Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230942/2/BMa/CR

Linz, 25.10.2006

 

 

 

 

                                             E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Mag. F M, gegen das Strafer-kenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 24. Februar 2006, Sich96-338-2005, wegen einer Übertretung des Meldegesetzes zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Berufung wird insofern stattgegeben, als hinsichtlich des Strafausspruchs von der Verhängung einer Strafe unter gleichzeitiger Erteilung einer Ermahnung abgesehen wird.

 

II.                  Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

 

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) verhängt, weil er es - obwohl er Grund zur Annahme gehabt hätte, der Unterkunftnehmer R A, geboren am, erfülle seine Meldepflicht nicht - verabsäumt habe, dies bis zum 23. März 2005 der Meldebehörde Kematen/Krems binnen 14 Tagen mitzuteilen. Der Genannte, dem der Berufungswerber Unterkunft gewährt habe, sei seit 14. Jänner 2005 unter der Anschrift 4531 Kematen/Krems, Kirchplatz 1, aufhältig gewesen, ohne sich anzumelden. Dadurch habe er § 8 Abs. 2 iVm § 22 Z 5 Meldegesetz 1991 idgF verletzt, weshalb er gemäß § 22 Abs.2 Z5 leg.cit. zu bestrafen gewesen sei.

Ferner habe er gemäß § 64 VStG 4,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

1.2. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die angelastete Verwaltungsübertretung sei aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Neuhofen/Krems, den Angaben des Berufungswerber und der Aussage mehrerer Zeugen als erwiesen anzusehen. 

 

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Berufungswerber am 3. März 2006 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende – rechtzeitig eingebrachte (Datum des Poststempels: 16. März 2006) – Berufung.

 

1.4. Darin wird der Antrag gestellt, die verhängte Geldstrafe aufzuheben. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dem Berufungswerber fehle das Unrechtsbewusstsein, er habe durch Gewährung des fallweisen und vorübergehenden Aufenthalts Herrn A eine Hilfestellung bei der sozialen Eingliederung geben wollen und nicht ein Vergehen gegen das Meldegesetz im Sinn gehabt. Er sei davon ausgegangen, dass Herr A unter einer Wohnadresse gemeldet gewesen sei, weil er ja ständigen Kontakt mit der Bewährungshilfe gehabt habe. Als Unterkunftgeber habe er keinen Grund zu der von der belangten Behörde unterstellten Annahme, dass der Unterkunftsnehmer seine Meldepflicht nicht erfüllt habe. Herr A habe sich im Zeitraum vom 14. Jänner bis zum 23. März 2006 fallweise im Pfarrhof aufgehalten, er habe gelegentlich auch dort gegessen. Eine Meldepflicht sei aber nicht begründet worden, dazu habe sich Herr A zu wenig im Pfarrhof aufgehalten. Der Pfarrhof hätte auf keinen Fall zu einem ständigen Wohnsitz für Herrn A werden, sondern lediglich als Unterkunft zwischen den Arbeitsstellen, die dieser mehrmals und kurzfristig gewechselt hätte, dienen sollen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da der Berufungswerber in der Berufung keine mündliche Verhandlung beantragt hat und im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden (§ 51e Abs. 2 Z 3 VStG).

Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG), weil im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Aufgrund der Aktenlage geht der Oö. Verwaltungssenat von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Mag. M hat R A in der Zeit zwischen 14. Jänner 2006 und 23. März 2006 unter der Anschrift 4531 Kematen/Krems, Kirchenplatz 1, Unterkunft gewährt.

Der Unterkunftnehmer ist in diesem Zeitraum seiner Meldepflicht nicht nachgekommen.

Der Berufungsweber hat sich nicht darum gekümmert, ob die Meldung des Herrn A ordnungsgemäß erfolgt war und hat daher der Meldebehörde auch nicht binnen 14 Tagen mitgeteilt, dass die Meldung unterblieben war.

 

3.2. Wie sich aus dem Auszug des zentralen Melderegisters zweifelsfrei ergibt, hatte Herr A in der Zeit zwischen 12. Jänner und 23. März 2005 keinen Wohnsitz gemeldet. Die Angaben der Sekretärin des Pfarrhofs gegenüber der Polizei, Herr A habe sich in der fraglichen Zeit im Pfarrhof aufgehalten, werden insoweit vom Berufungswerber bestätigt, als dieser zugesteht, Herr A habe sich fallweise im Pfarrhof aufgehalten und auch dort gegessen. Der Rechtsmittelwerber präzisiert sein Vorbringen in der Berufung dahingehend, der Pfarrhof habe keinesfalls zu einem ständigen Wohnsitz werden sollen, er habe Herrn A lediglich eine vorübergehende Notunterkunft gewährt.

Auch wenn der Rechtsmittelwerber meint, der Ausdruck „aufhältig sein“ würde eher zutreffen, so ergibt sich aus dieser Aussage, dass Herr A in der angegebenen Zeit die Räumlichkeiten des Pfarrhofs als vorübergehende Unterkunft genutzt hat. Der Rechtsmittelwerber gibt auch selbst an, dass eine Nutzung als "(Not)schlafstelle" stattgefunden hat.

Der Rechtsmittelwerber vergleicht den Aufenthalt des Herrn A im Pfarrhof mit jenem in einer "echten Notschlafstellen der Heilsarmee, Caritas, Sozialämter usw.: Wenn mehrere Tage dort Aufenthalt genommen wird und keine Absicht besteht, dies zu einer Dauereinrichtung werden zu lassen".

