Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161723/2/Ki/Jo

Linz, 27.10.2006

 

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des M W S, S, I, vertreten durch Anwaltssocietät S, D, S & Partner, L, H, vom 19.10.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 10.10.2006, VerkR96-3064-2005-Hof, wegen Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.    Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm  §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 10.10.2006, VerkR96-3064-2005-Hof, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 17.08.2005 um 10:30 Uhr in Linz, Salzburger Straße, von der Wiener Straße kommend, im Bereich der Kreuzung Salzburger Straße – Kremplstraße,

 

1)     vor Antritt der Fahrt, obwohl es ihm zumutbar war, (sich) nicht davon überzeugt, dass der LKW mit dem behördlichen Kennzeichen UU- den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, da das höchstzulässige Gesamtgewicht des Lkw`s um 750 kg überschritten worden ist.

2)     Bei der unter Ziffer 1) angeführten Fahrt habe er das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet und sein Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten.

 

Er habe dadurch

1)     § 102 Abs.1 Satz 1 KFG iVm § 101 Abs.1 KFG 1967 und

2)     § 38 Abs.3 StVO iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960 verletzt.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 bzw. § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 wurden Geldstrafen bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und überdies gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 19.10.2006 Berufung mit dem Antrag, die Berufungsbehörde wolle das Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

Beide zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen werden bestritten.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Laut einer Verkehrsunfallanzeige des Stadtpolizeikommandos Linz (Verkehrsinspektion VUK) vom 17.08.2005 lenkte C R R zur festgestellten Tatzeit seinen Pkw auf der Kremplstraße, vom Wohnhaus (Kremplstraße 1) kommend, in Richtung Kreuzung mit der Salzburger Straße, die er am linken Fahrstreifen zum Geradeausfahren in gerader Richtung durchfahren wollte. Seinen Angaben nach war die Verkehrsampel für seine Richtung auf Grünlicht gestellt.

 

Der Berufungswerber lenkte den mit Schotter beladenen Lkw UU- auf der Salzburger Straße, von der Wiener Straße kommend, in Richtung Kreuzung mit der Kremplstraße, die er in gerader Richtung durchfahren wollte. Nach Angaben des Berufungswerbers fuhr dieser ebenso bei Grünlicht in die Kreuzung ein.

 

In der Kreuzung kam es zu einem Zusammenstoß der unfallbeteiligten Fahrzeuge.

 

Beim vom Berufungswerber gelenkten Lkw handelt es sich um einen Mercedes 2635K/32 mit einem Eigengewicht von 10.870 kg und einer zulässigen Nutzlast von 10.980 kg. Als Beladung wurden vom Meldungsleger 11.730 kg angeführt, diesbezüglich führte der Meldungsleger in einem Bericht vom 02.03.2006 aus, dass er die Gewichtsangabe hinsichtlich Ladung einem vom Rechtsmittelwerber mitgeführten Wiegezettel entnommen habe. Da die Wegstrecke bis zur nächsten möglichen Waage über 3 km betragen hätte, sei keine neuerliche Abwaage des Lkw`s erfolgt.

 

Im Zuge einer niederschriftlichen Befragung durch die Verkehrsinspektion VUK am 17.08.2005 als Beteiligter führte der Beschuldigte aus, dass er zuerst den Lkw auf der Wiener Straße, aus Richtung Ebelsberg kommend, in Richtung Kreuzung mit der Salzburger Straße lenkte, wo er sich am rechten Fahrstreifen zum Linkseinbiegen eingeordnet hatte. Weil die Ampel der Kreuzung Wiener – Salzburger Straße bei seiner Ankunft bereits auf Grünlicht gestellt war, sei er mit etwa 50 km/h in die Kreuzung eingefahren. In der Kreuzung habe er den Lkw etwas abgebremst und sei am rechten Fahrstreifen nach links eingebogen. Fahrzeuge vor oder neben ihm seien nicht ersichtlich gewesen. In der Folge sei er am rechten Fahrstreifen in Richtung angrenzende Kreuzung mit der Kremplstraße gefahren. Da die Ampel bei dieser Kreuzung auch Grünlicht gezeigt habe, sei er in diese Kreuzung eingefahren und habe sie in gerader Richtung durchfahren wollen. Während er in die Kreuzung eingefahren sei, habe er gesehen, dass von rechts von der Kremplstraße der unfallbeteiligte Pkw schnell angekommen sei und vor ihm die Kreuzung durchfahren wollte.

