Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550294/11/Wim/Be

Linz, 13.11.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der H Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H., vertreten durch C R-R H Rechtsanwälte, vom 10.11.2006 (richtig wohl 11.10.2006), auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 4.10.2006 im Vergabeverfahren der Gemeinde Oberschlierbach betreffend "WVA Oberschlierbach BA 02, Baulos 1, Erd-, Baumeister-, Rohrlieferungs-, Rohrlege- u. Installationsarbeiten", nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 6.11.2006 zu Recht erkannt:

 

Dem Nachprüfungsantrag und gleichzeitig auch dem Antrag auf Gebührenersatz wird keine Folge gegeben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 13 und 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm §§ 19, 125, 126, 129 und 130 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit Eingabe vom 10.11.2006 (richtig wohl 11.10.2006), beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 12.10.2006, wurde von der H Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, in eventu Nichtigerklärung der Ausscheidung des Angebots der Antragstellerin,  sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren begehrt.

 

Hiezu wurde zum Nachprüfungsantrag begründend dargelegt, dass im Bauabschnitt 02 ausgehend vom bestehenden Hochbehälter P eine Transportwasserleitung zum neu zu errichtenden Hochbehälter Oberschlierbach zu errichten sei und von diesem Wasserleitungen in Siedlungen im Gemeindegebiet Oberschlierbach geführt werden. Die gegenständliche Ausschreibung umfasse dabei im Wesentlichen Rohrleitungen, Kanaldruckleitungen und die Ausführung von Druckminderungs­schächten.  Die konkrete Ausschreibung werde im Wege eines offenen Verfahrens durchgeführt und sei am 8.4.2006 die Bekanntmachung in der ALZ erfolgt. Gemäß Ausschreibungsunterlagen erfolge das Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich und gelange das Billigstbieterprinzip zur Anwendung.

In der Obergruppe 30 03 des Leistungsverzeichnisses seien (gemäß LB-SW) die Kosten für das Überschussmaterial nach Eluatklassen geordnet ausgewiesen. Diese seien jeweils in Transport- und Deponiekosten unterteilt. Im gegenständlichen Bauvorhaben falle Überschussmaterial der Eluatklassen I und IIa an.

Pos. 300301B des LV betreffe die "Deponiekosten Eluatklasse I". Der Bieter habe hier einen Preis für die Deponierung von 16.000 m³ Überschussmaterial der Eluatklasse I anzugeben.

 

Die Antragstellerin habe sich am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt und ein frist- und formgerechtes Angebot mit einem Nettoangebotspreis von 1.478.426,96 Euro gelegt. Bei der Angebotsöffnung am 11.5.2006 habe sich herausgestellt, dass die Antragstellerin das preislich günstigste Angebot gelegt habe. An zweiter Stelle der elf verlesenen Angebote sei jenes der Mitbieterin Baumeister K F Hoch- und Tiefbau GmbH mit einem Angebotspreis von netto 1.546.922,59 Euro gelegen.

 

Mit Schreiben vom 19.5.2006 sei die Antragstellerin zur Übersendung bis spätestens 30.5.2006 der im Schreiben näher spezifizierten Unterlagen bzw Erklärungen aufgefordert worden, darunter auch eine Erklärung, dass mit den angebotenen Einheitspreisen die im LV beschriebenen Leistungen ausgeführt werden können und dass das Angebot nochmals dahingehend überprüft worden sei und kein Erklärungsirrtum vorliege, sowie zur Übersendung des Formblattes K7 für einige Positionen des LV, darunter auch die Pos. 300301B.

 

Die Antragstellerin sei dem Ersuchen mit Schreiben vom 29.5.2006 nachgekommen. Zur geforderten Position im K7-Blatt wurde angeführt, dass die Bodenklassen 6 und 7 aus dem Aushub als Schüttmaterial bei der Umfahrung Ö Schlierbach frei Baustelle benötigt werde. Die Antragstellerin habe kalkuliert, dass von der gesamten Aushubmenge 80 % im Rahmen des Bauvorhabens Umfahrung Ö Schlierbach verwendbar seien und deshalb nur für die restlichen 20 % der Menge Deponiekosten anfallen würden. Der Anteil von 80 % ergebe sich aus den ausgeschriebenen Aushubmengen in den LV-Positionen 030313E, 030313F und 030313G. Aufgrund des wirtschaftlichen Vorteils des bei der Baustelle Umfahrung Ö Schlierbach einsetzbaren Materials ergebe sich per Saldo in dieser Position ein Negativpreis in der angegebenen Höhe.