Es ist daher nach Ansicht der erkennenden Behörde davon auszugehen, dass sich Herr A des öfteren unter tags im Pfarrhof aufgehalten, gegessen, seine Sachen verwahrt und in der fraglichen Zeit dort geschlafen hat.

 

3. In rechtlicher Sicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 8 Abs. 2 Meldegesetz 1991 – MeldeG –, BGBl. Nr. 9/1992 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, ist der Unterkunftgeber, wenn er Grund zur Annahme hat, dass für jemanden, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die Meldepflicht bei der Meldebehörde nicht erfüllt wurde, verpflichtet, dies der Meldebehörde binnen 14 Tagen mitzuteilen, es sei denn, die Meldepflicht hätte ihn selbst getroffen. Von dieser Mitteilung hat der Unterkunftgeber nach Möglichkeit auch den Meldepflichtigen in Kenntnis zu setzen.

 

Gemäß § 22 Abs. 2 Z 5 MeldeG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 360 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 1 090 Euro, zu bestrafen, wer als Unterkunftgeber gegen § 8 Abs. 2 verstößt.

 

Die Meldepflicht nach dem Meldegesetz 1991 wird durch die Unterkunftnahme oder Aufgabe der Unterkunft einer Person ausgelöst. Die im Meldegesetz angeführten Ausnahmen von der Meldepflicht kommen im konkreten Fall nicht zur Anwendung.

 

Eine Unterkunftnahme liegt dann vor, wenn von einer Unterkunft (Wohnung) ein widmungsgemäßer Gebrauch gemacht wird (vgl. VwGH 14. 10. 2005, 2004/05/0221 mwN). Dies wird bei der Unterkunft in einer Wohnung zumeist dann der Fall sein, wenn eine Person diese tatsächlich zum Wohnen oder Schlafen benützt. Eine Unterkunftnahme wird daher überall dort anzunehmen sein, wo Räume von einer oder mehreren Personen zur Befriedigung eines, wenn auch nur vorübergehenden, Wohnbedürfnisses tatsächlich benützt werden. Zu den Wohnbedürfnissen muss man aber nicht bloß das Nächtigen, sondern auch das "sich darin Aufhalten", seine Sachen zu verwahren und hievon grundsätzlich andere auszuschließen, zählen. Hingegen setzt die Unterkunftnahme nicht voraus, dass in den jeweiligen Räumen sämtliche Wohnbedürfnisse ständig bzw. ununterbrochen befriedigt werden (VwGH 23. 09. 2002, 2002/05/0834 mwN).

 

Der Berufungswerber hat Herrn R A im fraglichen Zeitraum, also in der Dauer von ca. zweieinhalb Monate, Unterkunft im Pfarrhaus gewährt. Herr A hat – wie auch vom Berufungswerber eingeräumt – in den Räumlichkeiten des Pfarrhauses geschlafen, sich dort aufgehalten, er hat dort gegessen und auch seine Sachen aufbewahrt. Der Berufungswerber war daher gemäß § 8 Abs. 2 MeldeG zur Mitteilung verpflichtet.

 

Bei dieser Verwaltungsübertretungen handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG.

Nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG besteht die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1995, Zl.90/10/0078 und vom 6. Mai 1996, Zl. 94/10/0116).

 

Objektiv sorgfaltswidrig handelt ein Täter, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 25. 10. 1996, 95/17/0168). In subjektiver Sicht ist die Befähigung des Täters zur Sorgfaltsausübung sowie die Zumutbarkeit der Sorgfaltsausübung maßgeblich.

 

Es gibt nach dem Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte, dass der Berufungswerber zur Sorgfaltsausübung nicht befähigt beziehungsweise ihm diese nicht zumutbar war.

 

Das Berufungsvorbringen, es entspreche nicht den Tatsachen, dass er Grund zur Annahme gehabt habe, der sich fallweise im Pfarrhof aufhältige R A erfülle seine Meldepflicht nicht, und ihn als Unterkunftgeber hätte die Verpflichtung der Meldung bei der zuständigen Meldebehörde getroffen, deutet darauf hin, dass der Rechtsmittelwerber in einem – nicht entschuldbaren und daher vorwerfbaren– Tatbildirrtum befangen war.  Es wäre dem Berufungswerber zumutbar gewesen, sich über die tatsächlichen Verhältnisse zu informieren.

 

Das Verhalten des Berufungswerber war auch objektiv sorgfaltswidrig: Ein einsichtiger und besonnener Mensch an seiner Stelle hätte – als klar war, dass der Aufenthalt des Herrn A nicht bloß ein fallweiser ist – sich über die fraglichen Meldevorschriften Gedanken gemacht, beziehungsweise sich danach erkundigt.

 

Das Verhalten des Berufungswerber war sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht tatbestandsmäßig.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde von der Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. Hauer/Leukauf Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 5, VStG §21 E6ff). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum vergleichbaren § 42 StGB muss die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein. Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt. Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbstständigt.

 

Der Berufungswerber – der Pfarrer ist – hat mit der Unterkunftsgewährung die vorübergehende Unterstützung des sozial schwachen R A bezweckt. Er selbst hat aus der Unterkunftgewährung keinen wie auch immer gearteten Nutzen gezogen. Er war sich auch dessen nicht bewusst, dass ihn als Unterkunftgeber Mitteilungspflichten treffen. Es ist daher im konkreten Fall aufgrund des geringen Gesinnungsunwerts davon auszugehen, dass das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Von der Verhängung einer Strafe konnte somit abgesehen werden und mit der Erteilung einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden. Der Ausspruch der Ermahnung hatte insbesondere aus spezialpräventiven Gründen zu erfolgen, um den Berufungswerber von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

                                                         Mag. Bergmayr-Mann

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum