Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521421/2/Br/Ps

Linz, 10.10.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, geb., dzt. aufhältig p.A. J S, K, S, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 5. September 2006, Zl. 06/247863, zu Recht:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 3 Abs.1 Z2 iVm § 7 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Z9 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2006 Führerscheingesetz - FSG;

§ 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat dem Berufungswerber dessen per 1. August 2005 offenbar mündlich gestellten Antrag auf (Wieder-)Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B abgewiesen.

Begründet wurde diese Entscheidung im Ergebnis mit der sich aus dem Urteil des OLG Linz vom 22.5.2006, GZ: 10 Bs 132/06t, ableitenden fehlenden Verkehrszuverlässigkeit iSd § 7 FSG.

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Inhaltlich führte er darin im Ergebnis nur aus gegen des Urteil das OLG Linz eine Wiederaufnahme anzustreben. Mit Blick darauf ersuche er um einstweilige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.1 u. 4 AVG).

Dem Verfahrensakt angeschlossen findet sich die Anzeige gegen den Berufungswerber vom Stadtpolizeikommando Linz, sowie die darauf füßenden Gerichtsurteile des LG und OLG Linz.

Ebenfalls findet sich der Strafregisterauszug und diverse Erhebungsergebnisse zum hier verfahrensgegenständlichen Ermittlungsverfahren dem Akt angeschlossen.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich unstrittig die für die Berufungsentscheidung wesentliche Faktenlage.

 

4. Zur Sache:

Hier kann in Vermeidung von Wiederholungen grundsätzlich auf die o.a. von der Behörde erster Instanz ihrer Entscheidung grundgelegten rechtskräftig festgestellten gerichtlich strafbaren Handlungen verwiesen werden.

Gemäß dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 14.3.2006, Zl. 27 Hv 20/06b, wurde der Berufungswerber des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs.1 u. 2 1. Fall StGB für schuldig erkannt.

Das Gericht hielt es als erwiesen, dass er seiner Freundin ein Bierglas ins Gesicht schlug und ihr anschließend mit dem durch den Schlag zerbrochenen Bierglas abermals ins Gesicht schlug, wobei die Tat beim Opfer eine schwere Dauerfolge nach sich zog.

Im Rahmen der dagegen von der Staatsanwaltschaft erhobenen Berufung und Beschwerde gemäß § 494a Abs.4 StPO (Entscheidung des Erstgerichtes zum Widerruf einer bedingt nachgesehenen Strafe) wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 22. Mai 2006, Zl. 10 Bs 132/06t, die Haftstrafe auf fünf Jahre erhöht. Dies angesichts der vom Berufungsgericht vorgenommenen Gewichtung und Abwägung der straferschwerenden Umstände gemäß des nach § 32 StGB zu berücksichtigenden Gesinnungs-, Handlungs- und Erfolgsunwertes und dem Erfordernis einer schuld- und tatangemessenen Ahndung der Unrechtsfolgen. Das Berufungsgericht hob dabei die drei einschlägigen  Vorverurteilungen, wegen ebenfalls gegen Partnerinnen des Berufungswerbers gerichteten Aggressionshandlungen, hervor. Vor der gegenständlichen Deliktsbegehung erfolgte bereits am 24.4.2003 durch das LG Steyr eine Verurteilung zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe. Aus dieser wurde der Berufungswerber am 14.10.2004 bedingt entlassen.

Weder dieser Vollzug, noch die Anordnung einer Bewährungshilfe oder eine Therapieanordnung konnten dem Berufungswerber von abermaligen tätlichen Angriffen auf eine ihm nahestehende weibliche Person abhalten. Ohne dass der Berufungswerber im gegenständlichen Fall von seiner Partnerin provoziert worden wäre, attackierte er seine ihm nahe stehende Partnerin völlig unvermittelt und in nicht überbietbarer Brutalität nicht nur einmal, sondern schlug ihr mit dem zerbrochenen Bierglas abermals ins Gesicht und fügte ihr dadurch dauerhafte körperliche Schäden zu. Für einen mit rechtlichen Werten verbundenen Menschen wurde seitens des Gerichtes dieser Aggressionsausbruch in keiner Weise als nachvollziehbar erachtet.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Zur Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 u. Abs.3 Z9 FSG:

Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von    Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 hat gemäß Abs.3 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

            .......

9. eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;

 

Der § 7 Abs.4 FSG lautet: Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

5.2. Nun erachtete das Berufungsgericht (Oberlandesgericht Linz) die rechtskräftig feststehende(n) Tathandlung(en) des Berufungswerbers unter Hinweis auf die einschlägige Delinquenz, "von einer derart negativ ausgeprägten Einstellung gegenüber rechtlich geschützten Werten, insbesondere der körperlichen Integrität seiner jeweiligen Partnerin und damit von einem solchen Grad an Schuld und krimineller Intensität im Rahmen der unter § 87 Abs.1 u. 2 StGB zu subsumierenden vorstellbaren Tathandlungen", dass es die vom Erstgericht ursprünglich mit drei Jahren festgesetzten Freiheitsstrafe mit fünf Jahren für angemessen.

Für die Führerscheinbehörde erlangt für Bewertung dieses Tatverhaltens nämlich die spontane und brutale Tatausführung ebenfalls eine wesentliche Dimension. Wenn ein Mensch ohne ersichtlichen Grund seiner Partnerin ein Glas im Gesicht zerschlägt und folglich mit dem zerbrochenen Glas nochmals ins Gesicht schlägt oder sticht, so ist dies vor dem Hintergrund bereits mehrerer derartiger auf gleicher schädlicher Neigung basierender Handlungen, auch für die Verhaltensprognose im Straßenverkehr von nachhaltiger Bedeutung. Dies insbesondere mit Blick auf die im Straßenverkehr sich geradezu permanent ergebenden Konfliktpotenzialen, welchen der Berufungswerber wahrscheinlich mit vergleichbaren Brutalitäten begegnen würde. 

Die belangte Behörde wertet im angefochtenen Bescheid daher zu Recht die hinter den Taten des Berufungswerbers, insbesondere der zuletzt ausgeführten Tathandlung, als eignungsausschließend. Diesbezüglich ist auf die Judikatur des VwGH nach § 84 StGB (schwere Körperverletzung) zu verweisen, wonach diese zu jenen strafbaren Handlungen zählen, deren Begehung durch die Benützung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert wird und vor allem der Aktionsradius einer Person mit einer derartigen Sinnesart, welche die Begehung schwerer Körperverletzung zulässt, sich durch die Mobilität erhöht. Die belangte Behörde hat sohin die o.a. strafbare Handlung offenbar jenen bestimmten Tatsachen zugeordnet, auf Grund welcher gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG auf eine Sinnesart des Betreffenden geschlossen werden kann, deretwegen er sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden. Die Begehung der in § 7 Abs.3 Z9 FSG genannten strafbaren Handlungen weist nämlich auf eine Sinnesart hin, auf Grund der anzunehmen ist, dass der Betreffende im Sinne des § 7 Abs.1 Z1 FSG beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden werde, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr. Von Kraftfahrzeuglenkern muss nämlich wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden (vgl. VwGH vom 22.1.2002, 2001/11/0196, mit weiteren Neuerungen).

Was das Wertungskriterium der verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass einem Wohlverhalten während eines anhängigen Strafverfahrens grundsätzlich geringeres Gewicht zukommt, als einem Wohlverhalten in Zeiten außerhalb solcher Verfahren (vgl. VwGH vom 12.4.1999, 98/11/0252 mit Vorjudikatur). Zwischen Rechtskraft des Urteiles und die Erlassung des Berufungsbescheides ist erst ein Zeitraum von etwas mehr als 5 Monaten verstrichen und die letzte schwerwiegende Gewalttat liegt erst 10 Monate zurück.

Wenngleich sich der Berufungswerber in diesem Zeitraum angesichts seiner Anhaltung in Haft wohlverhalten haben mag, so kann doch einem solchen Verhalten mit Blick auf seinen offenkundig schon vorher nicht ausreichend genutzten Resozialisierungsbedarfs während eines derartig kurzen Zeitraumes noch kaum eine Bedeutung beigemessen werden.

Seine Verkehrszuverlässigkeit kann daher auf Grund der beim Berufungswerber offenkundig bestehenden Sinneshaltung dzt. nicht als gegeben erachtet werden.  Dem Umstand eines vom Berufungswerber angeblich anzustrengen versuchten Wiederaufnahmeverfahrens kommt in diesem Zusammenhang keinerlei rechtliche Bedeutung zu, weil doch die hier zur Wertung stehende Tat nicht einmal vom Berufungswerber selbst bestritten wird und letztlich rechtskräftig festgestellt ist.

 

6.1. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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