Mit Schreiben vom 14.6.2006 habe die vergebende Stelle unter Pkt 1 weitere Aufklärung betreffend den genannten Positionspreis gefordert und verwies darauf, dass die Kosten für die Deponierung des gesamten Materials unabhängig von den Bodenklassen, also auch für jenes, das für das Bauvorhaben Umfahrung Ö Schlierbach nicht geeignet sei, in der Position enthalten sei. Mit Schreiben der Antragstellerin vom 23.6.2006 seien die  Angaben bestätigt worden. In einem weiteren Schreiben vom 30.6.2006 habe die vergebende Stelle nochmals um Bestätigung ersucht, dass das gesamte überschüssige Material mit dem angebotenen Einheitspreis laut Position abgerechnet werde und dass keine zusätzlichen Kosten dem Auftraggeber in Rechnung gestellt würden. Mit Schreiben vom 10.7.2006 sei diese Bestätigung seitens der Antragstellerin ergangen.

 

Nach mehrmonatigem Stillstand des Vergabeverfahrens habe die vergebende Stelle mit Schreiben vom 4.10.2006 die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Baumeister K F Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH bekannt gegeben und habe als Grund für die Ablehnung des Angebots der Antragstellerin bekannt gegeben, dass der angebotene Preis für Deponiekosten nicht plausibel erklärt worden sei und damit das Angebot gemäß § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 ausgeschieden werde. Die Stillhaltefrist ende am 11.10.2006.

 

Mit der angefochtenen Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf Nicht-Ausscheiden ihres Angebots sowie in ihrem Recht auf Zuschlagsentscheidung und Zuschlagserteilung zu Gunsten ihres Angebots verletzt. In eventu halte sie sich in ihrem Recht auf Widerruf des gegenständlichen Vergabeverfahrens und Teilnahme an einem neuerlichen Vergabeverfahren verletzt.

 

Zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung bringt die Antragstellerin weiters vor, dass sich diese aufgrund der getroffenen Ausscheidensentscheidung, weil das Angebot der Antragstellerin bei Nicht-Ausscheiden gemäß dem einzigen Zuschlagskriterium des günstigsten Preises an erster Stelle gereiht wäre, ergebe. Entscheidend sei daher, ob das Ausscheiden des Angebots zu Recht erfolgt sei. Die Antragstellerin führe hier als Begründung § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 an. Demnach seien Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, auszuscheiden. Die von der Auftraggeberin angeführte Begründung der nicht plausiblen Erklärung dieses Positionspreises sei unzutreffend, wie sich nachstehend ergebe.

 

Die Antragstellerin sei sämtlichen Aufforderungen zur Beibringung von Bestätigungen bzw zur Abgabe von Erklärungen und zur Aufklärung von Preisen frist- und ordnungsgemäß nachgekommen. Aus der Korrespondenz sei hervorgegangen, dass sämtliche Kosten in der Position enthalten seien. Es sei angemerkt, dass eine Prüfung dieser Position nach den in § 125 Abs.4 Z1 BVergG 2006 genannten Kriterien gar nicht zulässig wäre, weil es sich bei der Position 300301B nicht um eine wesentliche Position gehandelt habe.

Ungeachtet dessen sei der Preis dieser Position jedenfalls betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar. Nach der Spruchpraxis der Vergabekontrollbehörden seien bei der vertieften Angebotsprüfung die Kalkulationsansätze nachzuprüfen. Dabei sei ein Kalkulationsansatz dann nachvollziehbar, wenn er nicht nur rechnerisch richtig ist, sondern wenn er auch inhaltlich und kalkulatorisch plausibel begründet ist. Dies sei aus der Sichtweise des Bieters zu überprüfen und habe dabei der Auftraggeber alle ihm vom Bieter bekannt gegebenen Informationen zu würdigen.

 

Die Antragstellerin habe insbesondere im Schreiben vom 23.6.2006 dargetan, dass für das gesamte überschüssige Material der angebotene Einheitspreis 300301B zur Abrechnung gelange. Daraus haben sich in dieser Position statt eines Deponieaufwandes negative Kosten ergeben. Auch habe die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass sich der kalkulierte Positionspreis aus der Summe der negativen Kosten  aufgrund des beim Bauvorhaben Umfahrung Ö Schlierbach verwendbaren Schüttmaterials (Bodenklassen 6 und 7) sowie der (positiven) Kosten für das dort nicht verwendbare Schüttmaterial (restliche Bodenklassen) ergebe. Die Auftraggeberin habe diese Aufklärung auch ganz offensichtlich als ausreichend und zutreffend gebilligt, habe sie doch im Schreiben vom 30.6.2006 darauf hingewiesen, dass sämtliche Deponiekosten gemäß LV-Position 300300A zu Lasten des Auftragnehmers gehen und daher keine zusätzlichen Kosten dem Auftraggeber in Rechnung gestellt werden.

Weitere Unklarheiten zur Kalkulation des Positionspreises hätten bis Juni/Juli 2006 nicht bestanden. Möglicherweise sei  der in der Zuschlagsentscheidung zum Ausdruck kommende "Meinungsumschwung" der Auftraggeberin erfolgt, weil nunmehr (zum Zeitpunkt der Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung) kein weiterer Schüttmaterialbedarf beim Bauvorhaben Umfahrung Ö Schlierbach bestanden habe. Dies dürfe jedoch nicht zu Lasten der Antragstellerin ausschlagen, weil es bei der Preisprüfung nur darauf ankommen könne, ob ein Bieter gemessen an den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten kostendeckend kalkuliert habe.