 

Der unfallbeteiligte Lenker C R R führte bei einer niederschriftlichen Befragung durch die Verkehrsinspektion VUK am 18.08.2005 als Beteiligter aus, dass er zur Unfallszeit seinen Pkw auf der Kremplstraße, vom Wohnhaus kommend, in Richtung Kreuzung mit der Salzburger Straße, die er bei Grünlicht der Ampel in gerader Richtung durchfahren wollte, lenkte. Nachdem er vom Wohnhaus in die Kremplstraße eingebogen sei, sei er mit 20 bis 30 km/h am linken Fahrstreifen in Richtung mit der Salzburger Straße gefahren. Weil er immer vorsichtig fahre, habe er die Geschwindigkeit nicht erhöht und sich mit etwa 20 bis 30 km/h der Kreuzung mit der Salzburger Straße genähert. Etwa 30 m vor der Kreuzung habe er auf die Ampel der Kreuzung, die für ihn Grünlicht zeigte, geblickt. Sie hätte auch nicht geblinkt, sondern habe Grünlicht gezeigt. Seine Mitfahrer hätten auch auf die Ampel geschaut und ihm bestätigt, dass die Ampel Grünlicht gezeigt habe. Als er am linken Fahrstreifen zum Geradeausfahren in der Kreuzung gefahren sei, sei von links plötzlich ein Anstoß erfolgt.

 

Ein Zeuge des Vorfalles (A K D) gab bei einer niederschriftlichen Befragung am 18.08.2005 durch die Verkehrsinspektion VUK zunächst an, dass er sein Fahrrad am rechten Radweg der Kremplstraße, aus Richtung Glimpfingerstraße kommend, in Richtung Salzburger Straße gelenkt habe. Während er etwa 40 m von der Kreuzung mit der Salzburger Straße entfernt gewesen sei, habe er auf der Kreuzung einen heftigen Unfallknall gehört. Er habe sofort dorthin geblickt und gesehen, wie sich der unfallbeteiligte Pkw in der Kreuzung gedreht habe. Gleichzeitig habe er auf die Ampel der Kremplstraße geblickt und gesehen, dass diese für die Kremplstraße auf Gelblicht geschaltet hatte und soeben auf Rotlicht umgeschaltet hatte. Der Lkw sei dann in der Kreuzung zum Stehen gekommen.

 

Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme bei der Verkehrsinspektion VUK am 30.08.2005 relativierte der Zeuge seine Aussage dann dahingehend, dass er sich entgegen der ersten Aussage nicht mehr sicher sei, ob die Ampel Gelblicht gehabt hätte. Dies insofern, weil in Folge des Regens seine Augen nass gewesen wären und er deshalb die Ampelstellung nicht gut gesehen habe. Beim zweiten Blick auf die Ampel habe er erkannt, dass diese auf der Kremplstraße Rotlicht gezeigt habe.

 

Zwei weitere Beifahrer des unfallbeteiligten Pkw-Lenker erklärten bei niederschriftlichen Befragungen durch die Verkehrsinspektion VUK am 18.08.2005, dass die Ampel für den Verkehr in der Kremplstraße Grünlicht gezeigt habe. Einer der Zeugen führte dazu weiters aus, dass auf der Querstraße rechts Fahrzeuge vor der Ampel gestanden seien und er gleichzeitig gesehen habe, dass von links der Lkw herangekommen sei. Die zweite Befragte führte aus, dass sie nicht sagen könne, wie und wo sie zum Zeitpunkt der Beobachtung gewesen seien.

 

In einem im Verfahrensakt aufliegenden kraftfahrtechnischen Gutachten des Ing. Mag. R B vom 02.11.2005 ist ausgeführt, dass technischerseits nur festgestellt werden kann, dass zumindest einer der beiden Fahrzeuglenker ohne Grünlicht in den gegenständlichen Kreuzungsbereich eingefahren sein musste. Eine eindeutige Zuordnung jedoch ob dies der beteiligte Pkw-Lenker oder der Beschuldigte gewesen sei, sei mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht möglich.

 

Darüber hinaus hat der Berufungswerber mit seiner Berufung Auszüge aus einer Übertragung des mit Schallträger aufgenommenen Protokolls über die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bezirksgericht Linz am 14.09.2006 vorgelegt und darauf hingewiesen, dass das Bezirksgericht Linz ein mittlerweile rechtskräftiges Urteil verkündet habe, demzufolge sich das Gericht nicht im Stande gesehen habe, festzustellen, von welcher Variante tatsächlich auszugehen sei.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo Geltung hat. Danach ist eine Bestrafung nur zulässig, wenn nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung keine Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben.

