gewesen. Sollte die Probefahrt positiv verlaufen, sei er selbstverständlich bereit, sich weiteren fachärztlichen Untersuchungen zu unterziehen.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden hat.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über die Berufung wie folgt erwogen:

 

4.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "bedingt geeignet", wenn der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen unter der Voraussetzung geeignet ist, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontroll­untersuchungen unterzieht und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der  Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt (Z1) und wer aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt (Z4).

 

Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs.1 oder 2 FSG vorzulegen.

 

Gemäß § 2 Abs.5 FSG-GV wird, soweit in dieser Verordnung bestimmte Beschränkungen der Lenkberechtigung wie beispielsweise Auflagen vorgesehen sind, das Recht der Behörde, erforderlichenfalls zusätzliche Einschränkungen, wie beispielsweise Befristungen zu verfügen, nicht berührt.

 

4.2. Aufgrund des Vorbringens des Bw hat der Oö. Verwaltungssenat ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt, welches schließlich im amtsärztlichen Gutachten Dris. W vom 10.10.2006, San-234855/3-Wim/Pa, mündete. Lt. diesem Gutachten ist der Bw gemäß § 8 FSG zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klassen A und B befristet geeignet, wobei er sich nach einem Jahr einer Nachuntersuchung und der abermaligen Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit durch eine verkehrspsychologische Untersuchungsstelle  zu unterziehen hat. Weiters ist seitens des Bw nach einem Jahr eine fachärztliche internistische Stellungnahme bezüglich seiner Herz-Rhythmus-Störungen beizubringen. Zudem sind vierteljährliche Kontrollen der alkohol­spezifischen Laborparameter CDT, MCV, Gamma-GT erforderlich. Der Bw ist weiters unter der Auflage geeignet, eine Brille zu tragen.

 

Das Gutachten stützt sich auf die verkehrspsychologische Stellungnahme der I vom 20.12.2005 (zum damaligen Zeitpunkt nicht geeignet), sowie auf die Beobachtungsfahrt vom 12.5.2006, wobei sich aus der Sicht der I in der Zusammenschau noch immer nicht die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ergeben hatte und eine Empfehlung ausgesprochen wurde, ein neuropsychologisches Training zur Leistungssteigerung wahrzunehmen bzw. Fahrstunden bei einer Fahrschule durchzuführen, da insgesamt  die durchgeführte Bobachtungsfahrt so bewertet wurde, dass sie eine Kompensation der in der verkehrspsychologischen Untersuchung angeführten Einschränkungen durch besonderer Routine oder Geübtheit und defensives Verhalten nicht bestätigen bzw. das Ergebnis nicht widerlegen hatte können. Aus dem Bericht der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle I vom 5.10.2006 ergibt sich auszugsweise Folgendes:  Die Beobachtungsfahrt erbrachte folgende Ergebnisse: Bezüglich der Fahrzeugbeherrschung ("Handling") konnten keinerlei Leistungs­einbussen festgestellt werden. Die Reaktionsleistungen des Bw waren adäquat. In der Konzentrationsfähigkeit konnten keine Leistungsdefizite festgestellt werden. Die Überblicksgewinnung während der Fahrt war im Großen und Ganzen gegeben. Der Fahrstil des Bw war eher als defensiv zu beschreiben. Gegenüber der Fahrprobe am 12.5.2006 hat sich sein Fahrverhalten verbessert. Die Fahrprobe ist somit als positiv zu bewerten. Die in den früheren verkehrspsychologischen Untersuchungen festgestellten Leistungsdefizite in der Laborsituation können also in der Praxis kompensiert werden. In der Zusammenschau kann aus verkehrspsychologischer Sicht die Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges ausgesprochen werden. Empfehlung: Zeitliche Befristung auf ein Jahr mit einer abermaligen Überprüfung seiner kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit, um eventuell auftretende Leistungsdefizite rechtzeitig zu erfassen.

 

  Aus der fachärztlichen internistischen Stellungnahme von Herrn Dr. RJ Facharzt für Innere Medizin, vom 19.7.2006 ergibt sich Folgendes: Herzaktionen arythmisch, keine Zeichen kardialer Dekompensation, chronisches Vorhofflimmern bei CMP, aus internistischer Sicht besteht derzeit kein Einwand bezüglich des Lenkens von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe B; neuropsychiatrisches Gutachten von Dr. HS vom 19.7.2006: klinisch erfassbare Zeichen eines organischen Psychosyndroms bestehen nicht, ebenso Hinweise auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, von Seiten der festgestellten Pollineuropathie hat sich die Situation durch Abklingen subjektiver Beschwerden gebessert, neurologische Ausfälle bestehen nach wie vor keine, somit ergibt sich auch aus dieser Richtung kein Problem, aus neuropsychiatrischer Sicht wäre die Wiedererteilung des Führerscheines durchaus vertretbar bei weiterer Befristung und weiterer Kontrolle alkoholspezifischer Laborparameter. Augenfachärztliche Stellungnahme Dr. UN: Vom Visus rechts 0,3 links 0,7 ohne Korrektur. Visus rechts 0,6 links 0,8 bin.  mit Korrektur.

 

Die Amtsärztin Dris. W begründet ihr Gutachten wie folgt: "Es ist aus verkehrspsychologischer Sicht hinsichtlich der Stellungnahme vom 20.12.2005 bzw. hinsichtlich der Beobachtungsfahrt vom 12.5.2006 und der weiteren verkehrspsychologischen Stellungnahme der I vom 9.6.2006 noch erforderlich eine Beurteilung abzugeben, ob sich mittlerweile in der Zusammenschau nach eventuellen neuropsychologischen Training zur Leistungssteigerung bzw. Fahrstunden bei einer Fahrschule der Zustand von Herrn A soweit geändert hat, dass mittlerweile eine Kompensation der in der verkehrspsychologischen Untersuchung durchgeführten Einschränkungen durch besondere Routine oder Geübtheit und defensives Verhalten angenommen werden kann. Nach Vorlage dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme ist wie bereits im Schreiben vom 13.7.2006, San-234855/1-2006-Wim festgestellt, eine abschließende Beurteilung des Gutachtens nach § 8 FSG möglich. Es wird ersucht, dies mit Herrn A noch zu besprechen. Es wurde heute am 10.10.2006 noch das Ergebnis der am 4.10.2006 durchgeführten Fahrprobe durch die I zur Vorlage gebracht, wobei das Ergebnis der Fahrprobe als positiv zu bewerten war, mit dem Vorschlag einer zeitlichen Befristung auf ein Jahr und einer abermaligen Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit."

 

Vor dem Hintergrund der oa dargestellten Rechtslage und unter Zugrundelegung des als schlüssig zu bezeichnenden Gutachtens war sohin spruchgemäß zu entscheiden. Die Amtsärztin hat sich mit dem vorgelegten Befunden und Ergebnissen ausreichend auseinandergesetzt. Das von ihr erstellte Gutachten ist daher als beweiskräftig anzusehen und es war der Entscheidung zugrunde zu legen. Auch der Bw hat dieses Gutachten zur Kenntnis genommen und dazu keine inhaltlichen Einwand erhoben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs­gerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

 

 

 

 

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