 

Die Antragstellerin sei zum Zeitpunkt ihrer Angebotslegung davon ausgegangen, dass sie Aushubmaterial für das Bauvorhaben Umfahrung Ö Schlierbach verwenden könne. Diese Kalkulation sei betriebswirtschaftlich nachvollziehbar, weil die Antragstellerin aufgrund des unter Pkt D12 der Ausschreibungsunterlagen festgelegten Baubeginns am 1.8.2006 mit einer Auftragserteilung spätestens zu diesen Zeitpunkt rechnen konnte und auch aus Erfahrungswerten mit Bauvorhaben vergleichbaren Volumens und Schwierigkeitsgrads nicht mit einem monatelangen Zuwarten auf die Zuschlagserteilung zu rechnen gewesen wäre. Soweit Schüttmaterial erst zu einem Zeitpunkt angefallen wäre, in dem es für das Bauvorhaben Umfahrung Ö Schlierbach nicht mehr zum Einsatz kommen hätte können, wäre die Restkubatur mit den Lieferanten der Antragstellerin beim Bauvorhaben Umfahrung Ö Schlierbach gegenverrechnet worden. Dies sei auch der vergebenden Stelle offensichtlich bewusst gewesen, weil im Schreiben vom 14.6.2006 Aufklärung darüber verlangt worden sei, ob das gesamte Aushubmaterial – ungeachtet seiner Qualität – für das Bauvorhaben Umfahrung Ö Schlierbach geeignet sei oder auch zur Gänze verwendet werde und daher für den Auftraggeber in dieser Position (Deponierungskosten) keine zusätzlichen Kosten entstehen würden. Eine Bestätigung, dass das gesamte Bodenmaterial zur Gänze im Bauvorhaben Umfahrung Ö Schlierbach verwendet werde, habe die vergebende Stelle nicht verlangt, weil es eben vom Zeitpunkt der Auftragserteilung im gegenständlichen Projekt abhängig gewesen sei, in welchem Ausmaß tatsächlich das Aushubmaterial (noch) zur Verfügung stehe.

 

Selbst wenn mit den Informationen der Antragstellerin die Angemessenheit des Positionspreises nicht bzw nicht restlos nachvollziehbar gewesen wäre, hätte dies nicht automatisch zum Ausscheiden des Angebots führen können. Es liege daher der Ausscheidenstatbestand des § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 nicht vor.

 

Zum Schaden führt die Antragstellerin weiters aus, dass ihr als Bestbieterin ein Gewinn einschließlich der Regiegemeinkosten von ca. 150.000 Euro entgeht sowie frustrierte Angebotslegungskosten von zumindest 3.000 Euro entstehen würden. Darüber hinaus drohe ihr der Verlust eines Referenzprojektes.

Soweit aufgrund des vorliegenden Nachprüfungsantrages das Vergabeverfahren zu widerrufen sein sollte, bestehe der Schaden der Antragstellerin bei Fortführung des Vergabeverfahrens und dessen Abschluss durch Zuschlagserteilung im Verlust der Möglichkeit, sich nach Widerruf an einem neuerlichen Vergabeverfahren beteiligen zu können.

 

 

2.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Gemeinde Oberschlierbach als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In ihrer Stellungnahme vom 13.10.2006 brachte die Auftraggeberin zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass die Antragstellerin trotz mehrmaliger schriftlicher Aufforderung die Kalkulation des negativen Gesamtpreises nicht nachvollziehbar und plausibel darlegen konnte, zumal eine Schüttungsmöglichkeit auf der angesprochenen Baustelle Ö-Umfahrung Schlierbach bereits zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung nicht mehr möglich gewesen sei, auch in Anbetracht des langen Bauzeitraumes, der eine Baufertigstellung bis 31.12.2008 vorsehe.

 

Im Übrigen sei die Annahme verfehlt, dass 12.000 m³ des Bodenaushubes der Bodenklasse 6 und 7 abzutransportieren seien, da wesentliche Anteile des Materials für Wiederverfüllung zu verwenden seien.

 

Des Weiteren weise auch die Kostensumme in der Leistungsgruppe 01 Baustellengemeinkosten einen überhöhten Betrag im Verhältnis zu den anderen Angeboten mit einem Anteil von 23,9 % gemessen an den Gesamtkosten des Angebotes aus und lasse auf massive Preisumlagerungen von anderen Positionen, zB. Aufpreispositionen auf Bodenklassen, erkennen, was zu massiven Kostennachteilen für die Auftraggeberin führen könne, wenn das ausgeschriebene Projekt beispielsweise nur partiell zur Ausführung gelange.

 

Die fragliche Position 300301B mache mit einem Prozentanteil von 13,2 % zum gesamten Nettoanbotspreis einen maßgeblichen Anteil der Gesamtanbotssumme aus. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin lediglich aufgrund dieser Position Billigstbieterin geworden sei. Schon aus diesen beiden Umständen ergebe sich die Maßgeblichkeit bzw. Wesentlichkeit dieser Position.

Die Auftraggeberin sei aber auch unabhängig von der Frage der Wesentlichkeit der Position zur vertieften Angebotsprüfung dieser Position berechtigt gewesen, da die Bestimmung des § 125 BVergG 2006 lediglich jene Fälle aufzähle in denen Angebote verpflichtend einer vertieften Angebotsprüfung zu unterziehen seien. Dieser Bestimmung könne kein Verbot für den öffentlichen Auftraggeber abgeleitet werden, im Rahmen der privatwirtschaftlichen Durchführung des Vergabeverfahrens auch in anderen Fällen eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen.

 

Der im vorgelegten K7-Blatt aufgezeigte kalkulatorische Ansatz sei rechnerisch unrichtig und könne nicht einmal mit den ausführlichen Darlegungen des Nachprüfungsantrages nachvollzogen werden. Überdies gehe die Antragstellerin fälschlicherweise davon aus, dass sie über das gesamte Material der Bodenklasse 6 und 7 verfügungsberechtigt sei. Dieses werde für Wiederverfüllungs­maß­nahmen benötigt. Weiters habe die Antragstellerin hinsichtlich des nicht mehr bei der Umfahrung Ö-Umfahrung Schlierbach zum Einsatz kommenden Schüttmaterials erstmals in ihrem Nachprüfungsantrag dargelegt, dass das nicht mehr einsetzbare Material mit Lieferanten der Antragstellerin gegenverrechnet werde, auch hier ohne dazu konkretere Angaben zu machen.

 

2.2.   Von der Antragstellerin wurden in einer Replik vom 31.10.2006 die Ausführungen der Auftraggeberin bestritten und ausgeführt, dass sehr wohl plausible und nachvollziehbare Kalkulationsannahmen getroffen worden seien. Die Mengenannahme des auf dem Bahndamm zu schüttenden Bodenmaterials ergebe sich aus den Positionen im Leistungsverzeichnis, die den Aushub von Material der Bodenklasse 6 und 7 beschreiben. Zu diesen rechnerischen Kubikmetern müsse ein entsprechender Auflockerungsfaktor hinzugerechnet werden, sodass die abzutransportierende Menge durchaus realistisch sei. Für eine Wiederbefüllung müsste dieses Material vorher aufbereitet werden. Für die Aufbereitung (ist keine einzukalkulierende Nebenleistung) wären entsprechende Leistungspositionen im Leistungsverzeichnis zu erwarten gewesen. In deren Ermangelung konnte bzw. musste die Antragstellerin davon ausgehen, dass das Künettenaushubmaterial der Bodenklasse 6 und 7 nicht zur Verfüllung verwendet werden solle.

 

Hinsichtlich der vorgesehenen Bauzeit von 15 Monaten wurde angeführt, dass man nicht mit einem linearen Fortschritt der Aushubarbeiten rechnen könne, sondern diese vor allem im ersten Teil des Bauvorhabens anfallen und gegen Ende überwiegend mit Wiederherstellungsarbeiten zu rechnen sei.

Zum Anderen habe die Antragstellerin hinsichtlich des nicht mehr bei der Umfahrung Ö-Umfahrung Schlierbach zum Einsatz kommenden Schüttmaterials in ihrem Nachprüfungsantrag dargelegt, dass das nicht mehr einsetzbare Material mit Lieferanten der Antragstellerin gegenverrechnet werde. Die Nachvollziehbarkeit der Preisbildung liege deshalb vor, weil der Kalkulant zum Zeitpunkt der Angebotskalkulation von der Verwendbarkeit des Materials für die Bahndamm­schüttung ausgehen konnte. Dass sich diese Annahme nicht erfüllt habe, stelle ein Risiko für den Bieter dar, das zu einer Schmälerung des Gewinnes führen könne mache den kalkulierten Preis aber nicht unplausibel, zumal selbst in diesem Fall durch die Gegenverrechnung mit Lieferanten weiterhin der Preis betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar bleibe.

 

Erstmals in ihrer Stellungnahme habe die Auftraggeberin behauptet, dass bei den angebotenen Baustellengemeinkosten massive Preisumlagerungen von anderen Positionen erkennen lassen würden. Die Auftraggeberin habe jedoch nicht begründet worin hier eine Preisspekulation bestehen solle. Die Antragstellerin habe in Anbetracht der langen Bauzeit bei den zeitgebundenen Kosten für das Personal sehr knapp kalkuliert. Wenn andere Angebote bei diesen Baustellengemeinkosten noch wesentlich unter dem von der Antragstellerin angesetzten Wert liegen würden, so müsse deren seriöse Kalkulation in Frage gestellt werden.

 

Der Prüfungsmaßstab bei einer nicht wesentlichen Position müsse großzügiger sein als bei einer wesentlichen. Ein unplausibler Gesamtpreis würde daher auch dann nicht vorliegen, wenn in einer nicht wesentlichen Position nicht alle direkt zuordenbaren Kosten enthalten seien, sofern der Preis insgesamt betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sei.

 

2.3.   Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat in einer Stellungnahme vom 3.11.2006 zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass sich ihre Parteistellung direkt aufgrund der Stellung als ins Auge gefasste Begünstigte des Vergabeverfahrens ergebe, und es daher keines Teilnahmeantrages bedürfe.

 

Von der Antragstellerin seien in sich widersprüchliche bzw. wechselnde Erklärungsversuche der Position betreffend Negativeinheitspreis gemacht worden, sodass ein solches Angebot zwingend auszuscheiden gewesen sei.

 

Die Antragstellerin spekuliere mit ihrer Preisgestaltung offensichtlich damit, dass nur geringere Massen zur Abrechnung kommen würden, was eine Verzerrung der Kostensituation im Verhältnis zu ihrem Angebot bringen würde. Die angebotenen Baustellengemeinkosten würden im konkreten Fall ca. 250.000 Euro über dem Angebot der mitbeteiligten Partei liegen, während der preisliche Unterschied der Gesamtangebotssummen lediglich bei netto 68.500 Euro liege. Auch daraus ergebe sich eindeutig die Absicht der Antragstellerin, die wahre wirtschaftliche Bedeutung ihres Angebotes zu verwischen.

 

 

3.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6. November 2006 bei der auch die zeugenschaftliche Einvernahme des Kalkulanten der Antragstellerin erfolgte.

In dieser mündlichen Verhandlung wurde von der präsumtiven Zuschlags­empfängerin ausdrücklich kein Teilnahmeantrag gestellt.

 

3.2.   Von der Antragstellerin wurde hier zusätzlich noch vorgebracht, dass offensichtlich bei den übrigen Bietern keine ordnungsgemäße Überprüfung der Plausibilität der Angebotspreise hinsichtlich der Baustellengemeinkosten erfolgt sei.

 

Verträge in der Art von Subunternehmerverträgen für Materiallieferungen in Form als Beleg für Abnahmen der Gegenverrechnung seien nicht erforderlich. Von der Auftraggeberin sei während der gesamten Angebotsprüfung die Plausibilität der Kalkulation des Preises niemals bezweifelt worden.

 

3.3.   Die Auftraggeberin brachte zusätzlich vor, dass sie sehr wohl die K7-Blätter von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eingefordert und diese auch geprüft habe.

Der Ausschreibung würden veränderliche Preise zu Grunde liegen, wobei die Veränderung des angebotenen Negativpreises im Zuge der Bauausführung während der nächsten 600 Tage gänzlich ungeklärt sei. Insbesondere sei gänzlich unklar, ob sich der angebotene Negativpreis erhöhe oder verringere augrund der vorgesehenen Preisgleitklausel.

 

3.4.   Die präsumtive Zuschlagsempfängerin brachte zusätzlich vor, dass ihr Angebot keiner vertieften Angebotsprüfung bedurft habe, da die darin enthaltenen Preise den Erfahrungswerten entsprochen hätten.

 

Es sei festzuhalten, dass erhöhte Gemeinkosten in Ansehung der Baustelleinrichtung per se einen Nachteil für den öffentlichen Auftraggeber darstellen würden.

 

Die Antragstellerin habe klargestellt, dass nach wie vor kein konkreter Abnehmer für das für die Kalkulation herangezogene Material existiere. Dieser Umstand sei nur für ein sehr leistungsstarkes Unternehmen verkraftbar. Vergleichbare Kalkulationen könnten kleine Unternehmen nicht anstellen. Es existiere folglich ein Widerspruch zur Grundsatzbestimmung des § 19 Abs.1 BVergG 2006, wonach die Leistung zu angemessenen Preisen zu vergeben sei. Das Angebot widerspreche offenbar auch der zwingenden Ausschreibungsbestimmung D4D wonach überschüssiges Aushubmaterial vom Auftraggeber abtransportiert werden und gegen Entgelt in einer Deponie entsorgt werden müsse.

 

3.5.   Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sacherhalt aus:

 

Die Gemeinde Oberschlierbach, vertreten durch die ausschreibende und vergeben­de
de Stelle Dipl.Ing.  X, führt ein Vergabeverfahren betreffend Erd-,
Baumeister-, Rohrlieferungs-, Rohrlege- und Installationsarbeiten im Bauabschnitt
02, Baulos 1, der WVA Oberschlierbach durch. Im Zuge dieses Bauabschnittes
wird ausgehend vom bestehenden Hochbehälter Piber eine Transportwasserleitung
zum neu zu errichtenden Hochbehälter Oberschlierbach errichtet und von diesem
Wasserleitungen in Siedlungen im Gemeindegebiet Oberschlierbach geführt. Die
gegenständliche Ausschreibung umfasst dabei im Wesentlichen Rohrleitungen von etwas über 20,5 km Länge, Kanaldruckleitungen und die Ausführung von Druckminderungs­schächten.