 

Zu Faktum 1):

 

Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, er habe sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es ihm zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass der von ihm gelenkte Pkw den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, da das höchstzulässige Gesamtgewicht des Lkw`s um 750 kg überschritten worden ist.

 

Der Tatvorwurf beruht ausschließlich auf den Angaben des Meldungslegers, welcher ausgeführt hat, dass er das Gewicht des Lkw`s aus einem vom Beschuldigten mitgeführten Wiegeschein entnommen habe. Dieser Wiegeschein (Kopie) liegt im Verfahrensakt auf und stimmt mit den Angaben des Meldungslegers überein. Dennoch erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass in konkretem Falle der Tatvorwurf nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit als erwiesen angesehen werden kann. Generell wird man zwar im täglichen Geschäftsleben davon ausgehen können, dass entsprechende Frachtdokumente der Richtigkeit entsprechen, andererseits zeigt die allgemeine Lebenserfahrung, dass die auf den Frachtdokumenten angeführten und die tatsächlichen Gewichte nicht immer übereinstimmen. Insbesondere im Hinblick auf die prozentuell geringfügige Überladung hätte daher eine konkrete Gewichtsfeststellung nur durch eine Verwiegung des Lastkraftwagens (samt Ladung) festgestellt werden können, dies ist im vorliegenden Falle jedoch nicht geschehen, sodass diesbezüglich nach dem Grundsatz in dubio pro reo der Berufung Folge zu geben war.

 


Zu Faktum 2):

 

In diesem Punkt wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet und sein Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten.

 

Diesbezüglich liegen widersprüchliche Angaben der Unfallbeteiligten vor, der Lenker des beteiligten Pkw`s bzw. dessen Mitfahrer erklärten, dass die Ampel für den Verkehr in der Kremplstraße noch Grünlicht gezeigt habe, während der Beschuldigte seinerseits behauptet, er habe bereits Grünlicht gehabt.

 

Aus den vorliegenden Sachverständigengutachten geht lediglich hervor, dass einer der beiden unfallbeteiligten Kraftfahrzeuglenker bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren sein muss, es konnte jedoch nicht geklärt werden, dies auch nicht in den diesbezüglich abgeführten gerichtlichen Verfahren, wer tatsächlich gegen die Vorschrift des § 38 Abs.5 StVO 1960 verstoßen hat. Sowohl die Angaben des unfallbeteiligten Lenkers sowie der Insassen in diesem Pkw als auch die des Beschuldigten sind letztlich schlüssig und stehen nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der unfallbeteiligte Lenker, welcher kurz zuvor von seinem Wohnhaus in die Kremplstraße eingefahren ist, bzw. dass die Insassen des von ihm gelenkten Pkw`s das Geschehen ex post betrachtet subjektiv beurteilt haben. Immerhin hat der Lenker des Pkw ausgeführt, er habe sich ca. 30 m vor der Kreuzung befunden und feststellen können, dass die Verkehrslichtsignalanlage noch Grünlicht zeigte. Inwieweit diese Entfernungsangabe exakt ist, kann nicht nachvollzogen werden, zumal es auch durchaus nicht ausgeschlossen werden kann, dass er zu diesem Zeitpunkt noch weiter entfernt war, dies  trifft auch auf die Angaben der weiteren Insassen des Pkw`s zu. Letztlich hat eine weitere einvernommene Person ihre ursprüngliche Aussage dahingehend revidiert, dass die Ampel in der Kremplstraße, jedenfalls nach dem Unfallszeitpunkt, bereits rot gezeigt hat.

 

Auch wenn der Berufungswerber als Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren sich in jede Richtung verteidigen kann, so darf dieser Umstand nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden. Im vorliegenden konkreten Falle sind, wie bereits dargelegt wurde, auch seine Angaben durchaus wirklichkeitsnah und es sieht sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich außer Stande, ihm die vorgeworfene Verwaltungsübertretung mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachzuweisen. In dubio pro reo war daher auch in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben.

 

I.7. Zusammenfassend wird festgestellt, dass dem Beschuldigten beide zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht nachgewiesen werden können, der Berufung war daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

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