Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240211/5/Wei/Bk

Linz, 23.10.1996

VwSen-240211/5/Wei/Bk Linz, am 23. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlaß der Berufung der G, geb. Z, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Juni 1996, Zl. 101-4/9-330042813, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 4 Abs 2 AIDS-Gesetz 1993 (BGBl Nr. 728/1993) den Beschluß gefaßt:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

B e g r ü n d u n g:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 30. Juli 1996 hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 20.3.1996 um 21.30 Uhr in L, im Bereich P, durch Ausübung der Prostitution mit einem Kunden gewerbsmäßig Unzucht getrieben, ohne sich vor Aufnahme dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf einen Kontakt mit dem Virus LAV/HTLV III unterzogen zu haben." Nach der Anzeige des Wachzimmers L der Bundespolizeidirektion Linz nahmen Polizeibeamte die Anbahnung der Prostitution in L, Z, mit dem Bosnier S wahr, wobei die Bwin in dessen PKW mit dem Kennzeichen stieg. In der P wurde die Bwin nach der Anzeigeschilderung bei der Ausübung eines Oralverkehrs mit dem Bosnier betreten.

Die belangte Behörde erachtete den § 4 Abs 2 AIDS-Gesetz 1993 als übertretene Rechtsvorschrift und verhängte nach der Strafnorm des § 9 Abs 1 Z 2 AIDS-Gesetz 1993 eine Geldstrafe in Höhe von S 10.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von S 1.000,-- vorgeschrieben.

2. Dieses Straferkenntnis wurde für die Bwin laut aktenkundigem Postrückschein nach einem Zustellungversuch am 18. Juni 1996 beim Postamt hinterlegt. Die Abholfrist begann ebenfalls am 18. Juni 1996. Am 8. Juli 1996 hat das Postamt die hinterlegte Sendung mangels Behebung an den Magistrat Linz als Absender zurückgeleitet.

Die Vollstreckungsverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2. August 1996 hat die Bwin am 8. August 1996 eigenhändig übernommen. Daraufhin brachte sie am 21. August 1996 eine Berufung gegen das Straferkenntnis vom 11. Juni 1996 ein, in der sie die Tat bestritt und die Aufhebung des Straferkenntnisses anstrebte.

3. Mit Schreiben vom 23. September 1996 hat der unabhängige Verwaltungssenat der Bwin Parteiengehör zur Überprüfung des Zustellvorganges eingeräumt und sie für den Fall ihrer Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Hinterlegung eingeladen, binnen 14 Tagen unter Vorlage oder Angabe geeigneter Beweismittel bekanntzugeben, wo sie sich aus welchem Grund aufgehalten und wann sie zur Abgabestelle zurückgekehrt ist.

Mit dem am 8. Oktober 1996 beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangten Schreiben teilt die Bwin zunächst mit, daß sie "keinen Zettel wegen Hinterlegung eines RSb-Briefes" erhalten hätte. Im folgenden schränkt sie allerdings ein: "Entweder ich habe diesen Zettel verlegt oder nicht erhalten. Leider kann ich keine Beweise beilegen." Ob der Zettel mit der Werbung zum Altpapier kam oder gar nicht zugestellt wurde, könne sie nicht sagen. Sie ersuche aber die Unschuldsvermutung gelten zu lassen, da sie wirklich keine Ahnung gehabt hätte. Falls eine Berufung nicht möglich ist, ersucht sie um eine Zahlung in geringen Raten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG ist eine verspätete Berufung zurückzuweisen. Verspätet ist eine Berufung, wenn sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde. Für Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren beträgt die Rechtsmittelfrist gemäß § 24 VStG iVm § 63 Abs 5 AVG zwei Wochen. Sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses zu laufen.

Nach § 32 Abs 2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

4.2. Im gegenständlichen Fall war davon auszugehen, daß der angefochtene Bescheid ab Dienstag, dem 18. Juni 1996, beim zuständigen Postamt hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten wurde, nachdem der Zustellversuch vom gleichen Tag erfolglos geblieben war. Auf die fehlende Abholung kam es nicht an, weil diese nicht zur Zustellung gehört.

Für die von der Bwin behauptete Möglichkeit, daß sie keine schriftliche Verständigung über die Hinterlegung erhalten haben könnte, liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor. Nach Mitteilung des Zustellers im aktenkundigen Postrückschein legte er die schriftliche Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten. Die Bwin hat diesen Umstand durch ihr Vorbringen nicht widerlegen können. Sie konnte auch keine Beweise anbieten. Letztlich ist sie selbst nicht sicher und räumt daher ein, daß die Verständigung zum Altpapier gekommen sein könnte. Die bloße Behauptung von möglichen Zustellmängeln genügt nicht, um Ermittlungspflichten auszulösen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A [1996], 1251, Anm 3a zu § 17 ZustG). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat jemand der Zustellmängel behauptet, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, um die aus dem Postrückschein folgende Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung zu widerlegen (vgl etwa VwGH 29.11.1995, 95/03/0200; VwGH 29.01.1992, 92/02/0021, 0022). Eine Ortsabwesenheit wurde von der Bwin nicht behauptet. Bei dieser Sachlage ist von einer wirksamen Zustellung durch ordnungsgemäße Hinterlegung auszugehen.

4.3. Gemäß § 17 Abs 3 Satz 3 Zustellgesetz gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Sie gelten nach Satz 4 nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Für diese Annahme ergeben sich aus der Aktenlage keine Anhaltspunkte.

Mit Rücksicht darauf, daß die Sendung ab 18. Juni 1996 zur Abholung bereitgehalten worden war, galt diese als zugestellt und begann die unabänderliche Berufungsfrist zu laufen. Sie endete am Dienstag, dem 2. Juli 1996. Da gemäß dem § 33 Abs 3 AVG die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet werden, hätte die Berufung spätestens am 2. Juli 1996 zur Post gegeben werden müssen. Mit Ablauf dieses Tages war das Rechtsmittel als verfristet anzusehen.

Die erst am 21. August 1996 eingebrachte Berufung war daher ohne weiteres Verfahren als verspätet zurückzuweisen. Wegen der nach Ablauf der Berufungsfrist eingetretenen Rechtskraft des angefochtenen Straferkenntnisses der belangten Behörde war es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, auf das Sachvorbringen der Bwin einzugehen.

Gemäß § 54b Abs 3 VStG kann die Bwin einen Antrag auf Bewilligung eines angemessenen Aufschubes oder der Teilzahlung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit der unverzüglichen Zahlung bei der dafür zuständigen belangten Strafbehörde einbringen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

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