Die gegenständliche Ausschreibung wird im Wege eines offenen Verfahrens durchgeführt. Die Vergabebekanntmachung erfolgte am 8.4.2006 in der Amtlichen Linzer Zeitung. Gemäß den Ausschreibungsunterlagen erfolgt das Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich. Es gelangt das Billigstbieterprinzip zur Anwendung. Alternativangebote wurden dezidiert ausgeschlossen.

Unter Abschnitt D "Besondere Bestimmungen (projektbezogene Festlegungen) findet sich in den Ausschreibungsunterlagen unter Punkt D4 mit der Überschrift: "Baufeld, Zwischendeponien, Zufahrtswege, Einbauten" die Formulierung:

"Baufeld: Das seitliche Lagern des Aushubmaterials ist größtenteils möglich, das überschüssige Material muss vom AG abtransportiert werden und gegen Entgelt in einer Deponie entsorgt werden.

Einbauten: Einbauten, wie Telekom, Energie AG und Drainagen sind geringfügig vorhanden."

Unter Punkt D11 Terminplan wird als Baubeginn 01.08.2006 und als Gesamtfertigstellung 31.12.2008 angegeben.

In der Obergruppe 30 03 des Leistungsverzeichnisses sind (gemäß dem LB-SW) die Kosten für das Überschussmaterial nach Eluatklassen geordnet ausgewiesen. Diese sind jeweils in Transportkosten und Deponiekosten unterteilt. Im gegen­ständlichen Bauvorhaben fällt Überschussmaterial der Eluatklassen I und IIa an.

Die Position 300301B des LV betrifft die „Deponiekosten Eluatklasse I". Der Bieter hat hier einen Preis für die Deponierung von 16.000 m3 Überschussmaterial der Eluatklasse I anzugeben.

Die Antragstellerin beteiligte sich an diesem Vergabeverfahren und legte frist- und
formgerecht ein Angebot mit einem Nettoangebotspreis von € 1.478.426,96. Bei
der Angebotseröffnung am 11.5.2006 stellte sich heraus, dass die Antragstellerin das
preislich günstigste Angebot gelegt hatte. An zweiter Stelle der elf verlesenen Angebote lag jenes der Mitbieterin Baumeister K F Hoch- und Tiefbau Gesellschaft m.b.H. mit einem Angebotspreis von netto € 1.546.922,59.

Mit Schreiben vom 19.5.2006 forderte die vergebende Stelle die Antragstellerin zur Übersendung der im Schreiben näher spezifizierten Unterlagen bzw. Erklärun­gen bis spätestens 30.5.2006 auf, darunter auch eine Erklärung, dass mit den an­gebotenen Einheitspreisen die im Leistungsverzeichnis beschriebenen Leistungen ausgeführt werden können und dass das Angebot nochmals dahingehend überprüft wurde und kein Erklärungsirrtum vorliegt, sowie zur Übersendung des Formblat­tes K7 für einige Positionen des LV, darunter auch die Position 300301B.

 

Die Antragstellerin kam diesem Ersuchen mit Schreiben vom 29.5.2006 nach, gab Erklärungen darin ab und übermittelte unter anderem die geforderten K7-Blätter, darunter auch für die angeführte Position sowie für die Baustellengemeinkosten.

Zur betreffenden Position ist im K7-Blatt angeführt, dass die Bodenklassen 6 und 7 aus dem Aushub als Schüttmaterial bei der Umfahrung Ö Schlierbach, einem von der Antragstellerin im Rahmen einer ARGE ausgeführten Bauvorhaben, frei Baustelle benötigt werden. Die Antragstellerin kalkulierte, dass von der gesamten Aushubmenge dieser Bodenklassen 80 % bzw. etwas über 12.000 m3 im Rahmen des Bauvorhabens Umfahrung Ö Schlierbach verwendbar sind und deshalb nur für die restlichen 20 % der Menge Deponiekosten anfallen. Per Saldo ergab sich in dieser Position ein Negativpreis in der Höhe von netto 195.200 Euro.

Durch eine unpräzise Rückfrage des Kalkulanten bei dem für dieses Bauvorhaben verantwortlichen Bautechniker, nämlich dass der Kalkulant nur die Gesamtdauer dieses Bauvorhabens erfragt hat und nicht wie lange das anfallende Material dort geschüttet werden kann, ist die die Antragstellerin bei ihrer Kalkulation von der verfehlten Annahme ausgegangen, dass eine Schüttung entsprechend dem Anfall während der gesamten Bauzeit auf Ö Baustelle möglich wäre.

 

Mit Schreiben vom 14.6.2006 forderte die vergebende Stelle unter Punkt 1. weitere Aufklärungen betreffend den genannten negativen Positionspreis. Sie verwies darauf, dass die Kosten für die Deponierung des gesamten Materials unabhängig von den Bodenklassen, also auch auf jenes, das für das Bauvorhaben Umfahrung Ö Oberschlierbach nicht geeignet sei, in der Position enthalten seien, und ersuchte um Aufklärung, ob das gesamte überschüssige Material unabhängig von der Bodenklasse, einschließlich klebriger Boden als Schüttmaterial für die Baustelle Ö Umfahrung Schlierbach geeignet sei, bzw. auch zur Gänze verwendet werde und daher gemäß Einheitspreis der Position 300301B abgerechnet werde.

Dies bestätigt die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 23.6.2006

In einem weiteren Schreiben vom 30.6.2006 ersuchte die vergebende Stelle nochmals um Bestätigung, dass das gesamte überschüssige Material mit dem angebotenen Einheitspreis laut Position abgerechnet werde und dass keine zusätzlichen Kosten der Auftraggeberin in Rechnung gestellt werden könnten. Die Antragstellerin gab mit Schreiben vom 10.7.2006 diese Bestätigung ab.

Im Zuge der Angebotsprüfung wurde der Auftraggeberin zufällig bekannt, dass für die Ö-Baustelle zumindest ab Herbst 2006 kein Bedarf an Schüttmaterial mehr besteht.

Nach mehrmaligen Konsultationen mit der Förderstelle gab die vergebende Stelle mit Schreiben vom 4.10.2006 die Zu­schlagsentscheidung zu Gunsten der Baumeister K F Hoch- und Tiefbau Gesellschaft m.b.H. bekannt und führte als Grund für die Ablehnung des Angebotes der Antragstellerin aus, dass der angebotene Preis für die Deponiekosten nicht plausibel erklärt werden konnte und damit das Angebot gemäß § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 ausgeschieden werde.

 

Hinsichtlich Abnahme und Gegenverrechnung der nunmehr nicht schüttbaren Aushubmengen mit Lieferanten oder Geschäftspartnern der Antragstellerin liegen dieser keine verbindlichen Angebote oder gar Abnahmeverpflichtungen vor. Auch eine Preisfestlegung ist nicht erfolgt. Erst nach Offenkundigwerden der fehlenden Schüttungsmöglichkeit bei der Ö Baustelle wurde von der Antragstellerin erst nach Angebotsabgabe diese grundsätzliche Möglichkeit ausgelotet und eine solche Möglichkeit erstmals im Nachprüfungsantrag grundsätzlich erwähnt.

 

3.6.   Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung, hier wiederum aus der durchaus glaubwürdigen Zeugenaussage des Kalkulanten der Antragstellerin sowie aus dem Verfahrensakt und insbesondere auch aus den Vergabeunterlagen. Sie wurden auch von keiner der anwesenden Parteien oder Beteiligten im Rahmen der gemachten Feststellungen bestritten.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.   Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 lauten:

 

§ 19 (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

 

§ 123 (1) Die Prüfung der Angebote hat in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien zu erfolgen.

(2) Im Einzelnen ist zu prüfen,

1. ob den in § 19 Abs.1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;

2. Die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer;

3. ob das Angebot rechnerisch richtig ist;

4. die Angemessenheit der Preise;

5. ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.

(3) Die Prüfung von Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung nicht in Betracht kommen, kann sich auf einzelne der in Abs.2 genannten Kriterien beschränken.

 

§ 125. (1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.

(2) Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen.

(3) Der Auftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 4 und 5 vertieft prüfen, wenn

1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen,

2. Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 80 Abs. 4 aufweisen, oder

3. nach Prüfung gemäß Abs. 2 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

(4) Bei einer vertieften Angebotsprüfung ist zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Geprüft werden kann insbesondere, ob

1. im Preis aller wesentlichen Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze nachvollziehbar sind;

2. der Einheitspreis (Pauschalpreis, Regiepreis) für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringwertige Leistungen;

3. die gemäß § 97 Abs. 3 Z 3 geforderte oder vom Bieter gemäß § 109 Abs. 2 vorgenommene Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises (insbesondere der Lohnanteile) aus der Erfahrung erklärbar ist.

(5) Im Zuge der vertieften Angebotsprüfung muss der Auftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche – bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische – Aufklärung verlangen. Die anschließende Prüfung hat unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen bzw. der vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Der Auftraggeber hat insbesondere Erläuterungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Fertigungs- oder Bauverfahrens bzw. der Erbringung der Dienstleistung, die gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstige Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Leistung verfügt, die Originalität der vom Bieter angebotenen Leistung, die am Ort der Leistungserbringung geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen oder die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an den Bieter bei der Überprüfung entsprechend zu berücksichtigen. Die vom Bieter erteilten Auskünfte sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Sofern der schätzte Auftragswert 120.000 Euro nicht erreicht, kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.

 

§ 129 (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

……

3. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen;

……

7. den Ausschreibungsbedingungen widersprechende Angebote, …..

 

4.2.   Grundsätzlich muss gesagt werden, dass der negative Einheitspreis als solcher für den Unabhängigen Verwaltungssenat genug Anlass bildet, hier eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen. § 125 BVergG 2006 schließt auch für nicht wesentliche Positionen eine derartige Vorgangsweise nicht aus.

 

Durch die spezielle Vertragsbestimmung in Punkt D 4D der Ausschreibung, wonach überschüssiges Aushubmaterial abzuführen und gegen Entgelt zu deponieren ist, hat die Vorgangsweise der Antragstellerin schon grundsätzlich den Ausschreibungsbedingungen widersprochen und wäre schon aus diesem Grund bereits aufgrund der ersten Aufklärung, da vor ihr eben keine Deponierung sondern eine Verfüllung in einen Bahndamm vorgesehen ist, die Ausscheidung vorzunehmen gewesen.

Als Überschrift zu diesen Festlegungen steht zwar auch der Begriff Zwischendeponien. Im anschließenden Text werden aber nur Ausführungen zum Baufeld und zu den Einbauten getätigt. Bereits diese Vorgehensweise lässt erkennen, dass es sich bei der Überschrift offensichtlich um eine Standardformulierung handelt, die generell bei derartigen Ausschreibungen verwendet wird. Die Auftraggeberin hat aber nur Regelungen für das Baufeld und betreffend Einbauten unter diesem Punkt getroffen und diese Absicht auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

Auch die korrespondierenden Positionen im Leistungsverzeichnis in der Obergruppe 30.03 betreffend Überschussmaterial, die die Verrechnung von Deponierungskosten vorsieht, bestätigt diese Auslegung.

 

Darüber hinaus durfte sich die Auftraggeberin durch die im Zuge der vorgelegten K7-Blätter für die Position 300301B gemachte Darlegung der Schüttung auf dem Ö-Bahndamm, die nun aufgrund der Gegebenheiten nicht mehr zur Verfügung steht, nicht mit pauschalen Preisbestätigungen zufrieden geben, sondern musste aufgrund der Angaben der Antragstellerin zur Annahme kommen, dass diese Preisbildung nicht plausibel erklärt werden konnte. Dabei war natürlich der Kenntnisstand der Auftraggeberin bezüglich der Ö-Baustelle zu berücksichtigen.

Da die Antragstellerin auf Grund einer mangelnden internen Recherge davon ausging, dass eine Schüttung noch während der Bauzeit möglich wäre, muss sie sich die geänderten Umstände auch zurechnen lassen. Ein sorgfältiger Bieter hätte seine Kalkulationsannahmen besser überprüft und wäre für einen solchen die Schüttungsmöglichkeit beim Bahndamm als Kalkulationsvariante schon wegen der langen Bauzeit und des baldigen Abschlusses der Bahndammschüttungen nicht in Frage gekommen. Somit ist auch aus der Sichtweise eines ordentlichen Bieters eine unzulässige Kalkulation erfolgt.

 Die im Zuge der vertieften Angebotsprüfung zuletzt eingeforderten bloßen Preisbestätigungen wurden, wie die Auftraggeberin ausgeführt hat, nur aufgrund der Vorgaben der Förderstelle verlangt. Sie hat aber richtigerweise trotz dieser Zusagen eine Ausscheidung vorgenommen, da aufgrund dieser Preisbildung dem im Vergabeverfahren für alle Bieter geltenden Transparenzgebot und dem Gleichbehandlungsprinzip widersprochen wurde.

 

Die Preisbestätigungen waren somit absolut nicht mehr erforderlich; sie ändern aber nichts an der grundsätzlich richtigen Vorgangsweise der Auftraggeberin.

Auch in der nunmehrigen Vergabeverhandlung hat sich gezeigt, dass die Auftraggeberin nach wie vor keine verbindlichen oder auch nur annähernd belegbaren Angaben über die nunmehrige Verwendung des Bodenaushubmaterials anstelle einer Deponierung machen kann.

 

Da die fragliche Position ein Gesamtausmaß von 13 % der Anbotssumme ausmacht und nur diese dafür verantwortlich ist, dass die Antragstellerin betragsmäßig das niedrigste Angebot legen konnte, kommt dieser Bestimmung auch im Hinblick auf die Gesamtpreisbildung entsprechende Relevanz zu und macht auch diese betriebswirtschaftlich nicht erklärbar.

 

Die oben beschriebenen Umstände führen somit zur Ausscheidung gemäß § 129 Abs 1 Z 3 und 7 BVergG 2006.

 

Da bereits aus den angesprochenen Gründen die Vorgangsweise der Auftraggeberin als rechtmäßig und mit den Vorgaben des Bundesvergabegesetzes 2006 vereinbar anzusehen ist, erübrigt sich ein Eingehen auf weiteres Vorbringen der Parteien bzw. Beteiligten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

4.3.   Da die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht obsiegte, war ihr gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG auch kein Gebührenersatz zuzusprechen.

 

5.      Im Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in der Höhe von 56,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Wimmer

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum